Der pädagogische Happen (62)

- Outsourcing -

Seit einigen Jahren und Jahrzehnten erleben wir nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Bildungsbereich einen Trend zum Auslagern von Verantwortung. Viele Bereiche der kindlichen Erziehung und der Entwicklung von Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, werden an Kindertagesstätten, Schulen und Ausbildungsbetrieben delegiert — die aber eigentlich in Elternhände gehören. Eines der Grundpfeiler des Neoliberalismus, die Privatisierung, durchzieht mittlerweile sämtliche Lebensbereiche. Weiterlesen

Der pädagogische Happen (61)

- Klassenfahrten -

Eltern und Kinder freuen sich über Klassenfahrten. Für Lehrer und Pädagogen ist das in aller Regel eine ziemliche Herausforderung inklusive unbezahlter Mehrarbeit. Und das seit Jahren und Jahrzehnten. Je nach Schule, Direktor und den dort intern ausgemachten Regelungen, variiert der Klassenfahrt-Ausgleich für die dort Beschäftigten sehr stark. Von gar nichts bis bezahlter Mehrarbeit inklusive Ausgleichstagen ist hier alles dabei.

Häufig werden Klassenfahrten von Eltern gefordert und von den entsprechenden Schuldirektoren erwartet. Eine Pflicht gibt es nicht. Man solle sich nicht so haben! Es sei doch für die Kinder! Ja, das ist richtig. Klassenfahrten leben in aller Regel davon, dass es viele engagierte Lehrkräfte und Pädagogen gibt, die eben nicht auf ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit schauen, sondern primär auf die Bedürfnisse von Eltern und Kindern achten.

Nun hat der Berliner Senat angekündigt, Klassenfahrten nicht mehr zu bezuschussen. Lehrkräfte sind also bei Klassenfahrten nicht nur 24 Stunden im Dienst, stehen (bei den immer klagewütigeren Helikopter-Eltern) mit einem Bein im Gefängnis (auf Klassenfahrten kann viel passieren), bekommen kaum Schlaf — Nein, sie dürfen die Klassenfahrt-Mehrkosten nun auch noch aus eigener Tasche stemmen. Nebenbei sollen Kinder aus finanziell ärmeren Familien nun auch keinen staatlichen Zuschuss mehr erhalten.

In meiner Schule haben viele Kollegen und Kolleginnen nun angekündigt, keine Klassenfahrten mehr zu machen. Dabei sind die Mehrkosten gar nicht der Hauptgrund. Es ist die mangelnde Wertschätzung. Teilzeit soll unterbunden werden. Arbeitsbedingungen werden nicht verbessert. Der Rahmenlehrplan wird immer voller gepackt. Eltern und Kinder werden immer anstrengender. Und nun das. Die Attraktivität des Lehrerberufes wird so ganz sicher nicht erhöht.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen
Der pädagogische Happen (41): »Klassenfahrt zu C‑Zeiten«

Lebensfreude (7)

von links nach rechts: Fluffly, Greta und Lucky.

Ja, es mag banal klingen, aber ich habe eine große Freude daran, das Außengehege meiner Meerschweinchen sauber zu machen. Pippipads wechseln. Staubsaugen. Die Unterschlüpfe reinigen. Frisches Heu hinlegen. Häuser reinigen. Im Gegensatz zu vielen anderen Dingen, die man im Alltag so veranstaltet (und machen muss), ist das für mich eine absolut sinnvolle und erfüllende Tätigkeit. Ich helfe aktiv dabei, dass es anderen Lebewesen gut geht. Ganz direkt. Mit sichtbarem Ergebnis. Sie danken es mir, indem sie »popcornen«: sie springen unkontrolliert in die Luft und drehen sich dabei.

Nach knapp drei Jahren kann ich sagen: Meerschweinchen machen Arbeit. Viel Arbeit. Dafür, dass sie nur 4 — 7 Jahre leben, sie Fluchttiere und damit eben keine Streichel- und Kuscheltiere sind — ist das für viele sicher kein guter »Deal«. Sofern man nur ökonomisch und eigennützig denkt. Dabei haben Meerschweinchen ein ausgeklügeltes Sozialverhalten und werden in ihrer Intelligenz maßlos unterschätzt. Wenn man Zeit und Geduld mitbringt, das heisst eben nicht übergriffig wird, kann man sie auch zutraulicher machen und konditionieren. Mir bereiten sie nach wie vor sehr viel Lebensfreude.


Lebensfreude

Der pädagogische Happen (60)

- Wertschätzung -

Während ich in der letzten Folge, eine Schattenseite der pädagogischen Arbeit thematisiert habe, will ich heute über positive Aspekte in der pädagogischen (Grundschul-)Arbeit berichten. Denn bei aller Kritik und bei allen bildungspolitischen Mißständen: die pädagogische Arbeit mit Kindern kann sehr erfüllend und sinnstiftend sein.

Ganz vorn dabei ist: »die Wertschätzung«. Wer Kinder altersentsprechend begleitet und unterstützt, für sie da ist, wenn sie Hilfe brauchen, gute Bindungsarbeit leistet, sie selbstbestimmt agieren lässt und sie bei vermeintlichen »Fehlern« und »Schwächen« nicht sofort verurteilt, sondern sie so akzeptiert, wie sie sind — der wird von Kindern auch respektiert und geschätzt werden. Kinder haben hier ein sehr feines Gespür und ihre Wertschätzung ist weniger berechnend als die von vielen Erwachsenen. Sie ist ehrlich und authentisch.

Bei den (Schul-)Eltern ist es ähnlich. Neben vielen dankbaren Eltern, die einem (zu besonderen Anlässen) kleine Geschenke zukommen lassen — gibt es auch solche, die nach Jahren von konfliktreichen und schwierigen Gesprächen, leise zugeben, dass man seine pädagogische Arbeit richtig gemacht hat. Ich hatte auch schon Eltern, die im Gespräch vor Freude geweint haben, weil wir ihre Kinder nicht aufgegeben haben, obwohl sie das womöglich selbst schon getan hatten.

Es ist eben etwas völlig anderes, wenn ein Bürochef behauptet, man habe »gute Arbeit« geleistet und man evtl. sogar eine finanzielle Prämie erhält, als wenn Dir ein Kind in der 6. Klasse zu verstehen gibt, dass es Dir sehr dankbar ist, dass Du es auf den »richtigen Weg« gebracht hast. Das ist echte Dankbarkeit und Wertschätzung, die motiviert und Kraft gibt. Man weiß, dass man eine sinnvolle Arbeit verrichtet hat und kann zufrieden einschlafen.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen

Lebensfreude (5)

Es ist bereits einige Jahre her, bei dem ich einen zentralen Moment der absoluten inneren Ruhe verspürt habe. Ich erinnere mich noch heute daran. Ich war mit Frau und Kind für einige Tage im Urlaub an der mecklenburgischen Seenplatte. Nach einem längeren Wander- und Bade-Ausflug ging es wieder zurück zum Ferienhaus. Wir kamen an einen großen See. Meine Frau und mein Sohn wollten ihn zu Fuß umrunden, ich wollte alleine quer durch den See, auf die andere Seite schwimmen. Ich kann es schwer einschätzen, aber ich musste sicher rund 2 Kilometer schwimmen.

Als ich ungefähr in der Mitte des See’s ankam, verspürte ich leichte Ermüdungserscheinungen und schwomm etwas langsamer. Ich bemerkte, dass Niemand, wirklich Niemand irgendwo zu sehen war. Kein Boot. Kein Schwimmer. Keine Menschen an irgendeinem Ufer. Nichts. Nur ich und die Natur. Ich dachte mir, wenn ich jetzt einen starken Muskelkrampf bekommen würde oder einfach beschloss, unterzugehen, würde ich sterben. Niemand hätte mir helfen können.

Ich war in dieser Situation ganz und gar auf mich allein gestellt. Mein Leben hing existenziell ausschließlich von mir und meinem Willen ab, weiter zu schwimmen. Ich hatte so ein Gefühl der inneren Mitte, so eine existenzielle Lebensfreude, vorher noch nie gespürt.


Lebensfreude (1)
Lebensfreude (2)
Lebensfreude (3)
Lebensfreude (4)

Die frohe Botschaft

(Michelle_Raponi / Pixabay)

In der Krise haben viele ihre Masken fallen gelassen. Die versteckten Faschisten. Die vorauseilenden Mitläufer. Die leisen Humanisten. Es zeigt sich, wer Charakter hat, wer sich nichts vorschreiben lässt und noch in der Lage ist, selbst zu denken, anstatt der Politik samt angeschalteten Experten blind zu vertrauen. Hier wäre beispielsweise der eher konservative Journalist Boris Reitschuster zu nennen. Wer hatte ihn vor rund 5 Jahren auf dem Schirm? Wohl kaum Jemand.

Man muss auch nicht bei allen Themen einer Meinung sein ‑bei Reitschuster ist das für mich vor allem die Flüchtlingsfrage- aber genau das kennzeichnet eine liberale Presse aus. Jeden zu canceln, der nicht 100 Prozent auf Linie ist — was hat das bitte mit einer offenen Diskurskultur zu tun, Herr Jung? Differenzen und Unterschiede auszuhalten und zu respektieren, ist das Fundament einer freiheitlichen Grundordnung. Die haben wir längst verlassen. Und dennoch gibt es Hoffnung! Weiterlesen

Lebensfreude (4)

Von links nach rechts: Lucky, Sparrow und Greta.

Ich hatte an anderer Stelle schon einmal erwähnt, dass wir seit April 2021 stolze Besitzer von Meerschweinchen sind. Mittlerweile sind es drei. Zwei Weibchen: Lucky und Greta sowie ein Männchen: Sparrow. Besonders das Rosetten-Weibchen Lucky ist sehr zutraulich, neugierig und aufgeschlossen. Abendliche Spaziergänge auf dem Balkon liebt sie sehr. In einem Zimmer laufen sie bei uns komplett frei herum. Vom Käfig steht nur noch der Boden und der wird hauptsächlich als Toilette benutzt. Wir haben sie für Fluchttiere sehr zahm bekommen. Sie kommen auf uns zu, gehen uns hinterher und auch auf unseren Schoß, wenn wir Leckereien anbieten.

Ich hätte nie gedacht, dass mir die kleinen Tiere so ans Herz wachsen und uns so viel Freude machen würden. Sobald wir nach Hause kommen, quiecken sie. Wir pflanzen nun regelmäßig Katzengras und Kräuter an. Das alles mag etwas schnulzig und schmalzig klingen, ist für mich aber ein weiteres Indiz dafür, wie wichtig es ist, sich viele kleine Freiräume zu schaffen, wo Glück und Freude gedeihen können. Gerade im kafkaesken Corona-Wahnsinn! Ich bin mir sicher, dass es da draußen sehr viele Menschen gibt, die ohne ihre tierischen Begleiter schon längst in eine Depression verfallen wären.

Sparrow und Lucky.


Lebensfreude (1)
Lebensfreude (2)
Lebensfreude (3)

Lebensfreude (3)

Sommer. Juli 2021. Rund 30 Grad warm. Die Inzidenz in Berlin ist unter 5. Die Pandemie ist hier faktisch ausgesetzt. In den Panikmedien (»Die Delta-Mutante geht um!«) findet sie natürlich weiterhin statt. In meiner Schule wird ein Sommerfest gefeiert. Es wird gelacht, getobt, getanzt, gesungen, gegessen und getrunken. Die Kinder spielen miteinander und mit den pädagogischen Fachkräften. Die Stimmung ist fröhlich, ausgelassen und heiter. Die meisten Eltern, die ihre Kinder abholen, freuen sich mit.

Die stellvertretende Leitung sowie andere Kolleginnen, sitzen mit Kaffeefilter vor der Fresse in den Innenräumen sowie im Büro und vergraben ihre Köpfe vor Laptops und Listen. Sie finden so ein Fest, sei »unverantwortlich«. Wegen Corona. Superspreader-Event. Kinder seien Biowaffen. Und das sagen und denken Pädagoginnen. Die Anwälte der Kinder. Ungezwungene Lebensfreude sowie eine empathische Kinderperspektive kennen sie seit März 2020 nicht mehr. Sie kennen nur noch Anweisungen, Belehrungen, Verächtlichmachung und einen autoritären Duktus. Sie starren wie gelähmt auf den Tod und vergessen dabei das Leben.


Lebensfreude (1)
Lebensfreude (2)

Menschen sterben. Immer.

»Der Tod betrifft uns nicht. Solange wir da sind, ist er nicht; und wenn er da ist, sind wir nicht mehr.«
(Epikur um 341 — 270 v. Chr., griechischer Philosoph)

Vor rund einem Jahr habe ich bereits das Thema »Angst vor dem Tod« angerissen. Genau die scheint mir bei vielen Menschen immer noch tief in den Knochen zu stecken. Das ist auch keine »Solidarität« mit den Alten, sondern schlicht existenzieller Selbsterhaltungstrieb. Philosophen, Psychologen und alle Religionen haben sich mit dieser Angst schon viel beschäftigt. Fast alle kommen letztendlich zum Fazit, dass eine Angst vor dem Tod, eine Furcht vor der Freiheit, einen Kontrollverlust sowie eine Angst vor dem Leben an sich darstellt. Vermeintlich schlechte Entscheidungen zu treffen und die entsprechenden Konsequenzen tragen zu müssen. Aber Ängste überwinden lernen, Risiken meistern und Gefahren sowie Herausforderungen bestehen, machen das Leben nicht nur lebenswert, sondern erst zu einer glücklichen Veranstaltung. Wer sein Fokus nur noch auf das pure Überleben sowie auf die Überwindung des Todes und nicht mehr auf ein lebenswertes Leben richtet, stirbt oder ist schon längst tot. Weiterlesen

Schweinchen-Content

»Vier Pfoten gegen Einsamkeit und Langeweile: In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Haustieren in Deutschland deutlich gestiegen. Inzwischen gibt es etwa 35 Millionen Haustiere, eine Million mehr als vor der Pandemie.«

wirtschaft.com vom 4. April 2021

Anmerkung: Mit »Langeweile« hat das — in Zeiten von Videospielen, Netflix sowie Social Media — wohl weniger zu tun. Halbwegs gesunde, soziale und ausgeglichene Menschen, werden durch dauerhafte Isolation, Kontaktverboten und Abstandsregeln krank. Diese Instrumente gehören nicht umsonst zu den schlimmsten Foltermethoden der Menschheit. Denn es ist wider die Natur des Menschen, der ein soziales Lebewesen ist. (Haus-)Tiere können in einer politisch sowie zwischenmenschlich-erkalteten Welt, das eigene Herz erwärmen. Wir haben uns auch Zwei Meerschweinchen gegönnt und sie bringen uns viel Leichtigkeit, Glück und Freude ins Haus. Das oben ist übrigens »Lucky«.


Lebensfreude (1)
Lebensfreude (2)