Pädagogen, Politiker, Unternehmer, Philosophen, Psychologen, Medienmenschen, Vertriebsmitarbeiter sowie PR- und Marketing-Soldaten erzählen uns seit Jahrzehnten immer und immer wieder, wie wichtig Kommunikation sei. Sprechen, zuhören, schreiben, Körpersprache sowie der Austausch von Informationen: das seien die Grundlagen der Kommunikation. Den Gummibegriff verwenden eine ganze Armee an Coachern, Trainern und Beratern. Dabei besetzen sie ihn mit dutzenden Annahmen und Theorien.
Gibt man das Schlagwort Kommunikation bei Google ein, so werden mehr als 100 Millionen Ergebnisse angezeigt. Das Buzzword ist ein elementarer Bestandteil unserer Vertriebs- und Verkaufsgesellschaft. Kommunikation ist hier nicht Selbstzweck oder ernsthafter philosophischer Austausch von Gedanken und Ideen, sondern vielfach Werkzeug, Instrument und Strategie zur Generierung von Umsatz, Profit und persönlichen Vorteilen:
»In Vorstellungsgesprächen, Assessment Centern und auch Gehaltsverhandlungen ist gekonntes kommunikatives Verhalten gefragt.«
»...ebenso wie Marketingstrategen in Kompetenz in Fragen menschlicher Beeinflussbarkeit verfügen müssen.«
Wolfgang Fuchs, Fritz Unger. Management der Marketing-Kommunikation.
»Effektiv zu kommunizieren ist in jedem Lebensbereich von Vorteil.«
»Marketing-Management im politischen Bereich ist damit der bewusste Versuch, erwünschte Austauschvorgänge mit den „Zielmärkten“, d.h. der Öffentlichkeit bzw. relevanten Teilöffentlichkeiten herbeizuführen.«
Michael Kunczik. Politische Kommunikation als Marketing.
Unsere neoliberale Warenwelt hat den Begriff Kommunikation als Verkaufsargument neu besetzt. Marketing, Public Relation, Werbung, Mitarbeiterführung, Kundengespräche und ‑Generierung, werden häufig als erweiterte Kommunikationsformen definiert. Dabei sind diese Methoden, weder naturwüchsige Erscheinungsformen, noch soziale oder zwischenmenschliche Grundlagen. Denn es geht hier nicht um Wissen, Erkenntnis, Erfahrung oder Empathie. Auch nicht um einen echten, ehrlichen und/oder ernsthaft interessierten Austausch von Gedanken, Vorstellungen, Argumenten und Informationen, wie es beispielsweise in der Psychologie, der Philosophie und der Pädagogik häufiger (nicht immer!) der Fall ist. Primäres Ziel der Kommunikation im Neoliberalismus ist Kontrolle, Führung und Steuerung.
» »Markt — Deutsch«
» »Die große Kommunikationslüge«
» »Die Shitstorm – Nichtbewegung«
»Nicht das Problem oder das Produkt oder die Tatsache eines Umstandes an sich ist bescheuert.
Man hätte es dem Unverständigen nur besser kommunizieren müssen!«
Es ist also nicht doof, arbeitslos zu sein, sondern es wurde nur schlecht erklärt.
Es ist auch nicht schlecht, wenn im öffentlichen Raum nichts mehr funktioniert wie Verkehr, Handel usw. Es ist zwar nach dem Kommunizieren zwar nicht besser, aber man hat dann als Betroffenener wenigstens ein gutes Gefühl dabei.
Andere nehmen für denselben Effekt Drogen:
https://www.youtube.com/watch?v=0LyAey51CmQ
Das läßt sich so nicht darstellen. Am Ende des Tages hat dasjenige Projekt die beste kommunikative Performance, deren Präsentation den workflow am effektivsten pusht.
Im ersten Moment war ich geneigt zu widersprechen, da ich den Begriff im Bereich der Kunst und auch beruflich gelegentlich verwende. Beim weiteren Lesen wurde mir dann klar, dass ich an der Ecke etwas altmodisch bin und (gelungene) Kommunikation immer noch als etwas Bidirektionales betrachte. Die Kommunikation, die Du hier meinst ist eher unidirektional. Verkäufer -> Konsument, Chef -> Untergebener, Politiker -> doofe Wähler usw..
Vielleicht wäre bei Deinem Schlusssatz vielleicht noch die Manipulation zu nennen.
LG Aebby
Wie das? Wenn auch nur kurze kritische Hinweis zur Zauberformel Kommunikation ohne jeden Rückgriff auf den Habermas[ter] und dessen Eloge zur kommunikativen Kompetenz? Reichlich zeitgeschichtslos, sowas ...
Über den Begriff könnte man wahrlich seitenweise schreiben. Das war aber weder meine Intention, noch würde die Aussage am Ende eine Andere sein. »Kommunikation« wird heute vielfach als Sender verstanden, ohne wirklich und ernsthaft auch empfangen zu wollen (z.B.: Kommentare werden bei den Massenmedien abgeschaltet). Die Vokabel wird zudem von fast jeder Fach- und Denkrichtung beliebig aufgeladen und verwendet. Man will heute nicht mehr wirklich »kommunizieren«, sondern steuern, kontrollieren und manipulieren (danke abby!). »Kommunikation« ist hier das primäre Instrument.
Das muss man nicht auf Märkte reduzieren. Die gesamtgesellschaftliche Kommunilation ist ein Absondern von Monologen und Floskeln. Man kann es heute nur besser beobachten, da man früher nicht bei jedem Bullshit dabei sein musste.
Wie immer guter Artikel. Danke