Auf der einen Seite werden in der sogenannten Dritten Welt für Gold, Silber, Coltan ganze Berge abgetragen, um sie in Fabriken zu transportieren [...] Und auf der anderen Seite kommt ein Großteil davon mit den einlaufenden Schiffen in Bergen von Zivilisationsmüll wieder zurück.
- Jürgen Reuß und Cosima Dannoritzer. »Kaufen, wegwerfen, neu kaufen«. Blätter Ausgabe Januar 2014. S. 96
Anmerkung: Dieses Zitat bringt für mich den heutigen Neokolonialismus, der als Globalisierung bezeichnet wird, bildlich sehr gut auf den Punkt. Wir stehlen den »Dritte Welt« Ländern die Ressourcen und berauben sie damit der Möglichkeit, wirtschaftlich eigenständig und unabhängig zu werden, und gleichzeitig beliefern wir sie mit unserem Abfall, der ihre Flüsse und Seen vergiftet, Krankheiten verbreitet und unsere Verachtung verdeutlicht.
Zustimmung, aber einen Punkt möchte ich noch ergänzen, die »Eliten« in der »Dritten Welt« sind auch Teil des Neokolonialismus, den du hier — zurecht — beschreibst.
Die Reichen, und Superreichen, der »Dritten Welt« leben doch überwiegend »verwestlicht«, lassen ihre Kinder im »Westen« ausbilden, und pfeiffen auf die Armen, und Ärmsten, im eigenen Lande.
Insofern ist auch hier der Neokolonialismus voll im Gange, denn wäre es anders, dann würden diese »Eliten« ihre Kinder in den jeweiligen Ländern der »Dritten Welt« arbeiten, und studieren, lassen bzw. eigenen Bildungsinstitutionenm(z.B. Universitäten, Hochschulen) eine echte Chance geben, aber so pfeifft man eben auf die jeweils eigene Kultur, und hebt den »Westen« auf den Schild.
Wie bereits erwähnt, dass war ja früher schon so — zu Zeiten des echten Kolonialismus in der »Dritten Welt« — die jeweiligen »Eliten« pfiffen auf die Armen, und Ärmsten, ihrer Länder, und haben sich vom Westen aushalten lassen, während übrigens — und das ist wohl auch eine Parallele zum heutigen neoliberalen »Westen« — der Mittelstand der »Dritten Welt« weitgehend sich selbst überlassen wurde, und mit hohen Steuern »ausbluten durfte«.
Kommt einem dass nicht bekannt vor, wenn man an Deutschland dieser Tage denkt? Mal rein bezogen auf den Mittelstand, der die Steuern für die »Eliten« in de. alleine tragen muss, während »Schummi« »Honeß« und Co. sich vom Acker machen?
Gruß
Bernie
Hingegen ist die Globalisierungskritik in eine veritable Krise geraten. Der Neolkolonialismus blüht förmlich auf und ist im Aufblühen. Nebst der harten Neolokolonialisten gibt es ja einen fast nicht minder bulligen Sektor der allgemeinen Weltverbesserer in Form von Organisationen, die nicht Regierungen sind. Streichen wir gleich den kleinen Teil davon heraus, die wirklich gute Arbeit leisten.
Eingeführt wird ja nicht nur der Müll an äußeren Objekten, es wird ja auch mentaler Müll eingeführt. Die entsprechende Diskussion ist jedoch wahrlich eingeschmolzen worden. Man weiß daher allgemein Bescheid, wie die Welt in allen Ecken einzurichten ist: der Grundstock ist Wirtschaftsmentalität. Der Rest ist geschenkt (ein Staatsstumpf wird nebenbei natürlich auch beigedacht). Kommt die gut genug ins Laufen ersteht die heile ganz von alleine: Entwicklung setzt ein. Farben wird in die grauen Landstreifen geworfen, eifrig und vollen Mutes. Das große Evangelium des Business wird verbreitet. Kann man sich einen Weltwinkel noch vorstellen, wo diese Mentalität nicht existiert? Schwerlich, jedenfalls muss man schon weit reisen. Und dann trifft man sie als Tourist, zur Beschauung, Beschnupperung und zum fotographieren oder abmalen, wer dies bevorzugt. Aber ohne jede reale Schöpfungskraft. Wer im Westen, nähme eine andere Weltschöpfungslogik den ernsthaft ernst? Sie sind wie die Nachspeisen und die Frauen auf dem Treff der Manager: nette Anhängsel, Belustigung. Aber schon der erste Hauch an Wirtschaftsernst, läßt ganze Jahrhunderte und Kontinente an Weltschöpfungslogiken kalt verbleichen. Wie im Mittelalter haben wir wohl wieder eine tausendjährige Logik ausgehoben. Man weiß natürlich, dass das etwas einseitig ist, aber freilich. Aber so ist es nun mal. Der große Speicher an Pluralität verpufft oder ist schon verpufft. Der Rest kommt ins Museum. Aber darüber redet man nicht. Jedenfalls braucht man die Wirtschaftsmentalität. Der Rest ist geschenkt. Man es alles akzeptieren. Aber man den Kern vollziehen. Anders geht es nicht. Diese Überzeugung reicht viel zu weit heute. Die harten Kernkolonialisten sind da nur der Gipfel des Eisberges. Bis in die Wissenschaft hinein hat man die rigidistische Kernsprachtextur vermentalisiert. Der Zweifel reicht bis dahin kaum. Wer käme denn auf die Idee, einem afrikanischen Stamm zu helfen seine Dinge zu bauen, aber nach ihrer eigenen Vorgehensweise? Gehe ich in ein Haus und wirf dem Besuchten alles über den Haufen und sage ihm wie er z.b. das Geschirr zu spülen hat? Sage ich ihm gar, wie er zu denken hat? Sage ich: was du denkst, interessiert mich nicht. Deine Welt ist was sie ist. Meine ist jedenfalls besser. Ich lebe in einer glitzernden Phantasiewelt. Ich lache auch dauernd und befriedige mich dauernd. Dazu gibt es nämlich Waren. Überhaupt fallen bei uns die Wahrheit und der Spaß gleich zusammen. Hier also, so mußt du denken!
Daher kann man auch nicht mehr anders denken. Daher ist es so mühsam in der Sprache, ihr Durchströmen in uns, das wir sind, drängt uns immerzu in diese Textur und man muß sich anstrengen, an der Sprache Biegearbeiten durchzuführen. Es lebt sich nicht leicht in der Sprache heute. Wie Sisyphusse oder die neuen Proletarier: die Sprachbiegearbeiter. Meterhohe Sprachwellen schlagen immerzu jedoch auf die Baustellen. Bis ein Wort einmal Kraft fände und Bänder zu anderen Wörtern erwüchsen, da ist es meist schon geschehen und mit eiliger Mine und viel Wohlwollen (das ist die verborgene Rücksichtslosigkeit) werden diese Versuche ausgespült. So gehen die Welten unter, fröhlich und voller Spaß, eine nach der anderen. Wer weiß was dann kommt.