Filmkritik »the Substance«

imdb.com

»The Substance« von Coralie Fargeat aus dem Jahr 2024, hat 2025 den Oscar für »Best Achievement in Makeup and Hairstyling« gewonnen sowie viele weitere Preise und Nominierungen erhalten. Die Kritiker-Presse lobte den Film als bissige, feministische Horror-Satire auf die Schönheitsindustrie. Dabei hat der Film deutlich weniger Substanz als der Titel vermuten lässt.

Elisabeth (Demi Moore) ist eine in die Jahre gekommene Aerobic-Trainerin und ‑Tänzerin, die nun von ihrem Produzenten ausrangiert werden soll. Die Einschaltquoten sinken und mit 50 Jahren sei sie nun zu alt für den Job. Sie soll nun durch eine Jüngere ersetzt werden. Elisabeth (Demi Moore) nimmt daraufhin eine geheimnisvolle Substanz ein, um sich zu verjüngen. Sie wird dann zu Sue (Margaret Qualley) und macht wieder Karriere.


Schönheit als Währung
Die plakative Kritik an der Schönheitsindustrie verpufft für mich vor allem deshalb, weil der kapitalistische Objekt- und Warencharakter als Solches, nie in Frage gestellt wird. Schließlich wird nur subtil bejammert, dass Frau mit 50 nicht mehr an diesem teilhaben darf. Sue (Margaret Qualley) hätte dem System, dass Frauen nur zu Objekten macht, auch den Stinkefinger zeigen und/oder es austricksen oder sonstwie vorführen können. Stattdessen genießt sie wieder alle Vorteile und Privilegien, die ein junger, attraktiver Frauenkörper in der Medienwelt so mit sich bringt.

Die plumpe Aussage ist, dass es Frauen in der kapitalistischen Medienwelt unmöglich gemacht wird, in Würde zu altern. Dabei sind Altersdiskriminierung und Altersarmut ein geschlechtsübergreifendes Phänomen der neoliberalen Objekt-Warenwelt und keine explizite Methode von vermeintlichen Frauenhassern oder des Patriarchats, wie es Feministinnen gerne formulieren. Auch die Fixierung auf Oberflächlichkeiten und Aussehen, kommt nicht von toxischen Männern, sondern von Unternehmen, die damit Millionen verdienen wollen. Zudem gibt es nicht wenige Frauen, welche die Währung »Schönheit« auch gerne selbst gewinnbringend für sich einsetzen.


Emotionaler Eisberg
Was an diesem Film eine »Satire« sein soll, erschließt sich mir nicht. Ich musste an keiner Stelle lachen. Das gezeigte Showbusiness war auch nicht satirisch überzeichnet, sondern ist eher zynische (Alltags-)Realität. Es ist zudem ein kalter, glatter und ohne jedes Feingefühl inszenierter Film. An keiner Stelle fühlt man mit den Protagonisten oder ist gar emotional berührt. Stattdessen verspürt man schon früh eine innere Abneigung und eine Form des Ekels, der dann auch am Ende in einem expliziten Selbsthass-Rausch explodiert.

Nein, ich kann den Hype und die Lobpreisungen zu diesem Film leider nicht nachvollziehen. Drehbuch und Dialoge sind ebenso mittelmäßig bis platt wie die Dramaturgie. Wenn das ein »Meisterwerk« sein soll, dann ist Hollywood wirklich am Ende. Filme wie »Alien«, »Blade Runner«, »Truman Show«, »Der Pate«, »Apocalypse Now«, »Gattaca« oder »Taxi Driver« brennen sich Jahrzehnte in das Gedächtnis. »The Substance« will man nach einmal Anschauen am Liebsten wieder vergessen.


In Würde altern

11 Gedanken zu “Filmkritik »the Substance«

  1. Alles in allem eine gute Rezension.
    Ich halte den Film, zumindest am Ende, für stark übertrieben, obwohl ich das Ergebnis, sogar des künstlerischen Effektes wegen, sogar noch nachvollziehen kann, wurde ich halt wenigstens ganz ansprechend schockiert. ;-)
    Und »Nein«, kein großer Film.

  2. Dann doch lieber noch mal »Drop Dead Gorgeous« (1999) anschauen. Ganzer Film kostenlos (noch) auf youtube. Leider nur in der deutschen Synchro, wo so einige Anspielungen verloren gehen:

    »Are we on ›Cops‹? Are we on ›Cops‹, Harold?«
    »Are we on ›Cops‹ again?«
    »Let go! Let go of me. Oh my God, it’s COPS!«

    Gibt aber ein Transcript des Originals.

  3. Die armen alternden Frauen im Showgeschäft (!) sind Opfer der gesellschaftlichen Realität. Die gesellschaftliche Realität (für Frauen im Showgeschäft) ist schlecht und muss in den Medien kritisiert werden. Das ist die Botschaft.

    Wenn diese Frauen durch einen Mord an einem jungen Menschen selber wieder jung werden könnten, würden sie dann diese Möglichkeit ergreifen oder trotzdem die Realität anprangern?
    Wenn diese Möglichkeit bestände, wäre dann die schlechte gesellschaftliche Realität noch ein relevantes Thema in den Medien, oder wäre es nur ein Randthema für Menschen, die nicht prominent sind?

    Wenn die Anklägerinnen durch Mord wieder jung werden könnten, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit in unserer oberflächlichen Welt, dass bei ihnen die Moral den Sieg über das Ego davontragen würde?

    Gibt es darüber auch einen Film?

  4. »Sie wird dann zu Sue«
    A hag named Sue ( https://de.wikipedia.org/wiki/A_Boy_Named_Sue )
    -
    Wohlwollend — aber wer will das schon — könnte man die ›Substance‹ selber als satirische Überspitzung der diversen Mittelchen zum jung bzw. schön bleiben gelten lassen.
    -
    »Hollywood wirklich am Ende«
    The unimaginative End of Hollywood — Jetzt als Serie bei Netflix, natürlich mit Demi Moore als böser Schwiegermutter¹ und Olaf Scholz als Quoten-Deutschem².

    ¹Die Rolle, für die sie viele Jahrzehnte in der Leere Hollywoods durchgehalten hat
    ²Dank des mächtig aufgepumpten Investitionsfonds, Abt. Filmförderung (»Es müssen nicht immer Panzer sein«), zur Stärkung deutschen Ansehens in aller Welt, speziell auf der Leinwand sowie durch das Vermitteln toller Fototermine in Hollywood an blutleere Provinzpolitiker deutscher Provenienz

  5. Ich verstehe nicht, wie man sich aktuelle Filme, Serien, TV, ... anschauen kann. Mir kommt das vor, wie man sich freiwillig und begeistert der Ludovico Technique aus Clockwork Orange unterzieht.

  6. Ich finde den Film gut. Basta! Das wichtigste ist doch die überdeutliche Botschaft, das die Weiber nie genug kriegen können. Hier wars sozusagen das Schönheitskaufhaus, oberste Etage erreicht. Satirische Elemente sind durchaus enthalten, denn der Film hat so manche sonst gerne verschwiegene Wahrheit über die Frau gezeigt. Für die Glotze isser jedenfalls gut genug.
    „Wenn diese Frauen durch einen Mord an einem jungen Menschen selber wieder jung werden könnten, würden sie dann diese Möglichkeit ergreifen oder trotzdem die Realität anprangern?“
    Selbstverständlich beides, wie immer.

  7. Wenn Du in dem Bereich was ordentliches sehen willst, schaust Du Dir Welcome to Wellville über den Dr. Kellogg an. Ist alt, aber immer noch gut.

  8. @Klaatu
    Weißt Du, manchmal möchte man einfach mal nur sich Entspannen und, wenn der Film gut ist vielleicht auch etwas inspiriert werden.
    Ich sitze seit dem 12.4.2020, (wenn ich nicht wie immer, einmal wöchentlich meinem subversiven Aktivitäten nachgehe) jeden Tag, 7/7 etwa 12 Stunden an meinem hochleistungs PC und recherchiere in 5 Sprachen das Weltgeschehen.
    Und zwischen durch, auch am PC schaue ich eine Serie, (1923 im Augenblick) oder einen guten Film, wie Poor Things, oder ganz aktuell Raqa, einfach um mich anders drauf zu bringen.
    Und ja, das Meiste, was kommt, ist Müll oder besser Sondermüll und den Diversity Scheiss, mit dem schwulen Bruder, der gerne 2 behinderte Mädchen aus Afghanistan adoptieren möchte, stelle ich gleich ab. ;-)

  9. Hab mir den Film »Willkommen in Wellville« angeschaut. Kannte ihn bis jetzt noch nicht. Scheint mit youtube-prüde zensiert zu sein.

    Als jemand der seit bald 50 Jahren vegan lebt und aus einer Familie kommt, die in der vegetarischen Bewegung fest verwurzelt ist und diese aus eigener Anschauung kennt, darf ich meinen Vater — selbst auch schon seit Geburt Vegetarier — zitieren wie er schon in den 1980ern lakonisch feststellte:

    Unter den Vegetariern¹ gibt es die größten Spinner!

    ¹ damit waren damals alle Spielarten Ovo, Lacto und vegan gemeint

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..