Die Pädagogik in Deutschland hat in den letzten 30 Jahren große Fortschritte gemacht. Auch wenn Politik und Wirtschaft Kinder, nach wie vor, primär als zukünftig verwertbare Ressourcen betrachten, so hat es in den Erziehungswissenschaften große Entwicklungen gegeben. Die Bedürfnisse von Kindern und dessen Wohlergehen stehen zunehmend im Mittelpunkt, im Gegensatz zur autoritären Erziehungsmethode der Nachkriegszeit. Auch der Integrations — bzw. Inklusiongedanke von geistig und körperlich eingeschränkten Kindern ist im Gespräch (Umsetzung jedoch mangelhaft). Gleichzeitig sind jedoch auch die Erwartungen, der Leistungsdruck und die Unsicherheiten von Eltern gestiegen. Während Kinder meist altersentsprechende Ängste haben (Furcht vor Dunkelheit, Monstern, Vernachlässigung, Gewalt etc.), werden viele Eltern von sozial konstruierten und oft völlig übersteigerten Sorgen beherrscht. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Kindheit
Kinder in Deutschland; Teil 25: Knetmasse
Ich habe es hier schon öfter angesprochen: was Kinder wollen, was ihre Bedürfnisse und Wünsche sind, interessiert häufig nicht. Politiker und Unternehmer erst Recht nicht. Sie werden in Wirtschaft und Politik als Produkte, Ressourcen und Objekte betrachtet, die ganz nach den eigenen Interessen zurecht gebogen und abgerichtet werden dürfen. Weiterlesen
Neusprech: Babypause
»Bundesgesundheitsminister Bahr entdeckt die Familie. Nach Geburt seines ersten Kindes will er pausieren. Genau drei Wochen. Das Handy bleibe aber an, versichert der Mann«
- manager-magazin.de vom 17. Mai 2013
Der Begriff »Babypause« ist in den Massenmedien ein oft verwendetes Wort. Es ist ein Synonym für die Elternzeit, in der die Eltern sich intensiv um ihr neues Leben kümmern. Während »Elternzeit« jedoch wertneutraler ist, suggeriert die »Babypause« als würde Frau einen, vom Unternehmen bezahlten, Urlaub wahrnehmen. Babybilder, emotionale Reaktionen und Glückwünsche sollten nicht darüber hinweg täuschen, dass der Begriff eher negativ besetzt ist, da die »Babypause« oft als »Karriereknick« gewertet wird. Weiterlesen
Kinder in Deutschland; Teil 24: Freiräume
Die gelebte Kinderfeindlichkeit in Deutschland zeigt sich, auch und vor allem, in den immer kleiner werdenden Freiräumen für Kinder. Kindertagesstätten und Spielplätze werden wegen Lärmklagen dicht gemacht oder ihre Benutzung wird stark eingeschränkt. Nachbarn und Anwohner beschweren sich über zu laute Kinder in der Wohnung. Viele haben nicht mal ein eigenes oder ein sehr kleines Kinderzimmer. In Restaurants, in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in der Schule sollen sie still sitzen und gefälligst das tun, was von ihnen erwartet wird. Natürlich brauchen Kinder Regeln und Strukturen, aber eben auch Freiräume. Wo können sich Kinder noch frei bewegen? Wo können sie sich noch frei entfalten und ihrer Kreativität freien Lauf lassen? Weiterlesen
Elterntexte
Die täglichen Phrasen, die auf Kinder in Deutschland eindreschen:
Kinder in Deutschland; Teil 23: Konsum
Deutschland ist in vielen Gesellschaftsbereichen ein kinderfeindliches Land. Bei Bewerbungsgesprächen werden Frauen immer noch gefragt, ob sie Kinder wollen oder gar welche haben. Alleinerziehende Mütter rutschen meist in die Armutsfalle. Laute, spielende oder auch weinende Kinder in der Öffentlichkeit gelten oft als anstrengend. Um Kindertagesstätten werden Lärmwände gezogen. Nachbarn beschweren sich über laute Kinder und wer mehr als drei Kinder hat, hat es schwer, überhaupt eine Mietwohnung zu finden. Auch politisch werden weder für Kitas, noch für Erzieher ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Da schenkt man lieber den Banken 500 Milliarden Euro. Bei einer Sache jedoch, sind Kinder stets willkommen: beim Konsum.
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Warum wir keine Kinder kriegen...
Vor einigen Tagen ging es wieder durch die Presse: »Geburtenflaute in Deutschland. Seit 40 Jahren liegt die Geburtenrate bei konstant 1,4 Kindern pro Frau«. Als Grund wurde die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf genannt. Auch wenn das ein wichtiger Punkt ist, so ist das nicht die einzige Ursache. Warum wird der Geburtenrückgang eigentlich als ein Problem skandalisiert? Wollen deutsche Unternehmen nicht etwa gut ausgebildete Frauen ohne Kinder oder Kinderwunsch? Wollen viele Arbeitgeber nicht ehrgeizige Karriereristen, die flexibel, mobil und ungebunden sind? Und wollen Nachbarn, Mieter und Passanten nicht eine kinderfreie Lebenswelt, weil die kleinen »Gören« eh nur den ganzen Tag spielen und schreien würden?
accessio lysis
In der Pränatalmedizin ist ein spektakulärer Durchbruch gelungen. Forscher aus den USA und Deutschland haben eine Wachstumspille, die sog.»accessio lysis«, für Kinder entwickelt. Die Schwangere muss die hochdosierte Tablette täglich einnehmen, damit die Gene des Ungeborenen stimuliert werden. Der Effekt: nach der Geburt dauert es nicht länger als knapp fünf Jahre bis das Kind zu einem vollwertigen Erwachsenen herangewachsen ist. Und zwar in physischer, kognitiver und emotionaler Hinsicht. Damit wird die Kindheit auf fünf Jahre begrenzt und der neue Mensch so frühzeitig zu einem produktiven Teil der Gesellschaft gemacht werden. Politik und Wirtschaft zeigten sich begeistert.
Kinder in Deutschland; Teil 22: Umerziehung
Typische Gespräche zwischen Mutter (M), Vater (V) und Sohn (S). Über Schule, Arbeit und Leistung. Eine Tragödie in fünf Akten.
Akt eins
M: Guten Morgen, mein Sohn!
S: (brummelt)
M: Die Sommerferien sind vorbei, heute ist endlich wieder Schule! Freust Du Dich schon?
S: Nein.
M: Aber warum denn nicht? Dort lernst Du viele tolle Sachen!
S: Zum Beispiel?
M: Englisch, Mathe, Deutsch — wenn Du später eine anständige Arbeit finden willst, dann musst Du das lernen. Und jetzt raus aus den Federn! Weiterlesen
Herzlose Anpassung
Früher habe ich mit den Armen gefühlt.
Früher habe ich alternative Medien gelesen.
Früher habe ich mich über politische Lügen geärgert.
Früher habe ich meinem Chef widersprochen und ihn kritisiert.
Früher habe ich demonstriert und mich ehrenamtlich engagiert.
Früher habe ich mich über die Ungerechtigkeit der Welt aufgeregt.
Früher habe ich mir Gedanken über eine menschliche Gesellschaft gemacht.
Heute bin ich erwachsen und denke an mich.