Zaubersprech

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»Zahlungsziele mit Herz und Verstand!« Plakatwerbung für Mitarbeiter im telefonischen Forderungsmanagement. (gesehen am 10.01.2018 in Berlin)

Die Fixierung auf Schlagwörter, Bullshit-Bingo-Begriffen, Platitüden, Euphemismen, Fachwörter und positiv aufgeladenen Plastik-Vokabeln ist im Jahr 2018 so stark wie nie zuvor. Im politischen Diskurs gibt es unendlich viele neoliberal aufgeladene Kampfbegriffe sowie eine ganze Reihe von Diffamierungsvokabeln, um die Meinungs- und Deutungshoheit aufrecht zu erhalten. Die Marketing- und PR-Branche ist voll mit Bullshit-Begriffen, welche die Realität vertriebsgerecht verbiegen sollen. Ebenso die Ökonomie, die Wissenschaft, die Medizin, die Naturwissenschaften, die Psychologie und alle anderen Bereiche. Selbst in der Pädagogik muss jeder ‑der ernst genommen werden will- mindestens einmal die Wörter Inklusion, Selbstwirksamkeit und Partizipation erwähnt haben.

Es geht häufig kaum noch um Inhalte, sondern primär um den Schein von Argumenten. Um Begriffs-Dropping. Um eine Fassade von Diskurs. Heute kann man problemlos lange wissenschaftliche Texte veröffentlichen oder große Reden halten, bei denen man den gesamten Beitrag nur noch um die Zauberwörter herum baut. Sie fungieren als Wiedererkennungsmerkmal, um die Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu signalisieren. Sie triggern Narrative, ohne sie direkt zu thematisieren. Zauberwörter funktionieren auch ganz ohne Inhalt. Denn sie sind bereits die Botschaft.


Beispiele für Zauberwörter:
» Neusprech-Begriffe
» Begrifflichkeiten
» Alltagsmarktsprache
» Kriegssprache
» Siegersprache
» Marketing-Deutsch

7 Gedanken zu “Zaubersprech

  1. lest mal Das Buch von Robert Pfaller:
    Erwachsenensprache
    Beim Fischer Verlag erhältlich ihr werdet eure helle freude daran haben

  2. @Eike
    Yup, nichts ist frappanter, wie der Versuch dieser Informationsgesellschaft, sich selbst darüber terminologisch zu definieren.

  3. Das linke Arschlochwort des Jahres 2017 »Narrativ«.
    (Kay Sokolowsky)

    Ist ja auch bald wieder Rosenmontag.

  4. @eb Noch entlarvender: Die lustigen deutschen »Marktführer« der Branche (vor allem im Multimediabereich) verlangen Englisch und Deutsch in »Wort und Schrift« und kriegen das nicht mal bei Ihren Stellenanzeigen selber gebacken. Hochnotpeinlicher kriegen das nicht mal die Chinesen bei Ihren Universalanleitungen hin — und die müssen sich wesentlich mehr Mühe dabei geben. Ein Lob auf die deutsche IT! Geht Pleite Ihre Elenden! Je schneller, desto besser!

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