[Im Büro vom Chef]
Chef: (telefoniert, mit übertrieben freundlicher Stimme, fast unterwürfig) Hallo, Herr Zander. Ich grüße Sie! Ich rufe Sie wegen der vertraglichen Vereinbarung an, die Sie mit uns getroffen haben und wollte nun nachfragen, ob...(wird unterbrochen) Ja, ich bin da ganz bei Ihnen, Herr Zander. Dennoch...(wird wieder unterbrochen) Vielleicht finden wir hier eine Lösung, die allen Beteiligten gerecht wird? Ja gerne, ich rufe Sie in einer halben Stunde noch einmal an (legt auf).
Frau Hein: (betritt den Raum) Entschuldigen Sie die Störung, Herr Schabanowski. Ich wollte noch einmal nachfragen, ob ich für kommenden Freitag einen Urlaubstag nehmen könnte? Der Kindergarten meines Sohnes hat da geschlossen.
Chef: (gereizt und bestimmt) Frau Hein, das ist nun das dritte Mal diese Woche, dass sie mich danach fragen. Ich habe gerade ganz andere Sorgen. Wir besprechen das morgen! (30 Minuten später wieder sehr höflich am Telefon mit dem Großkunden) Herr Zander, der Herr Schabanowski nochmal. Bezüglich unseres Vertrages könnte ich Ihnen da durchaus entgegenkommen. (hört zu) Genau so machen wir es! (Anbiedernd) Einen schönen Tag wünsche Ich Ihnen!
Praktikant Marco: (betritt den Raum) Guten Tag, Herr Schabanowski. Ich komme wegen der vereinbarten Schulung heute.
Chef: (laut, verärgert, aggressiv) Jetzt nicht!
__________________________________________________
[Im Fahrstuhl]
Frau Sonntag: Du Elsa, hast Du auch gehört, dass der Neue, der Herr Schmitt, gleich einen unbefristeten Arbeitsvertrag und ein extrem gutes Einstiegsgehalt bekommen hat? Der verdient mehr, als ich. Und ich bin seit über zehn Jahren in der Firma. Und er soll nicht mal einen Hochschulabschluss haben.
Frau Hein: Woher hast Du das denn gehört?
Frau Sonntag: Kann ich Dir jetzt nicht sagen. Erzählt man sich halt.
Frau Hein: Ich habe noch ein anderes Gerücht aufgeschnappt.
Frau Sonntag: (neugierig) Aha? Ja, der soll mit unserem Abteilungsleiter, Herrn Schabanowski irgendwie verwandt sein. Er ist der Neffe seiner Frau, glaube ich.
Frau Hein: Wer? Der Neue? Herr Schmitt?
Frau Sonntag: Ja!
__________________________________________________
[Im Großraumbüro]
Chef: (spricht laut) Einen Moment mal eben! (Angestellte schauen zum Chef) Wie bereits angekündigt, bauen wir unser Online-Geschäft stark aus und erwarten von jedem Mitarbeiter einen privaten Facebook- und Skype-Account. Bitte verwenden Sie dabei ihre echten Daten.
Frau Sonntag: Gibt es keine Firmen-Accounts, die wir nutzen können?
Chef: Die verwende ich bereits.
Frau Lange: Ich möchte mich ehrlich gesagt, ungern dort anmelden, weil ich datenschutzrechtliche Bedenken habe. Wer weiß schon, was die mit meinen Daten machen?
Chef: Bitte befolgen Sie einfach meine Anweisung, Frau Lange!
Frau Hein: Weshalb brauchen wir denn alle einen privaten Account?
Chef: Das werde ich Ihnen zu gegebener Zeit noch mitteilen.
Praktikant Marco: Genügt auch ein Twitter-Account?
Chef: Nein.
Herr Schmitt: Also ich habe schon lange einen privaten Facebook‑, Twitter- und Skype-Account.
Chef: Sehr gut, Herr Schmitt!
__________________________________________________
» Der tägliche Lohnarbeitswahnsinn (Teil 1)
» Der tägliche Lohnarbeitswahnsinn (Teil 2)
» Der tägliche Lohnarbeitswahnsinn (Teil 3)
Lohnarbeit gleich Hohnarbeit: neben der wenn überhaupt
sinnvoll erbrachten Produktivität hält man durch seine Mitspielbereitschaft ein längst schon dysfunktionales System
am Atmen/ Defäzieren. Etwa ein Drittel aller Lohnzahlungen
vom unteren Management aufwärts dürfte bloßer Loyalität gelten:
Mitspielbereitschaft im miesen Spiel …
Pingback: Der tägliche Lohnarbeitswahnsinn (Teil 5) | ZG Blog