Diesen Satz bekommen Geisteswissenschaftler, aber auch alle Anderen, die erfolgreich ihr Studium abgeschlossen, aber noch keine Erwerbsarbeit gefunden haben, immer wieder zu hören. Nur wer entscheidet eigentlich, was das »richtige Fach« ist (MINT!?), was man angeblich hätte studieren müssen, um schneller oder eine bessere Lohnarbeit zu finden? Unternehmen, der ominöse Markt, die Politik, die Medien oder die Familie? Alle Anderen wissen es scheinbar regelmäßig nicht nur besser, sondern wollen auch festlegen, was einen zu interessieren hat, ja was man beruflich hätte machen müssen.
»Doch genau das ist das Problem vieler Geisteswissenschaftler. Sie haben für alles studiert, nur nicht für den Markt.«
welt.de vom 15. Mai 2015
Nur wie kann es eine »falsche Wahl« gewesen sein, wenn man es gerne gemacht hat? Wenn man mit Leidenschaft, Interesse und Neugier dabei war? Wie können Tätigkeiten, die einen erfüllen und gleichzeitig niemanden verletzen, falsch sein? Soll etwa der ökonomische (Selbst-)Verwertungszwang immer und überall das oberste Kriterium sein? Sollen etwa alle Werte ‑bis auf den Tauschwert- wertlos seien? Spätestens beim Titelzitat entblößen sich die Phrasen von der »Selbstbestimmung«, der »Eigenverantwortung« und des »Sei Deines Glückes Schmied« — als pure Unterwerfungsdogmen an die herrschenden Gegebenheiten. Wie soll man bitte glücklich werden, wenn man stets nur das sagt und macht, was andere von einen erwarten? :wtf:
»Nur wie kann es eine „falsche Wahl“ gewesen sein, wenn man es gerne gemacht hat?«
Wenn Du damit nicht ausreichend (!) Geld verdienst ist es keine echte Arbeit. Erst dann darf es auch Spaß machen.
@Epikur,
als sog. Bildungsferner, zu meiner Zeit waren das die Volksschüler, habe ich mich über den 2. Bildungsweg verschlissen und zwei Diplomabschlüsse in den sog. Gesellschaftswissenschaften erworben.
Ende der 80ger haben wir uns als Studenten bereits mächtig Sorgen gemacht, ob wir jemals einen »Job« finden würden. Ich war noch bei meiner Diplomarbeit, da hatte ich bereits einen Vertrag bei einer Landesbank und meine Studienkollegen waren ebenso schnell in »Arbeit«, obwohl wir alles Absolventen dieser rotversifften Ossietzky-Universität waren. Und auch damals gab es Krise und diese ewig zeitlosen dummen Sprüche.
In diesen sog. dummen Sprüchen kommen natürlich auch die Erfahrungen der Lohnarbeit zum Ausdruck: Die andauernde Abhängikeit vom Kapital und die Entwertung von Qualifikationen durch den permanenten Produktivitätsfortschritt.
Ich habe leider keine Ahnung, wie das heutzutage mit den Studiengängen in den Gesellschaftswissenschaften aussieht. Laut Prof. Gerhard Stapelfeld sind diese weitgehend aus dem universitären Bereich verdrängt und möglicherweise auch deshalb die zunehmende Dominanz der Naturwissenschaften gegenüber den Gesellschaftswissenschaften.
Die NW, so wie ich das einschätze, lassen sich eben wesentlich besser in kapitalistisch nützliche Lösungen für das Kapital einbinden und es sind selten gesellschaftskritische Reflektionen des eigenen Handelns zu erwarten.
@troptard
Wie es heutzutage bei den Absolventen aussieht kann ich dir mitteilen.
Habe immer wieder mal mit dem entsprechenden Personal zu tun.
Um es kurz zu machen: Die Leutchen bekommen oft mit einem Bachelor keinen Job. Dann wird noch ein Master draufgesattelt. Oft auch noch ein zweiter Bachelor. Es spielt mittlerweilen keine Rolle mehr ob man MINT studiert hat oder nicht. Die Leutchen bekommen bestenfalls einen prekären Job (befristet und/oder Leiharbeit). Manche haben auch Glück. Oft heißt dieses Glück dann Vitamin B.
Habe auch schon wiederholt Akademiker getroffen die seit fünf Jahren von einem befristeten prekären Job zum nächsten tingeln. Das ist nichts ungewöhnliches mehr. Teilweise sind die Leutchen ohne Studium besser gestellt.
Prominentes Beispiel für obige Beschreibung: Nocun von der Piratenpartei. Zwei Abschlüsse und ein Master (sofern ich das richtig in Erinnerung habe). Letzter Verdienst: circa 1500 — 2000 Euro Brutto.
@QuestionMark
Ganz meine Erfahrung! Egal ob MINT oder Geisteswissenschaften, am Ende landen sie alle bei Praktikas, Leiharbeit oder prekärer Beschäftigung. Es sei denn, Mami, Papi, Tante, Onkel oder irgendjemand anderer im »Netzwerk« besorgt einem etwas Besseres. Das hat dann auch nichts mehr mit individueller »Leistung« oder dem »richtigen Fach«, sondern schlicht nur noch mit neofeudalen Verhältnissen zu tun.
Und dennoch werden die Leute nicht müde, immer und immer wieder von persönlicher »Eigenverantwortung« zu quatschen, obwohl die strukturellen Bedingungen schon längst das entscheidende Kriterium für den beruflichen Erfolg geworden sind.
Der ganze Artikel ist völlig hirnrissig. Da wird vieles durcheinander geschmissen, nicht richtig analysiert und von einer diffusen Gruppe auf alle geschlossen. Dann werden Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften mal wieder in einen Topf geworfen (Politikwissenschaftler sind keine Geisteswissenschaftler) und dabei nicht mal gemerkt, dass man mit dem Fach Wirtschaft auch zu den Sozialwissenschaften gehört. Also nix mit MINT und tolle Karriere. Statistik wird in den Sozialwissenschaften genauso gelehrt. In der Soziologie geht es gar nicht ohne. Dann wird den Geisteswissenschaftlern eine ideologische Verblendung unterstellt und dass sie nicht marktkonform denken würden. Denn der Markt entscheidet ja über alles. Was dieser Markt jetzt aber sein soll, wird überhaupt nicht erklärt. Der Markt ist halt irgendwie da und die doofen Geisteswissenschaftler sind dafür nicht gut genug. Pech gehabt halt. Wäre ich Redaktionsleiter, ich hätte das Ding nie veröffentlicht.
»Der ganze Artikel ist völlig hirnrissig.«
Der welt-Artikel natürlich :-)
Hallo Epikur,
weil Du auch weiterhin als vortreffliches Ziel für die Durchimpferideologen beim Flatter herhalten darfst, habe ich beim Charlie einen Text hinterlassen, der dort eigentlich nicht zum Thema passt. Schau einfach mal dort rein, bevor er ihn vielleicht löscht.
Eigentlich habe ich auf das Thema keine Lust und dennoch eine gute Seite, die nicht nur von diesen Pseudodummbacken im voreilendendem Gehorsam bevölkert werden.
@Troptard
Mir genügt es, wenn die Massenmedien stets und ständig und überall Pro-Schulmedizin, Pro-Pharmaindustie und Pro-Impfung berichten. Warum »Impfgegner« eigentlich »Impfgegner« geworden sind, wird auch nirgendwo berichtet. Sie werden nur als Spinner und Verschwörungstheoretiker hingestellt. Kennen wir Linke diese Methode nicht eigentlich sehr genau?
Dabei bin ich noch nicht einmal »Impfgegner«. Ich habe lediglich mein Misstrauen gegenüber den Impfzwang-Vorschlägen bzw. gegenüber den Impfungen im Allgemeinen geäußert. Das Politik (Gesundheitsminister Hermann Gröhe) und Massenmedien ‑mal wieder- Kinder dafür benutzen (Masern! Auch diese Methode kennen wir bei den Themen der Todesstrafe für Kinderschänder oder der Internetzensur/Kinderpornografie) ist auch die übliche Masche, um unbequeme Gesetze durchzupeitschen und um zu emotionalisieren.
All das scheint so einige Linke (im Kommentarbereich bei Feynsinn) aber nicht aufzufallen und/oder zu stören. Stattdessen beschimpft man die vermeintlichen »Impfgegner« als verantwortungslos etc. — labert also das nach, was auch bei Welt, Zeit, Spiegel Online etc. steht. Da klinke ich mich dann lieber aus.
»Soll etwa der ökonomische (Selbst-)Verwertungszwang immer und überall das oberste Kriterium sein?«
Warum ist der Fingerzeig immer auf »Neoliberale« oder »Kapitalismus ?
Warum nicht auf die Erde oder Schöpfung selbst, die doch die grundlegende Ursache ist für den ewigen Daseinskampf der Lebewesen von Tier und Mensch.
Gott / Schöpfung / Evolution / Natur oder Universum. Wie man den Urheber auch nennen mag, hat mutwillig Leben entstehen lassen auf einen Planeten in der Lebensmittel und Ressourcen knapp sind. Zudem müssen diese auch mühsam gejagt oder der Erde abgerungen werden. Auch lauern überall Krankheiten oder andere Gebrechen.
Neoliberalismus und Kapitalismus ist nur die Folge von der harten Existenz auf diesen Planeten.
Nie höre ich Wehklagen auf diese grundlegende Ursache des Übels stattdessen werden immer die Symptome angegangen.