Im November 2019 stellte ich die These auf, dass man die vielbeschworene Unabhängigkeit, Sachlichkeit, Objektivität und Freiheit der Presse, vor allem bei der Kriegsberichterstattung (bzw. der Vorbereitung zu einem Krieg) gut beobachten kann: »Werden beide Seiten des Konflktes möglichst wertneutral beschrieben? Wird zur Diplomatie und zum Frieden aufgerufen oder für den Krieg getrommelt?« Was wir seit rund fünf Jahren erleben, ist eine weitverbreitete Russophobie, ein Putin-Bashing, eine sehr einseitige Berichterstattung zu Syrien und der Ukraine, NATO-Legenden sowie aktuell die Denunzierung des Iran zu einem Schurkenstaat. Der Kriegsexperte der ZEIT, Ulrich Ladurner, der so fabelhafte Schriften wie »Die große Freiheit: Mein Schrebergarten, die Nachbarn & ich« verfasst hat, trommelt und wirbelt nun in einem aktuellen Kommentar gegen den Iran.
Ladurner schießt gleich los:
»Donald Trump hat eine Spirale der Eskalation im Nahen Osten in Gang gesetzt? Das kann man so sehen. Doch es gibt auch eine andere Sichtweise.«
So so. »Welche denn?«, fragt sich der interessierte Leser. Und die Antwort auf genau diese Frage wird im Text nicht gegeben. Stattdessen wird das Lagerdenken beschworen: USA vs. Iran und die Europäer sollten sich gefälligst dem richtigen Lager, also den USA zuwenden, denn die anderen, also der Iran sei ein »Regime«, dass Diktaturen und den Terrorismus unterstützten würde.
»ein diktatorisches Regime mit imperialem Anspruch.«
Der Iran verfolge eine imperiale Politik? Das ist lächerlich und absurd! Ja, er mag finanziell und waffentechnisch gewisse Organisationen und Nachbarn unterstützen, der letzte Angriffskrieg des Iran ist jedoch Jahrhunderte her. Hier von einem imperialen Herrschaftsanspruch zu sprechen, ist völlig realitätsfern! Gleichzeitig ist der Iran von Feinden umzingelt: Israel, Saudi-Arabien sowie militärische US-Außenposten im Irak, in Afghanistan, in Syrien und der Türkei.
- Wie viele völkerrechtswidrige Angriffskriege hat die USA in den letzten 30 Jahren so begonnen?
- Wie viele Staaten in Schutt und Asche gelegt?
- Wie viele militärische Außenposten hat die USA weltweit?
- Wie viele Regime Changes hat denn der Iran in den letzten 70 Jahren so durchgeführt?
- Wer führt denn weltweit Wirtschaftskriege (euphemistisch: »Sanktionen«)?
- Wie viele Soldaten, Panzer, Flugzeuge, Kriegsschiffe und Flugzeugträger haben die USA und hat der Iran?
- Von wie vielen Feinden sind denn die USA direkt umzingelt?
- Wie viele Atombomben haben denn der Iran und die USA so? Und wer hat als einzige Nation der Welt diese schon 2x gegen zivile Städte eingesetzt und damit tausendfaches, unaussprechliches Leid verursacht?
- Wer verfolgt denn hier die eigentlich imperiale, geostrategische Politik?
- Wer ist denn hier der eigentliche Kriegstreiber, Massenmörder und »Terrorist«?
»Vermitteln aber darf nicht heißen, dass die Europäer eine Position der Äquidistanz zwischen den USA und der Islamischen Republik Iran einnehmen.«
Oder auch: es kann und darf nicht sein, dass die Europäer und/oder die EU eine selbstbewusste eigene Meinung, Position und Haltung an den Tag legen! Entweder Demokratie (USA) oder Diktatur (Iran)! Dieses engstirnige binär-polare Denken soll eine differenzierte Analyse und/oder Wahrnehmung eines »Politikexperten« darstellen? Wer nicht für uns ist, ist gegen uns? Hatten wir das nicht schon mal?
»Es fällt deshalb heute vielen leicht, ihre antiamerikanischen Gefühle auszuleben.«
Ich habe es an anderer Stelle schon häufiger betont: die Tatsache, dass wir nur von Antiamerikanismus oder Antisemitismus, aber nie niemals nicht von Antirussismus, Antiislamismus, Antiiranismus oder Anti-Was-Weiß-Ich-Ismus sprechen, erzählt schon Bände! Denn es ist (und soll wohl) scheinbar wünschenswert sein, Klischees und Vorurteile gegen bestimmte Nationen und Religionen zu haben. Ansonsten ist es eben Antiamerikanismus oder Antisemitismus und gehört verurteilt. Moralisch und auch strafrechtlich.
»die Europäer brauchen die USA, und die USA die Europäer, wenn auch etwas weniger.«
Der größte militärische Außenposten der USA ist seit rund 70 Jahren in Ramstein. Mehr als 50.000 Soldaten der US-Streitkräfte sind hier in Deutschland stationiert. Von Ramstein aus wurden und werden viele US-Kriege koordiniert und ausgeführt. Deutschland ist damit Unterstützer von völkerrechtswidrigen US-Angriffskriegen! Wer die deutsche Regierung darauf aufmerksam macht, wird entweder totgeschwiegen, ist ein Putinversteher oder man eiert irgendwie herum. US-Atomwaffen werden in Deutschland (Büchel) gelagert. Wer braucht hier eigentlich wen, Herr Ladurner?
Ein Kommentar für Diplomatie und Frieden sieht anders aus! Stattdessen wird hier ein unerträgliches (Propaganda-)Statement für einen scheinbar unvermeidlich notwendigen Krieg gegen den bösen Iran in den Äther gerotzt. Gleichzeitig will uns Herr Ladurner daran erinnern, bitte die richtige, die NATO-Seite mental, geistig und womöglich körperlich mit seinem Leben als Soldat oder Zivilist zu »unterstützen«. Wenn Herr Ladurner den Krieg gegen den Iran als so unvermeidlich notwendig hält, warum verpflichtet er sich dann nicht bei der US-Army?
Und natürlich trommeln alle mit! Eine ausgewogene Analyse, jenseits von NATO-Narrativen, sucht man derzeit in den Lei(D)medien vergebens. Die sog. »vierte Gewalt« ist nur noch Meinungs- und Deutungs-Zuträger für den militärisch-industriellen-Komplex und den »Tiefen Staat«.
Kriegssprache
Sonderstellung USA
»Und plötzlich war er da: der Krieg«
Danke vielmals. Dem gibt es nicht viel hinzuzufügen. Der mediale Einheitsbrei ist erschreckend. Wenn man dann noch bedenkt, dass die Leute ja eigentlich nicht dumm sind.....
Ich nehme an, schaut man in die Vergangenheit zurück, als das mit den Sanktionen gegen den Iran anfing, da wird man ähnlich lautende Texte finden, warum das ganze Unterfangen so ultrawichtig ist und welchen tugendhaften Motiven es alles dient.
Zum Thema »imperialer Herrschaftsanspruch«: Welches Land der Welt hat den nicht? Das ist nun wirklich kein Kriterium...
»Die Deutschen sind wieder auf der falschen Seite«
06.01.2020, Von Antje Schippmann, welt.de
»Der Drohnenangriff auf den iranischen General und Top-Terroristen Qassem Soleimani ist gerechtfertigt. Mehr noch: Er hätte schon viel früher erfolgen müssen.«
So viel zum Thema Kriegstreiber, Propaganda-Presse und NATO-Berichterstattung.
Die Medien schreiben von Konflikten, nicht über Kriege, sie bezeichnen Mord und Hinrichtung verharmlosend als »töten«, und, und...
Was fällt einem dazu ein? Medien sind halt meist Sprachrohr der Politik und die ist in ebenso weiten Teilen Lobby der Mächtigen in Wirtschaft und Finanzwesen.
Wenn ein Trumpel jetzt innenpolitisch schwimmt, dann ist das natürlich ein geeigneter Zeitpunkt für die »Falken«, um einen grossen Krieg anzuzetteln neben Dauerkonflikten wie in Afghanistan. Wahrheiten haben dabei noch nie interessiert, wenn es um nahezu endlosen Profit geht.
Das trifft auf das Lavieren um die Frage des Steuerns und Startens von Drohnen von Ramstein zu ebenso wie die ausgeblendete Frage nach dem Abzug der US-Truppen aus Deutschland generell, nachdem die ehemals sowjetischen und später russischen nach der Wiedervereinigung recht schnell das Land verlassen mussten.
Wenn dann noch die Geheimdienste die Pfoten mit drin haben, ist ohnehin Hopfen und Malz verloren. Da anscheinend der »getötete« Soleimani noch nicht genügt, wird jetzt in den Medien der Flugzeugabsturz als Zünglein an der Waage für einen »möglichen Krieg« gegen Iran gehypt.
Um die Doktrin des bösen Russen herauszufinden, braucht´s auch keine Vereinigten Staaten oder die NATO-Obrigkeiten, das können unsere Strategen der Bundeswehr ganz allein.
Wenn ich alleine in dieser Sendung die offensichtlichen Falschaussagen z.B. über »russischen Druck« und Expansionspläne in den Baltenrepubliken oder die Ukraine und Polen als Argument für als offensichtliche Drohkulisse stattgefundenen Manöver an der russischen Grenze höre, während der Bruch der Zwei-plus-Vier-Verträge über die Osterweiterung der NATO nicht ansatzweise thematisiert wird, könnte ich nur noch kotzen.
So nebenbei wurde dann noch etwas Bauernfängerei für zukünftige Soldaten in der Bundeswehr gemacht, während selbst zu Afghanistan die Legitimation des dortigen Bundeswehreinsatzes ebenso geschickt umschifft wurde wie das Gesülze der »Koalition der Willigen« für einen nicht vom Grundgesetz gedeckten Einsatz.
Ich meine, es hätte ja auch die Frage gestellt werden können, warum z.B. ein NATO-Logistikzentrum mit dem Standort Ulm ausgerechnet in Deutschland sein muss?
Auch die Frage des Beendens der Auslandseinsätze generell wurde da nur angekratzt trotz der Tatsache, dass die Menschen hierzulande mehrheitlich gegen diese sind.
Ähnlich wie den Russen wird es wohl den Deutschen, Iranern, US-Bürgern und den meisten Menschen der Welt gehen: Meinst Du, die Russen wollen Krieg?
Gutes Buch dazu...
Ein sehr wertneutraler Beitrag zum Thema Iran-USA.
@Siewurdengelesen
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»Wenn Du mehr als drei Links setzt, landest Du automatisch in der Kommentar?Moderation, wegen Spam?Bots und so. Ich muss es dann manuell freischalten. Nur falls Du Dich wunderst, wo Dein Kommentar bleibt«
Och nö — jetzt habe ich gerade nochmal getippt;-)
Dann verwerfe einfach den von heute.
Die sogenannte »Vierte Gewalt« ist zur vierten Säule der Macht verkommen. Immer im Interesse der Reichen und Superreichen (in deren Besitz sie sich meist befinden) und damit auch im eigenen Interesse. Denn meist kommen die Redakteure (Kommentatoren sowieso) aus Familien, die man zu den Systemerhaltern zählen kann. Diese sorgen dafür, dass die Reichen und Superreichen ihr Vermögen behalten und sogar mehren können. Dafür werden sie auch »fürstlich« entlohnt.