Ob bei Freunden, der Familie, Arbeitskollegen, Bekannten oder Fremden: es gibt eine immer wiederkehrende Abfolge von typischen Musterfragen, wenn man nach seinem/seiner Liebsten gefragt wird. Sie verdeutlichen, welche Werte und Normen in unserer Gesellschaft verankert sind. Sie zeigen auf, wie und wonach Menschen und Beziehungen bewertet und beurteilt werden. Es geht also mitnichten nur um die Befriedigung der eigenen Neugier oder um wertneutrale Sachinformationen, wenn man fragt oder selbst gefragt wird.
Wie lange seid Ihr schon zusammen?
Diese Frage richtet sich nach der vermeintlichen Qualität einer Beziehung. Viele setzen hier Zeitraum mit Qualität gleich, frei nach dem Motto: gute Beziehungen sind zugleich auch immer welche, die lange währen. Bei einer silbernen oder goldenen Hochzeit kriegen viele feuchte Augen: es sei doch so toll und romantisch, dass es so etwas heute noch gäbe, bei den vielen Scheidungen. Wie der Zustand der Liebe aber wirklich aussieht, ob sie ehrliche Kompromisse eingehen, wie die Liebenden sich behandeln, was sie wirklich voneinander halten, wie die Kommunikations- und Konfliktkultur ist, ob sie glücklich sind usw. interessiert hier erst mal nicht. Das quantitative Argument scheint für viele sehr wichtig zu sein, denn jedes »erfolgreiche« Beziehungsjahr wird eifrig gezählt. Wichtig ist, der vorzeigbare Zeitrahmen, der hier wie ein Status Symbol fungiert.
Wo habt Ihr euch kennengelernt?
Was hier vermeintlich sachlich und neutral rüberkommt, ist schon eine subtile Methode für eine erste persönliche Wertung der Beziehung. Denn viele verbinden mit dem Ort der ersten Begegnung bestimmte Bilder, Klischees und Assoziationen. Während ein Restaurant, ein Cafe oder ein Park mit eher schwülstig-romantischen Vorstellungen, Marke Hollywood, verbunden wird, so sei eine Internet-Plattform, ein Online-Spiel oder ein Handy-Chat eher etwas für frustrierte, notgeile und hässliche Exemplare, so die gängige Perspektive.
Was macht er/sie beruflich?
Die typische und allseits beliebte Geld-Sozial-Status-und-Konsum-Abchecker-Frage. Ist es ein wohlhabender Arzt, Anwalt oder Architekt oder doch nur ein Hausmeister, Maler oder Bauarbeiter? Ist er/sie gar arbeitslos, wenn ja, kommst Du damit klar? Wie stellt ihr euch das dann mit einer Wohnung, mit Kindern, mit Auto, Urlaub, Garten – ja mit einer gemeinsamen Zukunft vor? Geld und so ist ja nicht das Wichtigste und macht auch nicht glücklich, aber...ein Professor mit einer Hausfrau oder eine Managerin mit einem Erwerbslosen – das geht ja mal gar nicht! Romantik wird eher durch Vermögen und Aussehen, als durch den Charakter beeinflusst.
Wie ist er/sie im Bett?
Die Sexualität wird hier nicht als ein gemeinsamer Prozess bzw. als Vereinigung zweier Menschen betrachtet, als Höhepunkt der gemeinsamen Liebe, sondern als erlernbare Fähig- und Fertigkeit. Das Sex-Attribut fungiert hier als sexuelles Kapital, als Wert an sich, der mit dazu beiträgt, wie hoch die Nachfrage nach der eigenen Person, auf dem Persönlichkeitsmarkt ist. Man sollte sexuelle Erfahrungen gemacht haben, aber auch nicht zuviele.
Wie sieht er/sie aus? Hast Du ein Foto?
Für das abschließende Urteil können hier alle anderen Fragen schnell irrerelevant werden. Schließlich werden hier die wichtigsten Kriterien aufgestellt: ist er/sie dick oder schlank? Wie groß ist er/sie? Wie sieht das Gesicht aus? Welche Haar- und Augenfarbe hat er/sie? Welcher Kleidungsstil wird gepflegt? Ist er/sie vorzeigbar oder muss ich mich schämen? Fragen, die für viele, die Welt bedeuten.
Diesen Musterfragen begegnet man mehr oder weniger fast immer, wenn man mit jemanden über seine Liebe spricht. Sie sind eine typische Methode, um Beziehungen, Ehen und Charaktere zu bewerten und zu beurteilen. Sie zeigen auf, dass Menschen nach ihrer gesellschaftlichen Funktion und weniger nach ihrer authentischen Persönlichkeit beurteilt werden.
Ein Partner war und ist eben ein Statussymbol. Gewandelt hat sich wahrscheinlich nur, dass heute auch interessiert was die Frau verdient. Vor nicht allzu langer Zeit reichten dort die Kochkünste und das aussehen. Bei Männern hingegen kommt das Aussehen als Bonus hinzu. Früher war eigentlich nur das Einkommen wichtig. Man sieht die Qualitätsstandards steigen.
Gut beschrieben: Vor gut 40 Jahren war die Reihenfolge 1. Was macht er/sie beruflich ? 2. hat er/sie ein Auto ? 3. haste ein Bild von ihr/ihm ?
....und dann von Angehörigen das Urteil: Du mußt ja damit leben/klarkommen....
oder auch keine seltene Version: die neue Beziehung wurde bis ultimo »totgeschwiegen«
Oh, yes! »Für mich als allein erziehende Mutter [mit grotesk teurer Luxushütte] gibt es bei der Partnersuche einfach No-Gos. Deshalb habe ich mich bei edarling...« *kotz* Für mich übrigens auch, Lady, und eine eingebildete Schnalle wie du gehört definitiv dazu, möchte man jedes Mal hinzufügen...
Der Tod der Romantik im wahren Leben scheint längst da. Romantik ist nur ein mal pro Woche erlaubt — bei Rosamunde Pilcher.
@chriwi
Ein Partner war und ist eben ein Statussymbol.
Deswegen heisst es ja auch: »Meine Frau«. Sie gehört mir! Wie mein Auto, mein Haus, mein Kind, mein Garten, mein Körper, mein Geld usw.
Wer ab einem bestimmten Alter oder über viele Jahre hinweg single ist, der wird oft abschätzig angeschaut. Irgendetwas muss mit ihr/ihm ja nicht stimmen.
Verlogen ist auch die bigotte Hollywood-Romantik, die oft genug suggeriert, es komme nur auf den Charakter und die quasi übersinnliche Magie (»Liebe«) an. In Wahrheit ist die Liebe oft ein sehr berechnender Akt, der nach folgenden Kriterien abläuft: Aussehen, Vermögen, Beruf, Selbstmarketing, Besitz usw.
ich denke, wenn die Gefühle mit Geld vergliechen werden, dann haben wir schon »Vertrag» (Kaufvertrag oder Mietevertrag, wie sie wollen). Was die Liebe angeht, dann spielt materielle Seite keine Rolle :dafuer:
Der Tod der Romantik, ist meiner Ansicht nach, genau »diese« bigotte Hollywood-Film-Romantik, welche sich wie ein fest-gebranntes Klischee, selbst noch durch; »ach so«, moderne Soaps zieht. Real gesehen, unterliegen sogar viele der antibürgerlichen Lebensformen, — reinen Filmklischees. ( Wer würde schon ernsthaft Harley fahren, — ohne Peter Fondas Easy Rider?)
Dabei sehe ich die übertriebene Darstellung der; »Magie«, aber gerade im Verbund mit der Darstellung von Besitz und der Selbstdarstellung darüber an. Wir sind eine Gesellschaft, welche Authentizität über Klischees von Authentizität definiert. Krass gesagt, — wir leben Film und Fernsehen nach. Sie dienen uns als Grundmuster fürs eigene Leben. Und weshalb die vielen möglichen Gesichter, — auch von Romantik, — außerhalb von Klischees nicht mehr deutbar sind. Denn real, ist Romantik und Liebe etwas unglaublich individuelles. Klischees, erfordern zudem ein Umfeld, in welchem man es modellieren kann. Hierzu gehören sogar unbedingt, Aussehen, Vermögen, Beruf, Selbstmarketing, Besitz etc.
Romantik muss als »Modell« zudem »sauber« sein. »Hygenisch«. Wie viele Filme, wie viele Bücher, wurden real je von jemandem im Verhältnis konsumiert, in welchem »Romantik«, — oder gar »Liebe«, mit »armen Menschen« dargestellt wurde? Und wenn, dann ist es meist eine Art von Brachialdarstellung mit Gossencharakter, welcher entweder lediglich harten, als Gott-gegebenen Überlebenskampf -, oder Arme als sowieso minimiert sensibilisiert darstellt. Und wenn dann doch mal ein verliebtes »armes«, aber sensitives Pärchen gezeigt wird, dann ist minimum einer von beiden damit beschäftigt, — Karriere zu machen. Hier liegt alleine schon, — ein quantitativ ideologisiertes Angebot von Reichtum, Besitz und Aufstieg, — über Klischees von Romantik und Liebe verborgen. Sinnigerweise, hat es nicht mal der Science-Fiction richtig geschafft, — tatsächlich eingebrannte Klischees zu verlassen. Da nützen die besten Special-Effekte nix.
Das Ganze hat auch eine positive Seite . Je materieller die Kriterien aufgestellt sind , desto weniger Kinder gibt es, dieses Denken schafft sich quasi selber ab, natürliche Selektion...
Wenn es denn evolutionsbiologisch sinnvoll wäre , immer auf Status und Aussehen als hauptsächliches Kriterium der Partnerwahl zu achten, müßte es mehr Kinder geben und es dürften auch nicht so Viele kinderlos bleiben.
Zur Sinnhaftigkeit dieser ganzen Denke paßt auch nicht , daß gerade diese — meist nicht mit Reichtümern gesegneten — Künstlertypen Schlag bei Frauen haben , und das galt auch schon zu Zeiten , als es keinerlei Sozialsysteme gab.
Letzlich entlarven sich solche materiellen Leute selber und das hat einen nicht zu unterschätzenden Vorteil- die Chance ‚oder besser die Gefahr sinkt , an eine/n solche/n Partner/in zu geraten.
Denn schließlich heißt »Erfolg« bei solchen Partnern auch , daß diese Person sehr lange mit Einem zusammen ist .
Und das ist nicht sehr verlockend auf die Dauer , wenn sich der äußere Statuserfolg mal abschleift , und wenn sich das Publikum dafür verflüchtigt , weil man sich kaum noch sieht oder weil man in Rente geht.
Dann steht sie da in der Küche... und dann liegt er da auf dem Sofa ... und nervt für den Rest eines Lebens, daß es eigentlich nie gegeben hat.