Filmtipp: »Triangle of Sadness«

Von wegen »Gleichberechtigung«! Wenn es um weibliche Privilegien geht, werden Emanzipation und Feminismus gerne beiseite geschoben. Schwere Sachen tragen. Wehrpflicht. Oder eben das Essen im Restaurant bezahlen. Denn obwohl weibliche Models dreimal so viel wie männliche Models verdienen, erwartet sie ganz selbstverständlich, dass er die Rechnung bezahlt. So beginnt »Triangle of Sadness« und macht damit schon mal ein großes Minenfeld auf.

Weiter gehts mit einer reichen Gesellschaft auf einer Yacht. In Form einer indirekten Sozialstudie wird hier das verkommene, verklemmte, übergriffige und stellenweise völlig asoziale Verhalten der Oberschicht gezeigt. Die einfachen Lohnarbeiter sind hier quasi das Spielzeug der »Eliten«. Sie werden wie Objekte eingekauft und für ihre eigenen Zwecke benutzt.

»Was für Produkte verkaufen Sie?«

»Weltweite Produkte zur Aufrechterhaltung der Demokratie!«

»Und welche Produkte sind das?«

»Nun, unser meist verkauftes Produkt ist die Handgranate.«

Als die Insassen der Yacht auf einer Insel stranden, drehen sich die Klassenverhältnisse um. Die Angestellte Abigail hat die ausgeprägtesten Survival-Skills und wird dadurch zur neuen Anführerin der Gruppe. Leider verhält sie sich letztendlich genauso egoistisch und rücksichtslos, wie die Reichen auf der Yacht.

Hollywoke, Intellektuelle sowie Filmkritiker lieben solche klassenkritischen Filme (»Triangle of Sadness«: Für 3 Oscars nominiert, 25 Gewinne und 81 Nominierungen insgesamt), wie beispielsweise auch »Snowpiercer« oder »Parasite«. Sie fungieren wie ein öffentlicher Ablasshandel, bei dem die »Elite« vermeintlich selbstkritisch ist, aber gleichzeitig die sozialen Verhältnisse zementiert und als naturgegeben darstellt. Der Film ist dennoch sehenswert, weil er unbequeme Themen anspricht und satirisch provoziert.


Filmtipp

7 Gedanken zu “Filmtipp: »Triangle of Sadness«

  1. »Leider verhält sie [Angestellte Abigail¹] sich letztendlich genauso egoistisch und rücksichtslos, wie die Reichen«
    Ohne dem hätte man ja fast einen sowjetischen Propagandafilm, das wäre dann doch zuviel »klassenkritisch«.

    »öffentlicher Ablasshandel«
    Ein bisschen wie das ›alte²‹ Kabarett. Beispielsweise Volker Pispers hat sich dazu gelegentlich kritisch geäußert, sinngemäß: Eintrittskarten ins Kabarett fühlen sich wenigstens so an wie die Bahnsteigkarten, die man zur Revolution bräuchte.

    Den Film selber konnte ich mir nicht (so ohne weiteres) anschauen, aber ich habe einen Blick in Wikipedia geworfen: Der Titel bedeutet gemäß der deutschen W. ›Zornesfalte‹, in der italienischen wird es wohl schon eher im Sinne des Films erklärt: »il «triangolo della tristezza» del titolo si riferisce, in termini di chirurgia estetica, alla zona tra gli occhi in cui si concentrano le rughe« ~ Begriff der Schönheitschirurgie, Zone zwischen den Augen, in denen sich die (Zornes‑, Sorgen-) Falten konzentrieren.
    Übrigens könnte man Snowpiercer auch als Kritik an Geoengineering³ auffassen, die dortige (Schnee-)Misere ist Folge eines gescheiterten Versuchs, das Klima ›zurechtzurücken‹.

    ¹Die neue Anführerin bzw. Top DogIne, um nicht zu sagen Top Bitch
    ²Als es noch nicht ›tot gespritzt‹ war
    ³ https://de.wikipedia.org/wiki/Geoengineering

  2. Klingt so ein bisschen wie vorgezogene Verfilmung des Untergangs dieser Milliardärsyacht wo nur die einfachen Angestellten überlebt haben und die Reichen alle im Schlaf umgekommen sind.

    Das Teilen der Restaurantrechnung ist inzwischen allerdings üblich, allerdings wohl eher nur um seitens der Frauen vordergründig den Eindruck zu erwecken, dass sich die Verhältnisse zwischen Mann und Frau angeglichen hätten und nicht mehr materiell bestimmt seien. Wenn es um die Entscheidung geht ob sie mit ihm in die Kiste geht oder mehr, dann ist immer noch »das Gefühl« ausschlaggebend, sprich Status und Dicke der Brieftasche des Mannes. Beste Zeiten für Blender und Hochstapler.

    Der Film ist übrigens auf arte.tv noch bis zum 17.12. verfügbar. yt-dlp ist dein Freund :D
    P.S. auch mit Audiodeskriptions- und Originalton-Spur.

  3. @orinoco

    »sprich Status und Dicke der Brieftasche des Mannes«

    War gerade auf einer Weihnachtsfeier. Was auch immer noch zieht, ohne jegliches eigene Zutun, ist entsprechende Körpergröße und ein markantes Gesicht (Wangenknochen etc.). Hab da so einen Kollegen, dem die Frauen deshalb die Bude einrennen.

    Meine Beobachtung ist, dass er selbst nicht genau weiß, warum eigentlich? Weil er ein ganz gewöhnlicher Typ ist. Aber nein, Frauen sind absolut nicht oberflächlich! Das ist Frauenhass! ;-)

  4. @epikur
    Ja, klar. Die 666 zieht auch: six feet tall, six pack, six digit income.
    Die Körpergröße allein ist es aber kaum, sonst hätte ich da nie Probleme gehabt.

  5. Ich dachte bei dem Titel zuerst an eine Anspielung auf den »Atlantischen Dreieckshandel« (https://de.wikipedia.org/wiki/Atlantischer_Dreieckshandel). Also der vorgeblichen Transferdynamik beim Waren/Sklavenaustausch im 17./18ten Jahrhundert.
    Dass man irgendwelche Falten als »Triangle of Sadness« bezeichnet, habe ich außerhalb des Filmes noch nirgends gehört.
    Ich denke das war eher ein Kunstgriff.
    Der Film ist mir stellenweise zu plakativ. Mir gefallen die Schauspieler aber. Woody Harrelson ist ganz er selbst. Die Darstellerin für die schöne Yaya ist leider kurz darauf verstorben. Man sieht bei ihr die Narbe von der Milzentfernung, deren Spätfolgen sie vermutlich erlag.
    Der Film hat, was für moderne Hollywoodfilme etwas untypisch ist, ein paar weitere Kniffe. Wie diverse Vorahnungen auf kommende Ereignisse in der Handlung, die dann nicht mehr explizit dargestellt werden.
    Bin mir etwas unschlüssig, wie ich es finde. Wenn man die politischen Punkte weg lässt, ist es ein sehenswerter Film. Ansonsten hat es eine gewisse Komik und Ironie, wenn sich finanzkräftig produzierte Hollywoodfilme in Kapitalismuskritik üben. »Wo der Reiche Geld verliert, verhungert / stirbt der Arme«.
    Es fehlt die positive Alternative, die ich vielleicht übersehen habe.

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