Je älter ich werde, desto mehr fällt mir auf, wie viele Menschen sich durch Krankheit definieren. Ich kenne mittlerweile eine stattliche Anzahl an Leuten, die fast täglich jammern, klagen, wimmern und stöhnen. Über Knie‑, Rücken‑, Kopf‑, Magen- oder sonstige ‑vorhandene oder eingebildete- Schmerzen. Es gibt regelrechte Krankheits-Wettbewerbe, bei dem sich die Protagonisten gegenseitig mit dem vermeintlich schwereren Leid übertreffen wollen (Und ja, es sind meistens Frauen!). Ist diese Opferhaltung eine Flucht vor der Selbstbestimmung? Ein Weg für mehr Aufmerksamkeit? Ist es die Angst vor der Freiheit? Oder gar eine subtile Rebellion vor der neoliberalen Eigenverantwortung? Oder macht uns die tolle Lohnarbeit in Kombination mit der tollen Demokratie letztendlich nur alle kaputt? :wtf:
» »Jeder ist seines Krankheit Schmied!«
» »Krebs ist Profit«
» »Neusprech: Krankheit«
Tatsache ist nun mal, dass sich viele Krankheiten, im Laufe des Lebens erworben oder genetisch determiniert, erst im Alter etablieren. Lange UV-Strahlenexpositionen mit Sonnenbrand in der Kindheit und Jugend zeigen ihre malignen Schrecken meistens erst jenseits des 50. Lebensjahres.
Über Krankheit höre ich ebenfalls oft Frauen palavern, weil die Männer bereits tot sind (nie zu Früherkennung gegangen, weil zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl). Dafür reden sie lieber stundenlang über Fussball, während das Prostatakarzinom in Ruhe seine Metastasen setzt.
Adorno soll gesagt haben, »Gesundheit ist nicht alles, wenn man ansonsten ein Blödmann ist«. Wenn Dir aber die Diagnose invasiver Bauchspeicheldrüsenkrebs oder inoperables Lymphom gestellt wird, dann beherrscht das rund um die Uhr Dein Denken und Leben. Darüber darf nach meinen ethischen Prinzipien auch ausführlich und oft geredet werden. Ich würde dem Betroffenen selbstverständlich aufmerksam zuhören.
»Je älter ich werde, desto mehr fällt mir auf, wie viele Menschen sich durch Krankheit definieren.« Da setze ich doch mal ein grosses Fragezeichen.
Ich erinnere mich sehr gut daran, als ich noch selbst voll im Fett war, dass wir uns als Jugendliche oft über die »Alten« lustig gemacht haben, weil die Anknüpfungen für Gespräche bei denen oft über Krankheiten stattgefunden haben, so wie eben auch über das Wetter.
Nun war ich selbst mit 39 Jahren bereits ein Fall für ein Bestattungsunternehmen und wurde durch die Kunst von Chirurgen wieder ins Leben zurückgeholt.
Meine Tochter hat mit 3 Jahren einen Diabetes I bekommen und ist seit dem insulinabhängig. Diabeteserkrangungen hat es in der Familie meiner Frau und in meiner vorher nicht gegeben.
Also ich gehe mal davon aus, dass selbst der Medizin inzwischen klar sein dürfte, dass die Korrelation zwischen Alter und Zunahme von Erkrankungen so nicht mehr zu halten ist und allenfalls noch für politische Manipulationen taugt.
Macht mal einen Besuch in einer Kinderklinik, und schaut Euch die diabetes‑, krebs- und herzkranken Kinder dort an. Von den Abspeckkindern rede ich erst gar nicht und auch nicht von den Freundinnen der Familie mit Multipler Sklerose und Enddarmkrebs. Gut wenn man mit Anfang 50 alt ist, dann sind das bei denen eben auch Alterskrankheiten.
Und dann gibt es in der Tat diese Männer, die der Altautonome beschrieben hat: Die in Fabriken für Quandt oder Springer (Druckereien) drei Schichten gefahren und noch Stolz darauf waren, wie sie das alles durchgestanden haben. In der Rente dann total abständig und dann hier Operation und da Operation und einen Sack voller Medikamente und jede Woche beim Arzt.
Und dann gibt es eben auch die Alten, so wie ich sie wahrnehme, die so alt aussehen, dass ich ich ihnen nicht mehr zutrauen würde ein grosses Wohnmobil zu fahren. Aber die parken mit ihren grossen Kisten so elegant ein, wo ich selbst wahrscheinlich einen riesen Schaden verursachen würde.
Ich vermute, dass sind diejenigen, die fitten Rentner, von denen unsere Politik ständig schwafelt und der Grund dafür sein soll, die für Lebensarbeitszeit für alle zu verlängern.
Robert Kurz (Exit) hat das so beschrieben: Solange arbeiten, bis das Namensschild am grossen Zeh hängt.
Und was in einer Gesellschaft als normal angesehen wird, ist eben immer noch davon abhängig, um dem Irrsinn genug Platz einzuräumen, von der grossen Zahl, seiner Häufigkeit. Je mehr davon desto normaler die Krankheit. Was dann den Unterschied ausmacht ist dann doch wohl eklatant. Für die medikamentöse Versorgung meiner Tochter wären z.B. jeden Monat 300 Euro aufzubringen und weil der Diabetes I nicht heilbar ist, sind wir (noch) von Zuzahlungen befreit.
Als meine persönliche Zugabe für alle diejenigen, die nicht glauben wollen, wie Gesundheit geht, hier vom »Infosperber« einen Text:
«Einige Millionen Menschen» im Visier
Deshalb hatte Novartis 1996 die britische Firma Imutran gekauft, welche Herzen und Nieren von Schweinen in Affen transplantierte. Das Hauptproblem solcher «Xenotransplantationen» bestand darin, dass die Primaten die fremden Organe entweder sofort oder nach wenigen Tagen abstiessen. Um die Erfolgsaussichten zu verbessern, wurde den Schweinen ein menschliches Gen eingeschleust.
Forscher der Imutran verkündeten schon 1995 einen «Durchbruch» bei der Verpflanzung von Schweineherzen in Menschenaffen. An einer Pressekonferenz prophezeiten Imutran-Forscher, sie würden bereits «innert eines Jahres» im Rahmen von klinischen Versuchen Schweineherzen in Menschen transplantieren. Eine Börsenstudie der Salomon Brothers schätzte das Transplantationspotenzial damals allein in den USA auf «vielleicht einige Millionen älterer, aber bis auf ein krankes Organ gesunde Menschen».
@altautonomer @Troptard
Ich weiß nicht, ob ich mich missverständlich ausgedrückt habe oder man mich falsch verstehen will. Wer krank ist, ist krank. Punkt. Keine Frage. Der/die hat mein volles Mitgefühl! Darum ging es mir in erster Linie aber nicht. Sondern darum, dass sich Menschen darüber definieren, keine anderen Themen/Interessen mehr haben, sich ständig mit ihrem Leid in den Mittelpunkt drängen wollen, jedem ihre Schmerzen ungefragt erzählen — und manchmal übertreiben Leute hier nicht nur oder bilden sich was ein, sondern sind auch noch chronische Hypochonder. Das war der Tenor meines Beitrages! Kein Grund sich dafür zu rechtfertigen, wirklich krank zu sein. ;)
Na, ich denke mal, dass alle im Post gestellten Fragen relevant sind. Je nach der persönlichen Lage des Einzelnen. Und — natürlich gibt’s da auch Überschneidungen.
Krankheit ist nun mal eine »Ausnahmesituation«, also die Abweichung von der sogenannten Normalität. Auf der einen Seite steht der oder die Betroffene plötzlich im Mittelpunkt eines (gewissen?) Interesses, sei es bei Familienangehörigen, Freunden oder Ärzten. Auf der anderen Seite wird er oder sie sich aber auch seiner oder ihrer Verletzlichkeit (Sterblichkeit) bewusst.
Oh ja. Da kenne ich auch ein paar. Beispiel Schwiegermutter, 55:
Alle Nase lang schwindelig, Rücken, Füße, Nacken, Getränke jenseits von Wassser und Kaffee, frieren, zu warm...
Mal zum Arzt? Natürlich nicht.