In Wissenschaft, Politik und Medien wird häufig von den »bildungsfernen Schichten« und den »sozial Schwachen« gesprochen. Gemeint sind Menschen in spezifischen Milieus, die über wenig finanzielle Ressourcen verfügen und insofern eine hohe Tendenz aufweisen sollen, wenig gebildet und/oder erwerbslos zu sein, kriminell zu werden, eine mangelnde Kommunikationsfähigkeit und Sozialkompetenz haben und/oder alkoholsüchtig sein sollen. Hier wird vor allem regelmäßig ein genereller kausaler Zusammenhang hergestellt, der suggerieren soll, dass wer wenig Geld habe, meist auch dumm und asozial sei.
Wer also von Armut betroffen ist (aus welchen Gründen auch immer), hat demnach nicht nur zuwenig »Eigenverantwortung« gezeigt, um der eigenen finanziellen Not zu entfliehen (ist also selbst schuld), sondern wird auch als dumme und asoziale Ballastexistenz definiert. Diese werde zwar vor allem für den Konsum benötigt, solle sich aber bitte schön nicht zu stark vermehren, denn was Politik und Wirtschaft wollen, sind Akademiker-Kinder, die für das ewige Profit-Hamsterrad optimal verwertbar sind. Zudem unterstreicht die semantische Konstruktion, dass Reiche und Vermögende generell über mehr Sozial- und Bildungskompetenzen verfügen würden, als finanziell arme Menschen. Sie hätten durch eine gute Schuldbildung und ein besseres Elternhaus ein gemeinschaftliches Sozialverhalten und mehr beruflich relevantes Wissen entwickelt, so das allgemeine Denken, dass leider auch oft von vielen Linken so unreflektiert übernommen wird.
Die Begriffe »bildungsferne Schichten« und »sozial schwach« lenken davon ab, dass gerade in den letzten Jahren, viele Vermögende ihre Asozialität immer offener und dreister ausleben. Wenn sozial bedeutet, fürsorglich, hilfsbereit und empathisch zu sein, sowie an seine Mitmenschen und an das Gemeinwohl zu denken, und zwar in erster Linie aus Menschenliebe und nicht, um Corporate Social Responsibility (CSR) oder um Imagepflege zu betreiben, wie es Konzerne und Unternehmens-Stiftungen gerne machen, dann gibt es wohl eher wenig Reiche und Vermögende, die im eigentlichen Sinne des Wortes wirklich sozial sind. Und auch wenn sofort welche nach »Einzelfall« schreien, so ist der gesamtgesellschaftliche Schaden von Millionären, die Steuern hinterziehen, von kriminellen Banken, die ihre selbstverschuldeten Milliarden-Verluste der Bevölkerung aufdrücken und mit Lebensmitteln spekulieren oder von Konzernen, die ihren Giftmüll in die Natur kippen, wohl um ein vielfaches größer, als von Proleten, die sich nach einem Disco-Besuch prügeln.
Denn die Reichen und Vermögenden, die vor lauter Gier und Egoismus, nur noch daran denken, wie sie ihre Millionen halten und vermehren können, und dabei keinerlei Rücksicht auf ihre Mitmenschen nehmen, sind die eigentlich sozialresistenten Schichten. Sie verweigern ihren angemessenen Beitrag zur Solidargemeinschaft (durch z.B. Steuerhinterziehung) und haben dabei häufig keinerlei Verantwortungs- oder Schuldbewusstsein (Schwarzer, Hoeneß, Schuhmacher, Boris Becker etc.). Hier macht es auch überhaupt keinen Unterschied, welche Doktor‑, Diplom- oder andere Titel, welche berufliche Karriere, Auslandserfahrungen oder andere Sprach- und Bildungskompetenzen erworben wurden – Bildung schützt nicht vor Asozialität. Ganz im Gegenteil, scheint es eher so zu sein, dass wer zur vermögenden Oberschicht bzw. zum Geldadel gehören will, auch einen rücksichtslosen Charakter benötigt oder entwickeln muss. In diesem Sinne plädiere ich dafür, fortan den Begriff der sozialresistenten Schichten zu verwenden, wenn wir von Reichen und Vermögenden, von Bankern, Aktionären, Unternehmensberatern und Managern sprechen.
Ich habe noch einen »bedauerlichen Einzelfall«, der das unsägliche Geschwurbel von bildungsnah und ‑fern mächtig entlarvt.
Da gibt es einen ehemaligen »Suppenkasper«, der viel, viel Geld in Deutschland mit etwas hin- und herlaufen, mit dem Kopf gegen einen Gegenstand stoßen und Haken schlagen verdient hat, der gegen großes Geld Suppe gelöffelt und »gesungen« hat, der sein Gesicht für einen Mobilfunkanbieter in die Kamera gehalten hat und ständig und bis zum Erbrechen zu jedem Unsinn, der irgendwo und ‑wann passierte, seinen recht einfallslosen Senf dazugeben musste. Der sich erst kürzlich wieder lächerlich machte, als er meinte, Sklaven nur anhand ihrer sichtbaren Ketten erkennen zu können. Was kurz danach, nach Bekanntwerden weiterer, harter Fakten, schlagartig nicht mehr thematisiert wurde.
Der all sein Geld in Deutschland »machte«, von Eintritts- und Fernsehgeldern bezahlt wurde. Den Konsumenten von Suppen, Mobilfunkanbietern und weitere mitfinanzierten und der trotzdem seit Jahrzehnten aus steuerlichen Gründen seinen Wohnsitz nach außerhalb von Deutschland verlegt hat.
Ich würde mich soweit festlegen wollen, dass er das viele Geld sicherlich nicht wegen seiner alles überstrahlenden Intelligenz bekommen hat.
»Ganz im Gegenteil, scheint es eher so zu sein, dass wer zur vermögenden Oberschicht bzw. zum Geldadel gehören will, auch einen rücksichtslosen Charakter benötigt oder entwickeln muss. «
Noch zusätzlich begünstigt vom System , das offensichtlich auch innerhalb der Oberschichten die vergleichsweise dünn gesäten Leute zur Seite drängt , die klug genug sind , ihre privilegierte Situation zu erkennen.
Da sitzen Leute oben , die ganz selbstverständlich die Segnungen in Anspruch nehmen , die eine hochtechnisierte , arbeitsteilige Gesellschaft mit sich bringen kann , wenn man die Mittel dazu hat , und die sich dann aber in aller Dreistigkeit herausnehmen , darauf mit primitiven und archaischen Verhaltensweisen zu antworten , unter deren Bedingungen solche Chancen niemals hervorgebracht worden wären.
Die eigentlichen Schmarotzer sitzen also oben , sie leben von der sozialen Kompetenz anderer und sind kein Stück weit bereit , etwas davon zurückzugeben.
»dass leider auch oft von vielen Linken so unreflektiert übernommen wird.«
In der Tat erstaunlich , durchaus reale Erfahrungen mit assozialen Bauernschädeln werden da oft automatisch den unteren Schichten zugeordnet , dabei dürften sie sehr viel häufiger aus den Mittelschichten stammen .
Wird Geld heute von unten nach oben verteilt, so möchte man fast sagen, Verrohung wird von oben nach unten verteilt. An den Grad der Vorrohung da oben kommt man kaum heran. Es fängt mit der Wahrnehmung an. Weite Teile der Realität werden gar nicht wahrgenommen oder laufen in Standardisierten Wahrnehmungsboxen ab, die eine grausame Gleichgültigkeit erfolgreich stabilisieren. Hierin fängt sie Sozialresistenz zwar nicht an, die Wahrnehmung muss aber korrelativ sein.
Devoter Premiumkonsum stabilisisiert eine enge Welt, die sich von alleine auf sich alleine hin entwickelt. Hier ist das Ferienhaus in der Provence kein Luxus, es ist fast ein langweiliger Besuch, der verärgert, wie ein Besuch bei Oma Frieda. Immer diese Provence, sie hängt mir schon zum Hals heraus. Papa, vergrößere mal den Pool dort, der ist ja was für Kröten. Jährlich wird eines neue Sonnenbrille gekauft, immer wird in den schickesten Klamotten aufgetreten. Im Städtetourismus zum Beispiel. Wandelnde Plakatgestalten. Premiummarkenset live. Hosen für 250 Euro, mit Hemd und Schuhe für 300 Euro. Luxuskamera mit Hundenamen locker um die Hals gehängt. Aber nur eine Saison. Warum? Was warum, was soll da anderes dran sein? Der Wagen ist seit jungen Jahren ein fixer Bestandteil, ein BMW 1er mit 18, ein zweiter mit Xdrive mit 24, dann etwas größeres, auch mal was anderes, der BMWhändler wurde schon zu dreist. Hey, mein Freund aus Chicago kommt micht besuchen. Wir fliegen dann zusammen nach Shanghei. Die Flüge sind ja meist in der Premiumclass nicht so ausgebucht, die kaufen direkt am Flughafen. Vielleicht kommt auch Mascha aus Moskau dazu.
Mein Gott, wie mir diese Leute auf den Geist gehen, immer dieses Lärmen. Und diese Köter. Schau wie da gegessen wird. Nein Jonas-Laurits, da darfst du nicht hin. Schau wie Anne-Sophie hier brav spielt, spiel mit ihr! Komm lass uns weiter gehen, Schatz. Ich will ja nichts sagen, aber dieser Sarrazin hat schon auch was wahres gesagt. Ich mein, es mag schon sein, ja, du verstehst mich, ja, aber ganz so falsch liegt der auch nicht. Keine Ahnung, ja, es gibt heute wirklich viele Möglichkeiten, aber manche scheinen, ich weiß nicht, ja, die wollen halt nicht und sind einfach da und, und, ja keine Ahnung. Naja, schau Charlotte, meine Worte. Was glaubst du wo wir heute stehen würden, wenn ich so wie die da getan hätte? Ich bin meinem Vater da wirklichd dankbar, lange habe ich es nicht verstanden, aber heute, ich bin ihm, ja, dankbar, dass er mich da auf Spur gehalten hat.
Der Begriff ist genial und treffend. Lasst uns doch ernsthaft versuchen, ihn im deutschen Sprachraum zu etablieren.
Haha, und ich dachte, ich hätte mir in meinem neuen Post so schöne eigene Gedanken gemacht, dabei hast du im letzten Jahr bereits alles treffend formuliert. Aber ich denke, wir können diese Wahrheit nicht oft genug sagen und verbreiten . ;)
@preussischer Widerstand
Hihi :bling:
Ich vermute, in den über 7 Jahren ZG Blog habe ich mich bisher auch schon etliche Male wiederholt.
P:S: Ich habe mal Deinen Link zu Deinem Post reingesetzt. Hast hoffentlich nichts dagegen ;)
Nö, ganz und gar nicht. Danke. :bling: