Tina – Königin der Krise

Gastbeitrag von Wolfram Bernhardt. Mitherausgeber und Redakteur des philosophischen Wirtschaftsmagazins: Agora42

Im Jahr 1762 gründeten die Brüder John und Francis Baring in London die John & Francis Baring Company. Zunächst noch ein Handelsunternehmen, konzentrierte sich die Company schon nach wenigen Jahren immer mehr auf Finanzgeschäfte und wurde im 20. Jahrhundert zur wichtigsten Bank für das englische Königshaus und half der britischen Regierung im Zweiten Weltkrieg bei der Kriegsfinanzierung. Man könnte meinen, dass eine Bank mit einer solchen Historie und solchen Verbindungen für die Ewigkeit aufgestellt sein sollte. Jedoch endete die Ewigkeit in diesem Fall am 23. Februar 1995. Da die Fehlspekulation des Angestellten Nick Leeson die Bank 1,3 Milliarden US-Dollar gekostet hatte – eine Summe, die selbst für ein Traditionshaus wie dieses nicht zu verschmerzen war. Wie konnte es zu solch einem Unglück kommen? Weiterlesen

Neoliberalismus ist...

Die Wirtschaftswoche fragt rhetorisch, was eigentlich »neoliberal« bedeute und gibt sogleich eine Antwort vom Ökonomen Alexander Rüstow: »Die wohlstandsmehrende Kraft der Marktwirtschaft sollte genutzt, destruktive Monopole und Kartelle aber gebändigt werden.« Die Theorieverliebtheit und das abstrakte Geschwätz von Ökonomen, hat wenig mit der ökonomischen Not vieler Millionen, ja Milliarden Menschen auf der Welt, gemein. Im Alltag bedeutet Neoliberalismus...

  • ..wenn die Wasserpumpe auf dem Wasserspielplatz im Sommer bei 35 Grad abgestellt wird.
  • ...wenn Busse aus dem ÖPNV ständig überfüllt sind, so dass Mütter mit Kinderwagen und Senioren nicht mehr einsteigen können.
  • ...wenn das Gegeneinander kultiviert und das Miteinander verachtet wird.
  • ...wenn Kleinkinder, mit 3 oder 6 Monaten spätestens aber nach einem Jahr, in die Kita gesteckt werden, weil die Eltern wieder arbeiten gehen wollen müssen.
  • ...wenn Haustiere freie Kost und Unterkunft erhalten, während Obdachlose und Erwerbslose als faule Schmarotzer beschimpft werden.
  • ...wenn die Eintrittspreise für Kinos, Schwimmbäder, Museen, Ausstellungen und Konzerte, die Mieten- und Strompreise stets teurer, aber niemals billiger werden.

Wahlplakate 2013 — Teil 1: CDU

Am 22. September sind Bundestagswahlen und die Straßen sind bereits zugemüllt mit Phrasen, Versprechungen, Lügen und Verdrehungen. Ich habe einige Wahlplakate fotografiert und möchte sie hier kurz kommentieren. Beginnen wir mit der CDU.

Hier wird die schwäbische Hausfrau beschworen, nachdem sparen (also kürzen) gut für die Zukunft sei. Ganz so, als würden die heutigen Kürzungen und Sparverordnungen unseren Kindern etwas nützen. Das Bild suggeriert, die Partei würde an die nächste Generation denken, sei vorausschauend und zukunftsorientiert (Stichwort: Generationengerechtigkeit). Das Paradies wird in eine unbestimmte Zukunft verschoben. Weiterlesen

Erklärbären

Selbst denken, den eigenen Verstand benutzen und der eigenen Vernunft vertrauen, ist im Zeitalter der massenmedialen Konditionierung ein eher seltenes Phänomen. Für alle Lebenslagen gibt es Wichtigmenschen, die uns sagen, wie und was wir über bestimmte Dinge denken sollen:

Wissenschaftler
Top-Ökonomen
Spitzenpolitiker
Professoren
Fachleute
Experten
Doktoren
Forscher
Manager
Profis
Eliten

Wer der Prominenten-Fixierung seinen Respekt verweigert, ist ein Querulant.

Nichtwähler sind politisch

Titanic-Magazin

Bald stehen Bundestagswahlen an und viele werden wieder moralisieren, dass es die Pflicht eines jeden aufrechten Bürgers und Demokraten sei, wählen zu gehen. Wer nicht wählen gehe, dürfe sich auch nicht beschweren. Ganz so, als würde das Kreuzchen wirklich etwas verändern. In Wahrheit sind die Wahlen nur noch Makulatur eines unsäglichen politischen Schmierentheaters. Die Strippenzieher und Entscheider sitzen in Banken, Konzernen, Kanzleien, Rating Agenturen, Stiftungen und Versicherungen. Das zu verleugnen und als verschwörungstheoretisch zu verharmlosen hat zwar Tradition (auch im linkspolitischen Spektrum), wird aber immer offensichtlicher. Weiterlesen

Presseblick (11)

Die Süddeutsche Zeitung berichtet über gekaufte Facebook-Fans. Auch hier sitzen Menschen in Bangladesh und dürfen für 150 Dollar im Jahr Unternehmen liken: »Wer oft geliket, abonniert oder verfolgt wird, sei es auf Facebook, Youtube oder Twitter, erreicht mehr Kunden. So lautet das Mantra«. Tja, wieder ein Argument mehr, Social Media mit eher skeptischen Augen zu betrachten.

Auf swr.de wird geschrieben, dass die Prager U‑Bahn Obdachlose entfernen will. Polizisten sollen auf »Geruchsstreife« gehen. Nicht die Armut wird bekämpft, sondern die Armen. Ein Vorbild für ganz Europa.
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Copy & Paste Journalismus

Es ist immer wieder »erfrischend« zu sehen, welch hochwertigen »Qualitätsjournalismus« wir in Deutschland haben. Ein Freund sprach vom »kostenneutralen Journalismus«. Redaktionen werden gnadenlos zusammen gestrichen und Redakteure müssen wie am Fließband Artikel raushauen. Was bietet sich da besser an, als von Pressemitteilungen, DPA-Meldungen und von Unternehmen verfassten PR-Artikeln ab- und umzuschreiben? Durch die kaum vorhandene Pluralität können PR-Meldungen besser platziert und gestreut werden. Das ganze Gerede von »vierter Gewalt« ist eine Parodie. Die Bilder sprechen für sich (click to enlarge):

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Steuermafia

Sarah Wagenknecht über Steuerhinterziehung in Deutschland und den unsäglichen Satz: »Das ist nicht finanzierbar«, während die Bundesregierung gleichzeitig nichts gegen Steuerhinterziehung von Vermögenden, Konzernen, Banken und Millionären unternimmt. Ja schlimmer noch: Steuerflucht großzügig fördert und unterstützt. Ganz abgesehen vom 500 Milliarden-Euro-Banken-Geschenk.

Bitte abschalten: »Die strengsten Eltern der Welt«

Respekt, Disziplin und Arbeitsgehorsam. Das sind die Werte, welche den Jugendlichen in der Pseudo-Doku-Sozial-Soap auf Sat 1 beigebracht werden sollen. Die Kinder werden zu Gasteltern geschickt, damit sie endlich lernen, gegenüber ihren Eltern und der Familie Respekt zu zeigen, ihren Drogenkonsum zu reduzieren und weniger herum zu hängen. Das vermeintlich faule Jugend-Pack soll ordentlich gedrillt werden. Folglich übergeben die Eltern ihre Kinder für einige Zeit dem TV-Sender Sat 1, der hier als Therapeut und Pädagoge fungiert und die Kinder in eine Art Umerziehungs-Camp verfrachtet. Sie sollen ihre vermeintlich unsoziale Art ablegen und sich allen Anweisungen fügen. Weiterlesen