Neulich lauschte ich einem Gespräch zwischen zwei Studentinnen. Ich fuhr im selben Zugabteil. Sie unterhielten sich über: Professoren. Scheine. Karrieremöglichkeiten. Studenten-WG´s und ‑Partys. Kerle. Den Campus. Oder wie ihre Eltern ihr Studium finanzierten. Nur worüber sie gar nichts sagten, waren Inhalte aus ihren jeweiligen Studienfächern. Bücher. Autoren. Theorien. Thesen. Interessante Ideen. Nichts davon.
Mir fällt das seit Jahren auf. Immer wenn ich Studenten begegne, ob in der Bahn, in einem beliebigen Wartezimmer oder auf einer Party: sie reden die ganze Zeit über Selbstoptimierung, (Sozial-)Status oder Leistungsnachweise — aber niemals auch nur einmal über das, was sie in den Seminaren gelernt oder (womöglich sogar kontrovers) besprochen haben. Interessieren sie die Themen überhaupt nicht? Haben sie kein Studienfach gewählt, wofür sie brennen?
Als ich vor rund 20 Jahren in meinem Diplomstudiengang der Politikwissenschaft war, begegnete ich damals schon einigen Studenten, die sich für die Inhalte überhaupt nicht interessiert haben. Ihnen ging es nur um Scheine, Noten und Karriere. Dennoch gab es genug, mit denen man leidenschaftlich debattieren konnte. Das war und ist für mich der Wesenskern einer Universität. Der akademische, wissenschaftliche und philosophische Diskurs.
Stattdessen erleben wir auch hier seit Jahren eine schleichende Entwertung und Banalisierung von elementaren Erkenntnisprozessen. Das Studium wird nur als Werkzeug zur eigenen Selbstoptimierung betrachtet. Karriere. Titel. Netzwerke. Wie gern würde ich es einmal, in einer Bahn oder beim Arzt erleben, dass sich Studenten über Thesen, Ideen oder Aussagen von Wissenschaftlern unterhalten würden. Gerne auch leidenschaftlich, mit gegensätzlichen Standpunkten. Aber das passiert nicht. Nirgends.
Ist das Zeitgeist? Oder nur meine subjektive Momentaufnahme?