Neusprech Heute
26.05.2007



George Orwell
George Orwell

In George Orwell's »1984« war »Neusprech« eines der zentralen Werkzeuge um die Massen zu kontrollieren. Eine quasi Sprachreform auf ganzer Linie. Die Sprache wurde stark vereinfacht, Worte wurden »ausgemerzt« und assoziative Bedeutungen der Worte sollten verschwinden. So sollte, z.B., aus den Wörtern »gut, besser, genial«, »gut, plusgut, doppelplusgut« gemacht werden. Jede andere Bedeutung, welches ein Wort haben konnte, sollte verschwinden. Worte wie »Demokratie, Moral, Freiheit und Gerechtigkeit« gab es in »1984« nicht mehr. Sie wurden in dem Begriff »Undenk« zusammengefasst. Zudem wurden Worte in ihr Gegenteil verkehrt, z.B., »Lustlager« für Arbeitslager oder »Friedensministerium« für Kriegsministerium. Wobei die Wörter Arbeitslager und Kriegsministerium aus der Sprache verschwanden, sodass es für die Menschen wirklich ein »Lustlager« war, da es kein Wort und somit kein Gedanke für das Gegenteil gab. Wichtiges Mittel in Neusprech war außerdem die Anwendung des »Zwiedenkens«. Tatsachen oder Fakten, die eigentlich widersprüchlich sind und nicht nebeneinander existieren konnten (»Krieg ist Frieden«), wurden unkritisch als gegeben hingenommen. Dadurch entzog man der Sprache das Werkzeug, ein kritisches Bewusstsein oder einen nachdenklichen Gedanken zu entwickeln.

Die Sprache sollte nach den ideologischen Bedürfnissen, der machthabenden Partei (der »Engsoz«) angepasst werden. Nach der völlig abgeschlossenen Reform des »Neusprechs« sollte es niemanden in »Ozeanien« mehr möglich sein, anders zu denken, als die Partei es wünschte. Da die Sprache und somit die Gedanken keine Worte mehr gefunden hätten, die es hätten ausdrücken können.

Mit Worten kann man bedrohen, emotionalisieren, verharmlosen und beschönigen, sie als Machtmittel einsetzen, Kompliziertes vereinfachen sowie Stimmung machen. Ob in Wirtschaft, Militär, Politik, Medien oder im Alltag, Wörter fungieren als Wegbereiter um im Vorfeld eine bestimmte Sicht der Dinge zu vermitteln. Die Sprache ist fast immer die Sprache der Mächtigen. In Deutschland ist durch zunehmende Bürokratisierung, Verrechtlichung und Ökonomisierung vieler Lebensbereiche eine Tendenz zur Inhumanität der Sprache zu beobachten. Die Verhältnisse von Mensch und Natur werden zur toten Materie und auf eine reine Funktion reduziert. Der Rasen neben einer Straße wird z.B. nur noch als »Straßenbegleitgrün« bezeichnet. Der Mensch selbst kommt bei dem Prozess der Bürokratisierung in der Sprache kaum noch vor. Die verbale Verletzung der Menschenwürde ist immer schwieriger zu erkennen, da die Sprachmanipulationen immer subtiler werden. Im folgenden also Beispiele von Wörtern und Begriffen, über die einmal ernsthaft nachgedacht werden sollte.

Wähle Deine Neusprech Kategorie:

Politik
Wirtschaft
Militär





Quellen und weiterführende Literatur:

George Orwell, 1984. Ullstein Verlag. München 2000
Ulrich Müller/Sven Giegold (Hrsg.). Gesteuerte Demokratie? VSA-Verlag. Hamburg 2004
Gesellschaft für deutsche Sprache (Hrsg.). Wörter und Unwörter. Falken Verlag. Niedernhausen 1993
Ivan Nagel. Das Falschwörterbuch. Berliner Taschenbuch Verlag. Berlin 2004

» Neusprech Heute im ZG-Blog
» ABC des Neoliberalismus
» Gesellschaft für Deutsche Sprache
» Nomen non est omen – der Name ist kein Zeichen



by epikur


Startseite