Nieteneliten

»...bis zu einem Bäcker habe ich es noch nicht gebracht. Das ist ausgezeichnet, dann können Sie anfangen, sagte Antonio darauf. Wenn Sie nämlich wirklich Bäcker wären oder etwas vom Backen verstünden, dann wäre nichts zu machen.«

- B. Traven. »Die Baumwollpflücker«. Rowohlt 1962. S. 45

Anmerkung: Entgegen dem alltäglichen Bildungs- und Leistungsgequatsche im öffentlichen Diskurs, möchte man heute keine Menschen, die eigenständig denken, neue Ideen und Visionen haben oder überdurchschnittlich intelligent sind. Was man wirklich will, sind vorauseilende Mitneider, funktionierende Mitmacher und schweigsame Mitwisser.

3 Gedanken zu “Nieteneliten

  1. Nicht anders scheint es zu sein! Erstaunlich nur, wie gut es funktioniert. Der größte Irrsinn kann noch aufgewärmt werden zu einem verdaulichen Informationsgang und Eingehen in die Aspirationen und Sinnbilder der Menschen.
    Für all dies muß es auch Bedingungen gegeben haben, viele Nährböden, auf denen der Irrsinn gedeihen konnte. Böden, die man vorher für gesund und gut befand, ließen zusehends den Irrsinn gedeihen. In uns wird Kopfraum angewärmt, in dem überhitzte Partikel einer feingebürsteten Ideologie herumzischen und uns die Sinne verdrehen. Erstaunlich ist doch, oder vielleicht hat man sich einfach nur getäuscht im Ausmaß, wie die progressiven Entwicklungen der Nachkriegszeit großflächig wie Butter von einer scharfen Klinge zerschnitten wurden. Man dachte, bestimmte Dinge, allgemeine Ansichten über das Dasein der Menschen auf dem Globus und ihren Lebenszustand in der Zukunft wären gemein hin mehrheitsfähig. Nein, jede Schamgrenze im Denken wurde mit heiterer Gelassenheit unterschritten. Alles wurde disponibilisiert. Nichts kann ungeprüft gelten. Jede Sinnwurzel wurde entwurzelt. Es soll einmal allen besser gehen? Alle sollen einmal genug für ein gutes Leben haben? Die allgemeinen Bestrebungen der Politik in allen Facetten sind so oder so letztlich auf eine Verbesserung der Lebenssituationen der Menschen ausgerichtet? Hier wie dort? Nein, heute lebst, morgen stirbst du. In beiden Fällen fehlt ein jeder Grund. Frage nicht, aber frage doch ruhig, es ist einerlei. Die Frage und die Antwort sind wie kleine Sterne im Universum, die heute in unerreichbarer Ferne glänzen und morgen schon von tiefem Dunkel des Alls besetzt worden sind.
    Es muß eine Zeit kommen, wo die Leute sagen, jetzt ist es genug. Der Meritokraft muss zum Teufel gejagt werden. Denn was ist denn die Meritokratie anderes als ein neuer Autoritarismus, der links das Gewissen und rechts die Konkurrenz in seinen Händen hält? Der größte Irrsinn ist es doch, wenn junge Menschen gedaucht zu den Tempeln des Wissens strömen und um Aufnahme beten, wenn der arbeiten Wollende zu Betriebsinhabern geht und ängstlich seine Meriten vorweisen will. Der Merit wartet und bildet sich ein, leistungsreligiös legitmiert worden zu sein, die Masse mit regeln zu befehligen und zu koordinieren. Ich herrsche von Leistungs Gnaden heißt es heute. Die Aura der Macht strahlt von da herab. Ihre Scheinkraft muss doch um vieles geringer sein als jene von Gott inspirierte. Dies muss doch irgend einmal alles mit Saus und Braus über den Haufen geworfen werden. Wären doch nur nicht all die vorauseilenden Mitneider, die funktionierenden Mitmacher und die schweigsamen Mitwisser.

  2. Sinnigerweise, ist das Totenschiff von B.Traven, die logische Fortsetzung der Baumwollpflücker, als die Überlebenden der Überlebenden des Schicksals der Unmenschlichkeiten im Fatalismus zu betrachten.

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