Neulich in der Bahn (2)

ubahn_titelIn einer vollen U‑Bahn steuert eine hochbetagte, ältere Frau auf einen ausländisch aussehenden Mann zu. Sie bleibt vor ihm stehen, ohne etwas zu sagen. Er fragt sie höflich, ob sie sich setzen möchte und steht dabei auf. Sie setzt sich hin, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Dann murmelt sie vor sich hin: „Ja, wir sind ja auch in Deutschland!“

Pegida, die AfD und Trump sind und waren niemals das Problem. Der tief sitzende Schrebergarten-Rassismus „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber...“ findet hier nur seinen öffentlichen Ausdruck. Ebenso im Sarrazin-Satz „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“. Die verinnerlichte und gelebte Menschenverachtung –auch gegenüber Erwerbslosen, Behinderten und Obdachlosen- ist kein Phänomen einzelner Politiker oder Parteien, sondern systemimmanenter Habitus. Oder auch: wer von Inklusion und Integration sprechen will, sollte vom Neoliberalismus nicht schweigen.

» Neulich in der Bahn (1)

Presseblick (53)

Als hätte es fast schon Tradition, während großer Sportveranstaltungen, die unbequemen Gesetze durch zu peitschen. Der Pöbel jubelt der deutschen Mannschaft zu und im Hintergrund werden fleißig soziale Grausamkeiten besprochen und beschlossen. In der Vergangenheit wurde beispielsweise die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent, während der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2006, erhöht. Dieses mal geht es um die Privatisierung der Autobahnen, weitere ALG2-Verschärfungen, Erbschaftssteuereform, Netzsperren sowie um die Aufweichung der Fracking-Gesetze. Ist natürlich alles nur Zufall, weil danach eben die parlamentarische Sommerpause ansteht. Wer hier ein System sieht, der ist ein Verschwörungstheoretiker. Punkt. Weiterlesen

»Doch, Du bist ein Nazi!«

nsu4_teaserAntwort auf: »Ich bin doch kein Nazi!«

Auch wenn Du nicht die NPD wählst und keine Hakenkreuze an Häuserwände kritzelst: wer im großen Stil Sympathien für rechte Ideen hat, kann ruhig auch mal als Nazi bezeichnet werden. Die PEGIDA mag nur ein kurzweiliges Mitläufer-Massenphänomen ohne große Substanz sein, wer aber Thilo Sarrazin´s Rassentheorien, die Pro-Bewegung, die AFD und den PI-Blog gut findet, und gleichzeitig eine große Abneigung gegen den Islam, Migranten und Flüchtlinge im Allgemeinen aufweist, möchte seine kultivierte Menschenverachtung hinter einer bigotten Kleinbürgerlichkeit verstecken. Faschistisches Gedankengut ist darüber hinaus keine Meinung, die man doch mal sagen dürfen könne, sondern ein Verbrechen. Wer gerade aus der deutschen Geschichte nichts gelernt hat, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen. Weiterlesen

Mensch und Tier

tier_titelIn Deutschland haben mehr Menschen Haustiere als eigene Kinder. Viele überhöhen sie, zahlen (meist zähneknirschend) horrende Tierarzt-Rechnungen (geben aber Obdachlosen keinen Cent, weil Eigenverantwortung und so), lassen ihre Hunde Parks und Straßen zuscheißen und/oder benutzen die eigenen Haustiere als Zuneigungs- und Liebesquellen. Kurzum: für nicht wenige Menschen in Deutschland gelten Haustiere als vollwertige Familienmitglieder, ja manchmal sogar als Partnerersatz. Dabei muss man nicht einmal ein Veganer, PETA-Verfechter oder Greenpeace-Kämpfer sein, um Tieren mehr Wert als Menschen beizumessen; selbst viele Haustier-Besitzer sind oft misanthropisch veranlagt. Tiere sehen sie von Natur aus als lieb, unschuldig und hilflos an. Während Menschen generell böse sind, besonders Fleischesser. Weiterlesen

Presseblick (4)

In der Berliner Morgenpost warnen Innensenator Frank Henkel (CDU) und Berlins Verfassungsschutz-Chef Bernd Palenda vor den »gewaltbereiten Salafisten«: »...sieht der kommissarische Verfassungsschutz-Chef Palenda nun den Trend zu privaten Versammlungen. Dort werde in kleinen Gruppen noch intensiver die Ideologie verbreitet.« Während also Nazis mordend durch Deutschland ziehen (NSU) und die neoliberale Ideologie uns täglich in sämtlichen Massenmedien eingeimpft werden soll, warnen die Verfassungsschützer vor »Gewaltbereiten«, die ihre Ideologie »privat« weitergeben.

In der WAZ gibt es einen Artikel über die Umschulung zu Pflegekräften im Raum Essen. Ein typischer Artikel, der vorgaukelt, kritisch zu sein, ohne wirklich zu hinterfragen. Bemängelt wird, dass es zuwenig Pflegekräfte (warum wohl?), aber gleichzeitig vermeintlich viele Arbeitslose gäbe, die sich gern zu Altenpflegern umschulen lassen würden, die Jobcenter und Arbeitsagenturen jedoch nicht genügend Bildungsgutscheine dafür bereit stellen würden: »Es sollte im Sinn von Agentur und Jobcenter sein, weitere Leute aus dem Sozialbezug zu holen.« Naiv oder dreist? Der Sinn der Jobcenter besteht viel mehr darin, Druck auf Erwerbslose auszuüben, den Niedriglohnsektor zu fördern und vor allem Erwerbslose in Kursen, Umschulungen und Fortbildungen zu parken, um die Erwerbslosenstatistiken zu schönen. So etwas traut sich aber kein Journalist zu schreiben. Weiterlesen