Ich könnte dieses Bild hier jeden Tag veröffentlichen. Ob es einen Unterschied machen würde? Vermutlich nicht. Ist doch eh alles halb so wild, nicht wahr? Immer diese Kulturpessimisten! Das ist eben modern so! :jaja: Dennoch: wenn ich das täglich in Bus und Bahn sehe, muss ich an viele dystopische Romane und Filme denken...aber auch das: wen interessierts? :)
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»Die Stillen gehen unter...«
...die Lauten brüllen sich in den Mittelpunkt«. So war es schon immer! Ja. Nichts Neues. Schon klar. Und dennoch: im Social-Media-Zeitalter bekommt diese Redewendung eine ganz neue Dimension. Kritiken, Reviews, Forenbeiträge, Twitter-Geschrei und Kommentare werden bei Medienanalyse-Zwecken als quantitative Messeinheiten herangezogen, um Statistiken und vermeintlich repräsentative Grafiken zu erzeugen. Nur: die stillen Leser oder diejenigen, die ihre Meinung nicht äußern, werden gar nicht mehr mit einberechnet. Es gibt keine Quote für Lesebeteiligung (wie die Wahlbeteiligung), Umfragen für die stillen Leser (»Warum kommentieren Sie nicht?«) oder Ähnliches. In den quantitativen und qualitativen Medienanalysen existieren sie schlicht nicht.
Insofern scheinen provozieren und polarisieren für viele Webseiten-Betreiber eine geeignete Methode zu sein, um Aufmerksamkeit, Kommentare und Klickzahlen zu generieren (»Clickbait!«). Auch hier lautet das Motto: »Inhalte überwinden!« Argumente im Twitter-Format. Überschriften, die Versprechen machen, die sie nicht einlösen. Zwei‑, Drei- und Vierdeutige Botschaften. Personalisierungen statt Sachdiskussionen. Konflikte generieren. Gezielten Bullshit in den Äther rotzen. Und vor allem: immer und überall laut brüllen!
Was sagt eigentlich Habermas dazu, der Zeit seines Lebens immer an die Macht der »Kommunikation« geglaubt hat?
Presseblick (79)
Es vergeht kaum ein Tag, bei der die NATO-LeiDmedien nicht über Fake-News, Putintrolle, Hate-Speech, Social Bots, Populismus, Antisemitismus oder Verschwörungstheorien berichten, um jedwede alternative Berichterstattung zum neoliberalen Narrativ zu denunzieren. Und dann das: »Fake News im Spiegel«. Claas Relotius, ein Journalistenstar, der mit zahlreichen Preisen überhäuft wurde, hat im großen Stile Fake-News betrieben: »Seine Lügen passten in ihr offizielles Narrativ, sie bestärkten die Propaganda der herrschenden Eliten.« Nein, nicht doch! Relotius ist und bleibt natürlich ein absolut bitterer und unglücklicher Einzelfall. So etwas wird es nie, nie wieder und niemals wieder geben! Versprochen! :nene: Weiterlesen
»Ich bin nicht süchtig!«
Digitale Dystopien und »die grauen Herren« waren gestern. Heute bekommen smombies eigene Fußwege.
»Insbesondere wenn du Inhalte, die durch geistige Eigentumsrechte geschützt sind (wie Fotos oder Videos), auf oder in Verbindung mit unseren Produkten teilst, postest oder hochlädst, gewährst du uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare und weltweite Lizenz, deine Inhalte (gemäß deinen Privatsphäre- und App- Einstellungen) zu hosten, zu verwenden, zu verbreiten, zu modifizieren, auszuführen, zu kopieren, öffentlich vorzuführen oder anzuzeigen, zu übersetzen und abgeleitete Werke davon zu erstellen. [...] Wir behalten uns sämtliche Rechte vor, die dir nicht ausdrücklich gewährt werden.«
Aus den Nutzungsbedingungen von Facebook. Nur mal so, weil die vermutlich kaum jemand lesen wird. Ist schon eine tolle Sache. Dieses Facebook. :jaja:
Sowohl als Auch
In der siebten Episode von »the Orville« wird in satirischer Form aufgezeigt, wohin eine Gesellschaft führen kann, die alles und jeden bewerten muss und welche Folgen die binäre Wahrnehmung hat. Dann gibt es kein grau, keine Differenzierung und vor allem auch keine Nicht-Wahl/Enthaltung mehr. Man darf, soll und muss sich zwischen gut und schlecht, zwischen down- und upvotes entscheiden. Ist man für oder gegen Flüchtlinge? Opfer oder Täter? Für Russland oder die NATO? Die Spannung aushalten, sich nicht entscheiden wollen sollen müssen oder auch ‑bei manchen Themen- beide Ansichten verstehen und nachvollziehen können, ohne sich auf eine Seite schlagen zu wollen, scheint immer weniger möglich zu sein. Oder um es mit George W. Bush zu sagen: »Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!«
Monokausale Vereinfachungen und Polarisierungen haben offenbar nicht nur den Vorteil, weniger selbst denken zu müssen, sondern auch schneller (be- und ab)werten zu können. Es ist selten eine Erklärung von »entweder oder«, als viel öfter eine Frage von »sowohl als auch«. Ambiguitätstoleranz scheint im digitalen Zeitalter kaum noch möglich zu sein.
Die Ablehnung der Wirklichkeit
Bei Konzerten oder Schul-Aufführungen fällt es mir am stärksten auf: viele Zuschauer lassen den Augenblick nicht mehr an sich heran. Sie scheinen unfähig, auf das Gesehene oder Gehörte empathisch zu reagieren und zu antworten. Stattdessen wird eine elektronische Mauer vor die eigenen Emotionen und das eigene Bewusstsein geschoben: das smartphone. Entweder müssen sie dringend, unbedingt und sofort ihre FB-Timeline abarbeiten bzw. WhatsApp-Nachrichten beantworten oder ihre Hände hoch heben und mit der Schutzglocke auf »Aufnahme« drücken.
Nicht nur Busse und Bahnen sind voll mit devoten Jüngern, die mit gebeugten Hals, den digitalen Göttern willfährig dienen. Auch jeder andere Lebensraum ist mittlerweile mit den Stilletötern vergiftet worden. Sie sind schon lange keine harmlosen Spielzeuge mehr, sondern Konsum‑, Kompensations- und Kontrollinstrumente. Jeder Vergleich mit anderen Medienformen (Zeitung etc.) hinkt schon deshalb, weil heute das smartphone sämtliche Lebenswelten kolonisiert hat und jede soziale Interaktion beeinflusst.
» »Handystrahlung produziert Zombies«
» »Biste auch bei WhatsApp?“
» »Kollektive Kommunikationspflicht«
Das Narrenschiff
Er ist für mich bereits der zweite Blogger (nach Roger Beathacker aka Kurt von »nebenbei bemerkt«), den ich regelmäßig lesen und schätzen gelernt habe und der nun verstorben ist. Ja, der gute Charlie vom »Narrenschiff« war nicht der größte Diplomat. Auch ich hatte einige Reibungspunkte mit ihm, aber hat die nicht jeder in seiner Familie? Das eher lose linkspolitische Blogger-Netzwerk definiert sich viel zu oft durch seine Unterschiede anstatt durch seine Gemeinsamkeiten. Ich fand das schon immer schade. Es scheint fast so, als müsse man sich unbedingt von den Anderen abgrenzen, um seine Individualität zu bewahren. Dabei schreibt und redet man die ganze Zeit von Solidarität, Empathie und Mitmenschlichkeit, schafft es aber selten, genau die im Blog-Netzwerk überhaupt einmal vor-zu-leben. In diesem Sinne: mir wird der gute Charlie fehlen, denn es gab viele Beiträge von ihm, die mich inspiriert haben.
Generation Facebook
- Von nichts eine Ahnung, aber zu allem eine Meinung haben.
- Kaum empfänglich für rationale Argumente oder einen analytischen Diskurs sein, aber überall mit Gefühl dabei sein wollen.
- An nichts ein ernsthaftes Interesse zeigen, außer an sich selbst.
- Infotainment statt seriöse Berichte verkonsumieren.
- Kein Mittelmaß oder grau mehr wahrnehmen, sondern alles nach einem binären Bewertungssystem beurteilen wollen.
- Infantilität, Kitsch und Banalität als Problemlösungs-Kompetenz begreifen wollen.
Zeitgemäße Romantik
Eine attraktive Frau steht an einem menschenleeren Strand. Die Sonne geht gerade unter. Der Wind umspielt ihr Haar. Der Sand streichelt ihre Haut. Aber es interessiert sie nicht. Absolut nicht. Ein smartphone glitzert in der Sonne. Mehrfaches Knipsen. Selfies werden gemacht. Auf Facebook und WhatsApp hochgeladen. Als Profilbild eingestellt. Mit dem Satz »genießt den Sonnenuntergang.« Dann geht sie.