Wir leben in einer altersfeindlichen Lohnarbeitsgesellschaft. Wer mit über 50 plötzlich erwerbslos wird und einen neuen sozialversicherungspflichtigen Job sucht, bekommt das deutlich zu spüren. Auch in den Medien wird der Jugendwahn zelebriert: schön, gesund und geil ist, was jung ist. Auch in der Öffentlichkeit werden Senioren und Rentner weitestgehend ignoriert oder als Belastung empfunden. Seit einiger Zeit ist mir zudem aufgefallen, dass unsere Online-Massenmedien beim Thema Rente, Pflege oder Demografie, nur die Hände von alten Menschen zeigen, nicht aber ihre Gesichter. Einige Beispiele:
- faz.net vom 12. September 2013
- SpiegelOnline vom 12. Dezember 2012
- welt.de vom 18. Januar 2013
- handelsblatt.com vom 11. September 2013
- sueddeutsche.de vom 27. August 2013
Das Gesicht hebt uns aus der Masse, macht uns als unverwechselbare Persönlichkeit sichtbar.
Gesichtslosigkeit macht unsichtbar-inexistent; dient eher selten dem Persönlichkeitsschutz.
Die Botschaft ist klar. Diese deutlich als alt erkennbaren Hände können nichts mehr leisten. Sie sind wie die Häne von Bettlern, die uns genau so abscheulich auf der Tasche liegen. Um so wichtiger ist es, dass die Bilder an sich sauber und schön sind.
Es ist ja auch immer zu sehen, dass diese »Pflegebedürftigen« Hilfe bekommen (Haltegriff, Papier, Gehstock, Blutdruckmessung, fuecht-warmer Händedruck).
Allein die Überschrifft vermag das noch zu toppen. »Pflegebedürftige werden meist zu Hause versorgt« Als ob das die vollkommen falsche Entwicklung wäre. Wenn der Staat(sapperat) sich Fürsorge und Menschlichkeit nicht mehr leisten kann oder will, dann werden wir das wohl wieder selber tun müssen. Dann bleibt halt keine Zeit mehr für Vollzeitkarriere + 2,4 Kinder. Dann haben wir halt auch kein Geld mehr für Haus im Grünen + BMCedes + Saufurlaub. Wir werden auch unsere Kommunikation überdenken müssen. Weg von HighTech, hin zum persönlichen Gespräch.
Traurige Tatsache ist, dass man bereits mit 45 Jahren in der Arbeitswelt als zu alt gilt. Als ob man mit einem Mal gebrechlich wäre und keine Leistung mehr bringen könnte... und das auch in Berufen, die keine schwere körperliche Arbeit bedeuten!
tucholsky: Mutterns Hände