Presseblick (40)

Harald Schumann, investigativer Journalist beim Tagesspiegel und Regisseur der durchaus empfehlenswerten Video-Dokumentation: »Die Troika — Macht ohne Kontrolle« behauptet auf Telepolis: »Wenn man den Mächtigen nach dem Maul schreibt, bekommt man die besseren Honorare.« Völlig richtig. Leider verharmlost auch er die Eigentum- und Machtverhältnisse der Massenmedien, indem er die einseitige Propaganda bei der Russland- und Griechenland-Berichterstattung so kommentiert: »Die Kollegen haben es getan, weil es einfach war. Man konnte sich der Aufmerksamkeit des Lesers und des Zuschauer sicher sein. Es war eine Story.« Von redaktionellen Vorgaben, Selbstzensur, vorauseilendem Gehorsam, Kopfscheren und Atlantik-Brücke-Journalisten ist keine Rede. Denn wer die Eigentumsverhältnisse sowie die zunehmende Gleichschaltung der Massenmedien thematisiert, gehört heute schon zu den Verschwörungstheoretikern. Weiterlesen

Neulich im Schwimmbad

In Ruhe seine Bahnen ziehen, ist schon lange kein Vergnügen mehr, sondern eher eine Herausforderung geworden. Das Schwimmbad in meiner Nähe, welches ich in 15 Minuten per Fußweg erreiche, ist voller Treibholz und Schwimmbojen. Ältere Damen jenseits der 60 segeln fröhlich mit Stehgeschwindigkeit im Duett oder im Trio nebeneinander (!!) her, schwatzen entspannt über das Wetter, Krankheiten und vermeintliche Familienprobleme. Schimpfen jedoch sofort los, wenn man es wagen sollte, sie zu überholen oder wenn sie einen Tropfen Wasser, beispielsweise durchs Kraulschwimmen, abbekommen. Senioren üben sich im Rückenschwimmen und drängen alle Hindernisse, also andere Menschen, rücksichtslos ab: »Oh, Entschuldigung!« Na klar. Dabei bin ich derjenige, der ständig am ausweichen ist und Rücksicht nimmt. Sie alle haben aber schließlich Eintritt bezahlt und nun das Recht erworben, sämtliche Bahnen mit ihrem Egoismus zu blockieren.

Bis 15 Uhr kostet der Eintritt 3,50 Euro, danach 5,50 Euro. Das tolle: ab 15 Uhr fängt auch der Parallelbetrieb an. Schwimmkurse für Kinder und Erwachsene, Aqua-Fitness und so weiter. Man darf also ab 15 Uhr mehr als 50 Prozent des Grund-Eintrittspreises draufzahlen und bekommt dafür dann weniger Schwimmfläche zur Verfügung als vor 15 Uhr. Als ich die Badeaufsicht auf diese absurde Logik hinweise, macht sie auf unschuldig: »Ich bin dafür nicht verantwortlich.« Das stimmt sogar. Verantwortlich sind die politischen Budget-Kürzungen für Bildung, Kultur und Soziales. Irgendwie müssen die Milliarden, die man den Banken geschenkt hat, ja wieder eingetrieben werden. Schwimmen wird zunehmend zu einer privilegierten Freizeitbeschäftigung.

Meine guten Vorsätze für das Jahr 2015

  1. Alles glauben und nachplappern was mir BILD und RTL sagen.
  2. Keinen Sport treiben, weiter rauchen, saufen und auf der Couch rumlümmeln sowie fleißig Junk Food und Zuckerbomben fressen.
  3. Meine Lohnarbeit als mein größtes Hobby und als meine größte Leidenschaft verinnerlichen und keine Zeit für schöpferische Tätigkeiten verwenden.
  4. Weiter in meinem mental-emotionalen Biedermeier-Glasbunker leben; weltweite Armut, Ausbeutung und Kriege verleugnen.
  5. Mir ganz viel neues Zeug kaufen, was ich gar nicht brauche. Und es dann nach zwei Wochen wieder wegwerfen. Mindestens drei neue smartphones zulegen.
  6. Kinder, Migranten und alte Menschen ordentlich verabscheuen und hassen.
  7. Einen großen Bogen um Gesellschafts‑, Medien- und Wirtschaftskritik machen. Und jeden, der sich damit beschäftigt als nervigen Spinner beschimpfen.
  8. Auf Facebook viele Katzenbilder posten und teilen, fleißig Familienbilder hochladen und mein Profilbild öfter wechseln, um Bestätigung zu bekommen.
  9. Mir im Fernsehen sämtliche Pseudo-Doku-Sozialsoaps reinziehen.
  10. Weiterhin den Neoliberalismus als alternativlose Wahrheit anbeten.

Ich muss nichts verändern. Ich bin Deutschland. Ich bin perfekt.

P:S: Meine 10 Wünsche für das Jahr 2014 sind natürlich nicht in Erfüllung gegangen.

Gesundschönheit

Quelle: wikimedia

Zwischen Schönheit und Gesundheit, zwischen Gesundheit und Schönheit wird ein untrennbarer Zusammenhang hergestellt. Die Pharma‑, Lebensmittel- und die Sportindustrie erzeugen mit dieser konstruierten Kausalität eine Symbiose, von der alle finanziell profitieren. In dieser Trias ist gesund und schön, wer sich entsprechend ernährt, ist gesund und schön, wer die entsprechenden Kosmetik- bzw. Pharmaprodukte verwendet und ist gesund und schön, wer ausreichend Sport betreibt. Wer gesund und schön sein will, muss nicht nur leiden, wie der Volksmund sagt, sondern er muss vor allem kaufen, zahlen und konsumieren. Weiterlesen