Konsum macht glücklich!

»Je mehr du besitzt, desto mehr kannst Du kriegen!“

- Arundhati Roy, »Kapitalismus: eine Gespenstergeschichte«, Blätter, Ausgabe Juli 2012, S. 35

Gehen Sie noch heute los und kaufen Sie! Gönnen Sie sich etwas tolles, etwas einmaliges, etwas besonderes! Sollten Sie sich unwohl fühlen oder eine innere Leere verspüren, dann zögern Sie nicht lange und greifen Sie zu! Heben Sie einen ordentlichen Batzen Geld von Ihrem Konto ab und fahren Sie sofort in das nächste Geschäft. Erfüllen Sie sich einen Herzenswunsch, werden Sie noch heute glücklich und kaufen Sie!

Konsumtierchen

Vorkommen: weltweit, geschlechts- und generationsübergreifend. Besonders in Großstädten und Ballungsräumen. Aber auch im Internet häufig anzutreffen. Geschätzte Anzahl: vier Milliarden Exemplare.

Alter: 3–99. Tatsächlich werden diese Wesen nicht geboren, sondern gezüchtet.

Verhalten: hedonistisch, ich-bezogen, ungeduldig, schaut gerne Massenmedien, exhibitionistisch, kaufsüchtig, definiert sich selbst über sein/ihr Äußeres, neurotisch, chronisch unselbstbewusst, oberflächlich, materialistisch, gibt gerne heiße Luft von sich.

Fortpflanzung: nach Erreichen der Geschlechtsreife begeben sich Männchen und Weibchen in Zonen der Begegnungen: Partys, Soziale Netzwerke, Clubs, Schulen und so weiter. Erfüllt das Männchen vordefinierte Ideale und Wunschvorstellungen, dann gestattet das Weibchen die Annäherung. Bis es zur tatsächlichen Fortpflanzung kommt, vergehen jedoch noch Jahre des Werbungs- und Paarungsverhaltens, in denen massenhaft Alkohol, Medien und Menschen verbraucht werden.

Unterarten: Markentussi, Gelegenheitskäufer, Stammkunde, Fan-Boy, Shopping Queen, Bio-Besser-Esser, Konsumzombie, Luxus-Weibchen, Koma-Säufer und viele andere.

Kaufen. Wegwerfen. Kaufen.

Vor einigen Tagen ist ein Gutachten im Auftrag der Grünen durch die Presse gegangen, das Industrie und Unternehmen möglichst schnell wieder vergessen wollen: geplanter Verschleiß von Geräten als Massenphänomen. Hersteller bauen absichtlich mangelhafte Bestandteile ein oder es werden technische Tricks verwendet, um die Lebensdauer von Einzelteilen zu begrenzen.

In der Studie der »geplanten Obsoleszenz« (geplantes alt werden/abnutzen) betonen Stefan Schridde und Christian Kreis: »Je stärker die Gewinn- und Kapitalmarktorientierung, die auf Renditemaximierung setzt, desto anfälliger sind tendenziell Unternehmen, auf die Strategie geplanten Verschleißes zu setzen, da sie rein ökonomisch gesehen für das einzelne Unternehmen, wie oben gezeigt, unschlagbare Vorteile verschafft.«

Ein Social Media Shitstorm blieb aus. Viele dürfte das ohnehin nicht schockieren, unsere Wirtschaftsordnung ist schließlich auf Ausbeutung, kurzfristigen Profit und Konsum ausgelegt. Und wenn man dafür Kriege um Rohstoffe beginnt, bergeweise Müll fabriziert, die Umwelt verpestet oder Schrottprodukte produziert, damit man möglichst schnell wieder »neue, hochmoderne, auf dem Neuesten Stand der Technik« gefertigte Produkte kaufen soll, dann ist das eben so. Dem Profit darf sich nichts unterordnen. Qualität schon gar nicht!

Kinder in Deutschland; Teil 23: Konsum

Deutschland ist in vielen Gesellschaftsbereichen ein kinderfeindliches Land. Bei Bewerbungsgesprächen werden Frauen immer noch gefragt, ob sie Kinder wollen oder gar welche haben. Alleinerziehende Mütter rutschen meist in die Armutsfalle. Laute, spielende oder auch weinende Kinder in der Öffentlichkeit gelten oft als anstrengend. Um Kindertagesstätten werden Lärmwände gezogen. Nachbarn beschweren sich über laute Kinder und wer mehr als drei Kinder hat, hat es schwer, überhaupt eine Mietwohnung zu finden. Auch politisch werden weder für Kitas, noch für Erzieher ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Da schenkt man lieber den Banken 500 Milliarden Euro. Bei einer Sache jedoch, sind Kinder stets willkommen: beim Konsum.
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Verflüssigte Selbstreflexion

Die Konsumgesellschaft benötigt die Dienste von Absatzspezialisten, welche in allen Künsten der Überredung geübt sind. Unter einem System freien Wettbewerbs ist kommerzielle Propaganda mit allen und jeden Mitteln absolut unentbehrlich. [...] Was nachweislich gut ist, bezogen auf die Wirtschaft, kann für Menschen alles andere als gut sein.

- Aldous Huxley, »Wiedersehen mit der Schönen Neuen Welt«, Piper Verlag, München 1987, S. 54

Anmerkung: Glückliche, kritische und ausgeglichene Menschen sind schlecht fürs Geschäft. Industrie und Wirtschaft haben insofern ein immanentes Interesse daran, die Menschen stets unglücklich, ängstlich und unkritisch zu halten und wenn nötig: sie unzufrieden zu machen. Denn nur wer stets Bedürfnisse, Sorgen und Ängste hat, dem kann man auch erfolgreich etwas verkaufen. Das Schlimmste, was Konzernen und Unternehmen passieren kann, ist, dass immer mehr Menschen beschließen, mit dem was sie haben, zufrieden zu sein.

Neusprech: Marketing

»Unternehmen wollen schließlich kein passiver Spielball des Zufalls sein. Sie wollen aktiv Einfluss auf das Marktgeschehen nehmen und durch einen gezielten, wirkungsvollen Einsatz der Marketing-Instrumente die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen.«

- Uwe Engler, Ellen Hautmann, »Grundwissen Marketing«, Cornelsen 2010, S. 9

Marketing bezeichnet die pseudowissenschaftliche Kunst und Möchtegern-Philosophie des Verkaufens. Demnach ist die ganze Welt ein Produkt und alle Menschen haben unendlich viele Bedürfnisse, die durch den Gott-Markt-Leviathan befriedigt werden sollen. Die Fähigkeit menschliche Bedürfnisse erst gezielt zu konstruieren, um dann genau diesen Bedarf mit einem Produkt zu befriedigen, das ist Marketing. Weiterlesen

Einkaufsneurose

Ich muss zugeben, ich bin ein Einkaufsneurotiker. Ich bin ein unfreundlicher Konsument. Mir fällt es verdammt schwer, jemand fremdes anzulächeln, der automatisiert lächelt und den Kunden am Tag über hundert mal einen inhaltsleeren-Plastik-»Schönen Tag noch« wünscht. Den Kassierern ist auch kein Vorwurf zu machen, es ist schließlich ihre Lohnarbeit und sie werden dazu gezwungen angehalten. Warum aber, soll ich als Konsument, diese ganze scheinheilige, verlogene »Bitte Lächeln«-Heuchelei mitmachen? Weiterlesen

Rabatt ist geil

Geiz ist geil hat ausgedient. Rabatt ist geil. Kaufen, kaufen, kaufen. Billig, billig — das will ich! Ohne Rabatt macht das Leben keinen Spass mehr! Vorbei sind die Zeiten des Personal‑, Treue‑, Jahres‑, Positions‑, Erstbesteller‑, Jubiläums‑, Aktions‑, Web‑, Frühbucher‑, Lagerräumungs- oder Punkterabatts! Ab sofort gibt es auch den Scheiss‑, Spritz‑, Kotz‑, Kack- und Leck-mich-am-ich-mach-Dir-den-Eimer-voll-Rabatt! Nur beim Händler Ihres Vertrauens! Greifen Sie zu!

(Für die Qualität des Bildes muss ich mich entschuldigen. Wurde in einem Einkaufszentrum in Berlin mit meinem Handy aufgenommen, weil ich noch keine neuen Batterien für meine Digi-Cam rabattet habe)

Neusprech: Agenda 2010

Die rotgrüne Regierung unter Schröder hatte im Jahre 2003 mit dem Schlagwort der »Agenda 2010« ein ganzes Bündel arbeitgeberfreundlicher Reformen in Form einer modernen politischen Vision angekündigt. Nun haben wir das Jahr 2010. Was von dieser vermeintlich großen Vision übriggeblieben ist, sind vor allem millionenfach verprellte SPD-Wähler, eine zukünftig stark steigende Altersarmut, privatisierte Lebensrisiken, über 2,5 Millionen Kinder in Armut, ein Niedrig-Lohnsektor, der mittlerweile fast ein Drittel aller Beschäftigungsverhältnisse ausmacht und vieles  mehr,  dass das Leben in Deutschland für Millionen Menschen erschwert hat. Der Begriff der »Agenda 2010« dürfte — ähnlich wie der Begriff der Reform — sehr negativ besetzt sein. Just in diesem Augenblick startet der Konzern Mediamarkt, Tochter der Metro AG, eine Spass- und Kaufaktion mit dem Namen: »Agenda 2010«. Weiterlesen

The Story of Stuff

Dem einen oder anderen bestimmt schon bekannt. Aber wem nicht, kann hier einfach und schnell den linearen Verlauf des Konsums erklärt bekommen.


Story of Stuff — German from UTOPIA AG on Vimeo.

Das englische Original gibt es hier, aber die Syncronstimme von Jodie Foster (Hansi Jochmann) macht doch was her. Danke an devilange.