»Alle Kinder auf der Welt haben das Bedürfnis zu spielen und zu lernen. Und nicht nur das: Sie wollen selbst bestimmen, was sie tun, und sie wollen mit Liebe und Respekt behandelt werden. Sie haben also etliche Grundbedürfnisse, und erst wenn diese erfüllt sind, sind sie wirklich glücklich«.
- Justine Mol, Aufwachsen in Vertrauen: Erziehen ohne Strafen und Belohnungen, 2008, Seite 32
Kinder sind Menschen und jeder Mensch hat Bedürfnisse. Das mag für einige banal klingen, leider gehen aber viele Erwachsene auf die Bedürfnisse von Kindern nicht entsprechend ein. Viele Erwachsene kümmern sich häufig in erster Linie um ihre eigenen Bedürfnisse und vernachlässigen die ihrer Kinder. Neben Nahrung, Schlaf und Wickeln bei Kleinkindern, gibt es noch weitere wichtige Grundbedürfnisse von Kindern. Oft sollen Kinder nur gehorchen, sich den Erwachsenen anpassen und funktionieren.
Die Bedürfnisse von Kindern zu erkennen ist nicht immer einfach. Gerade bei Kleinkindern, die gerade erst noch in der Sprachentwicklung sind, ist es oft eine Herausforderung. Sich in das Kind hineinversetzen, genau zuhören und fragen stellen, kann dabei helfen, herauszufinden, was das Kind gerade will. Kinder sind individuell sehr verschieden, dennoch können, unabhängig vom Alter, einige Grundbedürfnisse ausgemacht werden:
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Das Bedürfnis nach bedingungsloser Liebe und emotionaler Sicherheit ist für Kinder sehr wichtig. Eine sichere Bindung gibt Sicherheit und den Raum, sich frei entfalten zu können. Wichtig ist für Kinder vor allem, dass sie bedingungslos geliebt werden, d.h. mit all ihren Launen und Unzulänglichkeiten, und eben nicht nur dann, wenn sie etwas vermeintlich tolles »geleistet« haben oder »artig« waren.
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Kinder sind zwar abhängig von ihren Eltern, möchten aber auch in einem vorgegebenen Rahmen selbstständig und unabhängig agieren dürfen. Diesen Rahmen nicht zu eng, aber auch nicht zu weit zu ziehen, ist die große Herausforderung für Eltern. Ständige Bevormundung, Erpressung, Drohung, Gängelung, aber auch Belohnungen sollten nicht als Werkzeuge verwendet werden, um Kinder zu lenken. Vielmehr sollten Kinder aus sich heraus die Welt erfahren wollen. Nur wer etwas lernen will, lernt auch wirklich. Mit Zwang, Drohung und Gewalt wird das Lernen und die Selbstständigkeit für Kinder zur Qual (Und für Erwachsene wohl auch, oder?).
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Kinder möchten ernst genommen und respektiert werden. Sie sind eben keine halbfertigen, sondern ganze Menschen mit eigenen Interessen, Stärken und Launen. Eltern sollten sich nicht ständig als die besseren, reiferen, klügeren und moralisch stabileren Menschen sehen, sondern sich auf die Ebene des Kindes begeben und es zu verstehen versuchen. Kinder als gleichwertige Gesprächspartner anzuerkennen, fällt vielen Erwachsenen sehr schwer. Schnell fallen Sätze wie »Komm Du erst mal in mein Alter!«, »Ich bin hier der Erwachsene und nicht Du!«, »Solange Du Deine Füße unter meinem Tisch hast, wird gemacht was ich sage!« oder »Es wird so gemacht, wie ich das sage und Punkt!«
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Das kindliche Bedürfnis nach Spiel, Spass, Freude und Beschäftigung wird oft vernachlässigt. Nicht selten erwarten Eltern, dass ihre Kinder sich einfach mal beschäftigen mögen, weil sie gerade ihre Ruhe wollen. Dass Eltern ihre Ruhephasen brauchen ist völlig legitim. Wenn man aber nicht möchte, dass Kinder nur vor dem Fernseher oder der Playstation sitzen und vor Langeweile anfangen zu quengeln, sollten sie ihnen konkrete Freizeitgestaltungsmöglichkeiten anbieten und vorschlagen. Abgesehen davon sollte man auf die Selbstständigkeit des Kindes, aber auch auf das Alter Rücksicht nehmen. Von einem Zweijährigen kann man nicht erwarten, dass er sich mal eben eine Stunde lang selbst beschäftigt, von einem Zehnjährigen schon.
Eltern können nicht erwarten, dass ihre Kinder sie respektieren, wenn sie wiederum die Bedürfnisse ihrer Kinder nicht respektieren. Die Autorität und die Führung der Eltern akzeptieren Kinder, umso mehr sie verstanden, geachtet, ernst genommen und bedingungslos geliebt werden.
(Vielen Dank an meine Freundin Anja für die Inspiration!)
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