Was passiert wenn das kasachische Staatsfernsehen eine Reportage, zum Zweck des Kulturaustausches, über die »großartigste Nation der Welt«, die USA, in Auftrag gibt und ihren besten Reporter »Borat« mit dieser Aufgabe betraut?
Dieses fiktive Szenario ist die Grundlage für den Transfer von Sacha Baron Cohens selbstdargestellter Kunstfigur »Borat« vom kleinen Bildschirm auf die große Leinwand. Borat begibt sich auf eine Odyssee durch die gesamte USA, oder mit den Worten Borats: »The US and A«. Dabei erleben wir einen Kulturschock der extremsten Art, da Borat von Cohen als die Personifizierung aller Vorurteile die die westliche, hier vor allem die US-Gesellschaft vor fremden Menschen haben kann. Borat wird als Hinterweltler dargestellt, in dessen Heimat Inzest, Vergewaltigungen, Unterdrückung, Rassimus und offener Antisemitismus zum Alltag gehören und durchaus auch Borats persönlichen Wertvorstellungen entsprechen.
Cohens primäre Intension ist aber nicht die Denunzierung der kasachischen Gesellschaft, sondern versteht sich als halbdokumentarische Satire, die zum Teil zwar vor allem durch Provokation der extremsten Art versucht aufzufallen, andererseits aber in einem Maße sozial entlarvende Wirkung hat, dass Michael Moore neidisch werden könnte. Cohens Stärke ist das Überzeichnen seiner Charaktere und das konsequente Umsetzen selbiger ohne für Normalsterbliche geltende Grenzen, vor allem im Bereich der Scham.
In den Interviews für seine Reportage lockt Borat seinem Gegenüber, nicht immer ganz fair, in entlarvende Fallen, indem er extrem provokante Aussagen in den Raum stellt aber gleichzeitig so unebdarft und naiv agiert, dass die Leute es selten wagen mit offener Aggression zu reagieren. So wird ein Humortrainer gezeigt, der keinen Humor hat, Feministinnen, die mit billigsten Provokationen aus der Reserve gelockt werden oder eine erzkonservative, presbyterianische Tischgesellschaft deren Toleranz endet, als er eine schwarze Prostituierte zum Essen mit an den Tisch bitten will.
Der Film polarisiert natürlich wie üblich, bei einem so auf Provokation ausgelegten Werk, aber die Empörung resultiert wie häufig vor allem aus dem Gefühl heraus, dass sich die Leute entlarvt fühlen. Ich glaube Cohen hat für sich unabhängig von der von seinen Befürwortern häufig proklamierten tieferen Intension seines Werkes in jedem Fall geschickt eine kommerzielle Win-Win-Situation geschaffen: Die Empörung des eher konservativen Publikums sorgt für PR, welche die Leute die einfach nur den teilweise sehr derben Humor á la »Jackass« mögen aufmerksam macht und ein eher linksliberales, junges Publikum erfreut sich über die sozial entlarvenden Darstellungen der US-Gesellschaft.
Unter dem Strich betrachtet bleibt ein gut gemachter Film, der geschickt mit Vorurteilen spielt, aber vor allem sehr unterhaltsam ist durch exzellente und vor allem exzessive Darstellung Cohens und dessen Interaktion mit anderen Menschen.