- Gastbeitrag von Ryszard Kotonski -
Es ist überaus schwer die politische Lage in Polen kurz zu beschreiben, weil das politische Leben das dort stattfindet eine solche Intensität besitzt, die hier in der BRD durch mediale Gleichschaltung, beinahe ausgerottet ist. Die Pluralität und Vielfalt von Meinungen in den polnischen Medien kann Menschen, die von Lanz, Will , Maischberger & Co am Händchen geführt werden, schockieren.
Die polnische aber auch die europäische, politische Situation, kann besser verstanden werden, wenn man sie auf das Wesentliche reduziert, nämlich auf den ideologischen Konflikt zwischen den neoliberal-postkommunistischen und rational-konservativen Lagern. Der japanische Psychiater Keigo Okonogi (1930−2003) beschreibt diesen Antagonismus zwischen den Konservativen und Neoliberalen noch präziser, wie zwischen solchen, die ein starkes Bewusstsein der Zugehörigkeit zu Organisationen und Gruppen haben, und solchen, bei denen dieses Zugehörigkeitsbewußtsein nur schwach ausgeprägt ist, die sich immer als »Gast« fühlen. In der modernen Sozialpsychologie wird zwischen »Anywheres« und die »Somewheres« unterschieden.
Dieser weltanschauliche Graben teilt alle europäischen Nationen und Gesellschaften in zwei »Kriegs Parteien«, die gegenwärtig im Zenit ihrer kriegerischen Auseinandersetzung stehen und einen unerbittlichen Informationskrieg führen. Ihr Waffenarsenal sind Medien und ihre Propaganda.
Etwa 70% der polnischen Presse gehört inzwischen Axel Springer, Bauer und der Verlagsgruppe Passau. Dieser unverhältnismäßige Einfluss Brüssels, auf die polnische Öffentlichkeit, sorgt unter den Konservativen für Besorgnis. Hätte es in Polen keine Demokratie gegeben, wären diese »Investoren« schon längst verjagt worden, wie die »para-politischen« NGOs aus Russland.
Diese »Toleranz« hat Kaczynskis Regierung nicht von den liberalen Euro-Demokraten gelernt, die nach ihrem Wahlsieg 2007 alle politischen Tricks angewendet haben, um etliche relevante konservative Strukturen — selbst in der Justiz! — nach Brüssels Vorlage zu übernehmen. Darüber haben deutsche Regierungsmedien natürlich nicht berichtet. Jetzt versuchen die Konservativen die Situation zum ursprünglichen Zustand zurück zu drehen, was wiederum eine Empörungswelle in westlichen linken Medien verursacht. Allerdings: diese linke Empörungsstrategie (Opfer-Masche) funktioniert in Polen nicht so gut.
Was alle politischen Sieger direkt nach ihrer Machtübernahme tun, ist der Personalaustausch in der Staatsverwaltung und Administration, was in der Demokratie eine legitime Prozedur war. Für einen autoritären linken Staat, der in Brüssel für alle EU Länder entworfen wurde, ist das aber zu wenig. Jede Diktatur lebt von der Homogenität ihrer Macht. Die Vereinigung der Staatsgewalt und Gleichschaltung der Medien ist eine Voraussetzung für diese Homogenität.
Jede der verstanden hat, dass die radikalen Linken unter Rede-und Pressefreiheit nur ihre Freiheit zu reden und zu berichten verstehen, wird Polens Politik besser nachvollziehen können. Die polnische Regierung verbietet die Rede ‑und Pressefreiheit nicht, sondern versucht den Einfluss der EU-Agenda auf die Gesellschaft zu begrenzen. Diese wiederum, aus Angst ihren Einfluss zu verlieren, diffamiert und bekämpft die polnische Regierung genauso eifrig und programmatisch wie die AfD in Deutschland. Es ist kein fairer demokratischer Wettkampf mehr, sondern ein ideologischer Eroberungs- und Vernichtungskrieg.
Die polnische Linke kennt keinen »Marsch durch Institutionen«. Sie musste sie nicht erobern, sie musste sie — nach dem Mauerfall — verlassen. Das ist der Hauptgrund, warum in Polen die politischen Verhältnisse gespiegelt sind. Die relativ Vernünftigen regieren und die Wahnsinnigen sind in der Opposition. In Deutschland ist es genau umgekehrt.
Ich war nie ein Fan von Kaczynski, seiner PiS Partei und seiner Innenpolitik. Ich teile seine Russophobie und seine platonische Liebe zur USA nicht und der Kreuzzug gegen Abtreibung ist wirklich beschämend. Diese Regierung ist nicht das beste, das man sich wünschen könnte. Und dennoch, wenn die Konservativen in Polen zugunsten der Neoliberalen verlieren, dann ist Polen zum Abschuss für Brüssel freigegeben und verliert seine Souveränität.
Das wäre so, als hätte es in Deutschland keine AfD mehr gegeben, die mit Sicherheit auch nicht das beste ist, aber die einzige reale Opposition gegen linksliberalen Vernichtungswahnsinn. Denn der aggressiv-expansive Neoliberalismus übernimmt jedes ihm frei überlassene Feld um allein zu herrschen. Auch das letzte Stück der Opposition, welcher für den Anschein von Demokratie sorgt, wird vernichtet und »verlinkst«. So dämlich und verblendet sind totalitäre Ideologien im Eroberungsrausch.
Vielen Dank für Deinen Beitrag!
Ich sehe dennoch weltweit weniger einen Kampf von »links vs. rechts« als vielmehr einen Krieg der Reichen gegen die Armen, wie ihn Warren Buffet auch formuliert hat. Die klassischen linken Themen (Frieden, Soziale Gerechtigkeit und Umverteilung, Arbeiterrechte, Sozialstaat, Bildung etc.) sind doch kaum noch ein Thema. Weder bei den GRÜNEN, der SPD oder der Linkspartei. Sahra Wagenknecht und ihr »Lager« sind die letzten »Linken« in Deutschland und sie werden vermutlich genau deshalb von den Etablierten so verbissen bekämpft.
Stattdessen erleben wir woke, neoliberale Pseudo-Linke, die sich einen autokratischen und totalitären Staat wünschen, bei dem alles, was nicht ihrer Meinung ist, als Nazi verunglimpft wird oder wegzensiert werden soll. Die Behauptung von Konservativen und Liberalen, dass beispielsweise der WEF, die EU oder die deutsche Ampel-Regierung einen neuen »Kommunismus/Sozialismus« aufbauen wollen — ist absurd. Der Club der Reichen und Mächtigen hat sich noch nie für die Interessen und Bedürfnisse der einfachen Bevölkerung eingesetzt.
Nach wie vor werden Profite privatisiert und Verluste sozialisiert. In allen Bereichen. Daran ist nichts, aber auch gar nichts »links«.
»gegen linksliberalen Vernichtungswahnsinn. «
Epikur hat sich schon geäußert daß daran nichts links sei, ergänzen würde ich gerne daß auch nichts liberal daran ist.
Neoliberal und werteliberal, das ist genauso unvereinbar wie Darwin und Sozialdarwinismus, nämlich gar nicht.
Eins steht dem anderen sogar zu 180 Grad entgegen, der Neoliberalismus ist die faschistische Verzerrung des Liberalismus.
Ich kenne die polnischen Verhältnisse nicht so gut, aber aus meiner Erfahrung zwei Anmerkungen.
1. Beide Lager in Polen verfolgen eine neoliberale Ausbeutungspolitik, der Wähler kann entscheiden zwischen der europäisch-amerikanischen oder der polnisch-amerikanischen Variante. »Nur die aller dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.« Schwierig nur, wenn nur Schlächter zur Wahl stehen ...
2. In der polnischen Presse gibt es es mehr sachliche Diskussion als in Deutschland (wahrscheinlich bis Springer 100% kontrolliert), Das führte auch zu einer entspannteren Situation im Corona Wahnsinn. Der erste fremde Mensch, der mir nach Beginn von Corona die Hand gab, war ein Pole in Polen. (Nein, ich bin nicht daran gestorben) . Ich war deshalb gerne dort.
Vielen Dank für diesen kleinen Einblick. Diese Pest-Cholera-Scheinwahl ist wohl in fast ganz Europa gang und gäbe, und da kann man letztlich nur festhalten, dass die europäische Idee genauso tot ist wie die Hoffnung auf etwas mehr Gerechtigkeit für Otto Normalo, der eben keine zig Tausend auf dem Konto hat und sich darum nicht scheren muss, was morgen ist.
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