Brief an die Le Monde Diplomatique

Liebe Le Monde Diplomatique-Redaktion,

seit vielen Jahren bin ich nun schon Abo-Kunde Ihrer Zeitung. Besonders die Auslands-Reportagen sowie Berichte und Artikel über wirtschaftlich kleinere Länder in Afrika, Asien und Südamerika sind oft sehr gut gelungen. Denn die füllen häufig genau die Leerstellen, die unsere Lückenpresse hinterlässt.

In der Juli 2018-Ausgabe beginnt nun leider ein Trend, der mich schon zur Kündigung des »Blätter für deutsche und internationale Politik« — Abo getrieben hat. Es gibt vermehrt NATO-Mainstream-Beiträge:

»Assads Gesetz Nr. 10« (von Jakob Farah)
»Putin der Starke« (von Timofey Neshitov)
»Falsche Freunde gegen Trump« (von Michael J. Glennon)

Solche Beiträge kann ich jeden Tag auf Spiegel Online, in der ZEIT, in der WELT und auf vielen weiteren Kanälen sehen und lesen. Dafür habe ich die Le Monde Diplomatique nicht abonniert. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Le Monde Diplomatique ‑auch und gerade- bei solchen Themen einen alternativen Bickwinkel wagen würde, denn genau deshalb lese ich sie so gerne.

solidarische Grüße
Markus Vollack


Die E‑Mail wurde am Freitag, den 27. Juli 2018 um 07:52 Uhr verschickt. Bis heute habe ich keine Antwort erhalten.

Gesucht: Neutrale Berichterstattung!

Trump Hitler

»Stern«-Titelbild: »Sein Kampf« (August 2017). Quelle: Stern

Gibt es überhaupt noch den Versuch einer neutral-sachlichen Berichterstattung über Trump, Putin oder Erdogan? Von links, rechts über konservativ oder neoliberal: Kampagnenjournalismus wohin man nur schaut. Die vermeintliche Trias des Bösen gibt uns die Feindbilder vor. Lenkt und steuert unsere Aufmerksamkeit. Zwingt uns ‑mal wieder- binär zu denken und zu werten: dafür oder dagegen? Eine differenzierte Berichterstattung ist kaum noch zu finden. Selbst in den alternativen Medien nicht. Wahrnehmung sowie Wertung werden auf gut und böse reduziert. Das selbständige Denken wird somit komplett ausgeschaltet. Infantile Polarisierungen befördern eben nicht die Aufklärung, Empathie, Solidarität und den Weltfrieden, sondern torpedieren diese nur.

Trump. Erdogan. Putin.

Oder auch: die Trias des Bösen. Mit einem nie dagewesenen Medien-Dauerfeuer werden diese drei als die postfaktischen apokalyptischen Bad-Cop-Reiter instrumentalisiert. Jeder, der in diesem Chor der absoluten Gleichschaltung nicht mitspielen will, ist wahlweise ein Populist, Verschwörungstheoretiker oder (Rechts-)Extremist. Die vermeintlich politische Mitte ‑aka Neoliberalismus (beispielsweise ein Emmanuel Macron) soll hier als Stabilitätsanker inszeniert werden. Dabei ‑und das kann ich nicht oft genug wiederholen- war und ist es eben die neoliberale extreme Mitte gewesen, die seit mehr als einem Jahrzehnt die Demokratie in ganz Europa den marktradikalen Haien zum Fraß vorgeworfen hat. Besonders enttäuschend ist, dass auch vormals linkskritische und alternative Publikationen, die ich immer sehr gerne gelesen habe, sich in den Schwarmgesang der Trias des Bösen eingereiht haben:

»Die Außenpolitik der USA erscheint deshalb so bedrohlich, weil ihr Präsident ein unberechenbares Temperament hat und im Amt einen Hang zum militärischen Aktionismus entwickelt.«

Michael. T. Klare. »Trump und der Reiz der Waffen«. Le Monde Diplomatique. Ausgabe Mai 2017. S1

Der Friedensnobelpreisträger [ :sick: ] Barack Obama hat die USA in acht Kriege geführt und die Drohnenmorde massiv ausgeweitet. Hier gab es damals von der Jubelpresse kaum Kritik. Auch halte ich den militärisch-industriellen Komplex, die Multi-Milliardäre, die entfesselte Finanzindustrie (Nein, das ist kein antisemitischer Code, liebe Antideutschen!) sowie die Aktivitäten der Geheimdienste für die eigentlichen Gefahren. Aber das sind natürlich reine Verschwörungstheorien.