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Nostalgische Filmkritik für den gescheiterten Träumer.
The Nightmare before Christmas.
Eine Filmkritik, hat man nun schon seit längerem nicht mehr geschrieben.
Und wenn, dann doch mehr im Stile einer vielleicht nicht ganz so passenden
Unbekümmertheit für z.B. die Seriösität der Zeitgeistlosen. Ob das hier
jetzt natürlich besser ist, – ebenso fraglich.
Aber man möchte, auch mal im gigantischen Wust der, eher in ihrer Masse nicht
so oft behandelten Animationsfilme auf die Perlen darunter verweisen.
Und wo das Thema Filmkritik, eine ganz spezielle Problematik bietet,
die mal ganz abgesehen von der gerade unpassenden Jahreszeit,
für den Film; »Nightmare before Christmas«, aus dem Jahre 1993,
nochmals eine ganz eigene Qualität besitzt.
Jetzt bestehen für Menschen, mit mehr visuell und bildhaft ausgeprägten Bevorzugungen, -
oft Schwierigkeiten damit, sich Dinge erklären zu lassen, deren Erklärung der Sehende
sich selber lieber bildlich, anstatt schriftlich über das Auge gestalten möchte.
Dies betrifft die Liebhaber von Animationsfilmen ganz speziell.
Es aber nun mal auch ziemlich schwierig macht, Filmkritiken ohne Kritik zu gestalten.
Zudem, gibt es noch ein zusätzliches Problem. Wie soll ich Dinge kritisieren, die ich
gut finde? Also muss ich mich an dieser Stelle vorab entschuldigen, wenn ich das Ganze hier wohl
mehr zu einer kleinen Hommage für einen guten Regisseur gestalte, – um animierend den Film dann
lieber für sich selber wirken zu lassen.
Außerdem, ist das Ding nun wirklich alt genug, um es nochmals aus einem ganz neuen
Blickwinkel heraus zu betrachten und unsereins vom Verdacht unlauterer Werbung
dafür zu befreien.
Ein kurzer Abriss über die Entwicklung
des Kürbiskönigs Jack Skellington zum ersatzweisen Weihnachtsmann; »Sandy Claws« in
Halloween Town, – der etwas vermitteln möchte, was seinen eigenen Sehnsüchten fehlt,
es aber ohne Verständnis versucht nachzubilden, um dabei fast um Haaresbreite, an der
Zerstörung seiner eigenen Sehnsüchte genauso, – wie der Träume der anderen, – durch
Imitation von Regeln zu scheitern, die er in seinem Sinne aus legt, – hört sich, denke ich,
klug genug an, – um so kurz, profan und weit genug her geholt wie möglich, – keinem den Spaß zu verderben.
Und solcherlei inhaltsschwangeren Interpretationsmöglichkeiten machen diesen Stop-Motion-Film von
Touchstone Pictures auch wirklich nicht unbedingt aus. Diesbezüglich kann man sich vielleicht mehr mit der dem
Film zugrunde liegenden Geschichte von Tim Burton beschäftigen.
Der war zwar als Produzent mit an der Entwicklung des Filmes beteiligt, aber die Regie führte
Henry Selick. Genau genommen,
reden wir hier von einem ziemlich kruden Haufen von Künstlern, Schriftstellern und
Filmemachern, deren künstlerische Basis wohl die fast ausschließliche Beschäftigung
mit Unkonformitäten und zudem äußerst, (unpolitisch), schwarz gefärbten Ansichten
von Humor ist. Autor und Regisseur, liegen also hier nicht unbedingt weit auseinander.
Aber wenn es jemanden gegeben hat, der es bis
heute geschafft hat,
nicht nur eine geradezu grandiose Gratwanderung zwischen Bildelementen aller möglichen
Grenzgebiete dieses Metiers auf ein einziges filmisches Werk zu konzentrieren, – und dies selbst noch
bis in die doch eher biederen Disney-Studios zu tragen, dann war es wohl er.
Was andere Macher von Animationsfilmen normalerweise in publikumsspezifische
Verharmlosungen und Klischees aufteilen müssen, fällt bei ihm einer ungeheuren Sensibilität zum Opfer,
die ihm ermöglicht alles zusammen in einen Topf zu werfen, ohne dabei Schwierigkeiten
zu bekommen, die Suppe gleichermaßen süß wie sauer schmecken zu lassen.
Er ist der ungeschlagene Meister des Zwischenraumes.
Zwischen Jung und Alt. Zwischen liebevollem Horror und kettensägender Romantik.
Zwischen krudem Witz und feinfühligem Schmunzeln. Gesegnet, mit dem liebenswerten Ambiente
Fleisch-fressender Pflanzen auf dem Teller von Vegetariern.
Die Ästhetik der Hässlichkeit, beherrscht er genauso, wie die Verunglimpfung der Ästhetik,
die Profanisierung von Niveau ebenso, wie die niveauvolle Verarbeitung von Klischees.
Er dreht die Dinge um, ordnet sie neu und lässt den Betrachter damit irritiert mit den Augen rollend alleine.
Wo andere nur genremäßig Klamauk auf Klamauk folgen lassen um sinnlos Zwerchfelle
zu malträtieren, macht er den Klamauk zur sensiblen Mixtur seiner selbst, greift
mit gnadenloser Unverschämtheit in die vollgefüllte Kiste sensibler Unsensibilitäten,
- und spielt geradezu mit der ganzen Bandbreite von bildlich symbolischen Kombinationen
zwischen fein ziselierten Ängsten, Komik und Horror genauso, wie mit Comic-, Zeichentrick- und surrealistischen
Sequenzen, deren absolut abgestimmter Wechsel dem möglichen Lachen immer ein
zähneklapperndes Schlucken beimischt. Und vor allem, gerade; »Christmas before Nightmare«,
ist der Beweis, dass die niveauvolle Geschmacklosigkeit, einen bestechend
wohlriechend ranzigen Geschmack vermitteln kann, welcher einen die Dinge mitunter
selber vertauschen lässt.
In Filme von Henry Selick, geht man nicht mehr mit dem üblichen Gefühl, sich über
einen Animationsfilm Unterhaltung oder Spaß zu besorgen.
Hier geht der Genuss tiefer. Viel tiefer. Und man muss sich von gewohnten Bewertungen
befreien können. Man lässt Bilder auf sich wirken, die man ruhig mehrmals
ansehen kann, um dabei immer neue Feinheiten entdecken zu können. Selik macht es
relativ leicht, den Unterschied zwischen kreativer gestalterischer Liebe und einfacher
Produktion von rein abfragebedingtem Füttern von Morbiditäten sichten zu können.
Und im Zweifelsfalle, macht er auch da noch aus einer Fliegenpizza ein vielleicht
gruseliges, aber immer noch Sahnetörtchen. Und was die anfangs erwähnten Schwierigkeiten
im vielleicht interpretationsbedingtem Raum betrifft, werden die Dinge speziell beim Film;
»Nightmare before Christmas«, mitunter recht schwierig. Man muss schon das Schlitzohr Selick
und auch Burton an ihren sensiblen Möglichkeiten messen, Dinge dort zu verstecken, wo sie niemand vermutet.
Immerhin, beschäftigen wir uns hier mit Leuten, die das Herumspielen mit Skurrilitäten
in der Psyche bildverarbeitender Menschen für Klavierspielen halten. Und darin, einfach
verdammt gut sind.
Eine vom Kaffee geschädigte Seele wie die meinige z.B., ginge sogar so weit, im
hier behandelten Film – Analogien zum Politiker zu sichten, der den Weg aller
ehrlichen Gerippe geht, welche Menschen bleiben wollten. Wild genug spekuliert,
- kann man natürlich in alles etwas hinein interpretieren.
Doch tatsächlich, bräuchte man dazu lediglich vier bis fünf kurze Schlüsselszenen
aus dem Film heraus zu nehmen und gesondert als Analogon zu betrachten. Sequenziell
abgespielt, wären sie fast wieder ein Kurzfilm für sich. Aber so weit, muss man
den Rahmen hier jetzt nicht stecken. Und sollte ja auch dem Betrachter selber
überlassen werden. Für den Genießer, der noch mit allen
Sinnen aufnehmen kann, ist auch so genug vorhanden. Generell, kann ich nur empfehlen
sich das Video zu besorgen, die Salzstangen und Cräcker durch Fischgräten, Zwiebelringe
und Knoblauchzehen zu ersetzen und bei einem frischen Bier mit Ketschup, sich auch den
Feinheiten genüsslich zu ergeben. Und wer weiß. Vielleicht findet sich der eine oder
andere, danach Weihnachtslieder singend unter dem Sonnenschirm wieder.