Der pädagogische Happen (58)

-Kindeswohl-

Kinder sind die idealen Produkttester. Sie kriegen (fast) alles zerlegt. So begab es sich, dass unsere Holzbänke auf dem Schulhof, nach Jahren der Benutzung von rund 600 Kindern, kaputt gingen. Witterung und Verschleiß taten ihr übriges. Das Grünflächenamt nahm also alle Holzbänke mit und versprach diese zeitnah repariert und deutlich robuster zurück zu bringen.

Ein Jahr passierte gar nichts. Nach mehrmaligen Nachfragen, wurde uns versichert, dass es in »Bearbeitung« sei. Die rund 600 Kinder verbrachten so einen ganzen Sommer ohne eine Sitzmöglichkeit auf dem Schulhof. Dann installierten sie große, weiße und potthässliche Betonbänke (siehe oben). Ohne Rückenlehne. Dafür mit spitzen Ecken.

Die Berliner Behörden haben wohl entschieden, dass Einsparungen wichtiger seien, als die Sicherheit der Kinder. Denn diese »Bänke« werden so leicht nicht mehr kaputt gehen, dafür aber die Kinder. In der Nähe haben wir große Baumwurzeln, worüber die Kinder öfters stolpern und dann auf den massiven Betonklötzen »landen« werden (beispielsweise mit dem Kopf). Schwere Verletzungen sind hier nur eine Frage der Zeit.

Unsere Kollegen haben beim Grünflächenamt sowie beim Schulamt eine »Gefahrenanzeige« gestellt und darauf hingewiesen, dass wir hier mit üblen Verletzungen der Kinder rechnen müssen und unsere »Aufsichtspflicht« nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann. Wir haben bis heute keine Antwort darauf erhalten. Die Betonbänke stehen immer noch.


Kinder in Deutschland
Der pädagogische Happen

16 Gedanken zu “Der pädagogische Happen (58)

  1. Pingback: Betonbänke von Betonköpfen – wwwahnsinn

  2. Betonbänke von Betonköpfen.

    Beton — kommt drauf an was man draus macht
    — Werbespruch der Betonmaf ... äh ... industrie

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein paar Tote für deutsche Behörden nicht genug sind, bis sich was ändert.
    Das ist schon etliche Jahre her, wiederholt sich aber gerade bei den Messerstecheranschlägen, gegen die wirksame und verhältnismäßige Maßnahmen ergriffen werden könnten, von der Politik aber nur Sprechblasen abgesondert werden und die Medien multiplizieren diese nur.

  3. @epikur
    Weiß gar nicht, was Du hast. Dann sind die Blagen wenigstens bald ruhiggestellt...
    Hübsch sind auch 5cm hohe Begrenzungen aus Cortenstahl. Hab ich auch schon in der Nähe von Kinderspiel gesehen.
    Und da geht bestimmt noch mehr.

    Mal ganz ehrlich: wenn von der Form her so wie oben, dann hätte es auch ein abgesägter Baumstamm getan. Aber wahrscheinlich entspricht sowas nicht mehr den aktuellen Hygienestandards oder so. Arme heutige Kinder.

  4. Bitte doch einfach die Sportlehrerin¹, alle Betonbänke mit ein paar Karate-Schlägen zu zerlegen; Vielleicht ist das ohnehin deren wahre Bestimmung, abgesehen von einem Foto im Bildband ›Atemberaubende Höhepunkte des Brutalismus²‹.

    »Gefahrenanzeige«
    Es liegt eine Gefahrenanzeige über der Stadt³, die der Scholzomat noch nicht weggelabert hat.

    ¹ Jeanette-Claudine von Ramme
    ² https://de.wikipedia.org/wiki/Brutalismus
    ³ Besser Land, aber ich wollte näher am Original bleiben: https://www.musixmatch.com/lyrics/Fehlfarben/Grauschleier

  5. Einzige Chance ist die Stadt daraufhinzuweisen, dass der Versicherungsschutz entfällt, wenn sich ein Kind verletzt. Aber halt es ist Berlin, dann stellen die wahrscheinlich ein Schild auf »Bänke benutzen verboten!« und »Kein Rennen auf dem Schulhof!« und sperren etwas mit Flatterband ab.

  6. @Kakapo3

    Nana, sollte sich ein Kind übel am Kopf verletzen (und das wird passieren), wird sofort nach Schuldigen gesucht werden. So ist das in Deutschland. Wir fragen nicht zuerst, wie können wir es lösen und/oder besser machen, sondern stets: »Wer ist schuld?«

    Und das wären in diesem Fall natürlich die Pädagogen. Deshalb die »Gefahrenanzeige«. Versuchen werden sie es dann aber trotzdem. Da wette ich drauf! Politik und Behörden übernehmen keine »Verantwortung«. Wo kommen wir denn da hin?

  7. Man hätte natürlich auch vorher fragen können (Kinder, Pädagogen, Eltern), was eine sinnvolle Baumaßnahme wäre — okay abwegig.

  8. Ich wäre dafür, als Alternative Bänke aufzustellen, die »hart wie Kruppstahl« sind. Man muss doch an kriegstüchtigen Nachwuchs denken. Okay, der Parolensprech ist jetzt abwegig, aber man soll sich ja heute nicht mehr so anstellen.

  9. Keine Gefahrenanzeige, sondern Rechtsfolgenbelehrung:
    Genau dokumentieren, was war, was ist, was geschieht. Dazu hinweisen, das der Verantwortliche diese offensichtliche(!) Gefahr schuf und nun untätig bleibt, somit persönlich und vollumfänglich haftet, keine Versicherung einspringen wird, der Arbeitgeber ebenfalls entlastet ist. Leicht zu findende Paragraphen dienen der Dekoration. Den Verantwortlichen sollte man sich nennen lassen, irgendwer hat die Entscheidung getroffen. Diesen natürlich voll in Kenntnis setzen, das ist die Voraussetzung.
    Damit kommt auch ihr raus. Eine Gefahrenanzeige und dann nichts weiter wird man euch eventuell, nur eventuell, vorwerfen können.
    „Versuchen werden sie es dann aber trotzdem.“
    Ja genau, ich hatte vor dem Lesen geschrieben, wir verstehen uns.
    „dann stellen die wahrscheinlich ein Schild“
    Solcher Kokolores befreit nicht von Haftung.
    Nun ja, baut im Werkunterricht sone Sitzbank und zeigt den Rüpeln, das selbst Kinder es besser können.

  10. »Nun ja, baut im Werkunterricht sone Sitzbank und zeigt den Rüpeln, das selbst Kinder es besser können.«

    Vermutlich war genau das die Absicht.
    Soll der Plebs seine Probleme doch selbst lösen. Eigenverantwortung und Eigeninitiative zeigen. Das ist schließlich hip und modern.

  11. @Udo
    Ich fürchte du hast die Denke der Hauptstadt noch nicht ganz verinnerlicht. Wenn in Berlin ein Loch im Bürgersteig entsteht, steht da innerhalb von 24 Stunden ein Schild mit einer Warnung »Achtung Loch im Bürgersteig! Gefahr durch Stolpern!« Ist es ein größeres Loch, dann wird drumherum noch Flatterband befestigt. Damit ist die Stadt ihren Verkehrspflichten nachgekommen. Und dann passiert nichts mehr (Ich arbeite noch nicht lange genug in Berlin um zu wissen, ob es eine weitere Phase der Lochbehandlung gibt).
    Auch hier könnte es günstiger sein, den Kindern das Rennen zu verbieten und den Pädagogen die Verantwortung zur Durchsetzung des Verbots zu geben. Es entspricht dem Zeitgeist, Verbote und Warnungen auszusprechen anstatt Probleme zu lösen.

  12. Hier ist allerdings nicht entstanden, sondern gebaut worden, noch dazu in grob fahrlässiger Weise.
    Gewiß kenne ich diese Einstellung, denn sämtliche Verkehrsbehörden Deutschland machen das mit Radwegen genau so. Der Unterschied: Kinder dürften den Schäden ausweichen, die Eltern verbieten das aber.

  13. @Kakapo3

    Wunderbar beschrieben! Es fehlt noch ein Schild: »Achtung! harte Betonbank mit spitzer Ecke!« Dazu noch eine Belehrung der Kinder und Erwachsenen, damit man rechtlich nicht belangt werden kann. Aber das Problem/die Ursache selbst wird natürlich nicht beseitigt.

    @PV

    Sag etwas zum Beitrag, bring Argumente und schreib mehr als eine Zeile. Kommentare wie »Die wollen uns alle töten!« oder »Fussball und Fahrradfahrer sind schuld!« schalte ich von Dir nicht mehr frei. Hör endlich auf zu trollen und zu derailen.

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