Das Wesen und der Begriff der »Kritik« befinden sich immer mehr auf dem Rückzug. Kritiker werden im digitalen Zeitalter schnell verunglimpft und so zu unglaubwürdigen Gesellen gemacht. Es wird nicht mehr argumentativ entgegnet, sondern die Kritiker werden zu Populisten, Unpersonen, Hatern, Verschwörungstheoretikern, Antisemiten, Sexisten oder Putinverstehern degradiert. So geschehen bei dem »Lügenpresse-Vorwurf«, bei NATO-Kritik, aber auch bei Schwarm-Kritik von vermeintlichen Internet-Nerds zu digitalen Unterhaltungsprodukten.
Wer als Mann beispielsweise die Dialoge sowie die schauspielerische Qualität des Ghostbusters-Reboot argumentativ inhaltlich kritisiert, wird zum Sexisten. Der analytisch wirklich gut fundierten Schwarm-Kritik zur 8. Staffel von Game of Thrones werden keine schlüssigen Gegenargumente der Drehbuch-Autoren und Showrunner entgegen gesetzt, nein, man macht die Unzufriedenen zu »Wutfans«, Nörglen und Hatern, die Cyber-Mobbing sowie Schmutzkampagnen betreiben würden. Vernunft, Argument, Rationalität und demokratischer Diskurs polarisieren nicht genug, bringen zu wenig Aufmerksamkeit sowie Klicks und somit kaum Werbeeinnahmen. Indessen sucht Habermas weiter die Quadratur des großen Kommunikations-Kreises: »Wir müssen nur alle miteinander reden! Dann wird alles gut!« :jaja:
Ich stimme der Analyse des Ist-Zustandes zu. Aber ist diese Unfähigkeit zur Kritikannahme nicht ein altes Phänomen? War es nicht schon immer einfacher den Kritiker zu verunglimpfen, als Kritik sachlich zu begegnen? Gerade im Bereich der Mainstream Unterhaltung scheint mir Kritik schon immer eher nicht erwünscht zu sein. Ich könnte Beispiele zu den Filmen (Der Pate II, Forrest Gump, Star Wars III, Club der toten Dichter, Gandhi usw.) bringen. Das Internet macht menschliches Verhalten breiter, massenwirksamer aber verändert es das Verhalten auch?
P.S. Don’t waste your time on Habermas
@kakapo3
»War es nicht schon immer einfacher den Kritiker zu verunglimpfen, als Kritik sachlich zu begegnen?«
Sowieso.
Aber im digitalen Zeitalter geht es eben auch um Werbeeinnahmen, Klicks, Reichweite und Aufmerksamkeit. Da wird gezielt polarisiert, provoziert und polemisiert, um gesehen zu werden. Das macht eine sachlich-argumentative Auseinandersetzung mit fast jedem Thema extrem schwierig.
Ferner habe ich den Eindruck, die Leute wollen nur noch mit dem Bauch denken, alles andere sei »wenig unterhaltsam«. Ein Trauerspiel.
Zeitgeist Geschichtsrevisionismus.
JW: »EU-Parlament setzt Faschismus und Kommunismus gleich.«
Aus der Bundesrepublik votierten nur die Abgeordneten der Linksfraktion gegen den Antrag, für ihn stimmten dagegen unter anderem die Grünen Franziska »Ska« Keller und Sven Giegold sowie ihr für die Partei »Die PARTEI« gewählter Fraktionskollege Nico Semsrott sowie dessen fraktionsloser Parteifreund Martin Sonneborn.
Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/363605.antikommunismus-vereint-gegen-links.html
@altautonomer
Passt zwar nicht zum Opener, aber ja, da hat die Totalitarismus- und Extremismustheorie wohl ganze Arbeit geleistet. Die Verfassungsfeinde sollen demnach nur an den politischen Rändern und eben nicht in der Mitte lauern. Dabei sind und waren es CDU/CSU/SPD/FDP/GRUENE die seit Jahrzehnten verfassungswidrig handeln und/oder Gesetze beschließen. Aber das kümmert im Jahr 2019 Niemanden mehr, weil der Fokus auf Putin, Erodgan, Trump und die AfD gerichtet wird.
Wurde ihnen doch seit Jahrzehnten eingehämmert, dass Stalin = Hitler = beides Arschlochsysteme. Irgendwann fängt die erste Generation an zu glauben, und die nächste fragt nicht mehr nach, die dritte nimmt es als gegebene heilige Kuh an...