Am 22. September sind Bundestagswahlen und die Straßen sind bereits zugemüllt mit Phrasen, Versprechungen, Lügen und Verdrehungen. Ich habe einige Wahlplakate fotografiert und möchte sie hier kurz kommentieren. Zum Abschluss werfen wir einen Blick auf die Linke (click to enlarge).
Die Linke verzichtet weitgehend auf die Personalisierungsstrategie und versucht mit Inhalten zu punkten. Von dem was ich bisher an Plakaten gesehen habe, verwenden sie den meisten Textteil und eher wenig Bilder. Für Linksliberale (für Rechte und Konservative sowieso) sind die Forderungen natürlich völlig unrealistisch, populistisch, wirtschaftsfeindlich und die Partei würde damit beweisen, dass sie auf Bundesebene nicht koalitions- und regierungsfähig sei.
Tatsächlich wären 10 Euro Mindestlohn, 1050 Euro Mindestrente, Millionärssteuer, Verbot von Waffenexporten sowie die Einführung einer Mindestsicherung statt dem unsäglichen Hartz 4 — System für viele nicht »finanzierbar«. Nach dem die Bundesregierung jedoch Hunderte Milliarden Euro den Banken geschenkt hat, ist das jahrzehntelang oft benutzte Totschlag-Argument »wer soll das alles bezahlen?« weniger realitätsfremd, als es den Anschein hat. Wo ein Wille, da auch ein Weg, wie wir alle bei der Bankenrettung gesehen haben.
Die Linke nimmt für sich aber nicht nur das soziale Thema in Anspruch, sondern kann getrost als einzige Oppositionspartei im deutschen Bundestag angesehen werden. Alle anderen Parteien sind sich bei den großen politischen Fragen weitestgehend einig: ob Afghanistan-Einsatz, Hartz 4, EU-Rettungspolitik, Waffenexporte, Steuer‑, Wirtschafts- oder Bildungspolitik. Das vermeintliche Mehrparteiensystem in Deutschland, besteht inhaltlich eigentlich nur aus zwei Blöcken: den Linken und dem angepassten, neoliberalen Mitte-Block, also CDU, SPD, FDP und GRÜNE.
Nach wie vor wird die Linke in den bürgerlichen Medien entweder ignoriert oder niedergeschrieben (Vergleich: Sommerinterview 2013 mit Gysi). Sie ist den Herrschenden und Privilegierten ein Dorn im Auge, da sie beispielsweise durch die Millionärssteuer, ihre Pfründe bedroht sehen. Ob und inwiefern die Linken bei einer tatsächlichen Regierungsbeteiligung auf Bundesebene, all das umsetzen würden was in ihrem Programm steht, ohne es bis zur Unkenntlichkeit (des Machterhalts und dem Koalitionsfrieden wegen) zu verzerren, steht selbstverständlich auf einem anderen Blatt. Ich vermute, das soziale Profil würde auch auf Bundesebene starke Risse bekommen, wie man an Landesregierungen in Berlin und in den neuen Bundesländern bereits gesehen hat. Im Moment scheint sie jedoch die einzige Partei zu sein, die den Begriff »Volksvertreter« noch ernst zu nehmen scheint.
» Wahlplakate — Teil 1: CDU
» Wahlplakate — Teil 2: SPD
» Wahlplakate — Teil 3: FDP
» Wahlplakate — Teil 4 : Die Grünen
»..Mieten für alle bezahlbar..« ein Slogan (der auch ähnlich formuliert von anderen Parteien) gern verwendet wird. Klingt auf den ersten Blick nett für alle Mieter.
Aber, wenn man mal ein wenig drüber nachdenkt, durch die Stadt läuft und ehemals besetzte, dann geräumte und nun seit ca 10 Jahren leerstehende Häuser sieht — dann liest sich so ein Slogan auch schnell als »Wohnraum nur gegen Miete und für den Vermieter ausreichend entlohnt um ein schniekes Leben zu führen«
Trotzdem, meine (Zweit-)Stimme geht wohl an die Linke, um wenigstens ein wenig Opppositionsgetöse im Bundestag zu verursachen.
Würde die Linkspartei an einer Regierung beteiligt werden, würde sie ihr soziales Programm vermutlich genauso schnell aufgeben wie die Grünen ihrerzeit ihr pazifistisches.
Da sie aber vorraussichtlich nicht an die Regierung kommen werden, ist das nicht so schlimm. Als Opposition tun sie ihre Arbeit auch ganz gut, finde ich.
Und selbst wenn doch — der entscheidende Unterschied zwischen Grünen und Linken ist, dass letztere eine programmatische Partei sind und weniger eine Milieu-Partei — eine Abweichung von ihren Vorsätzen würden die Anhänger der Linkspartei ihr nicht so leicht verzeihen. Eine Spaltung wäre das mindeste oder auch eine linkere Parteineugründung. Und darauf warte ich schon lange.
Die größte Plakatsammlung vom Wahlkampf in Frankfurt. Auch hinterher noch sehenswert und außerdem freuen wir uns doch bereits auf die €uropawahl und die Palatatflächen.
PS: Das soll keine Aufforderung zur Sachbeschädigung sein. Natürlich nicht. *sfg*