Diese Blogger sind ja nur am meckern, motzen, schimpfen und nörgeln. Es würden die konstruktiven Lösungen und die ausformulierten Alternativen fehlen, so der häufig vorgebrachte Vorwurf, um Gesellschaftskritiker mundtot zu machen. Und auch wenn ich öfters betone, dass es mehr als genug alternative Ideen und Gesellschaftsmodelle gibt, (sofern man wirklich danach suchen und zuhören will!) so möchte ich heute selbst ein paar Impulse liefern, wie eine menschenfreundliche Welt aussehen könnte. Ein komplett ausgearbeitetes 800 Seiten Ismus-Manifest mit 100-Prozent-Glücksgarantie müsst ihr jedoch woanders suchen. ;)
1.) Die Abschaffung des Zinses-Zins-Systems sowie die Einführung einer starken und unabhängigen (!) Bankenregulierung. Mit dem derzeitgen Geld- und Bankensystem (inklusive IWF, Troika, Weltbank, FED etc.) ist keine menschenfreundliche Welt zu machen. Ganz im Gegenteil, sie treiben mit ihrer Geldpolitik ganze Länder mit samt ihrer Bevölkerung in die bittere Armut. Solange Banken systemrelevant sind, Menschen jedoch nicht, läuft etwas gewaltig schief.
2.) Begrenzung von Privateigentum. Da gesellschaftliche, ökonomische und politische Macht stark daran geknüpft sind, wer über viel Reichtum verfügt, so kann langfristig nur die Einführung einer Reichensteuer, eines Maximallohnes/Vermögens, einer Börsenumsatzsteuer und/oder einer Vermögenssteuer dafür sorgen, dass die Machtverhältnisse nicht mehr so ungerecht verteilt sind. Es geht nicht um die Einführung eines neuen Ismus, sondern um Solidarität, Gemeinsinn und ein soziales Miteinander. Und das wird man ohne eine echte, gerechte und faire Umverteilung von Vermögen, Gütern, Waren, Ideen, Land, Produkten etc. niemals erreichen können.
3.) Eine geistig-moralische Wende unseres Menschenbildes und unseres Wertesystems. Ich fürchte, ohne die, ist alles andere nichts. Auch wenn das romantisch-esoterisch klingen mag, aber wenn wir unsere Mitmenschen nur als Konkurrenten, Nutzvieh, Lohnarbeiter, Konsumenten, Ballastexistenzen und/oder Widersacher wahrnehmen und definieren (so wie es derzeit ist), dann wird es niemals eine wirklich menschenfreundliche Welt geben können. Erst wenn wir sie wieder als Menschen, mit Gefühlen, Gedanken, Bedürfnissen und eigenen Ansichten definieren und behandeln, wird es ein soziales Gemeinwesen geben können.
4.) Korruption, Wirtschaftskriminalität und Steuerbetrug sowie weitere an der Gesellschaft verübte Verbrechen müssen konsequent verfolgt und bestraft werden. Sie sind eben keine Kavaliersdelikte, sondern zerstören und erodieren das Fundament, auf dem eine soziale Gesellschaft aufgebaut ist.
5.) Die Infrastruktur darf weder komplett dem Staat, noch einseitig in private Hände gehören, die damit nur Profit machen wollen. Eine Mischform von kommunaler Selbstverwaltung mit staatlicher Förderung und kommunaler Aufsicht sollte für eine reibungslose und gut funktionierende Infrastruktur sorgen. Dazu gehören: Strassen, Feuerwehr, Polizei, Wasser, Strom, Gas, Mieten, Müllabfuhr, Bildung, Schulen, Kindergärten, Universitäten, Friedhöfe und so weiter. Auch die Werbung gehört dann vollständig abgeschafft, da niemand mehr für die Aufrechterhaltung existenzieller Bedürfnisse, eine kommerzielle Propaganda benötigen wird.
6.) Eine Umwandlung des internationalen Wirtschaftssystems. Weder der Fetisch »Wirtschaftswachstum« noch der »Profit« dürfen weiterhin die Dogmen von Konzernen, Banken und Unternehmen sein. Der Neoliberalismus muss überwunden werden. Eine echte bedarfsorientierte Produktion von Waren und Dienstleistungen, sollte auch dafür sorgen, dass es keine Wegwerf-Gesellschaft, keinen geplanten Verschleiß und keine »Butterberge« mehr gibt. Wer für den Bedarf und nicht primär für den Profit produziert, sollte immer noch mehr als genug »Gewinn« machen.
7.) Privatisierung, Flexibilisierung, Liberalisierung, Lohndumping, Zeitarbeit und alle anderen prekären Beschäftigungsformen gehören ersatzlos gestrichen. Lohnarbeit ‑sofern sie überhaupt noch in der Form nötig ist (Stichwort Automatisierung, Grundeinkommen etc.)- sollte die finanzielle Existenz der Menschen vollständig sichern und nicht ihr Lebensinhalt und/oder ihr Fluch werden. Dazu gehört, dass soziale und bildungsrelevante Tätigkeiten deutlich besser bezahlt gehören, als die Bullshitjobs der Unternehmensberater, Immobilienmakler und so weiter.
8.) Die Macht, der Einfluss und die Ressourcen der internationalen Rüstungs- und Waffenindustrie müssen eingedämmt werden. Allein die Waffenindustrie ist weltweit für 40 Prozent der globalen Korruption verantwortlich. Außerdem schüren Waffenlobbyisten sowie Rüstungskonzerne immer Konflikte und Kriege, weil sie an ihnen mehr verdienen, als am Frieden. Alle internationalen Konflikt- und Krisenherde müssen durch Friedensverhandlungen beigelegt, Kriegsverbrecher (ja, auch ein George W. Bush!) verurteilt und allen Waffenlobbyisten der Zugang zu den Parlamenten und Ministerien verwehrt werden.
9.) Das menschenverachtende Hartz4-Willkür-System gehört ersatzlos gestrichen. Jobcenter, Arbeitsagenturen, Sachbearbeiter sowie die gesamte Arbeitslosen-Industrie und ‑Bürokratie muss komplett abgeschafft werden. Ebenso wie die Weiterbildungsmafia, die sich an den Fleischtöpfen der Behörden laben und fett fressen. Mit den frei gewordenen Ressourcen könnte man ein bedingungsloses Grundeinkommen, ganz ohne Schikanen, Menschenverachtung, Willkür, Druck, Sanktionen und so weiter einführen.
10.) Klima- und Umweltpolitik dürfen kein eigenes, abgeschiedenes und zahnloses Ressort mehr sein, in denen man primär Gesetze ohne Sanktionsmöglichkeiten beschließt (wenn überhaupt). Sie müssen fortan alle Politik- und Wirtschaftsbereiche durchdringen — mit harten Bestrafungsmöglichkeiten bei Nichtbeachtung. Wenn nicht alle Kräfte daran arbeiten, unsere Umwelt effektiv und langfristig zu schonen, dann ist es ähnlich wie mit Punkt 3: dann ist alles andere nichts. Denn der Klimawandel, Naturkatastrophen, vergiftete Gewässer, Plastikmeere, Müllberge, Smog etc. werden das Leben auf der Erde zukünftig unmöglich machen.
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Bestimmt habe ich noch was vergessen. So, und nun dürft ihr meine Vorschläge in der Luft zerreißen, sie als völlig utopisch, esoterisch und/oder unrealistisch oder gar als zu harmlos und nicht weitgehend genug verunglimpfen. Und nein, ich weiß auch nicht, wie man das alles bei den derzeitigen Macht-und Geld-Verhältnissen um- und durchsetzen könnte. Erst recht nicht, wenn den smartphone-Zombies die nächste Akku-Auflade-Station sowie die Facebook-Timeline lebenswichtiger sind, als das Wohlergehen ihrer Mitmenschen. Aber man wird ja wohl noch träumen dürfen, oder? ;)
Zerreißen werde ich diese vernünftigen Basisgedanken sicher nicht.
Ich würde dich gern unterstützen wollen, wenn Du einen alten, ziemlich kranken Mann (also für neoliberale Denker grundsätzlich nutzlos, nur noch als eingeschränkter Konsument brauchbar) als Mitkämpfer gebrauchen kannst.
Lass uns anfangen. Irgendwie....
Sauberer Einstieg. Muss erst mal drüber nachdenken...
(weitere Punkte die mir spontan einfallen, sind entweder Details Deiner Vorschläge, oder tiefer greifende Veränderungen (z.B. vollständige Abschaffung des Geldes)
Ich schließe mich @Alles_nur_Satire an. Ich bin zwar erst 45 aber auch wegen krankheit ausgemustert worden, mir verweigert man seit 6 Jahren jegliche arbeitsaufnahme sowie eine adäquate krankenversorgung. Tolles Gesellschaft in der man da leben muss/ vegetieren muss.
Aber besonders gefällt mir dein abschluss:
»Erst recht nicht, wenn den smartphone-Zombies die nächste Akku-Auflade-Station sowie die Facebook-Timeline lebenswichtiger sind, als das Wohlergehen ihrer Mitmenschen.«
Von daher es gibt nichts zu kritisieren.
Zehn-Punkte-Plan, menno! Der arme Bindestrich...! Was hat er den Leuten Schlimmes angetan, dass er nur noch mit Verachtung bestraft und vom Deppenleerzeichen ausgerottet wird...!? :P
Die Liste ist ja schön und gut — und du schreibst es am Ende ja selbst: Solange man keine Wege findet, die große Masse von ihrem Irrweg abzubringen und von der Richtig- und Notwendigkeit eines Umdenkens zu überzeugen, wird das alles nix als Träumerei bleiben. Und ja — solche »Listen« sind dann auch wieder die x‑te Gelegenheit innerhalb der »linken Szene« über den einzig richtigen Weg bzw. einzelne abweichende Standpunkte zu streiten. Weil punktuelle Verbesserungen »innerhalb des Systems« nach der Ansicht Vieler ja dann auch wieder nur inkonsequenter Murks sind... ;)
Um in die Detailfragen einzutauchen: :D (z.B. vollständige Abschaffung des Geldes)
Bei Thema »Bargeldverbot« vernehme ich ja regelm. große Empörung. Und dann, so ohne »Geld«? Tauschen wir wieder drei Kartoffeln und eine Zwiebel gegen fünf Äpfel...!?
Gerade bei dem letzten Absatz klingt bei mir ein Déjà-vu — und ich kann dir sagen, es wird nicht funktionieren. Konzepte, die darauf abzielen, erst die Hälfte der Menschheit umzuüberzeugen, sind zum Scheitern verurteilt.
Warum? Was meinst du wie schwierig es ist für menschliche Psyche einen völlig anderen Weg einzuschlagen, was dafür passieren muss... Es müssen schon sehr einschneidende Ereignisse sein. Und am besten funktioniert es sowieso nur mit denjenigen, die schon vorher ihre Zweifel gehegt haben. Die überhaupt empfänglich sind für die Tatsachenbotschaft »so kann es nicht weitergehen, das ist ein Irrweg!«.
Alternativen müssen so gestrickt sein, dass man sie denjenigen, die man erreichen will, nicht erst erklären muss, warum die gut für sie sind. Es ist allgemein bekannt, dass Unbildung heute der Standard ist, als muss man auch als Revoluzzer und Weltverbesserer dieser Sache Rechnung tragen. Eine andere Menschheit wirst du erst einmal nicht kriegen. Du kannst zwar dran arbeiten, das durch Bildung zu verbessern, Fortschritte sind aber ein Langzeitprojekt.
Also, etwas dass man mit der Praktizierung seiner Alternativen stückchenweise parallel aufbaut.
Man kann diesen Umstand nur für die westliche geprägten träumerischen Linken so oft es geht wiederholen: Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Du musst auch die Dummen mitgezogen kriegen, denn sie sind die Ersten, die einem neuen Herren hinterherrennen, wenn dieser mit einer für sie unkomplizierter klingenen Lösung um die Ecke kommt. Nicht zu vergessen: Auch die Dummen sind Teil der Gesellschaft, sie gehören mit dazu. Also müssen sie auch mit einbezogen werden.
Und, noch etwas: Die Sache ist wie ein Rennen, das man täglich gewinnen muss. Es reicht nicht aus, einmal den entscheidenden Krieg gegen das andere Herrschaftssystem gewonnen zu haben. Es muss konstant gewonnen werden. Weil jeden Tag die alten Kräfte, insbesondere die Adligen und die Oligarchen, versuchen, die Position des Ersten wieder an sich zu reißen und das Tempo im Rennen zu bestimmen.
Wenn das passiert, dann sind alle wieder nur Weideschafe, die sie vor sich hertreiben.
Au weia. Sorry, aber das ist leider ein haarsträubendes Wünschdirwas. Es soll eine Geldwirtschaft sein? Wozu? Aber dann ohne Zinsen? Wie soll dann je die Geldmenge der Warenmenge angepasst werden? Das war schon immer der Quatsch der ›Zinskritik‹. In Zeiten von Negativzinsen wird das doch spätestens evident.
Es noch immer Lohnarbeit sein? Wieso? Die ist und bleibt Sklaverei. »Privateigentum« ist btw Eigentum an Produktionsmitteln und nicht Vermögen.
Auch hier die Bitte, er möge (noch ) einmal Marx lesen. Der zieht einem solche Zähne. Ich finde es immer schade, wenn es jemand gut meint und dann mit Vorschlägen um die Ecke kommt, die niemand umsetzen will und die dann auch noch tiefe logische Brüche beinhalten.
Um es mit Goethe zu sagen:
»Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ach wir Armen!«
Solange an dieser Formel alles andere festgemacht wird, kannst Du noch so schnucklige Gesellschaftsvorschläge machen, es ändert sich nichts.
Nimmst Du den Faktor G(o)eld aus der Formel, sind die Banken nicht mehr systemrelevant, Eigentum dient tatsächlich nur noch dem Selbstverwirklichen und nicht mehr dem sozialen Status plus Macht und es müsste auch niemand mehr um des Geldes willen ein Wirtschaftskrimineller, Steuerhinterzieher oder sonst etwas sein.
Die materiell Armen gäbe es ebensowenig, weil sie sich dann nicht um der paar Kröten willen für ihr einfach nur existenzielles Dasein bevormunden lassen müssten und auch das Drama der Dritten Welt wäre zumindest kein finanzielles mehr, sondern nur noch eines von Manpower und Goodwill.
Solange jedoch der Profit als Sinnbild des Begriffs Geld die Gesellschaft beherrscht, sehe ich da keine Chance und gleich gar nicht die einer geistig-moralischen Wende bei einem Großteil der Menschheit. Zuerst zählt nun mal leider der eigene Arsch und Altruismus ist derzeit nicht so verbreitet.
Um wieder mit einem Zitat zu schliessen, diesmal von Brecht:
»Erst kommt das Fressen und dann die Moral!«
Gut, dass flatter sich schon gemeldet hat. Bleibt nur zu hoffen, dass Wat. keine Lust hat, sich zu den Vorschlägen zu äußern.
Warum kommt das Wort »Freiheit« eigentlich nicht vor?
Gibt’s denn schon eine Petition, damit die Mächtigen sich doch bitte in ihrer Macht beschränken mögen?
@Dennis82
»Der arme Bindestrich...!«
Schon aus Prinzip! Hehe. :kicher:
@matrixmann
Völlig richtig. Ohne die Massen irgendwie »mitzunehmen«, wird das alles nichts. Wie man FB-Jünger, smartphone-Junkies und BILD-und-RTL-Fans empathischer machen kann, weiß ich nicht. Vorschläge?
@flatter @Siewurdengelesen
»So, und nun dürft ihr meine Vorschläge in der Luft zerreißen, sie als völlig utopisch, esoterisch und/oder unrealistisch oder gar als zu harmlos und nicht weitgehend genug verunglimpfen.«
Ihr seid dann wohl die, es geht nicht-weit-genug-Fraktion. ;)
Es sind Impulse, Ideen, Anfänge. Kein dogmatisches Ismus-Manifest. Wir können das Geld-System und Lohnarbeit auch komplett abschaffen. Bin ich dabei. Solange es funktioniert und wir eine soziale und empathische Gesellschaft »bekommen«. Nur auf Anarchie hätte ich so keine Lust. ;)
Ach komm, so ein bisschen Anarchie gehört einfach dazu.
Ich würde noch den Punkt hinzu fügen, es restlos zu streichen, ganz normale menschliche Vielfalten inklusive auch moralischer Bedingungen bzw. gar noch ganz reale menschliche Zustandsformen, gleich mit Esoterik in Verbindung zu bringen. Das schaufelt nur einem technokratischem Zeitgeist zu, dem es selber nicht zu schade ist, Esoterik eben technokratisch zugunsten der Technokratie zu verwenden, — was letztendlich im Begriff der »human resources« geendet ist. Eine Entwicklung, die vielleicht auch die (vermeintlichen) Vollblut-Rationalisten zur Erkenntnis bringen könnte, das man das selbst noch mit Marx machen kann und eben auch reflektieren sollte, anstatt gleich wieder den Zahnarzt zu spielen. Ohne Punkt 3, wird es immer so enden.
@epikur
»Ihr seid dann wohl die, es geht nicht-weit-genug-Fraktion. ;)«
Rischtiiiisch;-)
Nee — soweit würde ich nicht gehen, aber an den Fundamenten des Kapitalismus pickerst Du mit Deinem 10-Punkte-Plan nicht (man achte auf die Bindestriche).
Dieses Ändern von innen heraus und auf friedlichem Wege funktioniert vielleicht bei solchen Sachen wie nationalem Befreien oder in Südafrika/den USA bei der Rassentrennung, wo Mehrheiten durch Minderheiten anhand eines spezifischen Merkmals unterdrückt werden und sich der Protest über dieses Merkmal gegen die Unterdrücker solidarisiert. Selbst da geht es nie wirklich ohne Gewalt, ob nun von unterdrückter oder unterdrückender Seite.
Die friedliche Revolution der DDR-Wende möchte ich da sogar ausklammern. Es war letzten Endes ein Rückfall in´s alte System, weil die über Wut, Hass und Zorn auf die verknöcherten und elitären Machthaber dieses Landes beginnende Demokratie mit der theoretischen Möglichkeit eines anderen sozialistischen Systems zwischen 89 und 90 eben genau auf die scheinbar einfachere Lösung Wiedervereinigung mit all ihren Nachteilen gelenkt wurde, die so ein rücksichtslos übergestülptes System mit sich bringen muß. Trotz dieses Wissens entschied man sich dann für die deutsche Einheit statt der schwierigen Variante des zweiten deutschen Staates mit neuem Sozialismus (der auch ein gutes Stück Utopie gewesen wäre).
Wissen möchte ich dabei nicht, wieviele Werbestrategen sofort beim Erkennen daran getüftelt haben, mit Slogans wie ›Keine Experimente‹ oder dem Ändern von ›Wir sind das Volk‹ zu ›Wir sind ein Volk‹ die Weichen mental zu stellen, bevor die Empfänger der Adresse überhaupt realisierten, wie sie manipuliert werden.
Dieselben Mechanismen machen sich übrigens Pegida, AfD und generell Populisten zunutze. Man nehme ein in sich durchaus vernünftiges Anliegen und fokussiere den dabei ebenfalls berechtigten Zorn auf das gewünschte Ziel. Du erreichst merkwürdigerweise mehr, wenn etwas »gegen« statt »für« gerichtet ist, wie Du an diesen Beispielen siehst. Das Gefühl, in diesem Land stimmt etwas nicht, ist durchaus richtig, jetzt kommen die Bachmänner und lenken gegen Merkel und ihre Regierung und über diesen Sprung gegen Ausländer=Flüchtlinge=Muslime.
Wieso z.B. eine Linke das einfach nicht mehr schafft, selbst so etwas aufzuziehen, kapiere ich einfach nicht. Es ist soviel Frust in dieser Gesellschaft und linke Kräfte eiern um die Volksfront von Judäa und die judäische Volksfront (machen wir ja irgendwie hier auch), anstatt es einfach mal knallen zu lassen. Wieso bringen die/wir nicht eine Montagsdemo hin oder andere Formen des friedlichen Protests und zivielen Ungehorsams, das kann doch nicht so schwer sein?
Andererseits braucht man ja nicht einmal mehr am 1.Mai aufzulaufen, weil dort von denselben Gwerkschafts- und Parteibonzen Systemkritik geübt wird, die einen dann als Regierende den ganzen Murks eingebrockt haben und aktuell nichts Besseres zu tun haben, als sich selbst so darstellende Arbeitervertreter die Freihandelsabkommen abzusegnen, die den obigen Aussagen in´s Gesicht spucken.
Genau daran dürfte unter anderem der Ansatz geistig-moralische Wende scheitern, weil Du einfach keine Mehrheiten zusammen bekommst, die dann tatsächlich bis zum Ende konsequent sind, weder oben noch unten. Erkläre heute mal einem Mitmenschen, daß er der unterdrückten Klasse der Arbeiter angehört, da dürften Dich viele mit ein paar Kulleraugen angucken wie das erste Auto. Überlege mal, wie weit Du hier per Blog oder in der Öffentlichkeit kommst. Das sind so ein paar Hanseln in den Blogs nebst derselben Menge an Lesern und das gegen die Millionen bunten Volks allein dieses Landes.
Solche Gedanken wie die Deinigen finde ich cool und wünschte mir durchaus, es ließe sich in dieser Welt auf friedlichen Weg mehr verändern. Die Realität ist leider anders und solange das innerhalb dieses Systems versucht wird, wird aus so einem Gedankengerüst am Ende auch wieder Business und aufgesogen.
Sämtliche Protestformen gegen das sogenannte Establishment wurden am Ende Mainstream bis vielleicht auf die Antifa oder so.
Als Anarchie würde ich das jetzt auch nicht bezeichnen. Um im Klischee zu bleiben: Autos abfackeln ist zwar auch Protest, bringt eine Sache vielleicht in Schwung, aber alleine für sich nicht zu einer Veränderung.
Und um Dich zu beruhigen, mit Esoterik oder einem Hang dazu hat das m.E. ebenfalls nichts zu tun. An den bescheuerten ‑ismen wird man jedoch auch nicht vorbeikommen, wenn sich etwas ändern soll.
@Sie wurden gelesen
Du erreichst merkwürdigerweise mehr, wenn etwas »gegen« statt »für« gerichtet ist, wie Du an diesen Beispielen siehst.
Fällst du da nicht ein wenig selber auf den größten und generellsten aller Spaltungstricks rein? Natürlich zeigt der Zeitgeist, dass es besser funktioniert, ‑und es wird immer besser weiter funktionieren. Das Ende davon, — stell ich mal zur Debatte.
Wat. hat aber Lust... :o
Den 10-Punkte-Plan setzt genau wer um?
Wer soll den Staatsmann dafür ›machen‹?!
Wer sollte sich das ›gefallen‹ lassen und warum?
Ok, ich versuch’s mal so:
Der Punkt 3 z. B. kann nur Ergebnis von etwas zu tun sein und nicht mal der Anspruch vom etwas machen. Ich gehe doch hoffentlich richtig in der Annahme, daß hier niemand (wieder) den großen Umerziehungsversuch starten und stattfinden lassen will.
Die Konkurrenz alle gegen jeden ergibt sich doch aus unserer gesellschaftlichen Verfaßtheit, aus der Marktwirtschaft als solche, daß alles Ware ist/ sein muß, die es gilt gegen andere an den Mann oder die Frau zu bringen.
Nun könnte man ja logisch schlußfolgern: Marktwirtschaft muß weg, Eigentum (an Produktionsmitteln) muß weg, dann ist auch der Konkurrenzdruck weg — alles richtig — so schlußfolgere ich auch.
Allerdings stelle ich mir dann die Frage, wie wir unseren Krempel herstellen, haben und kriegen, den wir so zu brauchen meinen — wie wäre es denn mal da mit einem Plan...
Btw ... wieviel Punkte der hat, und ob die Schritte groß oder klein, systemimmanent oder nicht, wäre mir sogar wurscht, daß daran mal einer ›wenigstens mitträumt‹, das wäre nach meinem Geschmack.
Denn eines ist mal Fakt, per Dekret oder Gesetz kriegste keine Produktionsweise geändert...
... und irgendwie hätte ich außerdem noch gern was mit »Frei-sein« ;)
@eb
Ob ich da selber drauf reinfalle?
Ich weiß es nicht, denke aber eher nicht. Sonst fiele mir nicht auf, daß es so ist. Mir ging es mehr darum, womit Massen leichter hinter dem Ofen hervorzuholen sind.
Vielleicht sind wir als Gesellschaft auch noch nicht weit genug, um uns trotz all der perfiden Schweinereien gegen mehr als Freihandelsabkommen aufzustellen. Rundherum herrscht Krieg und die Friedensbewegung als solche ist platt. Rundherum herrscht die schlimmste Zeit an kapitalistischen Auswüchsen seit 1945 und linke Bewegungen sind platt. Alles nur noch Watte und Nebel und hin und wieder ein Leuchtturm mittendrin, der sich dann oft als St. Elms-Feuer entpuppt.
@Wat.
Die Freiheit wird dann vielleicht von ganz alleine kommen, wobei auch da jeder etwas anderes darunter versteht. Das ist so ein Ding, welches sich einfach nicht genau fassen und definieren lässt.
Für mich ist Freiheit gar nicht mal so sehr dieses Bild von Verreisen oder so, sondern einfach freies Einteilen meiner Lebenszeit, Muße für Dinge wie Lesen, Kultur und dergleichen haben. Also vieles, was derzeit an Materielles in Form von Geld gebunden ist und diese durch Verlust von Freizeit in Form abhängiger Arbeit erkauft wird.
Politisch dürfte das gar nicht so schwierig sein, wenn man das Modell Räterepublik oder so wie Heyms »Schwarzenberg« betrachtet. Auch da gilt dann, daß jeder nach seinen Fähigkeiten und seinem Willen macht, was er kann. So könnten dann ohne Parteiklüngel oder den Einfluß anderer Organisationen wirklich die Fähigsten von unten nach oben wachsen und Machtkonzentrationen auf Einzelne mit entsprechendem Unterstützen von Hintermännern — genannt Lobby — wären zumindest schwieriger.
Da ist natürlich wieder Punkt 3 akut, denn ohne Umdenken und den Willen der Mehrheit zu solch einem Modell wird´s Essig. Womit wir wieder bei unserer Gesellschaft, den Herrschenden, den Medien und bei für und gegen sind;-)
Wenn jeder nach seinen Fähigkeiten und seinem Willen macht, frag ich mal ganz unverfroren: Was könnt Ihr denn so?
Und bei dem was Ihr könnt, auf was hättet Ihr denn Lust und warum?
Es macht keinen Sinn, sich erst eine Gesellschaft auszudenken, in die dann die Menschen passend gesteckt werden müßten.
Wir haben nur uns und so wie wir sind. Mehr als was wir Können und Wollen können wir zu keinem Zeitpunkt machen/ haben.
Also, was können wir jetzt machen, da wo wir sind, so wie wir sind?
Computer mit Windows/Linux und allen irgendwie technischen Krempel reparieren/installieren und an Fahrzeugen schrauben, Werkstatt und Werkzeug vorausgesetzt.
Ambitionen zum Schreiben hätte ich auch noch, das hängt aber von der Tagesform ab und ob andere das so gerne lesen, was meinerseits daherkommt...
...aus beruflicher Sicht gestehe ich mir auch durchaus ein gewisses Organisationstalent zu. Da möchte ich allerdings nicht genauer werden, man weiß ja nicht, wer hier so alles mitmeißelt;-)
@ epikur
Ob es was in der Praxis bringt, kann ich bisher nicht bezeugen; ich für meinen Teil neige dazu, ihnen die Wahrheit zu sagen, wenn sie fragen. Schonungslos, so wie das Leben auch schonungslos sein wird.
Das gilt für das, was sie in der Hand haben, als auch für die Denkmuster und Verhaltensnormen, die sie an den Tag legen, für das, was sie als »wichtig« ansehen, als auch für die Sache »Wenn jedes Jahr 100.000 Schulabgänger existieren und nur 70.000 davon in Beschäftigungsverhältnissen unterkommen, was meinst du, wie sehr die Welt auf dich warten wird, wenn man noch die ganzen anderen Abgänger aus den Vorjahren dazuzählt, die nicht untergekommen sind, und die Erwachsenen, die faktisch auch alle ohne Stelle sind?«.
Was dir unter anderem auch hilfreich sein könnte, ist, sich in ihre Gedankenwelt hinzuversetzen, ihr eigenes inneres System zu verstehen, damit du deine Ansatzpunkte findest, wo du sie auf einen anderen Weg bringen kannst, ohne sie zu indoktrinieren und ohne sie direkt nur für deine Pläne zu missbrauchen — wo sie, kurzum, nach Hilfe fragen, und du ihnen lediglich eine Antwort mit dem lieferst, was du für richtig hältst in dieser Situation.
@matrixmann
@epikur
Muß man wirklich den letzten Hund hinterm Ofen vorlocken?
Glaub ich überhaupt nicht , jede politische Richtung ist dann stark , wenn sie für sich selber kämpft , die 68er habens bewiesen. Zunächst eine kleine Minderheit , haben sie einfach ihr Ding durchgezogen und waren keineswegs darauf aus , alle Leute zu überzeugen.
Viele Menschen , nicht alle , wollen nach wie vor regiert und nicht gefragt werden.
Tendenz leicht fallend , und diejenigen , die gefragt werden wollen , kann und sollte man versuchen , mitzunehmen , es gibt aber einen großen Rest , bei dem es eher — in unterschiedlichen Abstufungen — darum geht , sich ihm entgegenzustellen , ihn ruhizustellen und , wo nicht anders möglich , ihn zu bekämpfen.
Voraussetzung dafür iat allerdings eine gewisse Ehrlichkeit mit den eigenen Problemen , politisch korrekter Lobbyismus , linker Dogmatismus , linker Kollektivismus , das alles sind krasse Hemmschuhe , die die eigene Glaubwürdigkeit unterminieren.
Der Zehn-Punkte-Plan ist eine Utopie , aber keine Ideologie , und daher weder esoterisch noch unrealistisch.
@Art Vanderley
Die 68er sind der schlimmste Alptraum eines Vorbildes, dass man sich nur vorstellen kann. Sie sind geradezu der Inbegriff von »heute spielen wir Halligalli, morgen sind wir noch dogmatischer das System als unsere Alten«.
Weg damit und was eigenes machen.
Es geht am Ende darum, alle Bevölkerungsschichten und ‑gruppen mit an den Tisch zu bekommen und nicht pauschal irgendwen davon auszugrenzen, weil es einem zu anstrengend ist oder was auch immer. Auch die dümmsten Idioten haben hin und wieder zu etwas eine Meinung.
Es geht darum, alle von diese Gruppen dazu zu bekommen, an einem Strang zu ziehen, ihnen klarzumachen, das ist alles auch eure Gesellschaft, mit der ihr täglich auskommen müsst. Es ist nicht so, dass alles ein abgeschlossenes Biotop ist, indem lediglich eine Gruppe Einfluss auf alles hat. Wenn alle sich tagtäglich daneben benehmen und antisozial handeln, dann wird es auch ohne überschwengliche Herrscher dazu kommen, dass man eine allgemeine Lebensumgebung hat, in der keiner leben will.
@Epikur: :P ;)
@Art Vanderley — das Plenken ist ja auch ne besonders nervige Form des Augenkrebs verursachenden und den Lesefluss zerstörenden Deppenleerzeichens. Vor Satzzeichen (wie z. B. einem Komma) setzt man kein Leerzeichen! :P
Kurz zum Thema — »die 68er« werden doch heute grade in der wohligen, bürgerlichen »Mitte« mit für alles vermeintliche Übel auf der Welt und insb. den Niedergang von Sitte und Anstand verantwortlich gemacht. :D Was ich da bei manch Lehrer und grade auch unter der buckligen (nicht mal sonderlich bürgerlichen) Verwandtschaft für absurde Storys ertragen musste...
Die Herde wird man mangels Interesse und Intelligenz nie überzeugen. Es interessiert sich niemand für Politik oder irgendwas Grundlegendes! Da müsste man ja sich und sein Tun hinterfragen, sich eingestehen, das ganze Leben lang verarscht worden zu sein. Wenn du Einzelne in Anlehnung an das Meisterwerk »Matrix« vor die Wahl stellst, die rote oder die blaue Pille zu schlucken, nehmen sie die Blaue!
Ich meine, dass »der Kapitalismus« grade auch deshalb so »gut« als Herrschafts- und Gesellschaftsmodell funktioniert. Die große Mehrheit wüsste mit sich selbst in »wirklicher« Freiheit schlicht: nichts anzufangen. Vor allem, weil sie ihren »Wert« einzig und allein von ihrer Lohnarbeit abhängig machen. Und sowas kriegst du nicht mal eben aus den Köpfen raus; der Mensch ist halt offenkundig nunmal so (beschränkt), wie er sich derzeit präsentiert.
Darf ich einmal an veränderte Produktionsformen erinnern?
Dank 3‑D-Druckern (die langsam auch für eher Arme erschwinglich
werden) entsteht langsam eine Fabber-Szene, die so ziemlich das meiste für den Alltag produzieren kann, von Modellen, funktionsfähigen Selbstverteidigungswaffen bis hin zu demnächst Lebensmitteln (alles nur eine Frage der Druckergranulat-zusammensetzung :D) Vernetzt kann das ein immenses Produktivitätspotential ergeben (so wie im virtuellen das Internet)
Das wäre nur EIN Hoffnungsschimmer – seit den 1990ern schlägt zum Beispiel Gunter Pauli alternative Wirtschaftsmodelle vor – die teilweise erfolgreich in die Realität umgesetzt werden, an Orten dieses Planeten, die im Sinne der globalen Wirtschaftsideologie längst abgeschrieben oder niemals zur Kenntnis genommen wurden.
@matrixmann
Du beschränkst die 68er auf ihre negativen Seiten , die es natürlich gegeben hat und die bis heute nachwirken.
Um eine Kopie geht es natürlich nicht, aber ich finde schon , daß 68 viel bewirkt hat.
Ich stimme zu , daß prinzipiell der Versuch unternommen werden muß, jeden mitzunehmen, bezweifle aber , daß das bei allen gelingt. Es gibt viel zu viele , die grundsätzliche Vorurteile gegen alles haben , was irgendwie versucht ‚vorwärts zu denken.
Oder die sowas als Zeichen der Schwäche auslegen.Oder immer mit dem gehen, der das Maul am weitesten aufreißt.
Dieser Teil wird immer unverschämter , wenn du zu lange zu nett zu ihm bist, ein Teil, nicht alle Leute brauchen zuerst den Tritt in den Arsch, und dann die Diskussion, und nicht wenige auch nur den Tritt.
Du hast aber recht, daß das nicht ins Gegenteil kippen darf, eine grundsätzliche Ablehnung derer, die nicht ohnehin schon der eigenen Meinung sind,ist auch nicht wünschenswert.
@Dennis 82
Ist das wirklich so schrecklich mit dem »Plenken«?
Inhaltlich stimme ich dir überwiegend zu.
@Art Vanderley
Bei dem, was heute aus den 68ern herausgekommen ist, und was heutzutage die Begleiterscheinungen jeglicher Form von größerer gesellschaftlicher Bewegung sind, weiß ich nicht, was man daran noch positiv finden kann.
Die größten Rädelsführer von damals sind heute manchmal die größten Kapitalisten geworden, und wenn ich daran denke, dass sich dadurch eine Kultur etabliert hat, dass allein von »We shall ovecome« singen sich was ändert oder indem, dass man nur möglichst viele Drogen konsumiert, und den Staat und die Unternehmen behandelt, als wäre man ein 5‑Jähriger, der will, dass seine Mutter etwas bestimmtes macht — Mutter denkt aber gar nicht daran zuzuhören -, dann weiß ich nicht, was daran positiv sein soll.
Nebenbei mal erwähnt: Ist überhaupt schon mal jemandem aufgefallen, dass von Amerika bis sonstwo in der westlichen Welt die gleichen ideologischen Phrasen gedroschen wurden? Heute entpuppt sich bei dem Bild jede Bewegung als gekauft und von außen angestiftet — erzähle mir also, was ich von einem solchen Exemplar in der Vergangenheit halten soll außer dass es dieselben Vorgänge auch schon damals gab. Im Osten ist dieser Abbau des Konservatismus auch ohne die 68er geschehen — brauchen tut man sie dafür also notwendigerweise nicht.
Ich sehe die Sache beim »alle mitnehmen« so: Konsequenz hat noch niemandem geschadet. Vielmehr ist sie sogar lebensnotwendig, denn das Leben ist so gestrickt.
Wenn welche sagen »macht mal«, dann nehme ich das als Einwilligung zu dem, was diejenigen vorhaben, die sich einen Kopf machen. Kommt diese Gruppe jedoch wieder an und meint, ihr gefällt nicht, was passiert, gibt es nur die Botschaft »Ihr habt uns gesagt, dass wir machen sollen — der Rest war euch egal! Ihr seid gefragt worden, das war eure Antwort, also lebt jetzt mit den Konsequenzen! Mal hü, mal hott — das gibt’s hier nicht! Wer soll dabei arbeiten?«
Heißt nicht, dass gesund Kritik nicht zugelassen wird, aber diese Kleinkindhabitus oder vielmehr spezifisch »deutscher« Habitus, zuerst ein Nest gemacht haben wollen und sich dann beschweren, wenn das, was andere darunter verstehen, nicht ihren Vorstellungen von einem »Nest« entspricht, die anderen deswegen anzupflaumen, das muss und sollte konsequent dabei abgebogen werden ohne jegliches schlechtes Gewissen. Es sind schließlich alles erwachsene Leute, die mitbestimmen wollen, und keine Grundschulkinder — und wenn diesen etwas scheißegal ist, dann sollen sie auch »scheißegal« in der Konsequenz bekommen. Die Welt sieht dann eben nicht nach dem Ebenbild dieser Leute aus. Ich kann mich nicht waschen ohne mich nass zu machen.
@matrixmann
Was die zweite Hälfte deines Kommentars angeht , verstehe ich nicht so recht , worauf du rauswillst.
Zur ersten Hälfte:
Welche Art von Gegenbewegung du auch immer im Sinn hast , sollte sie erfolgreich sein , wird es ein paar Jahrzehnte später viele Leute geben , die sie als angepaßt und kapitalistisch oder sonstwas beschimpfen werden, auf jeden Fall als nichts Gutes.
Zeige mir die Bewegung , bei der das letztlich nicht so war , oder gib auf , denn diesen Vorgang wirst du nicht ändern können.
68 ist nicht das ausgebrochene Paradies , aber deine Vorstellungen strotzen nur so von Klischees über Drogen und ähnlichen Quatsch.
Es geht nicht ums »kapitalistisch« beschimpfen, sondern ums kapitalistisch sein. Beschimpfen kann ich alles als sonstwas, dahinter muss aber noch lange keine Substanz stecken.
Im Wesen ist man aber nicht als sonstwas aufgebaut, sondern als etwas mit ein paar bestimmten Richtungen und Nicht-Richtungen.
Und auf dieses bezieht es sich, falls es da immer noch ein Kommunikationsproblem geben sollte, das zu verstehen.
Ich will das Vorhaben nicht aufgeben; und zwar allein deshalb, weil ich Stück für Stück verstehen lerne, was es eigentlich für eine Bewegung bedeutet, sich ernsthaft mit dem Kapitalismus anzulegen.
Vielleicht kann man das nur mit den Augen von der Seite sehen, die den Kalten Krieg gegen das westliche System verloren hat.
Das lag nicht nur an den eigenen Fehlern, wie das der allgemeine Narrativ immer in den Köpfen einhämmern will.
Als Bewegung, die etwas ernsthaft anders machen will, solltest du dir eines bewusst machen: Wer gegen den Kapitalismus antritt, wird dazu verdammt sein, Kalter Krieg zu spielen.
Weil der Kapitalismus gegen dich vorgehen wird, als wäre er im Krieg mit dir. Und das wird kein Krieg, der mit Panzern geschlagen wird, sondern mit strukturellen und subtilen Handlungen, bei denen man sich vor die Weltöffentlichkeit stellen und behaupten kann, man habe nichts böswilliges gemacht. Es wird ein Krieg sein, der auf 10 Fronten gleichzeitig stattfinden wird. — 10 Fronten, um dich durch Überlast in die Knie zu zwingen.
Ich finde, das vergessen Aktivisten meist, zugunsten von irgendwelchen emotionalen Botschaften — und unter anderem auch, weil sich das allgemeine mentale Konstrukt eingebürgert hat, dass Strategie und militärisches Denken Teufelswerkzeug ist.
Es will keiner die Sache als »Krieg« betrachten und auch dementsprechend handeln, auch wenn der Kapitalismus es von seiner Seite aus aber so betrachtet und mit allen Kräften dagegen arbeitet.
Das ist etwas, was ich als großen Kardinalfehler verstehen lerne und bei dem ich spontan nicht weiß, wer, außer dem roten Block in Kalten-Kriegs-Zeiten, das so mit in seiner Tätigkeit jemals berücksichtigt hat.
@matrixmann
Das ist sehr gut beschrieben, vor allem das Fiese, Hinterhältige, das nach außen hin kein Wässerlein trüben kann. Und sie führen diesen Krieg auch, ganz ohne daß sich jemand wehrt, quasi vorbeugend.
»weil sich das allgemeine mentale Konstrukt eingebürgert hat, daß Strategie und militärisches Denken Teufelswerkzeug ist«
Volle Zustimmung, dabei kann man da einiges von lernen.
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puhhh, geschafft, alle gelesen, war mir wichtig, wer (und was) hier so alles schreibt, ... .
Sorry, bin ein bischen spät dran, habe diesen Artikel erst heute Morgen über das Laufband bei Konjuktion entdeckt.
Auch auf die Gefahr hin, daß mein Kommentar niemand mehr liest, schreibe ich ihn dennoch.
Zunächst: respekt, vor allem die klaren Formulierungen und besonders die Orthographie, ... sehr selten geworden im Web.
@ epikur ... guter Artikel, »was vergessen« — na ja, durch noch mehr Stoff würde er nicht unbedingt besser, »Vorschläge in der Luft zerreißen«, warum, trifft doch den Nagel auf den Kopf, »harmlos und nicht weitgehend genug«, ganz und gar nicht, im Gegenteil, »ich weiß auch nicht, wie man das alles bei den derzeitigen Macht-und Geld-Verhältnissen um– und durchsetzen könnte«, nun ja, da könnte ich eine ganze Reihe Ideen anführen.
Zunächst eine Bestandsaufnahme: Das »Ding« wird so oder so gelöst! Entweder wird ein angemessener Teil der noch in der Komfortzone befindlichen Zeitgenossen die Dinge noch rechtzeitig erkennen (woran ich nicht — mehr — glaube) und seinen Allerwertesten in die richtige Richtung begeben, oder wir alle werden die Dynamik der derzeitigen Verwerfungen (eine reicht um die Kettenreaktion auszulösen) so zu spüren bekommen, daß das Aufwachen zum Selbstläufer wird.
Hoffen wir also, daß die Metamorphose einigermaßen glimpflich verlaufen wird,
Gruß, Hombre
PS ach ja, fast vergessen, »... die smartphone-Zombies sowie die Facebook-Timeline ...« — die könnten auch — richtig instrumentalisiert — ein Teil des Lösung werden ...
und »man wird ja wohl noch träumen dürfen, oder?« — nein, unbedingt nein, dazu ist das verbleibende Zeitfenster zu klein geworden. Wir alle müssen handeln — jetzt!
Ich begrüße es immer, wenn sich jemand Gedanken darüber macht, wie es weiter gehen soll. Wenn es in dieser Gesellschaft so ziemlich alles gibt, hat sie eines nicht: eine Vision. Wer kann seinen Kindern eine Richtung weisen, wie deren Kinder einst leben werden?
Ich selbst sehe den Grundstein der Veränderung in der Schaffung einer Demokratie. Danach lässt sich friedlich, im Dialog, über alles reden und alles so umgestalten, dass es den Menschen, der Umwelt und den Tieren von Nutzen ist. Nützlich machen.
Vor allem sollte man den Menschen Angst nehmen und deren Hausverstand aktivieren. Der ist meistens besser als Expertenmeinungen.
So muss sich niemand davor fürchten, wenn es Änderungen im Geldsystem gibt. Geld ist kein und hat keinen Eigenwert. Es beruht auf Buchhaltungsregeln. Eine Demokratie kann diese Regeln jederzeit ändern, ohne dass eine Fabrik zusammenfällt, keine Acker bestellt werden oder kein Fisch gefangen werden kann. Auch Kranke, Schwache, Alte und Kinder würden weiter versorgt werden.
Veränderungen sind einfacher als die meisten denken und dazu bedarf es keiner Revolution. Die Revolution beruht auf Feindbildern und schafft neue. Deswegen heisst sie wohl so (revolvere — (sich) umdrehen). Das Spiel steht danach wieder auf Start. Auf dieses Spiel sollten wir uns als Menschen nicht einlassen.
Die zehn Punkte sind wenigstens ein Denkanstoß, in welche Richtung es gehen könnte. Sie, oder ein Teil davon, lassen sich aber auch nur im Miteinander dauerhaft realisieren. Friedliches Leben funktioniert niemals gegeneinander.
Dieses Konzept zeugt von völliger ökonomischer Unkenntnis. Privateigentum ist ein entscheidender Schlüssel für das Bestehen einer Kulturnation.
Deutschland und die ganze westliche Welt sind heute 3⁄4 ‑sozialistisch. Bzw alle Sub- und Nebenformen des Sozialismus wie Etatismus Koporatismus Linksfaschismus etc.
Das Eigentumsrecht steht schon heute unter dem Vorbehalt des Staates. Und Steuern; sind nichts als Raub.
Ich den USA gab es bis 1913 gar keine Einkommensteuer im preussisch-deutschen Kaiserreich maximal 4 Prozent.
Mehr als unausgegoren dieses Konzept. Nichts für ungut.
@Freiheitskämpfer
Oha. Ich sage dazu mal kurz und bündig: Deine neoliberale Freiheit, ist nicht meine Freiheit! Und ganz sicher auch nicht die von Millionen Menschen in Deutschland. ;)
Moin moin zusammen,
schön, daß ich nochmals Bewegung feststellen konnte.
@Carlo — Treffende Gedanken, insbesondere hinsichtlich der Demokratie. Richtig implementiert und konstruktiv gelebt die beste Basis für ein Volk. Nur, dieses Volk muß sich auch aktiv in angemessener Größenordnung an deren Pflege beteiligen, sonst verkümmert sie. Daß keine Visionen vorhanden sind bestreite ich energisch. Die Visionäre sind zwar momentan noch in einer äußerst kleinen Zahl, aber sie gibt es. Man muß sich nur umsehen, informieren, prüfen und, wenn fördernswert, aktiv an deren Geschehen beteiligen. Geredet wird genug, jetzt ist Handeln angesagt.
Gruß, Hombre
@ Hombre
Ich schrieb nicht, dass es keine Visionen gäbe. Die Gesellschaft als Ganzes hat keine Vision. Diese ist notwendig, wenn man friedlich miteinander leben und überleben will. Der tägliche Kampf: jeder gegen jeden, um höheren Gewinn zu erzielen (im Großen wie im Kleinen), ist keine Vision, sondern die Grundlage dafür, dass alles so ist wie es ist. So nähert man sich dem Kernproblem der Gesellschaft, welches so gut, hinter echten und künstlichen Symptomen, versteckt ist.