Beim Militär
»Die Dinge falsch benennen, heißt das Unglück der Welt zu vergrößern« - Albert Camus

Der Krieg hat ein hässliches Gesicht. Den sog. sauberen Krieg, wie ihn George W. Bush beim Irakkrieg 2003 medial inszeniert hat, gibt es nicht. Kriege verursachen immer großes Leid. Damit ein Krieg auf größeren gesellschaftlichen Zuspruch stößt, ist die militärische Sprache vor allem voller Euphemismen(von griech. eupheimi = schönreden) bezeichnet Worte, die einen Sachverhalt beschönigend, unkenntlich machend oder verschleiernd darstellen. Um die Schrecken eines Krieges zu beschönigen, zu verschleiern und zu verharmlosen. Zudem um Tucholsky's Wahrheit, zumindest im Sprachgebrauch, zu entfliehen: »Soldaten sind Mörder«.

 

Collateral Damage
Zynischer Filmtitel

Einer der berüchtigsten und dennoch gern verwendeten Euphemismus in der Sprache der Militärs, ist der sog. Kollateralschaden oder auch Begleitschaden. Er bezeichnet abseits vom Ziel entstehende Schäden einer militärischen oder polizeilichen Aktion. Also sowohl Verletzte und Tote als auch Zerstörungen, die nicht gewünscht sind, ohne die der Angriff aber nicht erfolgreich durchgeführt werden kann. Er wird häufig sogar in einem Geldwert angegeben. Dieser Begriff wird von den Militärs vor allem deshalb gerne benutzt, um Schäden abseits des geplanten militärischen Zieles als unvermeidlich darzustellen. Besonders wenn die ungewollten Schäden besonders groß sind, wird der Begriff Kollateralschaden benutzt, um zu verschleiern, dass viele Unschuldige Menschen gestorben sind. Meistens wird es von den Militärs aber tunlichst vermieden, ungewollte Schäden an Menschen und Gebäuden überhaupt zuzugeben, da es das Ansehen der Militärs schadet. Kollateralschaden ist das
Unwort des Jahres Bei der Unwort Wahl geht es um Wörter und Formulierungen aus der öffentlichen Sprache, die sachlich grob unangemessen sind und möglicherweise sogar die Menschenwörde verletzen. Der Jury gehören Sprachwissenschaftler, Journalisten und Publizisten an. 1999.

In der militärischen Sprache wird der Begriff des »Menschen« sowieso gänzlich vermieden. Menschen, die keine Soldaten sind, werden Zivilisten genannt. Menschen als militärisches, ungepanzertes Ziel, bezeichnet man als weiche Ziele. Sind zudem Menschen in einer erfolgreichen militärischen Operation getötet worden, spricht man nicht vom töten oder umbringen des selbigen, sondern von Ziel wurde ausgeschaltet, Mission erfolgreich usw. Soldaten, welche vom eigenen Feuer verletzt oder getötet wurden, bezeichnet man als Opfer des friendly fire. Soldaten, welche im Gefecht getötet wurden, bezeichnet man als gefallen oder verblichen. Jeglicher emotionale Bezug eines Wortes, welches klar stellt, dass es sich hier um Menschen handelt, wird vermieden, um den Soldaten zu einem gefühl- und gewissenslosen Befehlsempfänger zu machen.

Aggressiv klingende Wörter werden in der Sprache des Militärs häufig durch Euphemismen ersetzt, welche den Zweck von Frieden und Verteidigung assoziieren. Der Begriff der Rüstung, z.B., suggeriert eine defensive Haltung. So als hätte man einen Ritteranzug zur ausschließlichen Verteidigung an. Die Rüstungsindustrie, der Rüstungsexport bezeichnen jedoch die Produktion und den Verkauf von militärischen Waffen. Insofern müsste es als Waffenindustrie und Waffenexport bezeichnet werden. Weiterhin suggeriert das Verteidigungsministerium ebenfalls eine rein defensive Aufgabe. Ehrlicherweise müsste es zumindest Militär-, oder Kriegsministerium heißen.

 

Ex-Verteidigungsminister Peter Struck (rechts)
Ex-Verteidigungsminister Peter Struck (rechts)

Der Ausspruch des deutschen Ex-Verteidigungsministers Peter Struck, der letzten rotgrünen Regierung, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt werde, war ein cleverer Neusprech Satz. Er diente zur Legitimierung zum Afghanistan Einsatz der Bundeswehr. Er will damit ausdrücken, dass der verfassungsgemäße Status der Bundeswehr als Verteidigungsarmee (Artikel 26 »Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges«) auch beim Auslandseinsatz in Afghanistan gewahrt blieb. Dass Deutschland in Afghanistan verteidigt wurde ist mehr als absurd. Ferner wurden deutsche Interessen »verteidigt« und die Bundeswehr als verlängerten politischen Arm dafür instrumentalisiert. Schließlich sollte Deutschland auch seinen »Dienst« im Kampf gegen den internationalen Terrorismus leisten. Entgegen dem allgemeinen Glauben, hat sich Deutschland auch sehr wohl am Irakkrieg beteiligt. Ähnlich verhält es sich mit dem Auslandseinsatz der Bundeswehr im Kongo, denn hier geht es um Rohstoffsicherung. Es ist mittlerweile Trend und auch im Weißbuch veröffentlichte Dokumentensammlungen der Bundesregierung, in denen politische Vorschläge zur Außenpolitik enthalten sindveröffentlicht, dass die Bundeswehr in Zukunft zur Sicherung ökonomischer Interessen international eingesetzt werden soll. Es wird spannend zu verfolgen sein, ob es eine Grundgesetzänderung diesbezüglich geben wird oder ob der »Verteidigungs – Begriff« der Bundeswehr umdefiniert wird, um auch in Zukunft, Auslandseinsätze der Bundeswehr rechtfertigen zu können.

Die deutschen Faschisten im zweiten Weltkrieg sind leider das beste Beispiel, inwieweit die Verherrlichung der militärischen Sprache, die Gedankengänge der Bevölkerung manipulieren und in die gewünschte Richtung lenken kann. Ich benutze hier den Begriff der »deutschen Faschisten«, da der Begriff der »Nationalsozialisten« an sich schon ein Euphemismus ist. Ob man den Begriff die Endlösung der Judenfrage oder Konzentrationslager nimmt, hinter beiden Wörtern steht gezielter und bis ins Detail durchorganisierter Massenmord. Die Begriffe Herrenrasse und Arier suggerierten der damaligen deutschen Bevölkerung, das es Menschen gab, die mehr wert sind als andere. Demzufolge haben die weniger wertvollen es nicht verdient, wie Menschen behandelt zu werden. Und schon gibt es eine sprachliche Legitimierung für die Euthanasie und die Rassenhygiene. Die »Euthanasie« meint eigentlich die Sterbehilfe für unheilbar kranke Menschen bzw. das einschläfern eines Tieres. In der Zeit der Nazis wurde dieser Begriff pervertiert, da nach ihrer Ideologie die Juden »unrein«; und damit von Geburt an unheilbar krank waren. Die »Rassenhygiene« bezeichnete ursprünglich, die Verbesserung der Erbqualität des eigenen Volkes. Bei den Nazis diente er zur Züchtung der »Herrenrasse« und zum auslöschen alles Minderwertigem. Und auch heute benutzen wir immer noch die Euphemismen, welche die Nazis zu Propaganda Zwecken erfunden haben, weil wir keine anderen Wörter dafür kennen.


Der Irakkrieg 2003

Vor und während des Irakkriegs 2003, war nicht die Wahrheit das erste Opfer, sondern vielmehr die Sprache. Ein ganzes Bündel an Euphemismen begleitete den Krieg.

 

Vor dem Irakkrieg propagierte das Pentagon die sog. shock and awe Strategie, welche den Feind schon im Vorfeld demoralisieren sollte. Mit »shock and awe« wurde die gezielte, direkte und massive militärische Gewaltanwendung gegen Kommando- und Kontrollzentren sowie die gezielte Verbreitung von Falschmeldungen und Gegendarstellungen bezeichnet. US- Militärs drohten zudem mit dem Einsatz von einer neuen Mega – Bombe, der MOAB (Massive Ordnance Air Blast) mit einer Sprengkraft von 21.000 TNT, welche von Militärs und Journalisten beschönigend auch als Mother of all bombs bezeichnet wurde. Die etwas kleinere Bombe wurde vielfach im Vietnam Krieg eingesetzt und wird euphemistisch als Daisy Cutter (Gänseblümchenschneider) bezeichnet. Weiterhin wurde der völkerrechtswidrige Alleingang der USA als Coalition of the willing verkauft und damit suggeriert, die USA hätten eine Legitimation für den preemptive strike (Präventivschlag). Der Aufmarsch von 200.000 Soldaten um die Grenzen des Iraks galt nicht als Kriegsvorbereitung, sondern als Drohkulisse. Der Zweck ihrer Anwesenheit diene dem Weltfrieden und nicht dem Krieg im Irak und der Sicherung eigener Interessen. Man hatte auch nicht vor, den Irak anzugreifen, zu erobern und zu besetzen, sondern Saddam Hussein zu entwaffnen und den Irak zu befreien und zu befrieden. Afghanistan und der Irak galten nicht als Angriffskriege der USA, sondern als vorbeugende Maßnahme gegen den Terrorismus und die evil ones (Bösewichte) der Welt.

 

embedded journalist
ein "embedded journalist" (r.)

Der Irakkrieg sollte mithilfe der embedded journalist (eingebetteter Journalist) sauber, gerecht und in Echtzeit auf die amerikanischen Fernsehbildschirme transportiert werden. Er bezeichnete einen zivilen Kriegsberichterstatter, welcher im Irakkrieg einer kämpfenden Militäreinheit zugewiesen wurde. Das Militär verlangte zudem von jedem »embeds«, wie sie auch genannt wurden, ein kurzes aber intensives militärisches Training. Es wurden im Irakkrieg ca. 600 »embeds« eingesetzt, wovon 16 ums Leben gekommen sind. Die Bewegungsfreiheit und die Freiheit zu filmen wurden vom US – Militär stark kontrolliert. Das Pressezentrum der »embeds« befand sich in Katar, in welcher sie in regelmäßigen Abständen Briefings und Bilder vom Krieg zur Nachbearbeitung auf Videomonitoren und Leinwänden projiziert bekamen. Vielen anderen tausend internationalen Journalisten, welche in Kuwait, Jordanien oder dem Nordirak untergekommen waren, wurde der Zugang zum Kriegsgebiet vom US - Militär erschwert. Der Begriff vermittelte eine Art Kriegsromantik, so als wäre das ganze nur ein Abenteuertrip. Zudem waren Kritische Berichte über das US – Militär und über Bombenopfer untersagt.