Der pädagogische Happen (42)

An unserer Grundschule existieren zwei Willkommenklassen mit jeweils rund 15 Kindern. Die erste Klasse wurde vor fünf Jahren eröffnet, die Zweite letztes Jahr. In Ihnen befinden sich hauptsächlich Kinder aus Syrien, Afghanistan, Afrika, Osteuropa und aus dem arabischen Raum. Bevor die Kinder dort primär deutsch lernen (Deutsch als Zweitsprache: DaZ), findet hier vor allem Traumabewältigung und Soziales Lernen statt.

Nun haben wir mittlerweile rund 10 Flüchtlingskinder aus der Ukraine an unserer Schule. Im Gegensatz zu den Flüchtlingskindern aus den beiden Willkommensklassen, werden sie nicht nur, von Kindern, Eltern und Schulpersonal, viel herzlicher und empathischer empfangen — sondern auch direkt, von Anfang an, in reguläre Klassen gesteckt. Da lernen sie viel schneller die deutsche Sprache und der soziale Anschluss wird dadurch enorm erleichtert. Viele Pädagogen fordern das auch schon seit Jahren für die geflüchteten Kinder aus Syrien, Afghanistan, Afrika usw., was jedoch bei vielen Lehrern auf Widerstand stößt.

»In Deutschland wird ein Unterschied gemacht zwischen ukrainischen und anderen Flüchtlingen. Sozialverbände fordern, dass die neuen Regeln für alle gelten sollen.«

Bernd Müller. Telepolis vom 11. Spril 2022

Es gibt, für die Flüchtlingskinder aus der Ukraine, einen regelmäßigen Kuchenverkauf, bei der die Erlöse Hilfsorganisationen gespendet werden sowie generell eine große Hilfsbereitschaft von Lehrern und Eltern. Das war und ist bei den Willkommensklassen überhaupt nicht so. Der schale Beigeschmack von »guten Flüchtlingen« und »schlechten Flüchtlingen« erhärtet sich zusehends. Die Massenmedien mit ihrem täglichen Dauerfeuer von Moral und Haltung, tragen ihren Teil zur subjektiven Bewertung von geflüchteten Menschen (und insbesondere auch Kindern) bei.

Wenn dann noch der Spiegel vom »Arbeitsmarktwunder« spricht (20.03.2022, Spiegel, Ausgabe 12/2022), weil viele ukrainische geflüchtete Frauen gut qualifiziert seien sowie die Kultusministerkonferenz (KMK), »hochwertige Sprachangebote« und eine »schnelle Integration« fördern will — sieht man, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Die Kinder aus den Willkommensklassen spüren das.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen (1−41)

Der pädagogische Happen (40)

Tatort: Grundschule in Berlin. Im Jahr 2022.

Seit rund 6 Monaten stehen an der Außenseite der Turnhalle zwei Baugerüste. Die Decke der Turnhalle sowie die Wasserleitungen sind wohl beschädigt. Manchmal kommen Bauarbeiter und arbeiten ein paar Stunden und gehen dann wieder. Vor einer Woche haben sie ein weiteres Baugerüst in die Turnhalle gestellt. Weder das Sekretariat, noch die Schulleitung wissen, wann die Bauarbeiten fertig sind. Auch die Handwerker nicht.

Die Schule, und insbesondere auch die Turnhalle, sind jedoch ein sozialer Lebensort für die Kinder. Durch die Bauarbeiten ist die Turnhalle seit über 6 Monaten immer wieder tage- und auch wochenweise gesperrt. Der Sport-Unterricht, Nachmittagsangebote vom Hort sowie Vereinssport, fallen dadurch für die Kinder immer wieder aus. Dabei leiden ‑durch Corona-Bullshit, Lockdowns und digitaler Verblödung- immer mehr Kinder an akutem Bewegungsmangel. Interessiert leider kaum Jemanden in der Politik.

Warum es nicht möglich ist, die Bauarbeiten abends oder an einem Wochenende und dann in einem Rutsch zu erledigen, damit die Turnhalle nur so kurz wie möglich gesperrt ist, konnte ich nicht verstehen. Bis ich ein ausführliches Gespräch mit einem der Handwerker führte.

Dieser erklärte mir, dass das Land Berlin kaum noch Handwerksfirmen findet, weil die Bezirke und der Senat ihre Rechnungen erst 6–12 Monate später bezahlen. Wenn überhaupt. Die Firmen haben jedoch laufende Kosten. Und so liefern sich die wenigen Handwerks- und Baufirmen, die noch für die Kommunen arbeiten wollen, ein regelrechtes Katz- und Maus-Spiel mit den Berliner Behörden. Sie ziehen die Arbeiten in die Länge. Schrauben an den Rechnungen und den Fahrzeiten. Machen sich unabkömmlich und unersetzbar. Und so weiter.

Gleichzeitig werden, über Nacht, Hunderte von Milliarden Euro für Banken und die Rüstungsindustrie bereit gestellt. Bildungsstandort Deutschland.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen (1−39)

Presseblick (82)

»Antreten! Zum Pieksdienst und zum Spritzabo!«

Nach knapp Zwei Jahren mal wieder ein kleiner Presseblick. Derzeit haben sich so viele Meldungen angesammelt, die ich hier kurz kommentieren möchte.

Recht
Die Tagesschau fragt sich, ob es angemessen und rechtmäßig sei, wenn Polizei-Einsätze von Demonstranten gefilmt werden? Polizei und Staatsanwaltschaften verneinen das. Rechtlich ist es bisher jedoch weiterhin umstritten. Wie soll man bitte Polizeigewalt sonst beweisen? Mit selbstgemalten Bildchen? Oder ist eben genau das nicht mehr erwünscht, damit die Polizei »freie Hand« hat? Weiterlesen

Widersprüche und Offene Fragen

Warum soll der Staat bei Covid-Impfschäden haften und nicht die Hersteller? Warum hält die EU-Kommission die Verträge mit den Impfstoffherstellern (Ausnahme: AstraZeneca) geheim?

Wo bleiben die TV-Sondersendungen sowie die großen PR-Kampagnen zur gesunden Ernährung, zur Wirkung von Vitamin D, zu Waldspaziergängen, zu Selbstheilungskräften, dem eigenen Immunsystem sowie dem Aufbau der individuellen Resilienz? Es geht doch um unser aller Gesundheit, oder etwa nicht?

Wenn wir mitten in einer schwerwiegenden Pandemie sind, warum hat dann unsere Regierung es zugelassen, das in den letzten 12 Monaten rund 20 Krankenhäuser geschlossen und viele Intensivbetten abgebaut wurden? Wo bleibt die Pflegekräfte-Offensive?

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»Oh Angela!«

(via wikimedia commons- Aleph vom 30. April 2008)

Gepriesen sei Dein Name! Erlöse uns von dem Übel! Unter Deinem wachen Auge finden wir Frieden und Gerechtigkeit! Deutschland hätte es nie besser treffen können! Wir vergeben Dir alle Sünden! IM Erika. NSA-und-BND-Affäre. Neoliberale Sprechpuppe für Konzerne, Banken und Oligarchen. Völkerrechtswidrige Drohnenmorde von Ramstein. Atommüll-Verseuchung. Die rückhaltlose Aufklärung der NSU-Morde sowie des VW-Abgasskandals. Waffenexporte in Steinzeit-Diktaturen. Der Bruch des Amtseids: »Schaden vom deutschen Volk abzuwenden«. Der Wirecard-Skandal. Sanktionen gegen Russland. Und. Und. Und. Alles Schnee von gestern! Schwamm drüber! Geschwätz von gestern!

Unvergessen auch Deine warmen Worte: »Deutschland geht es gut!« Die Millionen von Menschen in Deutschland, die vom Jobcenter schikaniert werden, prekär beschäftigt oder obdachlos sind, wegen steigender Arbeitsbelastung depressiv werden oder ausgebrannt sind, die Sozial- und Bildungskürzungen, die rund 3 Millionen Kinder, die in einem reichen Land in Armut aufwachsen (müssen!) sowie die Rentner, die Flaschen sammeln gehen (müssen!), weil die Rente immer weiter zusammengestrichen wird — sie alle vergeben Dir diesen Satz!

Denn jetzt haben wir die »Corona-Krise«. Und Du führst uns ins Licht! Es vergeht zwar kaum ein Tag, an dem nicht gegen das Grundgesetz verstoßen wird, das Parlament sowie der Bundesrat entmachtet werden, die Gerichte viele Beschlüsse wieder einkassieren, sowie ausschließlich via Dekrete und Verordnungen regiert wird, aber Deine Anhänger lieben Dich trotzdem! Oder auch gerade deshalb! Die gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialen Schäden der Corona-Maßnahmen übertreffen bereits jetzt die Gefährlichkeit des Virus um ein Vielfaches! Aber es muss jetzt endlich Schluss sein mit diesen endlosen vermeintlich demokratischen, offenen Debatten! Meinungspluralität war gestern! Es muss endlich wieder hart durchregiert werden! Mit einer starken Stimme und einer knallharten Führung! Schließlich:

»Glauben Sie keinen Gerüchten, sondern nur den offiziellen Mitteilungen, die wir immer auch in viele Sprachen übersetzen lassen.« (Angela Merkel, im März 2020

Ja! Ja! Ja! Heil Dir, Oh Angela!

Transatlantiker vereinigt euch!

Kaum ist »Sleepy Joe« Joe Biden der neue US-Präsident, überschlagen sich die deutschen Meldungen vor Jubel und Euphorie. Auch die EU sowie Deutschland werden schon mal präventiv auf mehr NATO-Beteiligung, mehr Unterstüzung für US-Kriege und für globale US-Interessen eingeschworen. Das liest sich dann so:

»Joe Biden braucht echte Partner, die bereit sind mehr Verantwortung zu tragen und eine erschreckend fragile Welt sicherer zu machen.« (Berliner Morgenpost)

»Europa sollte nicht meinen, sich politisch zurücklehnen zu können.« (WELT)

»Unsere transatlantische Freundschaft ist unersetzlich.« (Merkel via Twitter)

»Wir wollen in unsere Zusammenarbeit investieren, für einen transatlantischen Neuanfang, einen New Deal.« (Außenminister Heiko Mass via Berliner Zeitung)

»Mehr Verantwortung tragen« — wir wissen ja, was dieser verschwurbelte Euphemismus bedeutet. Krieg gegen den Iran? Oder gar gegen Russland? Mehr deutsche Soldaten in Auslandseinsätzen? Einen höheren Anteil am NATO-Haushalt zahlen? Schärfere Sanktionen gegen Russland? Endlich Fracking-Gas in Deutschland? Kalter Krieg gegen China? Nein, nein alles super! Hauptsache der irre Trump ist weg! Der militärisch-industriell-digital-finanzielle-Medienkomplex darf, kann und soll wieder richtig aufblühen! Ist dann die Pandemie auch endlich bald vorbei? Schließlich wird Biden das sicher alles aufräumen (»Corona-Taskforce«). Unser Held!


Sonderstellung USA
Die Trump-Apokalypse

Kriegstrommeln

»Deutschland kommt Zwei-Prozent-Ziel näher. Aufgrund der Coronakrise wird Deutschland in diesem Jahr dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO deutlich näher kommen. Im Vergleich zur schrumpfenden Wirtschaft steigen die Militärausgaben demnach sprunghaft an.«

Weiter heißt es bei der aktuellen Kamera Tagesschau am 27. Mai 2020:

»Deutschland dürfte dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO dank der Corona-Krise in diesem Jahr deutlich näher kommen.«

Anmerkung: »Dank der Corona-Krise«? Wie soll ich das jetzt verstehen? Ist die Pandemie also doch ein Segen für uns alle? Die »Zwei-Prozent« sind und bleiben auch ein skandalöser Euphemismus (»Deutschland muss endlich wieder mehr Verantwortung übernehmen!«). Denn es sind rund 50 Milliarden Euro und somit laut Statistischem Bundesamt, nicht nur ein Siebtel des Gesamt-Haushaltes (rund 350 Milliarden), sondern es ist auch der zweitgrößte Ausgaben-Posten überhaupt! Aber »Zwei-Prozent« lässt sich dem Pöbel wohl besser verkaufen. Klingt eben so schön lächerlich klein. In diesem Sinne: auf in den Kampf! :rock:  :rock:  :rock:


Kriegssprache
Kriegspropaganda

Filmtipp: »Parasite«

Der südkoreanische Spielfilm von Bong Joon-ho aus dem Jahr 2019, ist sicher kein Geheimtipp mehr. Schließlich hat er eine Fülle an Auszeichnungen und insgesamt vier Oscars abgeräumt. Viele bezeichnen ihn als Beitrag zum Klassenkampf oder als verschnörkelte Kapitalismuskritik. Das wird dem Film aber nur in Teilen gerecht. Denn er erzählt und visualisiert auf vielen (Meta-)Ebenen, durch die Bildsprache sowie im Subtext, was Erich Fromm schon im Jahr 1976 mit »Haben oder Sein« verdeutlichen wollte. Achtung Spoiler! Weiterlesen

Interviewpartner

Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“

(Paul Sethe, Gründungsherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, im Jahr 1965.)

Unsere geschätzten Lückenmedien spüren immer stärker den Verlust ihrer Meinungs- und Deutungshoheit. Deshalb schlagen sie auch wild um sich, in dem sie jede noch so sachliche, linke Medienkritik als Populismus, Verschwörungstheorie oder Fake News diffamieren. Der linke Vorwurf, dass die bürgerlichen Medien, primär Systemmedien sind, welche die Gedanken und Interessen der Reichen, Vermögenden und Herrschenden drucken, ist nicht neu, aber dieser Tage wieder überall zu beobachten. Beispielsweise bei der Wahl ihrer Interviewpartner.

Ob Spiegel, Welt, ZEIT, FAZ, BILD, ARD oder ZDF: in aller Regel kommen PR-Pressesprecher, Lobbyverbände von großen Unternehmen, die Industrie, Banken, Manager oder vermögende Leute viel häufiger zu Wort als Gewerkschaftsvertreter, Betriebsräte, soziale Bewegungen, Mietervereine, Arbeiter oder gar Erwerbslose. So geschehen beispielsweise in der Berliner Zeitung am Mittwoch, den 11. Dezember 2019. Interviewpartner: Kommunal- und Landespolitiker, ein Sprecher des Immobilienverbandes BBU, ein Fussballtrainer und die Ex-BVG-Chefin Sigrid Nikutta.


Ziegenjournalismus

»BER? Ha! Ha! Ha!«

»Auf Dauer wird es langweilig, über den BER zu witzeln.«
(BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup in der Berliner Zeitung vom 17. Dezember 2019)

Dann fange ich gleich mal an...

»Chuck Norris übernimmt morgen um 8 Uhr die Bauleistung des neuen Berliner Flughafens… Um 10 Uhr ist Eröffnung.«

»Was ist der Unterschied zwischen Martin Schulz und dem Berliner Flughafen? Martin Schulz ist fertig.«

»Für das Geld, das der BER bisher gekostet hat, hätte man jedem Menschen in Deutschland inzwischen 82 Kugeln Straciatella-Eis kaufen können.«

Hahahahaha! Also ich finde das lustig, Herr Lütke Daldrup! Sie nicht? Deutsche Inkompetenz Ingenieurskunst sollte man doch gebührend feiern, oder etwa nicht?