Beim Thema Bildung und Schule werden Lehrer mit Pädagogen immer wieder gleich gesetzt. Dabei sind die allermeisten Lehrer keine Pädagogen. Und das ist nicht abwertend gemeint. Es ist schlicht nicht ihre Aufgabe, denn sie hatten in ihrem Studium andere Schwerpunkte, als die kindliche Entwicklung. Auch wenn Staat, Gesellschaft und Eltern, immer mehr Verantwortung an Schule und Lehrer auslagern und deligieren: die primäre Aufgabe von Lehrern ist die Vermittlung von Bildung und Wissen. Nicht mehr! Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Kindheit
Kinder in Deutschland; Teil 54: Vertrauen
Drei wichtige Merkmale in der kindlichen Entwicklung werden in den letzten Jahren immer mehr vernachlässigt: Selbstwirksamkeit, Selbstverantwortung und Selbstständigkeit. Phänomene wie Überbehütung, »Elterntaxis«, Smartphone-Tracking sowie »Helikopter-Eltern«, die Kinder präventiv vor jeder vermeintlichen Gefahr und jedem Scheitern beschützen wollen, sorgen nachhaltig dafür, dass Kinder immer weniger Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zur Lebensbewältigung entwickeln können. Im sozialen Lebensraum Schule kann man das mittlerweile jeden Tag beobachten. Weiterlesen
Der pädagogische Happen (52)
Ein Aspekt zum Thema »Lehrermangel«, der so gut wie gar nicht beleuchtet wird, ist die damit einhergehende Erpressbarkeit von Schulleitern. Die meisten verbeamteten oder auch angestellten Lehrer und Lehrerinnen, sind sich ihrer Machtposition durchaus bewusst. Sollten die entsprechenden Schul-Direktoren die Bedürfnisse und Interessen der entsprechenden Lehrkräfte allzu oft ignorieren, dann wird auch schon mal direkt oder subtil vermittelt, dass man ja auch überall woanders arbeiten könne. Diese zunehmende Machtverschiebung in Richtung Lehrkräfte hat allerlei Konsequenzen.
Da werden beispielsweise Absprachen und langwierig ausgearbeitete und zusammen beschlossene Konzepte und Regelungen, von so einigen Lehrern nur rudimentär eingehalten, subtil unterwandert oder auch offen ignoriert. Individuelle Befindlichkeiten von Lehrer und Lehrerinnen werden zunehmend als Handlungs- und Entscheidungsmaßstab genommen. In mehrstündigen Sitzungen und Konferenzen abgestimmte Entscheidungen, werden Tage später, wieder ‑still und leise- sukzessive rückgängig gemacht oder gezielt unterlaufen. Sobald der Schulleiter das mitbekommt, gibt es zwar eine (Alibi-)Ansage oder ein Gespräch — aber keinerlei Konsequenzen, so das die Lehrkräfte das kaum kümmert.
Würden Lehrer und Lehrerinnen wenigstens im Sinne des Kindeswohls handeln, so könnte man ‑zumindest pädagogisch betrachtet- dieses Vorgehen noch nachvollziehen. Stattdessen werden subjektive Neurosen als Handlungskriterium herangezogen. Natürlich kann man hier nicht verallgemeinern, aber ich kann an dieser Stelle von mindestens drei Schulen in Berlin berichten, wo das genau so läuft. Und ich bin mir ziemlich sicher: das sind garantiert nicht die einzigen Schulen in Deutschland, wo die Lehrer komplett ihr eigenes Süppchen kochen, weil sie es können und die Schulleiter auf ihr »Wohlwollen« angewiesen sind.
Der pädagogische Happen (51)
-Kinderfeindlichkeit in Deutschland: Folge 356-
Eine Schulklasse (25 Kinder) betritt eine öffentliche Bahn. Die beiden begleitenden Pädagogen blicken in viele genervte Gesichter. Manche rollen die Augen. Ein 8‑jähriges Mädchen hält sich an einer Stange fest und berührt dabei die Haare einer mittelalten Frau.
Frau (aggressiv): »Nimm gefälligst Deine Pfoten von meinen Haaren!«
(Das Mädchen läuft eingeschüchtert zum Pädagogen.)
Pädagoge: »Das hat sie ganz bestimmt nicht mit Absicht gemacht. Sie sehen doch wie voll die Bahn gerade ist.«
Frau: »Das ist mir doch egal! Halten Sie die Göre auf Abstand!«
Woran erkennt man noch, dass Deutschland ein kinderfeindliches Land ist? Während der Corona-Krise wusste der Corona-Expertenrat (8. Sitzung, 25. Januar 2022) schon ganz genau, wie schädlich die »Maßnahmen« für Kinder und wie wenig sie gleichzeitig vom Virus betroffen sind — entschärft hat man trotzdem nichts. Versucht mal eine Mietwohnung mit drei Kindern zu bekommen! Warum gibt es wohl so einen Fachkräftemangel bei Lehrern und Erziehern? Und wie viele Kindergärten werden mit Lärmklagen überzogen?
Der pädagogische Happen (50)
Seit einigen Monaten haben wir auf unserer Schule ein eher neues Phänomen: übergriffige Eltern. Und das geht so: zwei (oder mehr) Kinder haben einen Konflikt, der meist körperlich ist. In der Regel (bei 600 Kindern kann man leider nicht überall sein) wird dieser dann von einer pädagogischen Fachkraft in einem Gespräch mit den Kindern geklärt. Jedes Kind legt seine Sicht des Sachverhaltes dar und es wird moderierend herausgearbeitet, wo der Kern der Auseinandersetzung liegt. In den allermeisten Fällen ist es ein Missverständnis oder eine Fehlinterpretation und der Konflikt kann beigelegt werden.
Die Kinder erzählen dann Zuhause von dem Streit. Natürlich nur in ihrer ganz subjektiven Perspektive. In dieser ist immer der andere schuld und ganz doll böse. Immer. Reflektieren und differenzieren ist in der Welt von Kindern nur sehr selten vorhanden (bei immer mehr Erwachsenen leider auch). Die Eltern wiederum wollen für ihre Kinder da sein und sie beschützen. In der zunehmenden Empörungskultur, mit gleichzeitig immer dünner werdenden Nerven, stapfen die Eltern dann wutentbrannt in die Schule.
Leider suchen sie dann nicht das Gespräch mit den pädagogischen Fachkräften oder der Leitung, sondern gehen gezielt auf die Kinder los, die mit ihren eigenen Kindern einen Konflikt hatten. Dabei sind sie vorwurfsvoll und laut. Die pädagogischen Fachkräfte erklären den Eltern, dass wir die Aufsichts- und Fürsorgepflicht haben und es ihnen strikt untersagt ist, andere Kinder anzugehen. Sollten sie sich nicht einsichtig zeigen, erhalten sie Hausverbot. Im schlimmsten Fall wird die Polizei gerufen.
Der Konflikt zwischen den Kindern wurde schon lange gelöst. Die Eltern sind jedoch nicht in der Lage mehrere Perspektiven ‑jenseits der ihrer Kinder- einzunehmen. Denn es gibt mindestens drei Wahrheiten: die ihres Kindes, die des anderen Kindes und die des Erziehers oder Lehrers. Diese Eltern benehmen sich infantiler als ihr eigener Nachwuchs. Ein weiterer Spiegel über den Zustand unserer Gesellschaft.
Der pädagogische Happen (49)
(Elternabend in der Grundschule.)
Mutter A: »Wäre eine andere Sitzordnung möglich?«
Mutter B: »Warum machen Sie eigentlich so wenig Ausflüge?«
Mutter C: »Was tun Sie, damit die Kinder ihre Sachen nicht verlieren?«
Vater A: »Was machen Sie bei Konflikten unter den Kindern?«
Vater B: »Mein Sohn sagt, die Musiklehrerin sei immer so streng zu ihm. Und nur zu ihm. Was sagen Sie dazu?«
Vater C: »Weshalb muss meine Tochter immer neben den temperamentvollen Jungen sitzen?«
Und so weiter und so fort.
Lehrerin: »Nun müssen wir leider noch Zwei Elternvertreter wählen.«
(Schweigen der Elternschaft)
Lehrerin: »Wir können das hier leider nicht beenden, bevor wir Zwei Elternvertreter gewählt haben!«
(Schweigen der Elternschaft)
Lehrerin: »Elternvertreter sind nicht nur Ansprechpartner für alle anderen Eltern, sie bekommen auch Einblick in die Schularbeit und dürfen an Schulgremien teilnehmen und partizipieren. Beispielsweise bei der Gesamtelternvertretung mit dem Schulleiter. Die findet auch nur Zwei mal im Jahr statt.«
(Exakt Zwei Eltern melden sich): »Na gut, wir würden das machen!«
Lehrerin: »Sind alle damit einverstanden?«
(Alle Hände gehen hoch)
Der pädagogische Happen (48)
(15:30 Uhr. Grundschule. Nachmittagsbetreuung. Über 400 Kinder im Hort. 20 Pädagogen und Pädagoginnen im Einsatz. Großes Gelände. Zahlreiche Angebote für Kinder laufen. Ein Pädagoge sitzt in einem Raum mit rund 20 Kindern und erklärt ihnen ein Brettspiel. Alle haben ihre Schuhe ausgezogen, damit der Teppich sauber bleibt.)
Mutter: (kommt mit dreckigen Straßenschuhen rein und ruft laut): »Entschuldigen Sie, wissen Sie vielleicht wo mein Kind ist?«
Pädagoge: »Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Tut mir leid. Haben Sie schon auf der Magnettafel nachgeschaut, wo sich Ihr Kind gerade aufhält?«
Mutter: »Aber Sie arbeiten doch hier, dann müssen Sie doch wissen, wo MEIN KIND ist?«
Pädagoge: »Entschuldigen Sie, wir haben hier mehr als 400 Kinder, ich bin seit über einer Stunde hier, in diesem Raum. Ich habe also keine Ahnung, wo sich jetzt Ihr Kind, dessen Name Sie mir nicht gesagt haben, gerade aufhält. Das alles können Sie sehen, wenn Sie auf der Magnettafel nachgeschaut hätten! Ich bitte Sie also, schauen Sie jetzt auf der Magnettafel nach, wo Ihr Kind ist und lassen mich hier weiter den Kindern das Spiel erklären. Und das nächste mal ziehen Sie hier bitte Ihre Schuhe aus! Vielen Dank!«
Mutter: (zieht ein mieses Gesicht und stapft sauer von dannen)
Immer mehr Pädagogen, Lehrer und Therapeuten wundern sich über eine mangelnde Selbst- und Fremdwahrnehmung von Kindern und Jugendlichen. Sie sehen vor allem sich selbst, ihre Bedürfnisse und ihre Interessen. Die oft gescholtene narzisstische und egoistische Grundhaltung vieler Kinder, kommt nicht vom Himmel, sondern vom Verhalten ihrer Eltern.
Der pädagogische Happen (47)
»Berlin hat durch die Nichtverbeamtung seiner Lehrer viele Pädagogen an andere Bundesländer verloren. Die Regierende Bürgermeisterin wirbt für ihre Rückkehr.«
tagesspiegel.de vom 28.11.2022
Ich möchte an dieser Stelle nicht über die Verbeamtung reden, sondern darüber, wie in unseren Massenmedien Lehrer immer wieder mit Pädagogen gleichgesetzt werden. Lehrer sind in aller Regel keine Pädagogen! Konzepte wie Selbstreflexion, Partizipation, Ganzheitlichkeit, aktives Zuhören, Resilienz oder Selbstwirksamkeit, sind für viele Lehrer Fremdwörter. Sie müssen den föderal vorgegebenen Rahmenlehrplan in die Köpfe der Kinder stopfen, werden für diese absolut undankbare Arbeit überdurchschnittlich bezahlt und nutzen dafür allerlei didaktische Methoden, Belohnungs- und Bestrafungssysteme. Am Ende steht dann eine Note auf dem Zeugnis, die beweisen soll, wie gut oder wie schlecht das geklappt hat.
Pädagogen richten ihren Fokus vielmehr auf das ganzheitliche Kindeswohl und die Kindesentwicklung. Natürlich spielt die Schule bei dieser Betrachtung eine Rolle, aber sie steht eben nicht immer an erster Stelle. Und für viele Kinder schon gar nicht. Da spielen Freunde, die Familie, Hobbys, Leidenschaften, Haustiere, Medien und viele andere Interessen und Bedürfnisse weit höher im Kurs. Auch wenn das viele Erwachsene weder verstehen können, noch verstehen wollen. Aber genau darum geht es bei Pädagogen: die Kinder in ihrem So-Sein verstehen lernen und sie bestmöglich zu begleiten.
Lehrer können das schon deshalb nicht, weil ihre beruflichen Vorgaben das kaum zu lassen. Also bitte, liebe Journalisten: Lehrer sind keine Pädagogen!
Der pädagogische Happen (46)
Mein Sohn ist in der neunten Klasse. Der Sohn einer Arbeitskollegin ebenfalls. Beide Kinder müssen in diesem Schuljahr ein 3‑wöchiges Schulpraktikum absolvieren. Seit Monaten suchen wir wie verrückt einen Praktikumsplatz. Wir schreiben mit ihm Bewerbungen und Lebensläufe, telefonieren und sind auch schon, wo es möglich war, mit ihm vor Ort gewesen. Es gibt entweder gar keine Antworten oder Absagen. Alle Eltern in seiner Klasse, sowie meine Arbeitskollegin, haben sehr ähnliche Erfahrungen gemacht.
Das Schulpraktikum ist an sich eine tolle Sache. Ich denke, jeder Erwachsene kann sich an diese Zeit erinnern. Nur, immer mehr Betriebe wollen ganz offensichtlich keine Jugendlichen für drei Wochen mehr haben. Ja, es ist wohl eher eine Mehrarbeit, denn eine Bereicherung für die Betriebe. Ich kann das nachvollziehen und verstehen.
Die Jugendlichen jedoch, erleben (wieder einmal) eine systematische Ablehnung. Fast alle Kinder, die bisher einen Praktikumsplatz haben, mussten ausschließlich ihre familiären Beziehungen spielen lassen. Das kann doch nicht der Sinn eines Schulpraktikums sein?
Es kann auch nicht angehen, dass ständig über den Fachkräftemangel sowie über die mangelnden Berufskompetenzen von Jugendlichen, geklagt, dann aber die Gelegenheit nicht genutzt wird, eben diese Jugendlichen für einen Beruf zu begeistern. Inwiefern das ein weiteres Indiz für die in Deutschland fast schon kultivierte Kinder- und Jugendfeindlichkeit ist, kann ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Es würde jedoch in das Gesamtbild passen.
Der pädagogische Happen (45)
Vor einigen Tagen hatte ich mit meiner 3. Klasse (25 Kinder) einen Schulausflug. Wir mussten rund eine Stunde mit Bus und Bahn fahren. Es ist jedesmal der gleiche Anblick von vielen Fahrgästen, wenn wir eine Bahn betreten. Sie gucken genervt. Rollen mit den Augen. Verziehen das Gesicht. Sie haben keinen Bock auf die kleinen Menschen in ihrer Umgebung. Als wir dann rund 30 Minuten mit der Bahn fuhren und zwei meiner Schulkinder neben einer schätzungsweise 50-Jahre alten Frau saßen, beobachtete ich eine ganze Weile, wie sie immer wieder sehr ablehnend, gestresst und ja, voller Abscheu, die Kinder ansah und nur darauf lauerte, dass die Kinder sich nicht benehmen.
Mir platzt bei sowas regelmäßig die Hutschnur. Diese pathologische, weitverbreitete Kinderfeindlichkeit in Deutschland ist nur noch zum Kotzen. Da lobe ich mir wirklich Südeuropa oder Skandinavien, die mit Kindern ganz anders umgehen. Wertschätzend und respektvoll. Ich fragte sie, was eigentlich ihr Problem sei, warum sie so genervt gucken würde? Die Kinder würden sie weder berühren, noch auf den Bänken hüpfen oder ihr ins Ohr schreien? Sie halten sich an alle Regeln. Sie meinte, ich solle sie nicht ansprechen und würde sie »nicht verstehen«. Ich antwortete ihr, sie könne es mir ja gerne erklären? Wollte sie aber nicht. Daraufhin sagte ich ihr, dass es Kinder und keine Maschinen sind. Auch sie haben Rechte. Für den Rest der Fahrt schüttelte sie nur noch erbost und empört den Kopf.
Und bevor wieder die übliche Kinderdresche kommt: natürlich müssen sich Kinder im ÖPNV benehmen und sich an die Regeln halten. Das ist völlig klar. Aber darum geht es häufig überhaupt nicht. Viele Menschen in Deutschland nehmen Kinder prinzipiell als »Störenfriede« wahr. Das sieht und spürt man überall. In Wohn- und Mietshäusern. In der Öffentlichkeit. In Bus und Bahn. Im Restaurant. Bei den »Corona-Maßnahmen«. Lebensfreude, Neugier und Aufgeschlossenheit mag man hier nicht. Die weit um sich greifende Kinderfeindlichkeit in Deutschland verdeutlicht, wie narzisstisch, kalt und konformistisch viele hier geworden sind. Das innere Kind ist dem Funktionsroboter gewichen.
Viele (außer Großeltern) würden sich vermutlich sehr freuen, wenn es eine Pille geben würde, die Kinder innerhalb von 3 Monaten von 2‑Jährigen zu 20-Jährigen heranwachsen ließen. Gleich lohnarbeiten. Geld verdienen. Funktionieren. Abhängig sein. Und Fresse halten.