Gerechtigkeit ist subjektiv!“

Diesen Satz höre ich dieser Tage wieder vermehrt. Elementare moralische Prinzipien, Menschenrechte und Anstand seien doch relative Werte. Genauso wie Freiheit und Wahrheit. Hinter dem Relativierungsargument steckt vor allem das krampfhafte Festhalten an Besitzstandswahrung, Elitenförderung und Massenarmut per Gesetz. Die Solidarität mit den finanziell Schwächsten und die Umverteilung von oben nach unten seien in Deutschland doch nur eine „Neiddebatte“. Neofeudale Strukturen gebe es nicht. Das sind schließlich alles Einzelfälle:

Fristlose Kündigung wegen vermeintlicher Pfandbon-Unterschlagung!
Mehrmals ohne Fahrschein? Ab in den Knast!
Völkerrechtswidrige Angriffskriege? Wen interessiert das schon.
Eine Banken-Geldwäsche aufklären? Ab in die geschlossene Anstalt!
Verweigerung der Rundfunkgebühren? Gefängnis!
Steuerhinterziehern auf der Spur? Für geisteskrank erklärt!
100 Zivilisten wegbomben? Beförderung zum Brigadegeneral!
Industrie-Lobbyisten in den Ministerien? Kein Problem!

Nein, Gerechtigkeit ist nicht subjektiv! Auch wenn uns das als neoliberales Verharmlosungsprogramm immer wieder eingeimpft werden soll. Oder um es mit Adorno zu sagen: „Es gibt nur einen Ausdruck für die Wahrheit: den Gedanken, der das Unrecht verneint.“

32 Gedanken zu “Gerechtigkeit ist subjektiv!“

  1. Das Gerechtigkeitsempfinden ist aber nicht statisch. Es unterliegt sehr vielen Faktoren.
    Zudem einige genannte Themen eher unter das Thema »kein Gerechtigkeitsempfinden« fallen als der Subjektivität

  2. @Nelly aus Sachsen

    Mir geht es eben nicht um ein subjektives »Gerechtigkeitsempfinden«, sondern um Werte die nicht verhandelbar sein dürfen und müssen. Denn die Subjektivität und Relativierung von Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit führen am Ende immer zu Lynch- und Selbstjustiz, ergo: zu einer neofeudalen Mittelalter-Gesellschaft. Ein Vater, der den Vergewaltiger seiner Tochter grausam foltert und ermordet, ein Polizei- und Überwachungsstaat oder willkürliche, tausendfache Drohnentötungen — alles im Namen der Gerechtigkeit.

  3. Ich gebe Dir grundsätzlich Recht, aber Werte sind nur gültig, wenn sie gelebt werden. Ergo hängen sie vom Gewissen (der Moral) der Menschen ab und die ist, wissenschaftlich bewiesen, situativ und nicht statisch.
    Gräueltaten werden übrigens häufig von Soziopathen verübt. 5%! der Menschen geht jegliches Gewissen ab. Die Auswirkungen sind zu komplex für eine schnelle Erörterung.
    Das kommen tatsächlich ein paar sehr komplexe Aspekte unserer Erziehung in Punkto Gehorsam und Angepasstheit.
    D.h. nicht, dass ich es gut heiße, aber es ist für mich Realität.
    Ich empfehle übrigens dazu das Buch: Der Soziopath nebenan.

  4. @Nelly aus Sachsen
    Gräueltaten werden übrigens häufig von Soziopathen verübt. 5%! der Menschen geht jegliches Gewissen ab.

    Hmmm, — sicher? Das klingt mir ein bisschen arg nach Wegleitung aufs eindeutig zu bestimmende Böse. Ist ein bisschen wie der Pädophile, während der größte Teil diesbezüglich begangener Straftaten, den real quantitativ zur Minderheit macht ob der Quantität beteiligter Menschen die nicht unter diese Bezeichnung fallen. Natürlich müssen Rechte und Werte gelebt werden, aber wenn man sie relativiert, dann relativiert sie auch die Qantität und schiebt es dann eben auf die benennbar bösen Buben. Das Eichmann-Prinzip, — schlechthin. Der war das Böse, seine Vollstrecker verstreuten sich in alle Winde.

  5. Moin,
    interessantes dazu z. B. bei Wiki »MENSCHENRECHTE«
    @Nelly
    »aber Werte sind nur gültig, wenn sie gelebt werden«
    FALSCH!
    Der Wert an sich kann nicht ungültig sein, sollte ein gewisser Wert in Gefahr sein, kann bzw. muss (auch verpflichtend) man ihn schützen.
    Es gilt allerdings, Werte ist nicht gleich Rechte.

  6. @Fluchtwagenfahrer
    Hätte man die Begrifflichkeit »menschliche Werte« oder/und »humane Ethik« gelebt und nicht so weit als Selbstverständlichkeit empfunden bis die Ökonomen dies relativierten, — dann würden wir heute nicht Ressourcen heißen.

  7. Ich bin mir nicht so ganz sicher ob wir über das Selbe reden.
    Ich nehme mal an das du z. B. das Recht auf Freiheit als Wert betrachtest. Vereinfacht sehe ich das auch so.
    Nun nehmen wir weiterhin an, das diesem Freiheitsrecht (Menschenrecht gem. UN) nicht Genüge getan wird, oder wie Nelly vermutlich meint, nicht gelebt wird.
    Dies würde dann allerdings den Staat verpflichten und dem hat er nachzukommen:
    1.Respektierungspflicht: Der Staat ist verpflichtet, Verletzungen der Rechte zu unterlassen;
    2.Schutzpflicht: Der Staat hat die Rechte vor Übergriffen von Seiten Dritter zu schützen;
    3.Gewährleistungspflicht: Der Staat hat für die volle Verwirklichung der Menschenrechte Sorge zu tragen, wo dies noch nicht gegeben ist.
    Wie du siehst hat dies in erster Linie nichts mit Ökonomen zu tun, sondern wir reden hier von »Staatsversagen«

  8. Ich finde die Argumentation ziemlich schwammig. Der letzte Paragraph mit dem Zitat von Adorno verschiebt die Frage, ob Gerechtigkeit nun subjektiv ist oder nicht lediglich auf die Frage, ob Unrecht subjektiv ist. Mit Adorno kenne ich mich nicht aus, kann daher nicht sagen, ob Adorno letztere Frage in seinen Werken klärt. Oder ist mit dem Zitat gemeint, dass die Rechtslage (die an sich zwar nicht subjektiv ist, aber das Ergebnis eines gesellschaftlichen Konsens und durchaus veränderlich) die Gerechtigkeit definiert?

    Dass »Werte« so etwas Absolutes, Unberhandelbares sein sollen, erscheint mir grundsätzlich zu vereinfachend. Auch auf Menschenrechte musste man sich erst einmal einigen (M.konvention). Ich denke auch, dass man versuchen sollte, solche Werte zu erhalten (wie Fluchtwagenfahrer schrieb), sie aber auch mit zivilisatorischem Fortschritt zu »verbessern« (subjektiv!). Auge-um-Auge mag einmal ein deutlich gerechterer »Wert« gewesen sein als die davor vorherrschende Blutfehde. Inzwischen ist man da schon wieder deutlich weiter. Derzeit entwickeln sich die Werte im Hinblick auf LGBT — zum »Besseren« nach meinem subjektiven Empfinden.

    Folgt man dem, dass Gerechtigkeit etwas Subjektives ist, birgt das natürlich die Gefahr, dass man zu schnell an seinen Werten rütteln lässt und sie dann hinfällig werden. Das Rütteln kann die Werte aber auch verfestigen, wenn man sie dabei hinterfragt. Werte als unverhandelbar und objektiv anzusehen, birgt im Gegensatz die Gefahr, dass man anderen diese Werte einfach vorschreibt, ohne diese dabei mitzunehmen. Und das ist meiner Meinung nach keine wünschenswerte Entwicklung für eine Gesellschaft.

  9. @Fluchtwagenfahrer @eb @Nelly

    Zum »Werte leben« gehört für mich übrigens auch »vorleben«. Wenn man sich die ganzen Casting-Shows, Dschungelcamp, Big Brother und die anderen Trash-TV-Formate anschaut, dann werden auch dort elementare Menschenrechte den Einschaltquoten geopfert. Alles mit dem Zusatz: »Selbst schuld, die müssen ja nicht dort hingehen!« Und da bin ich noch nicht einmal bei der jahrelangen »Sozialschmarotzer-Kampagne« der Massenmedien.

  10. @R Dass „Werte“ so etwas Absolutes, Unberhandelbares sein sollen, erscheint mir grundsätzlich zu vereinfachend
    Einspruch: Zitat:...»dass diese egalitär begründeten Rechte universell, unveräußerlich und unteilbar sind«.
    Das bedeutet für mich »Absolut«
    Es geht nicht um Werterhalt sondern um Durchsetzung der Menschenrechte. Gewisse Dinge (Werte=Rechte) kann man nicht verbessern.
    Ich bin Frei oder ich bin es nicht. Schwarz oder weiß.

  11. @Fluchtwagenfahrer
    Wir reden schon über das Gleiche. Für mich geht es allerdings auch um eine gewisse Prioritätenkette, auf der alles Nachfolgende eigentlich erst aufbauen sollte/könnte/müsste. Zerstört man diese Basis, dann ist sowieso alles relativ und wird auch von jedem genau so in den Schwamm der Willkürlichkeit getrieben. Natürlich ist da vieles von »Staatsversagen«. Schlanker Staat und so z.B. Neoliberalismus. Der Markt soll’s regeln. Ökonomische Ideologie. Ich kann leider überhaupt nicht sehen, dass das nichts mit Ökonomie zu tun haben könnte.

  12. @epi 12:21
    Da hilft ein Blick in›s GG Art 1 Abs. 1
    Die Würde des M.......ist unantastbar.....
    Und da reden wir noch nicht von der Spezialbehandlung, Alter, Kranker, Harzer etc.
    Ergo »Staatsversagen«
    Aber macht ja nix, der Chulz is ne leeve Kerl, de hät jo ömmer für die kleinen......
    Konditionierung lebt vom Mitmachen.
    @epi 12:32
    Ich schätze das ist so wie die Frage mit dem Ei, welches denn nun zuerst da war.

  13. @Fluchtwagenfahrer
    Ja GG Art 1 Abs. 1
    Und was ist daraus geworden? Wir reden schon übers Gleiche. Nur der Schulz wird das wohl kaum verstehen :-) Er ist aber nicht der Einzige davon... Naja, — und was das Ei und das Huhn betrifft, — ich rede von Menschen.

  14. @eb
    ja, sicher. Man kann es sich einfach nur schwer vorstellen, aber bei den 5% ist man sich bei Psychologen, Soziologen und anderen ‑ogen sehr sicher. Ob man das fehlen eines Gewissens als »böse« bezeichnen kann, ist eine philosophische Frage.

  15. @Fluchtwagenfahrer/12:31:

    1. Wenn ich dein Zitat mal zur Wikipedia (aber auch anderswo) zurückverfolge, so wird der zitierte Satz dort eingeleitet mit »Das Konzept der Menschenrechte geht davon aus«. Man hat dieses Konzept also so definiert, dass es eben u.a. universell ist. Was hielte mich davon ab, ein beliebig davon abweichendes Konzept zu definieren und es per Definitionem für universell zu erklären? Der Unterschied wäre lediglich, dass mein Konzept nicht automatisch zum allgemeinen Konsens (subjektiv!) werden würde.

    2. Ist die Definition von »Freiheit« so absolut und binär, wie du sie darstellst? Direkt der Überblick in [1] widerspricht da ziemlich klar.

    [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Freiheit#.C3.9Cberblick

  16. @R 13:01
    zu 1. Kannste machen, nützt nur nix, weil viele, viele, viele, ich meine wirklich viele Menschen dies Konzept zur Maxime gemacht haben und das ging nicht automatisch von statten.
    zu 2. Für mich ganz klar, ja!!
    Ob du das auf kantonesischphilosophisch, allienisisch betrachtest oder was auch immer, ein von mir stures JA. Absolut!
    Natürlich kann man noch zig verschiedene Aspekt Winkel anführen unter zig Steinen nachschauen, eine starke Behauptung ist immer noch besser als ein schwacher Vergleich. ;)
    Basta :jaja:
    p.s. Sie wurden gerade getrumpt (hihihi)

  17. @R
    Das ist ja der Witz an der Geschichte. wikipedia ist ein dynamisch sich mit der gerade gängigen Rhetorik mit bewegendes Informationsportal. Da geraten die Menschenrechte schon mal ins Konzept. Von wem auch immer.

  18. @eb 13:53 nun ja die Menschenrechte sind ja nicht gerade TM bzw. sponsored by BAYER
    Wiki betrachte ich nur, als vielleicht erster Zipfel in der Hand, um mal kurz was nachzuschlagen. Die Einflussnahme von Außen ist mir durchaus bewusst.
    Zum Schluss (muss noch arbeiten) danke für den Dialog, ich sehe das ganz genauso wie du (Thema).
    p.s. vom Adorno habe ich auch keine Ahnung, aber mich dünkt, das er eher den sog. Bildungseliten zu zuordnen ist.

  19. @Fluchtwagenfahrer
    .... nun ja die Menschenrechte sind ja nicht gerade TM bzw. sponsored by BAYER

    Grünau das meinte ich :-)

    Was Adorno betrifft, — naja, — lesenswert, mit Bildungselite hat das aber weniger zu tun, auch wenn sich manche durchaus so aufführen die damit rum fuchteln. Und selbst frei von elitär, war der Kerl auf keinen Fall. Hören die aber auch nicht gerne, sonst geht das Schema Elite gegen Elite in die Hose. Das Thema ist allerdings wirklich schwierig :-)

  20. @Nelly aus Sachsen.
    Warum wollen immer alle alles definiert haben? Wo kommt das her? Ist das irgendwie eine Funktionalisierungssucht? Die Würde des Menschen besteht zu einem Großteil auf einer Atopie davon, die auch jedem selbst zu eigen ist und ihn gleichzeitig mit anderen Menschen verbindet. Definition ist funktionale Deutungshoheit, und dann automatisch das Werk derer, die es eben tun. Für was auch immer. In erster Linie bist du mal ein Mensch, — oder? Also, wenn ich sage du bist ein Tier, — ist das unwürdig für dich, — oder nicht? Wenn ich sage, du bist eine Sozialschmarotzerin, — ist das unwürdig für dich, — oder nicht? Wenn ich sage, du bist eine Ressource mit der man keine Kohle machen kann, — ist das unwürdig für dich, — oder nicht? Wenn da jemand meint, dass du dich unwürdig »verhalten« hast, dann hat der einen Kontext von Würde im Kopf, der was mit situationsbezogenen Eitelkeiten und Darstellung zu tun hat, aber nichts mit der Grundwürde von Menschen die als Menschen behandelt werden wollen.

  21. »Gerechtigkeit: Eigenschaft und Phantom der Deutschen« (Johann Wolfgang von Goethe)

    Wie Goethe, kein bekennender »Neoliberaler«, beschreibt, es ist ein kompliziertes, komplexes Thema. Man kann Gerechtigkeit nie unabhängig vom Zeitpunkt der Geschichte und unabhängig vom Rechtssystem (Machtsystem) der Gesellschaft betrachten.
    Für breite Teile der Bevölkerung waren/sind der Sklaverei, Leibeigenschaft, Frondienste, Lohnarbeit, Zwangsdienste, Sklavenhandel, Kreuzzüge, die Verbrennung von Ketzern, Hungertürme, die Vertreibung der »Indianer«, die Judenverfolgung, die Enteignung der Fabrik- und Großgrundbesitzer, Zivilisten wegbomben (Dresden, Belgrad, Kundus, Mossul, Aleppo, ...) sowie hungernde Menschen, Massentierhaltung oder auch die (Schuld)Geldschöpfung durch Geschäftsbanken gerecht, wenigstens nicht unrecht. Wie ist das aber aus der Sicht der Betroffenen?
    (Ein anderer Aspekt: Nach einem Sorgerechtsstreit wird sich ein Elternteil oft ungerecht behandelt fühlen. Ähnliches gilt beim Aufteilen von Erbschaften.)
    In einer Gesellschaft, welche nicht auf Menschenrecht (grundsätzliche Gleichwertigkeit aller, ist nicht relativ und nicht verhandelbar) beruht, sondern auf einem Rechtssystem, dass im römischen (Sklavenhalter)Recht [Sachen- und Schuldrecht] verwurzelt ist (Machtsystem, Macht über Menschen), und deren höchster Wert darin besteht, dass der Gewinner unbegrenzt alles bekommt (mein Gewinn ist Dein Verlust, doppelte Buchführung, Nullsummenspiel), Leben auf eine Dimension heruntergebrochen wird, auf das Geld, und der Verlierer (zurecht) leer ausgeht, gibt es weder DIE Freiheit und DIE Gerechtigkeit noch DIE Demokratie. Als wahr, frei und gerecht gilt, was die Machthaber als solches definieren und in Regelwerken zusammenfassen und über Bildungssstem und Massenmedien propagieren. Definitionen sind Ergebnisse menschlicher Tätigkeit. Sie sind subjektiv und nicht frei von Irrtümern.
    Reden von Politikern des Systems, gespickt mit Begriffen: »soziale Gerechtigkeit«, »gerechte« Löhne, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat oder Chancengleichheit, sind nichts als heiße Luft, wenn nicht der radikale Wille dahinter steht, die Gleichwertigkeit aller Menschen durchzusetzen. Heiße Luft fühlt sich vielleicht gut an, falls noch eine warme Wolke bei den Menschen ankommt. Mehr auch nicht.
    Deshalb ist es nicht unbedingt »neoliberal«, wenn man sagt, dass Gerechtigkeit subjektiv sei. »Genauso wie Freiheit und Wahrheit« und DAS Wissen. Es kommt immer auf den Kontext an.

  22. Carlo hat es auf den Punkt gebracht.

    Es klafft ein Abgrund zwischen Epikurs grundsätzlicher Forderung (die auch meine ist), das Grundrechte, Würde des Menschen, all das was er oben erwähnte, unverrückbare, nicht verhandelbare Grundsätze des menschlichen Lebens und Miteinanders sind.

    Wir leben in einer Welt, die eben alle geistigen und humanen Werte als subjektiv und verhandelbar darstellen und benutzen will.

    Ausser das Recht auf schnelle, große Profite und immer zu wenig bis keine Steuern zahlen zu müssen.

    Der einzige Wert der heute, nach dem Willen der Besitzenden und der sie unterstützenden Gruppen aus Politik, Staat, Justiz, wirtschaftlichen Interessengruppen, etc.gilt ist Geld und Besitz.

    Viel davon garantiert viel Würde, den Zugang zur Rechtsprechung im Sinne derer, die viel besitzen (Recht haben und zugesprochen bekommen durch den eigenen Status, was der Besitzende für völlig in Ordnung befindet, weil er doch hat).

    Wenig bis nichts zu haben, führt zu wenig bis keiner Würde, zu wenig bis keinem Anspruch auf Gerechtigkeit (durch Staat, Justiz, Arbeitgeber etc). Führt in eine Ecke der Gesellschaft, mit der sich niemand mehr beschäftigen will aus Staat und der restlichen Gesellschaft.

    Hartz-Sklaven, Flüchtlinge, Niedriglöhner, Arme, Obdachlose werden diese Sichtweise vermutlich bestätigen.

    Steinmeier, Schäuble, v.d. Leyen, BDI, Bertelsmann, et al werden diese Sichtweise als Hunbug darstellen.

    Wer Hartz IV als würdevoll ansieht, ist ein Riesenarschloch, ganz subjektiv betrachtet.

    Wer Afghanistan als sicheres Herkunftsland etikettiert, obwohl dort auch noch die BW im bewaffneten Einsatz ist, hat sich das gleiche Etikett redlich verdient.

    Wer dann noch schwallert, es gäbe auch in einem Kriegsland sichere Plätzchen, für den habe ich keine passenden Adjektive mehr.

    Moralische Werte sind seit langem, ganz objektiv betrachtet, ausverkauft worden. Habgier ist der neue Wert.

  23. Damit endlich mal konkrete Beispiele zur weltweiten UN-Gerechtigkeit ‑z, B. dem Menschenrecht des afrikanischen Kindes auf sein Überleben- genannt werden: Harald Welzer schrieb in einem Essay:

    (Auszug). »Es heißt in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: »Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung.«

    Das gefühlte Menschenrecht auf einen Lebensstandard, der vier Urlaubsreisen pro Jahr, drei Autos pro Familie und das tägliche Wegwerfen von Nahrungsmitteln in aller Selbstverständlichkeit voraussetzt, hatte die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 jedenfalls nicht im Sinn, als sie Artikel 25 verabschiedete. Tatsächlich besteht das »Höchstmaß an Opferbereitschaft« unter Deutschlands Eliten heute wohl vor allem darin, bis zu zwölf Monate auf die Auslieferung des bestellten Porsche Cayenne warten zu müssen.
    Weil sie alle diese Kampfwagen gegen das Weltklima fahren wollen. Nicht nur die umweltmäßig eher unmusikalischen Chinesen, sondern vor allem die Deutschen, die schon letztes Jahr 20 Prozent mehr SUVs kauften als 2009, um damit durch die deutschen Innenstädte zu pflügen und Kindern und Radfahrern Angst zu machen. Damit leisteten die Konsumbürger dieses Typs einen wesentlichen Beitrag dazu, dass das Jahr 2010 einen weitgehend unbeachteten Rekord zu verzeichnen hatte: Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte wurde nämlich mehr Energie verbraucht. Um 5,6 Prozent stieg der globale Energiekonsum an; die damit einhergehenden klimarelevanten Emissionen sogar um 5,8 Prozent.«

    Von der Globalisierung heißt es, sie entwickle allgemeinen Wohlstand, lasse neue Mittelklassen entstehen und reduziere soziale Ungleichheit und Armut. Der Stand der Dinge: Ein Siebtel der Menschheit ist unterernährt, zwei Milliarden Menschen haben keine ausreichende medizinische Versorgung, eine Milliarde hat keinen Zugang zu sauberem Wasser, mehr als 200 Millionen Kinder sind Soldaten, Prostituierte, Wanderarbeiter und Teppichknüpfer.
    So betrachtet ist Artikel 25 für die unterste Milliarde nicht mehr als eine Utopie.«

    Es lohnt sich, den gesamten Text zu lesen:

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑79408637.html

  24. @epikur, Selbstjustiz ist ein ausgezeichnetes Beispiel für subjektives Gerechtigkeitsempfinden. Ein Beispiel: Nehmen wir an, ein Ehemann verprügelt seine Frau. Die erzählt das ihrem Bruder und man könnte es ihm (subjektiv) nicht verdenken, dass er dann wütend los zieht und nun seinerseits den Täter verprügelt. Der Bruder hat »die Freiheit«, das zu tun; nur muss er dann ebenfalls die Konsequenzen seines Handelns tragen und sich genauso vor dem Gesetz verantworten wie der Ehemann, da er vor dem Gesetz ebenfalls zu einem Täter geworden ist. Letzteres würde ich dann objektives Gerechtigkeitsempfinden nennen. Dem Staat fällt nämlich nicht die Rolle des Rächers zu, sondern er ist eine neutrale, eine »Über«-Instanz, die jeden Fall unabhängig zu bewerten hat. Und wenn dies nicht mehr gegeben ist, dann haben wir es nicht mehr mit einem Rechtsstaat zu tun.

  25. @Alles nur Satire 7:52
    Es klafft ein Abgrund zwischen Epikurs grundsätzlicher Forderung (die auch meine ist), das Grundrechte, Würde des Menschen, all das was er oben erwähnte, unverrückbare, nicht verhandelbare Grundsätze des menschlichen Lebens und Miteinanders sind.

    Ich glaube fast, dass es darum von Anfang an ging :-) Wobei das mit der (meinigen) Belustigung jetzt als hilflos angesehen werden sollte. Denn das erstaunliche ist ja immer, dass es unglaublich lange geht, bis alleine der Abgrund klar wird.

    Und ich gehe sogar noch weiter.

    Moralische Werte sind seit langem, ganz objektiv betrachtet, ausverkauft worden. Habgier ist der neue Wert.

    Mal ganz abgesehen von allen anderen möglichen Differenzierungen, Realitivierungen, etc. usw. usf. Was glaubst du, wie viel kluge Diskussionen alleine bezüglich des Begriffes Moral gerade laufen? Der Abgrund bleibt, — indes.

  26. Und es gibt noch einen anderen Fettnapf. Der Ausverkauf von Menschenrechten, war/ist, auch der Akt einer Objektivität, die ökonomische Belange sogar systemtheoretisch begründete. Menschliche Werte, sind aber nur über eine humane Ethik in Verbund mit auch einer entsprechend subjektiv geprägten bis verinnerlichten Moral dafür erreichbar. Dies wiederum, ist aber für einige Esoterik.

  27. Die »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte« ist genau so ein Bullshit-Regelwerk der Machthaber. Von oben wird erklärt, was Menschenrechte sein sollen. Das billigen wir Euch, armen Schluckern, zu. Die Religion der Mächtigen mit viel (Schaum)Gummi und heißer Luft. Jetzt gibt es natürlich Menschen, die meinen, dass dies doch besser sei als nichts. Nein, das ist es eben nicht. Es ist die Manifestation für privaten Reichtum der Wenigen, deren Macht und gönnerhaften Almosenverteilung. Die Regeln stehen nicht für ein freies, selbstbestimmtes Leben aller Menschen.
    Ebenso erschafft man Regeln für den Krieg, an die sich niemand hält. Allein die perverse Idee, sich Regeln für Mord und Totschlag zu geben, kann nur krankem Geist entspringen.
    Nun will ich kein Miesmacher sein und alles kaputtschreiben, was die »Experten für fremdes Leben« sich ausdachten. Ich würde folgenden Gegenvorschlag unterbreiten, um die oben erwähnte »Erklärung« zu ersetzen:

    Artikel 1
    Die Erde und das Leben sind heilig. Ihre Werte sind unermesslich.

    Artikel 2
    Frieden, Kooperation, Dialog und freie, ergebnisoffene Wissenschaften sind die Grundlagen unseres Zusammenlebens.

    Artikel 3
    Unser Ziel ist die bestmögliche Lebensqualität aller Bewohner des Planeten. Darauf stimmen wir jede menschliche Tätigkeit ab.

    Artikel 4
    Es gibt kein Recht auf privates Eigentum an Grund, Boden, Wasser, Luft und den darin enthaltenen natürlichen Ressourcen.

    Der Vorschlag ist sicher nicht vollkommen und hat Platz für viele andere Ideen. Ich denke, dass sich der eine oder andere Mensch dem trotzdem anschließen könnte.

  28. @ Carlo
    Auf diese Artikel müssen/müssten vernunftbegabte Menschen aufbauen können.

    Dieser Aufbau muss aber zwingend OHNE die jetzigen Politiker, UN-Profiteure etc. geschehen, sonst wird es wieder nichts.

    @ eb, dlog, altautonomer, carlo
    Verflucht gute Beiträge, weil ihr den Kern des Dilemmas heraus arbeitet.

    Und es gibt mir ein wenig mehr Hoffnung, doch noch weiterzumachen.

  29. @ Alles nur Satire

    Zitat:
    »Dieser Aufbau muss aber zwingend OHNE die jetzigen Politiker, UN-Profiteure etc. geschehen, sonst wird es wieder nichts.«

    Man kann nicht gegeneinander kooperieren, Frieden und Freundschaft schließen. Das geht nur miteinander. Ich denke, das weißt Du selbst. Deshalb verstehe ich Deinen Satz so, dass man den bisherigen wirtschaftlichen und politischen Eliten nicht die Führung überlassen sollte. Das wäre der »Trick«. Dem würde ich zustimmen.

  30. Auch wenn das Thema hier schon lange nicht mehr interessiert: Gerechtigkeit kann nicht subjektiv sein. Dieser Idealzustand schreit nach einem Konsens, weil es nicht das Geringste gibt, das nicht auf Gemeinsamkeiten beruht. Nichts funktioniert autonom und könnte auf ein gerechtes Geben und Nehmen verzichten.

    Um zweckmä§ig mit dem vielgeschundenen Begriff umgehen zu können, wäre auch noch wichtig zu wissen, worum es eigentlich geht bei jeglichem Geben und Nehmen. Es gibt da eine Antwort, die immer auftaucht, hinterfragt man alles bis zum Gehtnichtmehr, wozu es letztlich geschieht: Wohlgefühle erreichen. Im weitesten Sinne. Das funktioniert nur über Unwohlgefühle i. w. S., weil nur Unterschiede Wahrnehmungen ermöglichen. Folglich braucht es Partner. Daraus ergibt sich zwangsläufig, unabdingbar, dass alles, was sich dazu positiv wahrnehmen lässt, gerecht verteilt werden muss zu allem, was an negativen Wahrnehmungen dazu entsteht. Mühe und Lohn, Aufwand und Nutzen, Anstrengung und Erfolg, Investition und Gewinn lassen sich nur mit diesem Bewusstsein im Oberstübchen gerecht verteilen. (Wer sich Höheres hinter allem vorstellt, macht sich damit auch nur Wohlgefühle.)

    Interessanterweise weiß die Menschheit von all dem so gut wie nichts. Und will davon auch nichts wissen. Wir haben so viel Hirn entwickelt, dass wir uns auch einbilden können, wir würden andere nicht über den Tisch ziehen. Das passiert aber laufend, vor allem in großen Menschenhäufen, in denen die Distanz zu anderen rascher zunimmt als der jeweiligen Gemeinsamkeit Recht sein kann. Nur ein kleines bisschen Ungerechtigkeit genügt übrigens, um all das zu entwickeln, was Politiker dann gerne auf möglichst viele Schultern verteilen.

    Gerechtigkeit bedeutet gemeinsames Zufriedensein, das weiteres nicht verunmöglicht. Mit dieser Definition lässt sich alles objektivieren, was geschieht. Einverstanden?

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