In Ruhe seine Bahnen ziehen, ist schon lange kein Vergnügen mehr, sondern eher eine Herausforderung geworden. Das Schwimmbad in meiner Nähe, welches ich in 15 Minuten per Fußweg erreiche, ist voller Treibholz und Schwimmbojen. Ältere Damen jenseits der 60 segeln fröhlich mit Stehgeschwindigkeit im Duett oder im Trio nebeneinander (!!) her, schwatzen entspannt über das Wetter, Krankheiten und vermeintliche Familienprobleme. Schimpfen jedoch sofort los, wenn man es wagen sollte, sie zu überholen oder wenn sie einen Tropfen Wasser, beispielsweise durchs Kraulschwimmen, abbekommen. Senioren üben sich im Rückenschwimmen und drängen alle Hindernisse, also andere Menschen, rücksichtslos ab: »Oh, Entschuldigung!« Na klar. Dabei bin ich derjenige, der ständig am ausweichen ist und Rücksicht nimmt. Sie alle haben aber schließlich Eintritt bezahlt und nun das Recht erworben, sämtliche Bahnen mit ihrem Egoismus zu blockieren.
Bis 15 Uhr kostet der Eintritt 3,50 Euro, danach 5,50 Euro. Das tolle: ab 15 Uhr fängt auch der Parallelbetrieb an. Schwimmkurse für Kinder und Erwachsene, Aqua-Fitness und so weiter. Man darf also ab 15 Uhr mehr als 50 Prozent des Grund-Eintrittspreises draufzahlen und bekommt dafür dann weniger Schwimmfläche zur Verfügung als vor 15 Uhr. Als ich die Badeaufsicht auf diese absurde Logik hinweise, macht sie auf unschuldig: »Ich bin dafür nicht verantwortlich.« Das stimmt sogar. Verantwortlich sind die politischen Budget-Kürzungen für Bildung, Kultur und Soziales. Irgendwie müssen die Milliarden, die man den Banken geschenkt hat, ja wieder eingetrieben werden. Schwimmen wird zunehmend zu einer privilegierten Freizeitbeschäftigung.