Neusprech: Innovative Verhörmethoden

»CIA-Chef Porter Goss erklärt, die CIA habe einzigartige und innovative Techniken entwickelt, aber diese seien keine Folter und völlig legal«

- Meldung auf Telepolis vom 22. November 2005

Gibt man bei der Suchmaschine Google den Begriff »Verhörmethode« ein, kommt als erster Eintrag die sog. »Waterboarding«-Folter auf Wikipedia. Umstrittene und grausame Verhörmethoden sind die weiteren Einträge. Dies zeigt sofort auf, dass selbst Google, den Terminus Verhörmethode als einen Euphemismus für Folter definiert. Das Adjektiv innovativ verhält sich ähnlich wie das Plastikwort »modern« — es wird als positive Aufladung für das darauf folgende Nomen verwendet. Innovativ soll neu, kreativ, modern und dem Zeitgeist entsprechend bedeuten. Ob und inwiefern eine Sache wirklich innovativ dann ist, steht auf einem anderen Blatt. Weiterlesen

Die Methode der Verleugnung

Eines der wohl beliebtesten rhetorischen Werkzeuge in der Politik, ist die Methode der Verleugnung. Tatsachen, Zustände und Gegebenheiten werden einfach als nicht vorhanden abgeschrieben. Das geht meist sogar so weit, dass an die eigene Verleugnung geglaubt wird. Wenn also Müntefering mit dem Zitat »in Deutschland gibt es keine Unterschichten, sondern nur Menschen die es schwer haben« auftrumpft, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass er lügt. Er glaubt an seine eigene Realitätsverleugnung. Auch Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder glaubte sicherlich an seinen Satz, den er am 5. Juli 2004 in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin« der Nation mitteilte: »Es gibt keine Alternative zu meiner Reformpolitik«. Auch viele Experten die davon überzeugt sind, dass es keine Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland gäbe und dass Hartz4 ja eigentlich etwas ganz tolles sei, glauben sehr wahrscheinlich an ihre eigenen Aussagen. Auch Westerwelle ist eher ein Überzeugungstäter, als ein notorischer Lügner.

Es ist eine Sache, gezielt zu lügen und Dinge zu verleugnen. Eine andere ist es, an die eigene Lüge zu glauben. Wie nennt man sowas noch gleich in der Psychologie?

Neusprech: Gefährliches Halbwissen

ZG-Artikel: Neusprech HeuteAls gefährliches Halbwissen wird Wissen bezeichnet, dass nicht ausreichend oder lückenhaft vorhanden ist und letztlich zu einem fehlerhaften Urteil oder einer vermeintlich falschen Entscheidung führen kann. Der Begriff ist negativ aufgeladen und wird in der Regel gegenüber Personen abwertend verwendet. Der Terminus suggeriert außerdem, dass eine bestimmte subjektive Sichtweise zu einer fehlerhaften Einschätzung führt. Vielmehr wird ausgesagt, dass ein vermeintlich lückenhaftes Wissen zu einer Einschätzung führt, die nicht ernst genommen werden muss. Genauer: die fehlerhaft oder  falsch ist und womöglich zu schlimmen Konsequenzen führt. Halbwissen kann hierbei zu Experten-Hörigkeit führen, zum unerschütterlichen Glauben an Zahlen sowie zum Quiz- und Rezeptwissen. Weiterlesen

Hartz4 heißt jetzt...?

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (das war die mit der Internetzensur) sucht einen neuen Namen für »Hartz IV«. Als Grund gibt sie ganz offen zu: »Das Wort Hartz IV ist sehr negativ besetzt«. Warum und wieso der Begriff so negativ besetzt ist, interessiert Frau von der Leyen nicht. Da man den neuen Begriff natürlich nicht »von oben verordnen könne«, wie sie betont, sollen neue Vorschläge her.  Mir fallen spontan: »Staatlich verordnete Armut« und »Enteignungsgesetz« ein. Habt ihr weitere Ideen?

Neusprech: Die geforderte Förderung

»Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen«

- Altbundeskanzler Gerhard Schröder

Die Sprache des Jobcenters und der Bundesagentur für Arbeit soll den Druck und die Repression auf Arbeitslose verdecken und verschleiern. Laut dem Gaslobbyisten und Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie dem korrupten Erfinder der ALG2-Gesetzgebung, Peter Hartz, liegt das Problem der Arbeitslosigkeit in Deutschland vor allem an zuwenig Druck auf Arbeitslose. Insofern müsse man nur anständig »fordern und fördern« wie es im ALG2-Gesetzestext heisst. Die euphemistische Sprache von ALG-Bescheiden gleicht hierbei einer mafiösen Kommunikation. Aus Familien werden »Bedarfsgemeinschaften« und aus Menschen »Kunden«. Weiterlesen

Neusprech: Agenda 2010

Die rotgrüne Regierung unter Schröder hatte im Jahre 2003 mit dem Schlagwort der »Agenda 2010« ein ganzes Bündel arbeitgeberfreundlicher Reformen in Form einer modernen politischen Vision angekündigt. Nun haben wir das Jahr 2010. Was von dieser vermeintlich großen Vision übriggeblieben ist, sind vor allem millionenfach verprellte SPD-Wähler, eine zukünftig stark steigende Altersarmut, privatisierte Lebensrisiken, über 2,5 Millionen Kinder in Armut, ein Niedrig-Lohnsektor, der mittlerweile fast ein Drittel aller Beschäftigungsverhältnisse ausmacht und vieles  mehr,  dass das Leben in Deutschland für Millionen Menschen erschwert hat. Der Begriff der »Agenda 2010« dürfte — ähnlich wie der Begriff der Reform — sehr negativ besetzt sein. Just in diesem Augenblick startet der Konzern Mediamarkt, Tochter der Metro AG, eine Spass- und Kaufaktion mit dem Namen: »Agenda 2010«. Weiterlesen

Neusprech: Personenschaden/Antipersonenminen

»Liebe Fahrgäste. Wegen eines Personenschadens verzögert sich die Weiterfahrt. Bitte haben Sie etwas Geduld.«

- Ansage der Deutschen Bahn

Als »Personenschäden« werden getötete oder verletzte Menschen bezeichnet. Ob im Verkehr, auf dem Arbeitsplatz oder bei Bahn-Suiziden — der Begriff klammert den Menschen aus und macht ihn zu einer Sache. Ähnlich verhält es sich bei dem Terminus der »Antipersonenminen«. Menschen, die von Minen verkrüppelt, entstellt oder getötet werden, sind semantisch »Antipersonen«. Beide Begriffe verschweigen sprachlich den Bezug zum Menschen und versuchen rein funktionell zu wirken. Schließlich soll eine normative oder gar moralisch-negative Assoziation vermieden werden. Weiterlesen

»Betriebsratsverseuchte Mitarbeiter«

Ein starker Anwärter für das Unwort des Jahres 2009 ist der Begriff »betriebsratsverseuchte Mitarbeiter«. Am 19. Januar 2010 wird das Unwort des Jahres 2009 gekürt werden. Dieser Begriff zeigt wieder einmal, wie die derzeitige Sprache in Deutschland durch herrschende Interessen korrumpiert wird. Menschen, die sich für Arbeitnehmer-Interessen einsetzen, sind schlicht krank, verseucht — müssen geheilt oder entsorgt werden. Im Jahr 2008 wurde der Begriff »notleidende Banken« zum Unwort des Jahres gekürt. In einer Zeit, in der Lohnarbeiter wegen 1,30€ Pfandbons oder wegen Frikadellen entlassen werden und in der die Repressalien gegenüber Lohnarbeitern ständig zunehmen, in der Banken verantwortlich für eine Wirtschaftskrise sind, die tausende Existenzen an den finanziellen Ruin bringen wird — versuchen Begriffe wie »notleidende Banken« und »betriebsratsverseuchte Mitarbeiter« eine Monopolisierung der Wirklichkeitsdeutung voranzutreiben, jenseits der Realität.

Neusprech: Bundeswehreinsatz

»Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) will nicht von einem Krieg in Afghanistan sprechen — trotz der sich verschärfenden Sicherheitslage und der drei bei einem Gefecht getöteten Bundeswehrsoldaten«

- Meldung auf merkur-online vom 25. Juni 2009

Deutschland befindet sich mit Afghanistan im Krieg. Um jedoch in der Öffentlichkeit eine größere Zustimmung für diesen Krieg zu bekommen, wird es seitens der Medien und der Politiker sprachlich vermieden, von einem »Krieg« zu sprechen. Stattdessen fallen Vokabeln wie Kampfeinsatz, das deutsche Engagement in Afghanistan, kriegsähnliche Zustände, bewaffneter Konflikt, Afghanistan-Einsatz, Stabilisierungseinsatz, Bundeswehreinsatz oder Mission. Offiziell wird »Deutschland am Hindukusch verteidigt«, wie der frühere Verteidigungsminister (»Verteidigung« ist hier ein Euphemismus!) Peter Struck betont hatte. Da Deutschland jedoch von Afghanistan nicht angegriffen wurde, werden vor Ort wohl eher politische, wirtschaftliche und geostrategische Interessen »verteidigt«. Euphemismen begleiten die tägliche Berichterstattung, wenn es um den Krieg in Afghanistan geht. Weiterlesen

Faschismussprech

Es scheint bei einer schwarz-gelben Bundesregierung kennt die bürgerliche Presse kein Halten mehr. Mit aller sprachlichen Härte versucht nun, z.B. die WELT, faschistisches Denken massentauglich zu machen:

Heinz Buschkowsky hat recht mit seiner Kritik an der Familienpolitik. Denn anders als geplant, schafft das Elterngeld vor allem Gebäranreize in der Unterschicht. Von 100 Elterngeldbabys, die eigentlich alle von Karrierefrauen hätten kommen sollen, steuerten diese im Jahre 2007 gerade mal neun bei. Eine folgenschwere Entwicklung.

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