Der pädagogische Happen (10)

_happen_Mutter: (gibt gerade ihre fünfjährige Tochter Dorothea in der Kita ab. Zur Erzieherin gewandt. Lächelt künstlich.) „Sie hustet ein bisschen, ist aber ansonsten ganz fit!“

Erzieherin: (begrüßt Mutter und Tochter) „Sie sieht aber schon ein wenig blass aus. Habt Ihr Fieber gemessen?“

Mutter: „Ja. Alles in Ordnung! Entschuldigt, ich muss dringend los. Zur Arbeit.“ (Verabschiedet sich schnell von Ihrer Tochter und geht dann los. Beim Mittagessen übergibt sich Dorothea. Die Erzieher dürfen zwar kein Fieber messen, bemerken aber, dass sie ganz warm und lustlos ist.)

Erzieherin: (zu Dorothea gewandt) „Du sag mal, wie ging es Dir denn gestern so?“

Dorothea: (schaut verlegen weg und sagt dann leise) „Mir war schlecht, aber ich musste versprechen, nichts zu sagen!“

Erzieherin: (ruft die Mutter an) „Sie müssen Ihre Tochter sofort abholen und zum Arzt bringen. Sie hat sich beim Mittagessen übergeben und hat höchstwahrscheinlich Fieber!“

Mutter: „Ich kann hier leider nicht weg. Ich muss arbeiten!“

Erzieherin: »Sie holen Ihr Kind bitte sofort ab! Wir sind eine Bildungseinrichtung und keine Krankenstation! Darüber hinaus können sich andere Kinder, Erzieher und Eltern anstecken!«

9 Gedanken zu “Der pädagogische Happen (10)

  1. Schwierig, die Mutter hat Druck, die Erzieher dürfen noch nicht mal Fieber messen....d.h. als Mutter vertraue ich mein Kind jemanden an, der noch nicht mal Fieber messen DARF? Unabhängig davon, dass diese Mutter ihr Kind nicht abholt.

  2. der normale ablauf:
    — wozu zahle ich denn die kita, wenn mein kind nicht mal ein
    »bisschen« »angeschlagen« hinbringen darf?
    ich muss doch arbeiten!
    — jetzt soll ich mein auto »freiwillig« wegen feinstaub stehen lassen.
    wegen den paar kilometern!
    ich muss doch arbeiten!

    alles wird der »arbeit« untergeordnet. die kosten, die dafür anfallen, will keiner tragen.

  3. Wo ist denn der Vater?

    Hat der keine Verantwortung wg. Vollzeitbeschäftigung?

    Sollte die Mutter allein erziehend sein, wurde hier ein wichtiges Kriterium aus Frauenhass unterschlagen.

  4. Dorothea ist von zwei Frauen adoptiert. Im Dialog bringt Mutter#1 die Kleine in die Kita, und die Erzieherin hat nur die Tel-Nr. von Mutter #2, mit der sie sodann spricht.

    Zwei Rabenmütter, nix Papa. Du liegst also doppelt daneben. Tschia, so kann’s gehen, wenn man vom Thema abweicht. — Vorsorglich ein *eod*

  5. @Nelly aus Sachsen

    In jedem Kitavertrag, den die Eltern unterschrieben haben, steht drin, dass sie ihre Kinder bei Krankheit abholen müssen. Auf der einen Seite jammern Eltern rum, dass ständig Erzieher krank werden (Personalmangel), auf der anderen Seite nutzen sie die Kita als Krankenstation. Wer ein Kind in die Welt setzt, muss damit rechnen, dass es auch mal krank wird. Gerade in den ersten fünf Lebensjahren, wo das Immunsystem erst aufgebaut werden muss. Kinder sind keine Maschinen oder Roboter, die so funktionieren, wie es die lohnarbeitenden Eltern (und vor allem Unternehmen und Chefs) gerne hätten.

    @altautonomer

    Du kannst auch Mutter mit Vater im Text ersetzen. Das macht inhaltlich keinen Unterschied. Auf Deine Provokation gehe ich nicht weiter ein.

  6. Tja, das ist das Elend auf dem Arbeitsmarkt, es laufen ja genügend rum, die Arbeit suchen.
    Ich kenne genügend Arbeitgeber, die dafür kein Verständnis haben und auch Arbeitgeber, die sich keinen Ausfall leisten können.
    So ist das eben in der schönen kapitalistischen Raubtiergesellschaft.

  7. Eine asoziale »Wertegemeinschaft«/Gesellschaft. Menschen passen sich unmenschlichen Lebensbedingungen an. Für sie ist das leider überlebenswichtig, auch wenn viele dabei auf der Strecke bleiben.

  8. Tja, leider nicht nur auf eine Frage zwischen linker und rechter Arbeits(markt)politik reduzierbar, sondern eher generell zwischen Funktionalisierung zugunsten einer ökonomisierbaren Arbeitswelt, — und eben dem besonders drastischem Arbeitsdruckprinzip gängiger Resultate der letzten Steigerung davon, — mit und nach der Agenda. Linke Bekenntnisse z.B. zur Kinderkrippe, sind da nämlich auch nicht hilfreich, sondern unterstützen diese Funktionalisierung. Sehr bedauerlich, weil aufgrund dessen eben nur zwischen den moderaten und schlimmen dehumanisierenden Funktionalisierungen des Gleichen unterschieden werden kann. Hab ich Kinderkrippe geschrieben? Man muss nicht so naiv sein zu glauben, dass das Verhalten obiger Mutter/Vater sich am Alter der Kinder fest machen lässt. Es ist ein generelles Zeichen von Funktionalisierung.

  9. Die Arbeit. Ein harter Los der Erdenkinder.
    Lebenserhaltung und Freuden sind mit Mühsal und Bedingungen verbunden.
    Die Natur verdient dafür eine schallende Ohrfeige.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.