Der pädagogische Happen (13)

_happen_

Mutter: »Na, wie war der Tag heute?«

Erzieherin: (lächelt freundlich, versucht diplomatisch zu sein) »Schwierig. Oskar hat heute Steine nach Sophia geworfen und sie leider auch direkt am Auge getroffen. Sie musste im Krankenhaus behandelt werden.«

Vater: »Oh, das tut mir leid. Aber, das hatte doch sicherlich eine begründete Vorgeschichte, oder? Er würde sowas nie einfach nur so machen!«

Erzieherin: »Das Ganze ging sehr schnell, aber ich habe es genau beobachtet. Er hat Steine aus unserem Garten aufgehoben und sie direkt auf Sophia geworfen. Es gab vorher keine Interaktion zwischen den beiden. Außerdem mussten wir ihn heute Morgen aus der Sportgruppe nehmen, weil er ständig in körperlichen Konflikten involviert war.«

Mutter: »War das mit Christian? Dem Integrationskind? Der ist aber auch nicht Ohne!«

Erzieherin: »Leider gab es dann heute Nachmittag noch einen Vorfall. Nachdem meine Kollegin ihn ermahnt hatte, nannte er sie...Fotze

Vater: (wütend) »Jetzt reicht es mir aber! Unser Sohn tut so etwas nicht!« (Er nimmt seine Frau an die Hand, sie wenden sich ab und gehen ihren Sohn holen.)

(Bisherige Folgen)

Aus Sicht der Kinder

Hervorragendes Lied aus Kinder- und Jugendperspektive über das Erwachsen-Werden und den starken Leistungsdruck, der auf Kinder ausgeübt wird. Erwachsen-Werden und-Sein ist im neoliberalen Alltag mit Lohnarbeit, Selbstentfremdung und Geldfetisch für viele Kinder kein erstrebenswertes Ziel mehr. Warum auch? »Ein Kind macht kein Spaß. Ein Kind soll sich lohnen. Ein Kind muss man füttern, mit Informationen.«

Der pädagogische Happen (12)

_happen_Ein achtjähriger Junge spielt und tobt sehr laut in der Bahn. Dabei nimmt er keinerlei Rücksicht auf andere Fahrgäste, verteilt den Dreck unter den Straßenschuhen auf den Sitzen und rempelt andere Menschen an. Die Mutter tut zuerst so, als würde sie es nicht mitbekommen und hat dann sichtlich Mühe ihr Kind zur Rücksichtnahme zu bewegen. Als irgendwann ein junger Mann, Mitte Zwanzig, den Jungen direkt ‑aber freundlich-bestimmend- darauf anspricht, ist die Mutter auf einmal doch in der Lage, lauter zu werden:

Mutter: »So reden Sie nicht mit meinem Sohn! Was glauben Sie eigentlich wer Sie sind?«

Mann: »Ich bin nur ein unbedeutender, junger Mann, der nach einem harten Arbeitstag ein wenig Ruhe auf dem Heimweg haben möchte. Warum reden Sie eigentlich in diesem Ton nicht mit ihrem Sohn?«

Mutter: »Wie ich mit meinem Sohn rede und wie ich ihn erziehe, ist ganz allein meine Sache und geht Sie nicht das Geringste an! Was verstehen Sie schon davon? Sie sind ein Mann und hatten das Kind nicht in ihrem Bauch!«

Mann: »Ich habe auch einen Sohn. Und er ist in der Lage Rücksicht zu nehmen!«

Mutter: »Ist mir doch egal!« (wendet sich ab und geht mit ihrem Sohn aus der Bahn)

(Bisherige Folgen)

Der pädagogische Happen (11)

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Mutter A: „Oh Man, Theodor hat heute schon wieder Hausaufgaben in Deutsch und Mathe auf. Die bekommt er fast jeden Tag! Wir sitzen dann immer über eine Stunde da dran.“

Mutter B: „Sei doch froh! Meine Elsa bekommt gar keine Hausaufgaben auf. Alternative Reformpädagogik oder so ähnlich nennen die das. Gefällt mir aber gar nicht! Wie soll sie denn ohne Hausaufgaben eigenständig werden und was lernen?“

Mutter A: „Sie geht doch täglich für den halben Tag in die Schule! Ich denke, da büffeln die Kinder schon genug. Hausaufgaben dienen doch primär dazu, die Kinder frühzeitig mit Sachzwängen vertraut zu machen und um sie zu disziplinieren. Ich übe und lerne spielerisch mit Theodor auch so zwischendurch. Ganz ohne Hausaufgaben. Das macht er dann aber gerne und ohne Zwang!“

Mutter B: „Ja, aber ich finde es eben wichtig, dass meine Elsa nachmittags nicht immer nur spielt, sondern eben auch begreift, dass das Leben kein Ponyhof ist!“

Mutter A: „Aber spielen ist doch Lernen!“

(Bisherige Folgen)

Der pädagogische Happen (10)

_happen_Mutter: (gibt gerade ihre fünfjährige Tochter Dorothea in der Kita ab. Zur Erzieherin gewandt. Lächelt künstlich.) „Sie hustet ein bisschen, ist aber ansonsten ganz fit!“

Erzieherin: (begrüßt Mutter und Tochter) „Sie sieht aber schon ein wenig blass aus. Habt Ihr Fieber gemessen?“

Mutter: „Ja. Alles in Ordnung! Entschuldigt, ich muss dringend los. Zur Arbeit.“ (Verabschiedet sich schnell von Ihrer Tochter und geht dann los. Beim Mittagessen übergibt sich Dorothea. Die Erzieher dürfen zwar kein Fieber messen, bemerken aber, dass sie ganz warm und lustlos ist.)

Erzieherin: (zu Dorothea gewandt) „Du sag mal, wie ging es Dir denn gestern so?“

Dorothea: (schaut verlegen weg und sagt dann leise) „Mir war schlecht, aber ich musste versprechen, nichts zu sagen!“

Erzieherin: (ruft die Mutter an) „Sie müssen Ihre Tochter sofort abholen und zum Arzt bringen. Sie hat sich beim Mittagessen übergeben und hat höchstwahrscheinlich Fieber!“

Mutter: „Ich kann hier leider nicht weg. Ich muss arbeiten!“

Erzieherin: »Sie holen Ihr Kind bitte sofort ab! Wir sind eine Bildungseinrichtung und keine Krankenstation! Darüber hinaus können sich andere Kinder, Erzieher und Eltern anstecken!«

Der Anschlag (37)

anschlag_teaser90 Prozent aller berufstätigen Menschen in Deutschland, befürworten ein gesetzliches Recht, ihr Baby direkt nach der Geburt in einem Kindergarten betreuen zu lassen. Außerdem müsse es mehr 24 Stunden-Kitas sowie Öffnungszeiten am Wochenende und an Feiertagen geben, damit die Eltern dem flexiblen Arbeitsmarkt besser gerecht werden können, so eine Bertelsmann-Studie.

Hillary Clinton möchte zum Thema Frauenrechte in Saudi-Arabien keine öffentliche Stellung beziehen. »Wir wollen uns nicht in die Innenpolitik eines demokratisch geführten Landes einmischen. Denn wir respektieren das Völkerrecht«, so die ehemalige US-Präsidentschaftskandidatin.

Der Sprecher eines Immobilien-Investmentfonds fordert für Deutschland mehr Favelas und Town Ships, nach südafrikanischem und südamerikanischem Vorbild. Es könne nicht sein, dass so viele Sozialschmarotzer in guten Wohngegenden hausen würden, wenn diese Objekte doch so profitable Anlagen für Spekulanten und Investoren seien.

Der pädagogische Happen (8)

_happen_Die häufigsten Fragen von Eltern an Erzieher und Kinder, wenn sie die Kleinen entweder vom Kindergarten, der Schule oder der Nachmittags-Betreuung abholen, sind:

  1. (an das Kind) »Was hast Du heute gegessen? Wann? Wie viel? Hat es Dir geschmeckt?«
  2. (an die Erzieher) »Hat das Kind heute einen Mittagsschlaf gemacht?«
  3. (an das Kind) »Hast Du Hausaufgaben auf?«

Fragen nach Spiel-Aktivitäten, Freunden/Freundinnen sowie danach, wie sich das Kind tagsüber gefühlt hat, welche Gedanken, Träume oder Interessen es hatte, werden in der Regel von Erwachsenen eher selten gestellt. Besitz‑, Versorgungs- und Leistungsdenken dominieren das Eltern-Kind-Verhältnis. Sie nennen es »Liebe«.

Der pädagogische Happen (7)

_happen_-Gespräch zwischen zwei Vätern. Vater A (von Elias: 7 Jahre alt.) und Vater B (von Lionel: 6 Jahre alt)-

Vater A: »Du sag mal, spielt Dein Kind ein Instrument?«

Vater B: »Nein. Ich habe versucht es ihm schmackhaft zu machen, aber er hat dafür einfach kein Interesse. Also lasse ich es sein.«

Vater A: »Ach so. Also der Elias spielt Klavier. Ich bringe es ihm bei. Jeden Montag und Donnerstag jeweils eine Stunde.«

Vater B: »Und macht es ihm Spaß?«

Vater A: »Ich denke schon.«

(-10 Jahre später-)

Lionel: »Ey, schau mal da steht ein Klavier. Willste uns nichts vorspielen?«

Elias: »Boah ne, lass mal, Dicker! Ich hasse das Teil. Jahrelang hat mich mein Vater gezwungen, Klavier zu spielen. Bin froh, dass es vorbei ist!«

Lionel: »Wie jetzt? War nicht cool?«

Elias: »Ne. Überhaupt nicht.«

Der pädagogische Happen (6)

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Nach einem Elternabend. Eine Unterhaltung zwischen zwei Vätern.

Vater A: »Hey Michael, Du hast eben in der Vorstellungsrunde gesagt, Du bist gar nicht der leibliche Vater vom Lukas, sondern der »Bonuspapa«. Wo ist denn der echte Vater?«

Vater B: »Lukas ist alle zwei Wochen am Wochenende bei seinem leiblichen Vater. Ansonsten immer bei uns. Und das klappt ganz gut.«

Vater A: »Hast Du noch eigene Kinder?«

Vater B: »Ja, den Lukas.«

Vater A: »Ich meine, die von Dir sind. Sozusagen von Deinem Fleisch und Blut?«

Vater B: »Nein. Aber ich erziehe den Lukas seit über sechs Jahren und er ist die meiste Zeit über bei uns. Insofern betrachte ich ihn auch als meinen Sohn

Vater A: »Ja, aber er ist ja nicht wirklich von Dir!«

Vater B: »Relevant ist doch nicht, das genetische Besitz- und Habendenken, sondern die Zeit, die man aktiv mit dem Kind verbringt.«