Der amerikanische Hollywoodfilm »300« ist ein Wolf im Schafspelz. Oberflächlich betrachtet ist er vermeintlich anspruchsloses Unterhaltungskino in Form eines blutrünstigen Actionspektakels mit tollen Bildern und Effekten, wie man es aus Hollywood gewohnt ist. Doch er beinhaltet nationalsozialistisch - faschistische Elemente sowie Stil und Aussage eines US - militärischen Propagandafilmes.
Da wäre zunächst die spartanische Form der »Rassenhygiene«. Schwächliche, behinderte oder nicht kampffähige Kinder werden in der Wildnis ausgesetzt oder von einer Klippe gestoßen. Sollte eines dieser Kinder es irgendwie geschafft haben zu überleben, so wird es von der spartanischen Gesellschaft ausgeschlossen, wie an der Figur des »Ephialtes« ersichtlich wird. Ein menschenverachtender Sozialdarwinismus, in dem der vermeintlich Stärkere jedes Recht hat, den Schwachen zu unterdrücken oder sogar zu töten, wird hierbei vermittelt. Des weiteren ist ein NS – Körperkult nach Leni Riefenstahl - Optik unverkennbar. Halbnackte durchtrainierte und muskelbepackte Elitesoldaten, für welche der Krieg der einzige Lebenszweck ist, sprechen auch den letzten homoerotischen, militaristischen Zuschauer an. Eine ständige »Blut und Boden« Rhetorik des Spartiatenanführers Leonidas bekräftigt den einzigen Existenzgrund der Spartiaten: Krieg und Heldentod. Andere Optionen zur Konfliktlösung werden sprichwörtlich mit Füßen getreten, als Leonidas einen persischen Diplomaten sowie dessen Gefolge in einen Brunnen stößt. Auch die griechische Demokratie mit seinen Senatoren wird als schwächlich und korrupt dargestellt und schließlich von den Spartiaten belächelt.
Auch wenn Sparta ein militaristischer Staat ist, in dem nur der Spartiat als quasi »Herrenmensch« ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft ist, so werden weder König Leonidas, noch seine Frau Gorgo müde zu betonen, sie würden für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen, obwohl beides in Sparta selbst weder eingeführt noch angestrebt wird. Insofern ist das Gerede vom Kampf für Freiheit eine leere Worthülse, um dem Töten im Krieg eine moralische Legitimation zu geben. Hier kann durchaus eine Parallele zur US – Außenpolitik in den letzten Jahren gezogen werden. Um in der eigenen Bevölkerung einen Rückhalt für den Afghanistan - oder Irakkrieg zu bekommen, wurde zunächst immer der eigene Kriegsgrund moralisch gerechtfertigt und der Gegner als barbarisch, unmoralisch oder Terrorist gebrandmarkt. Obwohl die USA selbst die Menschenrechte in Guantanamo Bay, in Abu Ghraib oder in den weltweiten CIA Foltergefängnissen mit Füßen getreten haben. Zudem hat der Film durch die historische Schwarz - Weiß Malerei der heldenhaften Spartiaten und der blutrünstigen Perser, welche sich feiger Mittel wie Magie und Pfeilen bedienen, einen homosexuellen König haben, sowie schlussendlich nur durch Hinterlist siegen, stilistische Mittel eines Propagandafilms. Die ständige Kommentierung und Bewertung der Ereignisse aus dem Off lassen dem Zuschauer keinen Platz für eigene Gedanken oder Interpretationen. Diesbezüglich kann »300« sehr leicht als Hollywood - Propaganda für einen bevorstehenden Krieg der USA gegen den Iran gedeutet werden, wie es die Kinofachpresse Zack Snyder auch vielfach vorgeworfen hatte.
Das der Film mit einem weltweiten Einspielergebnis von 445 Millionen Dollar kommerziell erfolgreich war, spricht nicht zwingend für seine Qualität, sondern sollte eher nachdenklich stimmen. Das Kinopublikum scheint nach sinnloser Gewalt und Brutalität zu dürsten, welche in immer extremerer Form befriedigt werden muss. »Hostel«, »Saw« oder »the hills have eyes« sind dafür Belege. Inwiefern die menschliche Sensibilität des Bluthungrigen darunter leidet, kann nur vermutet werden. Fest steht jedoch, dass die Nachfrage und das Bedürfnis nach solchen Filmen groß ist, was durchaus bedenklich stimmt.
300 zählt definitiv nicht zu meinen Lieblingen. Ich hätte ihn auch schon bei »gesehen und vergessen« abgelegt, aber es gab etwas, dass mir durchaus gefallen hat.
Die Handlung im Film ist nichts besonderes, man hat sie schon viel in anderen Filmen gesehen. Selbst die Dialoge im Film haben mir nicht gefallen: Sie tragen die Geschichte nicht wirklich, dienen nur zur kurzen Information. Die Nebengeschichte wirkte komplett konstruiert, damit man schöne Szenenwechsel aus dem Kampfgeschehen machen kann. Vielleicht, weil die Vorlage ein Comic ist? Von Frank Miller, der durch die Verfilmung von »Sin City« wieder entdeckt wurde. Bei dem Film lag Robert Rodriguez viel daran, ihm ein besonderes Aussehen zu geben. Eben den »Frank Miller-Look«: das minimalistische Einsetzen von Farbe und die Kameraeinstellungen, die uns ein Comic sehen lassen, wo die einzelnen Strips sich bewegen.
Aber auch Zack Snyder wollte in »300« eine passende Atmosphäre schaffen. Was er auch geschafft hat. Zwar empfand ich die Greenscreen- und Pappmaché–Umgebung in den ruhigen Szenen eher störend (weil zu offensichtlich), aber das gab ihm die Möglichkeit der extremen »Postproduction«. Die entsättigten Farben und das künstlich wirkende Licht habe ich so vorher noch nicht gesehen, weswegen der Trailer schon stark das Interesse weckte. Und jetzt zu dem zwiespältigem Aspekt, den Kampfszenen. Die Schild-Kampftechnik der Spartaner hat mich sehr überrascht, war man doch mehr Braveheart und Herr der Ringe – Schlachten gewöhnt, es zeigte sich die extreme Disziplin der Spartaner in jeder Bewegung. Dazu kamen die Wechsel von »Slowmo« auf »Fastforward«, welche eine große Dynamik brachten und trotzdem Details zeigen konnten. Wie auch schon in »Sin City« wurde auch hier das Blut als stilistisches Mittel eingesetzt, was wohl Frank Miller zu verdanken ist. Für manche ist das ein »No-Go«, aber da mir zu jeder Minute des Film klar war, dass ich hier ein Comic sehe, war es für mich kein Problem. So hätte man mich auch leicht überzeugen können, dass die 300 Spartaner den Kampf gewinnen. Ups, hab ich jetzt etwas verraten? Naja, die Geschichte um die Legende der 300 Spartaner ging ja schon vor dem Film durch die Medien. Auch weil das Böse in dem Film die Perser sind. Aber nach dem Auftauchen eines »Ogre« in den Reihen der Perser dürfte klar sein, dass diese Perser direkt aus Mittelerde kommen... Aber die Diskussionen gaben dem Film natürlich die Aufmerksamkeit, die er brauchte.