Am 17. August 2011 lief in der Sendung Panorama ein Beitrag mit dem Titel »Rot-Grün macht Kasse«. Auch wenn die Doku mit dem Reporter Christoph Lüdgert ein wenig sensationsheischend daherkommt, so ist sie doch zu empfehlen. Denn was sie zwischen den Zeilen sagt, ist erwähnenswert. Schröder, Fischer und Konsorten haben sich verkauft, ihre Prinzipien und Ideale verraten. 20 Prozent aller Minister und Staatssekretäre der zweiten rot-grünen Regierung betreiben heute Lobbyarbeit für Unternehmen und Konzerne. Warum? Und wie konnte das geschehen?
Wie funktioniert der Ausverkauf des Charakters, der eigenen Prinzipien und Wertvorstellungen? Verdirbt Politik den Charakter? Ist letztlich jeder käuflich und es ist nur eine Frage des Preises? Inwiefern kann man Prinzipien und Überzeugungen überhaupt noch trauen?
Ich habe mich schon oft gefragt, wie standfest und glaubhaft, die Überzeugungen von manchen Linken, Gesellschaftskritikern und Revoluzzern wirklich sind? Ist links und »dagegen sein« die Ideologie der Armen? Und sobald man selbst Kohle hat, legt man sich die konservative Leistungsideologie zurecht, weil sie gerade zu den eigenen Lebensumständen besser passt? Ja, um seinen Lebenswandel ideologisch und vor sich selbst besser erklären zu können?
Gebe ich dem Gesellschaftskritiker, dem Alternativen, der sich für Umwelt- und Tierschutz einsetzt, der den Kapitalismus mit seinen Auswüchsen scharf kommentiert, der Spaltungs- und Verarmungsdynamiken des Neoliberalismus verurteilt usw. — ja, gebe ich ihm eine Million Euro und er bleibt wer und wie er ist? Spendet er einen Großteil des Geldes, setzt er es ein, für all die noblen Dinge, für die er selbst als verarmter Rebell, jahrelang gekämpft hat? Oder kauft er sich Aktien, ein Auto, ein Haus mit Garten, fliegt 2x jährlich in den Urlaub und ist fortan in der bürgerlichen Mitte angekommen?
Ich bin mit mir vollkommen im Reinen.
- Otto Shily auf die Frage, warum gerade er für das Unternehmen Safe-ID arbeiten muss, nachdem er als Innenminister dem Unternehmen lukrative Aufträge verschafft hatte. Stichwort: biometrischer Pass.
Die Frage ist, ob das Geld den Charakter verdirbt oder ob die Lebensumstände, das Älter-Werden, den Menschen verändern? Wird man mit dem Alter bequemer, kampfesmüder und will es nur noch warm und gemütlich haben? Mit möglichst viel Geld, Vermögen und Besitz? Sind Prinzipien und Ideale nicht Teil des Charakters und der eigenen Lebenswelt?
Ich kann es nicht oft genug betonen: es ist wichtig sich selbst zu entmarkten, den Anfängen zu trotzen. Sicher, wir alle müssen irgendwie Geld nachhause bringen, dennoch ist und bleibt es wichtig, in seiner ganz privaten Lebenswelt sich Freiräume zu schaffen, die frei sind vom Kosten-Nutzen-Denken, frei von marktwirtschaftlicher Verwertungslogik, Eigennutz und Geld-Denken. Denn wenn die Jagd nach Geld, Vermögen, Besitz und Status-Denken unser ganzes Handeln bestimmen, ja, sich wie ein roter Faden durch all unser Denken und Entscheiden zieht, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis jeder von uns ein Fischer oder Schröder wird. Und mit denen ist keine bessere Welt zu machen.
Sorry, aber da teile ich deine Meinung nicht — Z.b. wird nicht jeder, der sich verändert, ein Kapitalist, umgekehrt geht der Weg auch — man kann vom BWler zum überzeugten BWler-Hasser werden.
Ist in meinem Fall, eben wegen meiner Erfahrung mit BWL-Heinis im Management-Studium, dass ich abgebrochen habe, passiert.
Jetzt mal aber weg von der BWLer-Schelte, und der Kritik des Kapitalismus, denn irgendwo habe ich einmal gelesen, weiß nicht ob bei einer Buchlektüre oder im Netz, dass Menschen aus Veränderung bestehen.
Soll heißen:
Man ist kein Mensch, wenn man sich im Laufe des Lebens nicht schon einmal völlig umorientiert hat — Modern ausgedrückt: Veränderung liegt uns Menschen in den Genen (habe ich übrigens nicht von Pseudo-Genetikern wie z.B. Sarrazin, sondern von seriösen Wissenschaftlern), und kommt manchmal auch ohne, dass man diese plant.
Bei Fischer/Schröder & Anhang ist der Schuss halt ins Negative für uns alle und ins Positive für die Schröder/Fischer-Gang gegangen.
Es heißt aber nicht, dass dies bei allen Veränderungen, und bei allen Menschen, so ablaufen muss — lediglich, dass Veränderungen Teil jedes Menschenlebens sind ist unbestreitbar, und zwar egal ob geplant oder nicht oder wohin.
Gruß
Bernie
Ich sehe den Satz .....den Anfängen zu trotzen , fast noch ein wenig zu optimistisch. ..... dem Resultat oder dem Bestehenden zu trotzen, bzw. gegenzuarbeiten, würde meinem Zeitgeistempfinden entsprechen. Den meisten scheint gar nicht bewusst zu sein, wie tief sie eigentlich schon selber etwas normalisiert haben.
Sch... und Fett schwimmen halt oben :)
Bin Determinist. Das einzige was man da machen kann ist, seine Rolle zu spielen wenn man Glück hat findet man seine Nische und der Wechsel zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang wird nicht unnötig in die Länge gezogen.
Sprich: Alles wiederholt sich.
Und nein! Der technische Fortschritt ändert daran auch nichts, so findet man neben den kritischen Blogs auch Abschaum übelster Sorte im Internet wie etwa PI News *würgkotz*
Die eine Lehre die man daraus ziehen kann ist — wie oben erwähnt — den Neuanfang nach dem Untergang genießen oder man stumpft ab.
Nur so ein Gedanke.
Bezogen auf unsere »rot-grünen« Amigos bedeutet dies, dass auch diese Herren ihren Sonnenuntergang erleben werden so ist Schilys Biometriewichsfirma pleite gegangen und Schröder trifft vllt der Schlag bei Putins neustem »sexy Sportclip« wer weiß
A‑Löcher haben ein Vorteil – Sie sind A‑Löcher. Einige Tabus weniger bewirken manchmal Wunder.
Ich war immer der Überzeugung und bin es auch heute noch, daß Typen wie Schröder und Fischer von Anfang an bereits nix anderes im Kopf hatten, als nach oben zu kommen um dann mitzumachen incl. absahnen und Kasse machen. Alles andere war nur Show drumherum, um schneller nach oben zu kommen. Ich denke also speziell bei denen nicht, daß sie korrumpiert wurden, sondern daß sie die Neigung dazu schon von jeher in sich hatten.
Beim Fall Schily z.B. sehe ich etwas anderes, erst RAF-Verteidiger, später dann Hardliner, das ist merkwürdig, aber erklärbar, weil die langjährige Zugehörigkeit zum Establishment niemals spurenlos vorübergeht, da wirt der tägliche einseitige Einfluß schleichend korrumpierend.
Das alles hat nichts damit zu tun, ob ich mich umorientiere und warum. Ich habe mich mehrfach umorientiert und bin mir auf bestimmten Ebenen aber immer treu geblieben. Oder anders ausgedrückt, habe ich bestimmte Prinzipien, die ich nach steter Überprüfung auch nach Jahrzehnten noch beibehalte, können diese Prinzipien dazu führen, daß ich »scheinbar« von links nach rechts wechsele. Von außen sieht das dann nach Kehrtwende o.ä. aus — aus meiner Sicht, von innen her, ist es nur Konsequenz einer Überprüfung.
Von daher ist die Frage nicht von außen zu beantworten.
Zu guter letzt möchte ich aber noch anmerken, daß Leute mit einem miesen Charakter stets »umschwenken«, weil sie nur daran interessiert sind, ihre eigenen Vorteile zu wahren und ihre »Überzeugungen« hauptsächlich danach ausrichten, obs für sie was zu holen gibt, und das finde ich bei Linken ebenso wie bei Rechten.