Der pädagogische Happen (61)

- Klassenfahrten -

Eltern und Kinder freuen sich über Klassenfahrten. Für Lehrer und Pädagogen ist das in aller Regel eine ziemliche Herausforderung inklusive unbezahlter Mehrarbeit. Und das seit Jahren und Jahrzehnten. Je nach Schule, Direktor und den dort intern ausgemachten Regelungen, variiert der Klassenfahrt-Ausgleich für die dort Beschäftigten sehr stark. Von gar nichts bis bezahlter Mehrarbeit inklusive Ausgleichstagen ist hier alles dabei.

Häufig werden Klassenfahrten von Eltern gefordert und von den entsprechenden Schuldirektoren erwartet. Eine Pflicht gibt es nicht. Man solle sich nicht so haben! Es sei doch für die Kinder! Ja, das ist richtig. Klassenfahrten leben in aller Regel davon, dass es viele engagierte Lehrkräfte und Pädagogen gibt, die eben nicht auf ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit schauen, sondern primär auf die Bedürfnisse von Eltern und Kindern achten.

Nun hat der Berliner Senat angekündigt, Klassenfahrten nicht mehr zu bezuschussen. Lehrkräfte sind also bei Klassenfahrten nicht nur 24 Stunden im Dienst, stehen (bei den immer klagewütigeren Helikopter-Eltern) mit einem Bein im Gefängnis (auf Klassenfahrten kann viel passieren), bekommen kaum Schlaf — Nein, sie dürfen die Klassenfahrt-Mehrkosten nun auch noch aus eigener Tasche stemmen. Nebenbei sollen Kinder aus finanziell ärmeren Familien nun auch keinen staatlichen Zuschuss mehr erhalten.

In meiner Schule haben viele Kollegen und Kolleginnen nun angekündigt, keine Klassenfahrten mehr zu machen. Dabei sind die Mehrkosten gar nicht der Hauptgrund. Es ist die mangelnde Wertschätzung. Teilzeit soll unterbunden werden. Arbeitsbedingungen werden nicht verbessert. Der Rahmenlehrplan wird immer voller gepackt. Eltern und Kinder werden immer anstrengender. Und nun das. Die Attraktivität des Lehrerberufes wird so ganz sicher nicht erhöht.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen
Der pädagogische Happen (41): »Klassenfahrt zu C‑Zeiten«

Der pädagogische Happen (60)

- Wertschätzung -

Während ich in der letzten Folge, eine Schattenseite der pädagogischen Arbeit thematisiert habe, will ich heute über positive Aspekte in der pädagogischen (Grundschul-)Arbeit berichten. Denn bei aller Kritik und bei allen bildungspolitischen Mißständen: die pädagogische Arbeit mit Kindern kann sehr erfüllend und sinnstiftend sein.

Ganz vorn dabei ist: »die Wertschätzung«. Wer Kinder altersentsprechend begleitet und unterstützt, für sie da ist, wenn sie Hilfe brauchen, gute Bindungsarbeit leistet, sie selbstbestimmt agieren lässt und sie bei vermeintlichen »Fehlern« und »Schwächen« nicht sofort verurteilt, sondern sie so akzeptiert, wie sie sind — der wird von Kindern auch respektiert und geschätzt werden. Kinder haben hier ein sehr feines Gespür und ihre Wertschätzung ist weniger berechnend als die von vielen Erwachsenen. Sie ist ehrlich und authentisch.

Bei den (Schul-)Eltern ist es ähnlich. Neben vielen dankbaren Eltern, die einem (zu besonderen Anlässen) kleine Geschenke zukommen lassen — gibt es auch solche, die nach Jahren von konfliktreichen und schwierigen Gesprächen, leise zugeben, dass man seine pädagogische Arbeit richtig gemacht hat. Ich hatte auch schon Eltern, die im Gespräch vor Freude geweint haben, weil wir ihre Kinder nicht aufgegeben haben, obwohl sie das womöglich selbst schon getan hatten.

Es ist eben etwas völlig anderes, wenn ein Bürochef behauptet, man habe »gute Arbeit« geleistet und man evtl. sogar eine finanzielle Prämie erhält, als wenn Dir ein Kind in der 6. Klasse zu verstehen gibt, dass es Dir sehr dankbar ist, dass Du es auf den »richtigen Weg« gebracht hast. Das ist echte Dankbarkeit und Wertschätzung, die motiviert und Kraft gibt. Man weiß, dass man eine sinnvolle Arbeit verrichtet hat und kann zufrieden einschlafen.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen

Der tägliche Lohnarbeitswahnsinn (15)

Viele Menschen wissen und spüren ganz genau, das in unserer Arbeitswelt so einiges schief läuft. Nur öffentlich reden will darüber kaum Jemand. Am Stammtisch dafür umso mehr. Heute möchte ich einzelne Meldungen, Berichte und Artikel rund um das Thema »Lohnarbeit« kommentieren.

Sie geben einen kleinen Einblick darüber, wie hier öffentliche Diskurse geführt werden, wie geframt und gewertet wird, welchen Habitus gutbürgerlich-sozialisierte Journalisten beim Thema »Arbeit«  (die vermutlich noch nie »ALG 2« beantragen mussten) aufweisen und welcher sagbare Rahmen (Overton-Fenster) überhaupt erwünscht und erlaubt ist. Weiterlesen

Warum ich blogge...

Ich gebe zu, leichte bis mittelstarke egozentrische, narzistische oder selbstverliebte Neigungen zu haben. Vielleicht sogar alles zusammen. Mein Mitteilungsbedürfnis ist wohl auch überdurchschnittlich stark entwickelt. Ob das daran liegen mag, dass ich als Kind zu wenig in den Arm genommen wurde oder einfach eine Labertasche bin, sollen andere beurteilen. Ich begegne in meiner realen Lebenswelt kaum interessierten Zuhörern. Konsum, Lohnarbeit, Materialismus, Fernsehen und vor allem die eigene Lebensumwelt sind bei vielen die einzigen Themenbereiche. Politik, Gesellschaft und Medien kritisieren oder auch vermeintlich anerkannte Zustände und Strukturen hinterfragen bzw. in Frage stellen, empfinden viele als unbequem und anstrengend. Weiterlesen