»Deutschland hat in den letzten zehn Jahren hervorragende Arbeit geleistet [...} Es hat seine Wettbewerbsfähigkeit verbessert und die Lohnkosten deutlich gedrückt«
- Christine Lagarde, frz. Politikerin und Direktorin des IWF in »Le Figaro« am 30. März 2010
Mit der »Verbesserung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit« meint Frau Lagarde die Agenda 2010: Lockerung des Kündigungsschutzes, Hartz 4, Ausweitung des Niedriglohnsektors, Sozialabbau, Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben, Steigerung von Alters- und Kinderarmut, Ausweitung der Leiharbeit und von prekären Beschäftigungsverhältnissen, Rentenkürzungen, Abbau von Bürgerrechten, Kürzungen im öffentlichen Sektor usw. Die »Wettbewerbsfähigkeit« ist hier ein krasser Euphemismus für eine einseitige Interessenpolitik im Sinne der Vermögenden und Reichen in Deutschland.
Das Lexikon der Bundeszentrale für politische Bildung definiert die Wettbewerbsfähigkeit wie folgt:
»die gegenwärtige Stellung und die zukünftigen Aussichten eines Unternehmens, einer Branche oder einer Volkswirtschaft im Wettbewerb an nationalen und internationalen Märkten. In diesem weiten Sinn reicht der Begriff von der Wettbewerbsfähigkeit eines Arbeitslosen am Arbeitsmarkt über die Fähigkeit eines Unternehmens, sich in Konkurrenz mit anderen Anbietern am Markt zu behaupten, bis zur Leistungsfähigkeit und wirtschaftlichen Dynamik einer Volkswirtschaft in der Weltwirtschaft«
Der Begriff »Wettbewerbsfähigkeit« ist bewusst schwammig und dehnbar gehalten, sodass unter ihm alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die zur Profitsteigerung gerade gebraucht werden, subsumiert werden können. Denn wer bestimmt, ob ein Unternehmen, ein Staat oder ein Lohnarbeiter fähig zum Wettbewerb ist oder nicht? Der Zusatz »Fähigkeit« unterstellt, dass es an der individuellen, unternehmerischen oder staatlichen Kompetenz liegt, ob man im Wettbewerb teilnehmen kann oder nicht. Dabei wird verschleiert, dass es einen Marktzwang gibt. Wer sich nicht erfolgreich selbst verwertet und dem Arbeitsmarkt anpasst, der gilt als »Modernisierungsverlierer«. Wer als Regierung nicht neoliberal handelt, der gilt als zurückgeblieben, populistisch und unmodern, wie z.B. Venezuela oder Bolivien.
Der Begriff verschleiert zudem die Verantwortung von Akteuren, welche den Markt steuern, gestalten und maßgeblich regeln. Zu nennen wären hier die europäische Zentralbank, der internationale Währungsfond und die EU-Kommission. Zudem wird die Behauptung aufgestellt, es gäbe einen Wettbewerb. Bei genauerer Betrachtung gibt es den aber nur marginal. Eine zunehmende Marktkonzentration bzw. Marktverdichtung von finanzstarken Unternehmen, Banken und Konzernen bestimmen und regeln weite Teile des Marktgeschehens:
»Nach einer aktuellen Untersuchung aus der Schweiz beherrschen vor allem 50 einflussreiche Superunternehmen die Weltmärkte. [...] Die Regeln der Preisbildung aus Angebot und Nachfrage vieler kleiner Marktteilnehmer spielen keine Rolle.«
- Ökonomie-Professor Rudolf Hickel, »Schöpferische Zerstörung« in »Blätter«, Ausgabe März 2012, S. 65
Patentregelungen, Urheberrechte und Lizenzen benachteiligen die Entwicklungsländer. In Deutschland haben sich z.B. vier große Stromkonzerne den Markt aufgeteilt. Preisabsprachen, die in Deutschland verboten sind, finden immer wieder zwischen großen Unternehmen statt. Monopolisten, wie z.B. Microsoft, sorgen dafür dass es in bestimmten Segmenten erst gar nicht zu einem Wettbewerb kommt. Von Bestechungen, Korruption und Klüngelei ganz zu schweigen.
Den sog. freien Markt gibt es nur in der Theorie. Insofern geht es nicht um die Fähigkeit zum Wettbewerb, sondern um die Fähigkeit zum Zwang, sich dem vorgeschriebenen Rahmen anzupassen, zu unterwerfen und zu fügen.
Den freien Markt gibt es nur als Argumentationsgrundlage, um den Menschen mehr abzuverlangen. Wann wurde von Unternehmen mehr Flexibilität erwartet, um Arbeitnehmer zufrieden zu stellen? Ich kann mich nicht erinnern, dass das jemals gefordert wurde. Obwohl sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer im selben Boot sitzen sind sie nicht gleichwertig.
JENAU! unterbieten wir uns alle gegenseitig und machen uns kaputt; am besten schon im kindergarten, wer zuerst da ist bekommt das gute spielzeug und wer später kommt oder zu SCHWACH ist, der kann sich in die vollgekackte sandelkiste hocken muHAHAHAHA! -,-
hauptsache das bip stimmt.
bip — bip — bip — wir hassen uns alle wie die pest
Wettbewerb. Man könnte es als zentralen Kern der gegenwärtigen Ideologie, Theologie, Metaphysik betrachten.
Überall, wo irgendetwas hervorgebracht werden soll, sei es ein Buch, ein Haus, ein BIP, eine Mondfahrt, egal was, und überall wo an diesem Hervorbringen mehrere Akteuere dabei sind, wird Wettbewerb die Lösung der Wahl sein. Aber mehr noch, die biologische Geschichte der Menschen wird über Wettbewerb erklärt, die Gestaltungsweise der Zukunft wird auf Wettbewerb gebaut. Diese Denkfigur ist derart mächtig und ist wie das Blut im Körper. Aber trotzdem: wenn man sich die Literatur zum Begriff des Wettbewerbes ansieht, wird man kaum etwas anzusehen haben. Es gibt kaum etwas. Wettbwerb, darüber scheint kaum wer nach zu denken. Er wird befürwortet oder abgelehnt. Aber eine analytische Arbeit zu Wettbewerb, Competition wird man schwerlich finden. Man könnte darus schließen, dass er ein innigster operativer Denkbegriff ist, der derart basal im Denkvollzug ist, dass er bei der Begreif-ung, Erfass-ung, Versinn-ung enorm vieler Phänomene dabei ist und es aber des diesen Begriff aufschließenden, aufbrechenden, zerlegenden Sprachspieels ermangelt und er als solcher nicht transzendierbar ist. Gegenwärtig jedenfalls nicht. Man ist eifrig dabei, Wettbewerb zu vollziehen, aber nicht aus ihm heraus zutreten und ihn denkend zu druchdringen und unter die Verfügung der Freiheit zu stellen. Dieser aufreizende Stachel, vielleicht wirft er seinen langen Schatten durch die eine zentrale vor 20 Jhr. inaugurierte Disziplin: die Dialektik. Der darin konstruierte Spannungstonus zweier gegenstößiger Kräfte oder Kognitionen findet sich in allen gegenwärtigen Wettbewerbsphantasien. Da der Mensch aber transzendieren kann, übersteigen kann, reflektieren kann, was er gerade tut und denkt, und sich darin davon distanzieren kann und es der Freiheit übertragen kann, kann er auch den Wettbewerb transzendieren und ihn frei einsetzen oder nicht im Rahmen kooperierender Integration.
Was den Standortwettbewerb der NAtionen betrifft. Es ist kaum ertragbar. Aber die Frage, warum wir mit irgendeiner anderen Nation im Wettkampf sein sollen, wurde noch nie öffenlich gestellt. Für die meisten Menschen wäre eine solche Vorstellung absurd. Es gibt dafür keine Erfahrungsgrundlage. Diese Vorstellung ist blanke Konstruktion.
Je weniger Wettbewerb tatsächlich stattfindet , desto lauter wird herumgeplärrt , wie wichtig er denn sei.
Im neoliberalen Wirtschaftsmodell geht es vor allem um Vermachtung , die Ansammlung struktureller Macht und den Mißbrauch derselben.
Bildungschancen , Märkte ‚menschliche Freiheiten werden ganz gezielt dichtgemacht und verbaut- neo-liberal hat mit Freiheit soviel zu tun wie Darwinismus mit Sozialdarwinismus , und um das alles zu kaschieren , muß die Bevölkerung ordentlich eingeseift werden mit Sachzwängen , Alternativlosigkeiten und jede Menge anderem verbalen Sondermüll , wie er in den Medien tagtäglich über uns gekippt wird.
Seltsam nur , daß die nicht merken , wie sich die Gläubwürdigkeit dieser PR-Arbeit zunehmend dem Niveau der einst realsozialistischen Variante annähert.