Neusprech: »unterhalb der Strafbarkeitsgrenze«

»Auch Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze sollen dokumentiert werden.«

- Landesregierung NRW im Juli 2022

»Deutschland führt einen Kampf «gegen rechts», und laut dem Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang soll dieser bereits «unterhalb der Strafbarkeitsgrenze» beginnen.«

- nzz.ch vom 15. März 2024

»Wir wollen dem Umstand Rechnung tragen, dass Hass im Netz auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze vorkommt.«

- Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne)

Seit C sind viele Dämme gebrochen. Bis 2020 galt weithin, dass in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung alles erlaubt ist, was nicht eindeutig kriminell bzw. strafrechtlich relevant ist. Das scheint nun vorbei zu sein. Der Terminus »unterhalb der Strafbarkeitsgrenze« signalisiert, dass hier etwas kriminalisiert werden soll, was vom Gesetz her eigentlich nicht verboten ist.

Dazu gehören Meinungen und Ansichten zu spezifischen Themen (C, Ukraine, Klima, Gender, Migration, Feminismus, Gaza), aber auch bestimmte Haltungen und Verhaltensweisen. Die Kriminalisierung geschieht über das öffentliche Anprangern (»Meldestellen«), über Diffamierung und Rufmord, Vorverurteilungen, Schuldumkehr, Bankkonto-Kündigungen und vielen anderen Repressionen, die mit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nur noch wenig zu tun haben.

Vergessen wird außerdem, dass Politiker gewählte Vertreter des Volkes sind und von den Bürgern via Steuern bezahlt werden. Es ist verfassungsrechtlich mitnichten so, dass die Bürger verpflichtet sind, die Haltung und Gesinnung einer Regierung anzunehmen, sondern, dass die Politiker via Amtseid verpflichtet sind »Schaden vom deutschen Volk« abzuwenden. Hinzu kommt, dass Begriffe wie »Hass«, »Hetze«, »Desinformation« und »Delegitimierung« bewusst schwammig gehalten werden, um unerwünschte Meinungen zu diskreditieren und zu kriminalisieren.

Entweder ist es strafbar oder es ist eine freie Meinungsäußerung. Wenn einem die nicht gefällt, sollte man argumentieren und nicht kriminalisieren. Sie reden ständig davon die »Demokratie« zu fördern (»Demokratiefördergesetz«) und zu schützen, benutzen dabei aber nicht nur antidemokratische Methoden (Cancel Culture, Denunziation, Rufmord, Bankkonto-Kündigung, Beweislastumkehr etc.), sondern sprengen faktisch immer mehr Löcher in die »Demokratie«. Eine »Demokratie« rettet man nicht, in dem sie abschafft. Von verfassungswidrigen Gesetzen und menschenverachtenden Reden ganz zu schweigen.


Neusprech

9 Gedanken zu “Neusprech: »unterhalb der Strafbarkeitsgrenze«

  1. »alles erlaubt ist, was nicht EINDEUTIG kriminell bzw. strafrechtlich relevant ist«
    Gerade bei Meinungsdelikten¹ kann das niemand eindeutig bestimmen bzw. vorhersagen, selbst renomierte Fachjuristen nicht. Es ist keineswegs abwegig, dass 9 von 10 Juristen/Richtern eine Aussage für (noch) legal halten, aber eine konkrete Kombination von Staatsanwalt+Richter verurteilt².
    Durch diese wabernde Grauzone entsteht eine erstaunlich weitreichende NACHGELAGERTE ZENSUR, verstärkt eben durch »Cancel Culture, Denunziation... [+ Arbeitsplatzverlust wegen nicht strafbarer Meinungsäußerung]«.
    In einem Interview auf youtube hatte mal ein indischer Regisseur lachend erzählt, wie er etwas ›Ungehöriges‹ in einem Film versteckt und an den Zensoren vorbei geschmuggelt hatte, das die meisten Zuschauer sehr wohl begriffen, aber die Zensurbehörde stand zu ihrem Placet³ (Im alten Preußen gab es meiner Erinnerung nach Vergleichbares) — Die klassische ›vorgelagerte‹ Zensur hatte also durchaus ›Vorteile‹.

    ¹Auch durch abichtlich wage Begriffe wie öffentlicher Friede, vulgo Friedhofsruhe, oder den ›verständigen Durchschnittsleser‹, alias ›Pappkamerad gesundes Volksempfinden‹
    ²Bleibt die Hoffnung auf die nächste Instanz — Wenn man’s sich denn leisten kann: »Arme Menschen haben Skrupel, die Reichen haben Rechtsanwälte«
    ³https://de.wikipedia.org/wiki/Placet

  2. Passt zum Beitrag:

    »From the river to the sea: Ist die Parole zwangsläufig strafbar?«

    Weiter heißt es:

    »Seit dem 7. Oktober haben antisemitische Vorfälle in Deutschland stark zugenommen. Doch nicht hinter jedem Fall steckt eine strafbare Handlung. Auch bei bloßem Verdacht kann es zu Durchsuchungen kommen — und sogar zur Abschiebung

    Das Thema ist variabel. Die antidemokratischen Methoden werden bleiben. Das hier sollte sich jeder ganz genau anschauen. Wir sehen gerade vor unseren Augen wie der Rechtsstaat immer weiter abgebaut wird.

  3. Also bei mir in der Schule haben Denunzianten und
    lausige Petzen immer das bekommen was ihnen
    zu stand. Für mich persönlich sind solche Leute
    psychisch kranke Anwanzer, die in einer geschlossenen
    Einrichtung besser aufgehoben sind.

  4. @epikur
    Apropos Zensur: Hast du mal was Böses über Erdogan geschrieben? Im öffentlichen WiFi in Izmir bist du gesperrt. Unter Erdogan wurde übrigens ein 14jähriger ins Gefängnis gesteckt und gefoltert, weil er einen Witz über Erdogan bei Facebook veröffentlicht hatte. Ich sag das nicht um die deutsche Situation zu relativieren, sondern um zu zeigen, wohin die Reise geht.
    In diesem Sinne:

    Erdogan lehnt sich gegen eine Straßenlaterne. Diese gibt um.
    Warum?
    Der Klügere gibt nach.

  5. Ich bin dafür, dass Denunzieren, also das Anschwärzen und Anzeigen ohne direkte persönliche Betroffenheit/Schädigung kostenpflichtig sein sollte. Also gut: drei Anzeigen pro Privatperson und Jahr frei, nicht übertragbar, aber ab der 4. dann im Preis progressiv steigend, dass nur wirklich wichtige Sauereien, über die man mal zufällig stolpert, angezeigt werden und sich keiner eben mal zum Hilfssheriff selbsternennt.

  6. Die kollektive Paranoia treibt sie in immer restriktivere Gewässer, und bald sind wir schon da angekommen, wo man für einen falschen Blick ins Gefängnis kommen kann. Und dann noch weiter gehen, da reden wir nur noch über Hautfarben und bloße Existenz. Göring-Eckardt hats vorgemacht (ihre Entschuldigung kann sie sich von mir aus sonst wohin stecken).

  7. Ich sage es an dieser Stelle, gerne noch einmal: das Thema und die Regierung/Parteien sind hier austauschbar und variabel. Die autoritären Mechanismen werden bleiben.

    Eine schwarz-blaue (oder sonstwas) Regierung wird die Repressionen genauso oft und viel verwenden. Dann wird die Empörung der woken Blase groß sein. Und sie werden »Faschisten« schreien.

    Sie alle werden vergessen haben (wollen) das der Nährboden dafür seit 2020 gelegt und gedüngt wurde.

  8. Bayern 2 0 1 7 — und sicher schon / demnächst / bei »bedarf« BRD-weit:

    »Personen, die k e i n e Straftat begangen haben, aber im
    V e r d a c h t stehen, dies zu tun, können in Zukunft präventiv in Gewahrsam genommen werden.«

    https://www.sueddeutsche.de/bayern/gefaehrder-gesetz-bayern-fuehrt-die-unendlichkeitshaft-ein‑1.3594307

    Innenministerin Nancy Faeser hat ein Paket an Maßnahmen im Kampf „gegen Rechts“ vorgelegt. Ihr Geheimdienst-Chef Thomas Haldenwang kündigt dabei an, sogar Sprach- und Denkmuster kontrollieren zu wollen.

    https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/faeser-haldenwang-verfassungsschutz-kampf-gegen-rechts/

    bitte verschont mich wenigstens hier mit weiterer hahnebüchener »wehret den anfängen-«, »unsere demokratie-«, »grundgesetzlich verbriefte grundrechte-« und weiterer »rechtsstaats-« und »FdGO«-rhetorik.

    sehr passend und in seiner deutlichkeit erneut nichts schuldig bleibender vortrag Prof Mausfelds zu unserer realen situation:

    https://www.youtube.com/watch?v=jSkbe-SzIgY

  9. Die staatliche Repression war in Deutschland schon immer systemimmanent. Selbst durch die totale Niederlage im 2. Weltkrieg blieb diese Kontinuität ungebrochen. Der »Fuchs« Adenauer hat exakt dort weiter gemacht wo die Nazis aufgehört haben und sie schon im Parlamentarischen Rat alle über den Tisch gezogen und verarscht. Danach ging es immer weiter: Wiederbewaffung und Kriegsdienst in den 50ern, Notstandsgesetze in den 60ern, Berufsverbote in den 70ern und 80ern, Treuhand in den 90ern, »Agenda 2010« in den 2000ern und 10ern. Corona war nur die Fortsetzung dessen was schon immer so war, nur dass es diesmal fast alle unmittelbar betroffen hat.

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