Geschwätz von gestern?

»Die Erhöhung von Hartz IV war ein Anschub für die Tabak– und Spirituosenindustrie« (Philipp Mißfelder, CDU)

»Wenn Sie sich waschen und rasieren, finden Sie auch einen Job« (Kurt Beck, SPD)

»Hartz4-Empfänger sind Parasiten« (Wolfgang Clement, ehemalig SPD)

»Nur wer arbeitet, soll auch essen« (Franz Müntefering, SPD)

»Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein« (Guido Westerwelle über Hartz4, FDP)

»Eine große Zahl an Arabern und Türken hat keine produktive Funktion, außer für den Obst und Gemüsehandel« (Thilo Sarrazin, SPD)

»Soziale Gerechtigkeit muss künftig heißen, eine Politik für jene zu machen, die etwas für die Zukunft unseres Landes tun: die lernen und sich qualifizieren, die arbeiten, die Kinder bekommen und erziehen, die etwas unternehmen und Arbeitsplätze schaffen, kurzum, die Leistung für sich und unsere Gesellschaft erbringen. Um die – und nur um sie – muss sich Politik kümmern« (Peer Steinbrück, SPD)

Filmzitate raten IV

Aus welchem Film stammt dieses Zitat?

»Sehen Sie sich um. Dann sehen Sie zwei Stadträte, einen Gewerkschaftsfunktionär, ein paar Cops nach Dienstschluss und einen Richter. Also, ich würde keine Sekunde zögern, Ihnen vor all diesen Leuten den Schädel wegzupusten. Das ist Macht die man nicht kaufen kann. Das ist die Macht der Angst«

Es handelt sich um einen ersten Teil, in dem das Thema Gerechtigkeit actionreich behandelt wird. Der zweite Teil war sehr erfolgreich. Der dritte Teil wird gerade gedreht.

Leistungsdenken ist kinderfeindlich

Bereits heute führt es in manchen Elternhäusern zu panikähnlichen Reaktionen, wenn der achtjährige Zweitklässler mit seiner ersten Drei im Diktat nach Hause kommt.

- »Wirtschaftszweig Nachhilfe«, Dieter W. Feuerstein, Junge Welt vom 11. Mai 2011, Seite 3

Anmerkung: Leistung ist alles. Wer nichts leistet, ist auch nichts. Kinder sollen funktionieren. Kinder sollen gute Noten nach Hause bringen. Kinder sollen Sport machen. Kinder sollen Musikinstrumente lernen. Kinder sollen am besten schon früh mehrere Sprachen beherrschen. Kinder sollen still sitzen. Kinder sollen, Kinder sollen, Kinder sollen...Fragt eigentlich mal jemand was Kinder und nicht Eltern, Erzieher, Lehrer, Arbeitgeber und Politiker wollen? Sind Kinder etwa die Verfügungsmasse der Erwachsenen?

In dem Film »der Club der toten Dichter« bringt sich ein Jugendlicher um, weil sein erzkonservativer Vater ihn zu einem Leistungselitekind machen wollte. Dabei wollte der Junge nur seiner Leidenschaft nachgehen und Theater spielen. Für seinen Vater war das Quatsch und Spinnerei. Mir scheint, das Leistungsdenken ist heute nicht mehr nur ein Primat der Konservativen, sondern in der breiten Masse der Bevölkerung angekommen. Oder wie seht Ihr das?

Wertlose Schöpfungen

Sibylle Berg greift in ihrer SPON-Kolumne einen Gedanken auf, der mir auch schon seit langem durch den Kopf geht. Intellektuelle, Künstler, Philosophen und Musiker — kurz: schöpferische und kreative Menschen, die nicht marktkonform sind und handeln, werden heute weitestgehend ignoriert oder sogar verachtet. Nur wer seine Kunst, seine Gedanken und seine Weltliebe verwerten und verkaufen kann, wird respektiert. Alle anderen kulturschaffenden Denker, Künstler und Philosophen werden als überflüssiger Ballast gesehen: Spinner, Träumer und Idealisten, die es zu nichts gebracht haben. Intelligenz wird nur geachtet, wenn sie eine Marktintelligenz ist.

Warum ist intellektuell heute ein Schimpfwort? Weil keinen Wert mehr hat, was nicht verkauft. [...] Gesellschaftlich respektiert werden unterdes nur noch Menschen, die es zu was, sprich: zu Geld gebracht haben. [...] Intellektuelle sind heute Verlierer, weil sie kein Geld verdienen. Sie haben keine Label an ihrer Kleidung, sie feiern nicht in St. Moritz, sie sind ohne jede Bedeutung für unsere Gesellschaft, also lächerlich. [..] Was nicht verkauft, hat keinen Wert.

- Sibylle Berg in ihrer SPON-Kolumne vom 31. Mai 2011

Rausgemobbt!

Die Gleichstellungsbeauftragte in Goslar, Monika Ebeling, hat einen Fehler begangen: sie hat ihren Job ernst genommen: sie hat sich nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer eingesetzt. Das kann natürlich nicht sein. Feministinnen wollten sie loswerden. Nun wurde sie rausgemobbt. Gegen Monika Ebeling wurde gehetzt, sie wurde niedergeschrieben und fertig gemacht. Wie kann es eine Gleichstellungsbeauftrage wagen, sich für Männer einzusetzen? Den Männern geht es, im Vergleich zu Frauen, doch hervorragend in Deutschland: schlechter gestellt im Sorge- und Scheidungsrecht, härtere Strafen vor Gericht, Benachteiligung in der Schule, eine geringere Lebenserwartung, mehr Selbstmorde, mehr Obdachlose und Drogenkranke, kein eigenes Ministerium, keine Männerförderungspolitik, Prostatakrebsforschung liegt Jahrzehnte hinter Brustkrebsforschung zurück usw. Warum also nicht auch mal zur Abwechslung was für Männer machen? Weiterlesen

Aufklärung ist Strafe

»Chatzimarkakis FDP-Fraktionskollege im Europarlament, Alexander Graf Lambsdorff, kritisierte die Vroniplag-Macher. Schluss mit dem Pranger am Netz forderte er.«

- Süddeutsche.de vom 16. Mai 2011

Anmerkung: Nach Guttenberg und Silvana-Koch-Mehrin steht nun der FDP-Europaabgeordnete Chatzimarkakis unter Verdacht abgeschrieben zu haben. Wer aufklärt, die Machenschaften der gekauften Doktorarbeiten aufdeckt, den Schmutz aufwühlt, der stellt laut Graf Lambsdorff andere an den Pranger. Ein seltsames Verständnis von Wahrheit und Gerechtigkeit.

So haben sich die feinen Damen und Herren die neue Wissensgesellschaft sicher nicht vorgestellt, oder? Indessen zeigt sich, dass das Internet mit Vroniplag, Wikileaks, den Nachdenkseiten und vielen Blogs, der herrschenden Elite zunehmend unbequem wird. Das nächste Internet-Zensur-Gesetz wird bald kommen, wetten?

»Verdacht auf versuchte Vergewaltigung«

»Von der Luxussuite in die Einzelzelle. IWF-Chef Strauss-Kahn ist auf die Gefängnisinsel Rikers Island gebracht worden. Der wegen des Verdachts auf versuchte Vergewaltigung festgenommene Franzose soll dort mindestens bis Freitag bleiben.«

- SpiegelOnline vom 17. Mai 2011

Anmerkung: Es liegt ein Verdacht vor und die Vergewaltigung war »versucht«. Das ist doppelt unklar und schwammig. Beim Spiegelfechter gibt es dazu einen guten Beitrag und die These, dass Strauss-Kahn, ähnlich wie Julian Assange, den Neoliberalen ein Dorn im Auge war und ausgeschaltet werden sollte. Der Vergewaltigungsvorwurf klappt da immer. Denn selbst, wenn der »Versuch« und der »Verdacht« ausgeräumt werden können, es wird ihm immer nachhängen. Bevor die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind, will ich hier aber auch nichts behaupten. Die Formulierung »Verdacht auf einen Versuch« klingt indessen für mich sehr verdächtig.

Warum Libyen-Krieg?

Viele werden sich durch die bürgerlichen Massenmedien nicht ausreichend informiert fühlen und werden sich fragen, warum die NATO so verdammt scharf darauf ist, in Libyen einzugreifen und zu bomben? Vor allem, weil Assad gerade in Syrien auf seine Bevölkerung losgeht, die internationale Gemeinschaft aber keinen Finger rührt. Das Geschwafel um Menschenrechte, die eine humanitäre Intervention nötig machen, haben wir schon oft genug gehört. Nicht selten entpuppte es sich als dreiste Lüge, um Interessenspolitik zu kaschieren und ungehindert Krieg führen zu können. Davon abgesehen greift die internationale Gemeinschaft in Darfur seit Jahren nicht ein, obwohl es dort einen systematischen Völkermord gibt. Hier ein Erklärungsversuch, warum auch gerade Frankreich so verdammt heiß auf Libyen sein könnte:

Zum Beispiel ist das libysche Rohöl von exzellenter Qualität, und seine Fördergebiete liegen in kostengünstiger Entfernung zu den europäischen Raffinerien. Gegenwärtig macht das libysche Erdöl rund 15 Prozent des Verbrauchs in Frankreich aus und knapp unter 10 Prozent des Gesamtverbrauchs der Europäischen Union.

- Jean-Pierre Sereni, »Am Anfang war der Rote Scheich«, Le Monde Diplomatique, Ausgabe April 2011, Seite 5

Kinder konsumieren nicht

»Doch von der Leyen bleibt hart. Bargeld, meint die Ministerin, würde nur im Konsum verschwinden — und nicht direkt bei den Kindern ankommen«

- SpiegelOnline vom 18. April 2011 zum Thema Bildungspaket

Anmerkung: Kinder konsumieren also nicht. Schulmittagessen, Schulmaterial, Kleidung usw. ist kein Konsum? Oder meint Frau von der Leyen eigentlich gar nicht »Konsum« sondern »versaufen« und »verrauchen«? Dann soll sie das auch sagen und jeder sieht ihre menschenverachtende Fratze. Denn alle Hartzies saufen und rauchen ja den ganzen Tag, während sie faul in der Gegend rumlümmeln.

Nächstenliebe und Menschenwürde im Jahre 2011...

...sieht so aus:

Der italienische Ministerpräsident Berlusconi forderte bei einem (Treffen) auf Lampedusa die anderen EU-Länder in ultimativer Form auf, die auf der Insel angekommenen Bootsflüchtlinge aufzunehmen. Nur so könne Italien den »menschlichen Tsunami« bewältigen. [...] Rom hat mit der neuen Regierung in Tunis mittlerweile vereinbart, dass die dortigen Küsten verstärkt kontrolliert und Neuankömmlinge in Italien künftig direkt zurückgebracht werden.

- FAZ.net vom 11 April 2010

Anmerkung: Die FAZ zeigt im besagten Artikel dann auch ein Bild eines kleinen Bootes, dass randvoll mit afrikanischen Flüchtlingen überfüllt ist. So wird eine Angst vor dem Unbekannten, vor dem bösen schwarzen Mann geschürt. Die Botschaft ist eindeutig: die EU will keinen ökonomisch wertlosen Ballast. Wir haben genug menschlichen Abfall. Also Obdachlose, Rentner, ALG2-Empfänger, Behinderte und Drogenkranke. Da brauchen wir keine afrikanischen Flüchtlinge mehr. In meinem Studium wurde den Studenten ständig eingepaukt, dass die EU vor allem eine Wertegemeinschaft sei. Lächerlich.