Propaganda (10)

»Die Angst vor mächtigen Frauen. Michelle Obama, Brigitte Macron oder auch Neuseelands Ex-Premierministerin Jacinda Ardern: Sie alle wurden Zielscheibe transfeindlicher Desinformation — weil sie mächtige Frauen sind

- tagesschau.de vom 27. Juli 2024

Ja und weil die Menschen so furchtbar vergesslich sind, möchte ich kurz an die jahrelangen Medienkampagnen erinnern, als es um Angela Merkel, als erste weibliche Bundeskanzlerin, und als es um Barack Obama, als ersten schwarzen US-Präsidenten, ging. Jedesmal wurde behauptet, dass sich jetzt nun alles ändern würde. Weil nun eine Frau und ein Schwarzer an der Macht sind. Mit Kamala Harris hätten wir ja jetzt sogar beide Eigenschaften. Also quasi die göttliche Erlöserin auf Erden!

Diese oberflächliche, naive und infantile Betrachtungsweise geht weit hinein in die vermeintlich bürgerliche Linke und Grüne. Publikationen wie die »Blätter«, »Telepolis« oder die »Le Monde Diplomatique« machen fleißig mit, beim Nebelgranaten werfen. Sie alle blenden ihre Leser mit der Erzählung, dass Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Kultur oder Aussehen, irgendeinen relevanten Unterschied in der Machtausübung darstellen würden.

Aber sollte es nicht ‑nach wie vor- völlig unerheblich sein, welche Religion, welche Hautfarbe oder welches Geschlecht ein (westlicher) Politiker hat? Ist die Betonung solcher Merkmale nicht genau das, was man heutzutage als »diskriminierend« und »sexistisch« bezeichnet? Sollte es nicht auf die konkrete Politik, die Ziele und Inhalte ankommen?

Wird Politik für die Bevölkerung oder für die Superreichen und Konzerne gemacht? Wird für Frieden oder für den Krieg geworben? Wird für Soziale Gerechtigkeit, für bezahlbaren Wohnraum, für höhere Löhne und Renten gekämpft oder werden primär Partikularinteressen bedient? Schaut man sich solche Kriterien an, macht sich schnell Ernüchterung breit. Aber solche Fragen werden ja sowieso kaum noch gestellt. Stattdessen werden Kleidung, Auftreten oder Frisuren thematisiert.

Solange der militärisch-industriell-finanziell-digitale Komplex alles durchdringt, solange Big Pharma und Big Tech, solange die Dienste und der Tiefe Staat ohne Konsequenzen kriminell agieren dürfen sowie die großen Vermögensverwalter, wie BlackRock und Vanguard die Politik bestimmen — solange können wir auch von dunkelhäutigen Trans-Hobbits, pflanzophilen Asia-Zwergen oder von neurodiversen Baumknutscher-Orks regiert werden. Es macht absolut keinen Unterschied.


Propaganda

5 Gedanken zu “Propaganda (10)

  1. Man könnte es als Trans-Sexis-/-Rassis-/-Chauvinismus bezeichnen, der alle vormals benachteiligten sozialen Gruppen so überhöht wie vormals der klassische Cis-Sexis-/-Rassis-/-Chauvinismus das Männlich-Weiße.

    Aber hauptsächlich lenkt es eben von den angesprochenen wirklich relevanten politischen, sozialen, ökonomischen und Umweltfragen ab und raubt der Gesellschaft die politische Energie, die es bräuchte eben diese relevanten Fragen zu lösen. Wobei es natürlich Interessen gibt letztere nicht im Sinne einer humanen, sozial gerechten und demokratischen Lösung in der Öffentlichkeit und der Gesellschaft zu thematisieren. Denn wenn es eben keine guten Argumente (mehr¹) gibt warum einige wenige alles und alle anderen nichts haben, dann muss man eben verhindern, dass überhaupt darüber debattiert wird oder gar womöglich wie in der Schweiz das Volk sogar noch darüber abstimmt. Ein Schelm der Böses dabei denkt.

    ¹ charismatische Herrschaft von Gott Auserwählter überzeugt in einer säkularen Gesellschaft nur noch bedingt.

  2. Ich denke es ist ein altes Phänomen. Möglichst ablenken von politischen Inhalten.
    So hat Nixon die Wahl gegen Kennedy nur verloren, weil im Schwarzweiß Fernsehen der Razurspiegel besonders gut zu sehen ist und Nixon besonders viel geschwitzt hat.
    Selbst offener Faschismus ist schon in Ordnung so lange er von einer Frau als Regierungschef vertreten wird (Meloni).

  3. »Michelle Obama, Brigitte Macron«
    Die laut Wikipedia beide selber nie ein öffentliches, gewähltes¹ Amt inne hatten — fast hätte ich ›bekleidet hatten‹ geschrieben, aber kurz davor schrillte präventiv der KI-Sexismus-Alarm² meines Computers. Die Tagesschau zelebriert also jenes alte Klischee³, dass Frauen eher (selbstverständlicher, williger?) zu ungewählten Mit-Amtsinhabern (volle Pulle First Lady) ihres Mannes werden als umgekehrt, so wie z.B. der Ehemann von Angela Merkel (Wie hieß er doch gleich?).
    Dass nicht gewählte Menschen teils enorme Macht ausüben, ist für die Quallidädsmedien übrigens ebenfalls kein Problem, solange sie nur eine Krone (mit-)tragen und diese Macht ›ordnungsgemäß‹ vererbt wurde; Auch die groteske Selbstbezeichnung ›Präsident‹ für den ägyptischen Militärdiktator El-Sisi geht vielen Quallidädsmedien so gefällig über die Lippen, als habe El-Sisi die Gegenkandidaten-lose Scheinwahl erfunden — Da war man bei Putin erstaunlich kritischer.
    [Im Vertrauen: Ich würde bei beiden ›First Ladies‹ fürs fehlende Y‑Chromosom keine Hand ins Feuer legen.]

    ¹Brigitte Macron hat mal erfolglos für eine kommunale Liste kandidiert und das obwohl ihre Eltern sicher viel vom Kandieren verstanden: »Der wohlhabenden bürgerlichen Familie gehört in Amiens ein 1872 gegründeter Confiserie-Betrieb«
    ²Gibt es für Linux umsonst, doch die KI frisst leider soviel Ressourcen, dass selbst einfachste Tetris-Varianten zur Einschlafhilfe werden
    ³Vergleiche ›Der Fischer und sine Fru‹ oder die Anrede ›Frau Oberbaurat‹, die meine Oma — dank ihres Mannes — gelegentlich zu hören bekam

  4. Stattdessen werden Kleidung, Auftreten oder Frisuren thematisiert.“
    Das ist logisch. Auch du würdest ja nicht von zwei ansonsten gleichen Frauen die häßlichere erwählen. Das sich die Kaste dort oben zwar nicht gleich, aber hinreichend ähnlich ist, dürften wir uns einig sein.

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