»Der Mangel an Lehrkräften verfestigt sich. [...] Insbesondere im Grundschulbereich [...] Anwerbemaßnahmen zum Nulltarif ohne qualitative und monetäre Verbesserungen werden nicht ausreichen, um die Lücke zu schließen [...] vor allem in Schulen in sozial schwierigen Wohnquartieren.«
(13.09.2019, Marlis Tepe, GEW-Vorsitzende)
Anmerkung: Warum es wohl vor allem bei den Altenpflegern, Erziehern und Lehrern so einen Notstand gibt? Die Arbeitsbelastung ist hoch, die Bezahlung (Ausnahme Lehrer) ist unterwältigend, die gesellschaftliche Anerkennung niedrig und die Karrieremöglichkeiten begrenzt. Wer eine neoliberale, »marktkonforme Demokratie« (Merkel) propagiert, sollte sich nicht wundern, wenn immer weniger Menschen Freude an empathischen Berufen entwickeln. Das marktradikale Motto heißt doch allerorten: »Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht!« Klappt wohl doch nicht, oder? ;)
Berliner Bildungsprogramm: eine Kritik
Neusprech: Sozial schwach und bildungsferne Schichten
Und diejenigen, die als sogenannte »Quereinsteiger« in die Berufe kommen, denen wird noch der Weg zu den entsprechenden Zusatzqualifikationen verweigert (z. B. Pädagogik bei Lehrern), weil es ja bisher auch ohne ging, damit man sie am Ende nicht wie vollwertige Lehrer bezahlen muss. Die Betroffenen selbst leiden allerdings darunter, weil sie sich den menschlichen Belastungen gegenüber hilflos ausgeliefert sehen und nicht wissen wie sie sachlich damit umgehen sollen. Was dann in Berufen, wo man mit Menschen zu tun hat, irgendwann auch auf die Qualität der erbrachten Arbeit geht (z. B. Schüler, die bei einem Lehrer nichts lernen, weil derjenige nur Fachkompetenz hat, aber keine Fähigkeiten zur Wissensvermittlung und wie man mit Kindern umgeht) — und dann wundert sich jeder Außenstehende, warum nichts ordentlich funktioniert.
(Tja, wenn man Spitzenleistungen nur mit Hilfsarbeitern erreichen will...)
BTW: Verwerflich an der Pflegemisere noch mehr, dass die BRD mittlerweile in Vietnam und Mexiko (und bestimmt auch noch in anderen Gegenden der Welt) nach Pflegern fischen geht.
@matrixmann
Damit wäre auch die BWL-Legende ad absurdum geführt, dass ein Fachkräfte-Mangel automatisch die Löhne steigern würde, da ja die Nachfrage höher als das Angebot sei. Demzufolge müssten Altenpfleger-Löhne aktuell immens hoch sein. Es geht aber letztlich wohl immer nur darum, möglichst geringe Löhne zu zahlen, völlig egal, wie die Arbeitsmarktsituation aussieht. Und wenn das im Inland zu den Kondtionen keiner machen will, holt man sich verzweifelte Leute aus Asien oder Osteuropa.
Und da haben wir noch nicht einmal von Bundesfreiwilligen, Praktikanten, Azubis und FSJ´ler gesprochen, die gerade im sozialen Bereich sehr großzügig eingesetzt werden.
Ein schönes Beispiel dafür, wie von den angeblich Marktgläubigen die Kräfte des Marktes bewusst ausgehebelt werden. Passiert natürlich nur, wenn die Kräfte des Marktes mal nicht bewirken, dass alles Geld zu den Reichen fließt.
(Schon bei Friedrich Engels »Die Slums von Manchester« wird dargestellt, wie Arbeitskräfte aus dem Ausland (hier Iren) die Löhne drücken.)
@epikur
Bei den technischen Berufen soll sich das schon leicht ändern, aber weniger in Bezug auf die Bezahlung, sondern in den Punkt, was man von Seiten der Arbeitgeber als Bedingungen akzeptiert, zu welchen Konditionen der Arbeiter nur zu haben ist (z. B. keinen Führerschein oder dergleichen). Bzw. in absehbarer Zeit würde eine leichte Trendwende ausstehen, wenn die geburtsstarken Jahrgänge in Rente gehen und man sich nicht mehr auf Leute stützen kann, die Ausbildung und Familie alles schon hinter sich haben — zusammen in Kombination mit dem Umstand, dass die Zeiten von »ich kann aus einem großen Kontingent auswählen« ebenso vorbei sind.
In den Berufen, wo mit Menschen gearbeitet wird, sieht es dagegen ganz anders aus — eventuell, weil man dort mit dem Fakt spielt, dass die Leute darauf angewiesen sind. D. h. sie müssen hinnehmen, was ihnen dort aufgeboten wird (zumindest so denkt man sich das). Alternative ist nur: Investiere teuer Geld. Was viele aber nicht haben...
Also müssen sie sich mit dem, was als »Grundversorgung« vorgesehen wurde, zufrieden geben.
Kritisch hier bei den Pflegekräften ist nur — ich nehme jedenfalls an, dass das ziemlich unterschätzt wird-: Sie versuchen sich, Menschen aus Ländern zu holen, in denen es solche Versorgungssysteme für die eigenen alten Menschen gar nicht gibt und in denen gleichzeitig die Familienbande noch weitaus stärker sind als hier. Das heißt, insofern etwas in der eigenen Verwandtschaft daheim passiert, sodass dort jemand auf Hilfe angewiesen ist, dann sind die hier eingeflogenen Pflegekräfte ganz schnell wieder weg, weil sie nach Hause gehen, um sich dort um ihre Angehörigen zu kümmern.
Blut ist andererorts wichtiger als Geld.