Wenn Kinder den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen, hat das meist ernste Gründe. Ein vermeintlich kleiner Streit kann das Fass zum Überlaufen bringen. Jahrelange zwischenmenschliche Differenzen, emotionale Kälte und eine Beziehung, die nicht auf Augenhöhe basiert, kann vor allem erwachsene Kinder, dazu bewegen, den Kontakt komplett abzubrechen. Die Dunkelziffer verlassener Eltern wird in Deutschland auf über 100.000 geschätzt. Natürlich sind Eltern nicht für alles allein verantwortlich, ihre Kinder werden auch von Freunden, Erziehern, Lehrern, Liebespartnern und den Medien geprägt. Dennoch sperren sich die meisten Eltern dagegen, die Kindheit der eigenen Kinder ernsthaft zu reflektieren.
Eltern stehen über den Kindern, sind »Erziehungsberechtigte«. Sie haben sie in die Welt gesetzt, sich jahrelang um sie gekümmert, das Essen auf den Tisch gebracht, viel Geld ausgegeben, sie angekleidet, mit ihnen Hausaufgaben gemacht, sie vor den Gefahren des Lebens beschützt, ihnen Liebe gegeben und vieles mehr. Demzufolge müssen die Kinder den Eltern ein Leben lang dankbar sein. Die erwachsenen Kinder haben sich zu melden und sollen auch ihre Hilfe für die älter werdenden Eltern anbieten. Diese Einstellung ist weit verbreitet und gleicht mehr einem materialistisch-egoistischen Habitus, als einer ehrlichen Eltern-Kind-Liebe. Denn die Eltern sehen ihre Kinder hier als eine Art Investition an, die sich irgendwann, also besonders im Alter auszahlen soll. Die Qualität der Familienbeziehung hängt jedoch von vielen Faktoren ab und kann nicht einseitig eingefordert werden, weil man doch soviel »geleistet« und »investiert« habe.
Sehr viele Probleme zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern entstehen vor allem auch deshalb, weil die Eltern den Sprung von der Erziehung zur Beziehung nicht geschafft haben oder ihn bewusst nicht wollten. Erwachsene Kinder bleiben zwar rein genetisch immer die Kinder ihrer Eltern, wollen aber gleichberechtigt behandelt, also ernst genommen werden. Genau das machen Millionen von Eltern eben nicht. Sie entschuldigen sich nicht bei ihren Kindern für offensichtlich begangene Fehler (erwarten aber, dass die Kinder das tun), sie mischen sich in die Erziehung der Enkel ein, schreiben ihren erwachsenen Kindern vor, wie sie ihr Leben gestalten sollen, kommentieren jede Entscheidung, interessieren sich wenig für die Leidenschaften der Kinder und/oder üben einen permanenten beruflichen Druck aus. Das Erwachsen werden der Kinder, bedeutet auch ein Reifeprozess der Eltern. Wer als Eltern seine Kinder immer nur von oben herab behandelt, ihnen nicht zuhören, ihre Meinung, Lebensweise und Entscheidungen nicht akzeptieren (oder zumindest tolerieren) will, darf sich nicht wundern, wenn die Kinder sich irgendwann von ihnen abwenden.
Eure Kinder sind nicht eure Kinder. Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber. Sie kommen durch euch, aber nicht von euch. Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht. Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken, denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
- Auszug aus einem Gedicht von Khalil Gibran, arabischer Dichter, 1883–1931.
Oft äußern sich tiefe seelische Wunden, die in der Kindheit zugefügt wurden, Jahre oder jahrzehntelang nicht. Kommen sie irgendwann an die Oberfläche, entweder weil die Kinder älter geworden oder weil die Kinder sogar selbst Eltern geworden sind und sich nun über das Thema mehr Gedanken machen, dann wollen die eigenen Eltern davon häufig nichts mehr wissen: »Schnee von gestern«. Sicher, jeder ist irgendwann erwachsen und sollte nicht für jede Fehlentscheidung oder alle eigenen Probleme einseitig die Eltern dafür verantwortlich machen. Sich selbst stets als Opfer zu sehen, ist bequem und entlässt einen aus der persönlichen Verantwortung. Jeder hat die Chance, seine kindheitliche Prägung zu überwinden und das eigene Leben aktiv zu gestalten. Dennoch ist die eigene Kindheit entscheidend mit dafür verantwortlich, wie das spätere Eltern-Kind-Verhältnis sich entwickelt.
Um so älter die Kinder werden, umso ernster wollen sie genommen werden. Sie entwickeln womöglich eine andere Auffassung vom Leben und ihrer beruflichen Zukunft als die Eltern. Haben andere Ziele und andere Vorstellungen was die Partnerwahl betrifft. Vielen Müttern und Vätern fällt es unheimlich schwer, ihre Kinder in ihrem So-Sein zu akzeptieren. Ständig wird versucht, sie zu beeinflussen, zu manipulieren, ihnen den eigenen Lebensstil und die eigene Meinung aufzudrücken. Die eigenen Kinder zu lieben, bedeutet eben nicht nur, sie zu umarmen und ihnen ständig zu sagen, wie lieb man sie hat oder ständig Konsumgeschenke zu machen, sondern sie so zu akzeptieren, wie sie sich entwickeln und wie sie sein wollen.
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Eine Zusammenfassung der ersten zehn Teile der Kinderserie ist auf www.zeitgeistlos.de zu finden. Alle bisherigen 26 Folgen können im ZG-Blog in der Rubrik Kindheit gefunden werden.
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UPDATE: 6. November 2014: Auf SWR2 gibt es zu dem Thema eine tolle Radiosendung (rund 25 Minuten lang) mit dem Titel „Für mich bist Du gestorben!“ Unter anderem wurde auch meine Wenigkeit interviewt. Ein kleiner Auszug: „Epikur willigt ein, wir treffen uns. Er ist 36 Jahre alt, Politologe, Redakteur und Blogger und heißt im realen Leben Markus. Markus hat nach einem großen Streit vor zwei Jahren mit seiner Mutter und ihrem Lebensgefährten keinen Kontakt mehr mit ihr.“
Und schon wieder war heute ein Brief meiner Eltern im Briefkasten. Kurz und knapp schrieb mein Vater, dass das letzte Telefonat gezeigt habe, dass es keine Harmonie mehr zwischen uns geben wird. Alle Behauptungen von mir seien haltlos, die Lügen nicht nachvollziehbar. Mein Problem sei von Anfang an mein Mann, der Negativling. Daher sei es für beide Seiten besser, wenn kein Kontakt mehr unterhalten wird.
Tja, ich denke, dass das wirklich am besten ist.
An die Kinder, die sich hier gemeldet haben:
Gestern jährte sich wieder der Muttertag.
Vielleicht lest Ihr mal den unten genannten Blog-Artikel, geschrieben vermutlich von einer Tochter, über den Muttertag. Vielleicht denkt Ihr mal nach, was Eure Mütter alles Tolles geleistet haben? Hm?
Auch zwischen den Fotos ist Text und eine lange Auflistung der Leistungen einer Mutter, was beides nicht überlesen werden sollte.
An die hier mitschreibenden und ‑lesenden verlassenen Mütter:
Wenn Eure und meine Kinder nicht einmal an den Muttertag gedacht haben, dann sind, so steht das im Blog-Artikel (im Text und in der langen Auflistung der Mutterleistungen zwischen den schönen Fotos), alle die schönen Fotos mit Blumen, Blütenbäumen und Blumenwiesen uns Müttern gewidmet.
Liebe Mütter, wir Mütter können stolz auf unsere Leistungen sein.
Der Blog-Artikel mit den wirklich wunder‑, wunderschönen Fotos ist hier zu lesen:
http://dieraumfee.blogspot.de/2016/05/und-dann-kommt-der-muttertag.html
@ Eine der vielen verlassenen Mütter:
Ich bin eine dieser Töchter, die sich nicht bei ihrer Mutter gemeldet hat und ich habe deinen Kommentar und den Blogeintrag gelesen....
Ich möchte auf keinem Fall die gute Absicht hinter diesem Blogeintrag schlechtreden sowie deinen Kommentar. Es gibt, wie ich hier auch schon mal erwähnt habe, bestimmt auch Kinder, die zu unrecht die Mutter/den Vater/die Eltern verlassen. Aber es gibt eben auch solche, die dazu allen Grund haben.
»Vielleicht denkt Ihr mal nach, was Eure Mütter alles Tolles geleistet haben? Hm?« Ich finde, diesen Satz kann man nicht einfach so an alle Kinder richten, die sich nicht bei ihrer Mutter melden.
Ich möchte hiermit meiner Mutter nichts davon absprechen, dass sie sich während meiner Kindheit um mich gekümmert hat — Überhaupt nicht. Aber mal als eine Art Gegenargument warum ich mich nicht bei meiner Mutter gemeldet habe, möchte ich folgendes loswerden:
Soll ich mich bei ihr melden, nachdem sie mir seit Jahren immer wieder vorhält, ich sei eine Versagerin und meine Geschwister sowieso besser als ich?
Nachdem sie mir ins Gesicht gesagt hat, dass ich mein Studium ja eh nie fertig bekomme und falls doch, dann danach sowieso von Arbeitslosengeld leben werde?
Nachdem sie mir letztes Jahr nur zum Geburtstag gratuliert hatte, weil ich zufällig mit meiner Schwester telefonierte und die gerade meine Mutter besuchte, die zu dem Zeitpunkt wieder mal in der Entzugsklinik war?
Die versucht mich gegen meine Geschwister auszuspielen und es auch bei einer Schwester geschafft hat, dass diese den Kontakt zu mir ohne ersichtlichen Grund abgebrochen hat?
Ich könnte noch viele weitere Beispiele aufzählen...
Meine Mutter mag sich zwar in meiner Kindheit um mich gekümmert haben. Aber genauso hat sie mich mit ihrem Verhalten bewusst immer wieder zutiefst verletzt.
Und wenn ich dann so einen Kommentar lese, fühl sich das an wie ein Schlag ins Gesicht...
Beim Lesen der Beiträge hier tritt für mich ganz deutlich zu Tage, wie sehr Betroffene auf der Suche nach einer Erklärung, nach etwas Allgemeingültigem sind, um das Unfassbare verstehen und annehmen zu können. Generalisierungen sind etwas sehr ambivalentes, zu komplex sind die persönlichen Geschichten, Beziehungen, Enttäuschungen und Verletzungen, als das sie nach nur einem Schema/über einen Kamm geschoren werden können, ohne damit zu verletzen und Unrecht zu tun. Dennoch möchte ich ein paar Einsichten meinerseits hier ergänzen, die noch nicht so deutlich hier genannt wurden und meiner Meinung nach auf sehr viele – aber natürlich nicht auf alle – Fälle zutreffen.
Auch ich bin übrigens eine betroffene Tochter (34), die keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter (69) hat, um sich zu schützen.
1. Gibt es eine reinere, größere Liebe als jene eines Kindes zu seiner Mutter? Mancher mag einwerfen: Ja, jene der Mutter zu ihrem Kind. Aber ich stelle das in Abrede. Kein Kind stellt an seine Liebe und Zuwendung Bedingungen, hat Erwartungen oder wiederholt – bewusst oder unbewusst – ungelöste Konflikte aus der eigenen Vergangenheit mit seinem Elternteil. Doch genau das passiert vice versa leider nur zu oft, wie auch dieser Blog hier belegt. Wenn es also keine reinere und größere Liebe als jene eines Kindes zu seiner Mutter gibt, was für ein enormer, schmerzvoller Kraftakt muss es sein, wenn ein Kind sich von seiner eigenen Mutter trennt? Weil es einsehen muss, dass es von der eigenen Mutter bedingungslose Liebe und Zuwendung weder bekommen hat noch wird? Und als ob diese Verletzung nicht schon schlimm genug wäre, in der Regel noch unzählige andere Erniedrigungen und Tiefschläge einstecken muss? Diese Nicht-Beziehung loszulassen und die Schuldgefühle, die damit einhergehen als Teil des emotionalen Missbrauchs durch die Mutter zu erkennen und zu überwinden? Ich verstehe deshalb nicht, wie manche verlassene Elternteile hier ihren Kindern unterstellen können, diese hätten einfach so, ohne triftigen Grund, aus reiner Niedertracht und Brutalität und nur um bewusst zu verletzen den Kontakt abgebrochen. Es mag vereinzelt Fälle geben, in denen Kinder aufgrund einer psychischen Erkrankung aus reiner Mutwilligkeit so handeln. Aber selbst dann müsste diese Erkrankungen den Eltern schon lange bekannt und ein angemessener Umgang damit gelernt sein. Was sagt das über eine Familie und die Eltern, die hier besonders in der Verantwortung stehen, aus, wenn solche Entwicklungen scheinbar unbemerkt stattfinden können um dann aus angeblich heiterem Himmel hereinzubrechen? Meiner Meinung nach lassen das Unverständnis und die Überraschung dieser Eltern bereits tief blicken, ebenso der Umstand, dass das eigene Verhalten mangels tiefgehender Reflexion (idealerweise mit professioneller Begleitung) nicht wirklich in Frage gestellt wird und statt dessen die Verantwortung für die Beziehung einseitig dem Kind umgehängt wird. Noch einmal: Aus meiner Sicht und Erfahrung gibt es nur wenig, das so schmerz- und qualvoll ist, wie die eigene Mutter und die Beziehung zu ihr zu Grabe tragen zu müssen – in dem Wissen, dass diese Person aber noch lebt. Hier Leichtfertigkeit hinein zu interpretieren, zeugt für mich von großer Unzulänglichkeit.
2. In einem der letzten Beiträge ist auch von Dankbarkeit der Mutter und ihren Leistungen gegenüber die Rede. Da wird Nachsicht eingefordert, nicht eine perfekte, fehlerfreie Mutter zu erwarten. Ja, da ist schon was dran. Elternschaft ist mit Sicherheit eine gewaltige Herausforderung und dabei immer wieder Fehler zu machen und an Teilaufgaben zu scheitern, ist unvermeidlich. Aber der entscheidende Punkt ist für mich: Wie gehen Eltern damit um? Wenn mich mein Kind damit konfrontiert, welche Verletzungen es durch mich erlitten hat, dann wäre eine gesunde Reaktion, das anzuerkennen, die eigene Überforderung benennen zu können und unvermeidbare Fehler als solche anzuerkennen und sich dafür ehrlich zu entschuldigen. Wenn ich das aber nicht kann, sich mein Gegenüber dann für seine Gefühle noch rechtfertigen soll (wie absurd!) und durch diese bereits schuldig macht, dann tue ich ihm ein weiteres Mal Unrecht und Gewalt an. Und das auf eine Art und Weise, die Kommunikation über kurz oder lang unmöglich macht. Dankbarkeit – ja, aber nicht wenn ich mich dafür selbst verstümmeln muss, das eigene erlittene Leid verschweigen muss. „Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass Du …“ steht in der Bibel. Und wo steht, dass Eltern ihre Kinder lieben sollen? Was man Kindern, denen diese Liebe verweigert worden ist, antut, wenn sie ihre Peiniger trotzdem als Wohltäter sehen und dankbar sein sollen?
3. Immer wieder wird auch erwähnt, wie sinnlos es ist, sich mit der Schuldfrage auseinanderzusetzen, weil es zu nichts führt. Das ist grundsätzlich schon richtig. Aber was von vielen übersehen wird: Es ist unverzichtbar, dass ein Kind, das von seinen Eltern emotional und/oder physisch missbraucht wurde, sein Leid, seine Verletzungen als solche wahrnehmen und auch benennen darf – und das schließt die Schuldfrage zwangsläufig mit ein. Es ist eine typische Perversion missbrauchender Menschen, dass sie ihren Opfern die Schuld zuweisen, um sie damit zum Täter zu machen, die Rollen ins Gegenteil zu verkehren. Ein lösungsorientierter Ansatz ist im Konfliktmanagement grundsätzlich richtig und sinnvoll. Aber beim Thema Missbrauch in jedweder Form geht es um viel mehr: Es geht zuerst einmal um Opferschutz. Da müssen Dinge beim Namen genannt werden dürfen und zum Schutz Grenzen gezogen werden. „Aber sie ist doch deine Mutter, du musst ihr doch verzeihen und die Vergangenheit ruhen lassen“ u. dgl. mehr heißt es dann oft wohlmeinend, und ich könnte einfach nur kotzen. Das ist Quatsch, basierend auf dem oben genannten Bibel-Gebot. Wenn das Aussprechen und Benennen von Schuld nicht sein darf, weil es um Täterschutz statt Opferschutz geht, wenn die Vergangenheit bloß unter den Teppich gekehrt werden soll, dann kann es keinen Neuanfang geben. Eine neue, echte Beziehung beruhend auf Gegenseitigkeit kann es so nicht geben, es läuft nur auf ein Weiterführen alter Muster hinaus.
@unikat
Nach über 150 Kommentaren noch einmal eine gute Zusamenfassung der bisherigen Beiträge. Danke!
Mir fällt im Übrigen auf, dass es oft die Mütter sind, von denen sich die Kinder distanzieren, weil sie den Psychoterror, die Vorwürfe, die Intrigen usw. irgendwann nicht mehr aushalten. Was wohl der Feminismus dazu sagen würde... ;)
»Mir fällt im Übrigen auf, dass es oft die Mütter sind, von denen sich die Kinder distanzieren, weil sie den Psychoterror, die Vorwürfe, die Intrigen usw. irgendwann nicht mehr aushalten. Was wohl der Feminismus dazu sagen würde... ;)«
Ich denke, das hat vor allem damit zu tun, dass die Mutter für ein Kind meistens »von Natur aus« eine wichtigere Bezugsperson ist als der Vater. Die Bindung beginnt bereits in der Schwangerschaft, die Geburt und das Stillen sind ebenfalls besondere, verbindende Erlebnisse. Auch wenn die klassische Rollenverteilung — Mutter zieht Nachwuchs auf, Vater verdient die Brötchen — heute nicht mehr »Standard« ist, zumindest in Grundzügen ist sie auch heute in vielen Familien noch anzutreffen. Entsprechend sind sowohl das Naheverhältnis als auch das Konfliktpotential viel größer.
Wenn das keine Vorverurteilung und Parteilichkeit ist.....
peinlich!!!
Worauf beziehst Du Deine Aussage?
@unikat: Ebenfalls Danke für den gehaltvollen Beitrag. Der Beitrag von »einer der vielen verlassenen Mütter« zeigt auch wunderbar auf, wo ein wesentliches Problem liegt: Die Kinder haben gefälligst »dankbar« zu sein. Sei der Anlass auch nur ein an sich bedeutungsloser, (von Blumen- und Pralinenhändlern) ;) erfundener Tag wie der so genannte »Muttertag«. So ganz »Bedingungslos« ist die Liebe der Mutter zum Kind ja dann offenbar doch nicht...? ;) Da sei es also die »Pflicht« eines jeden Kindes, die ganzen Verfehlungen der Mutter teils über Jahrzehnte zu vergessen — und die »Leistungen« ehrfurchtsvoll anzuerkennen... Eltern / Mütter, die sich selbst gar für »Helden« halten, denen die Kinder dankbar zu sein hätten, haben für mich ne besonders ausgeprägte Störung. Ich würde jedenfalls von meinen Kindern niemals »Dankbarkeit« erwarten — für mich wäre meine Eltern-»Leistung« einfach nur im wahrsten Sinne des Wortes: natürlich. Selbstverständlich. Bedingungslos. Ich bin dem Kind gegenüber in der Bringschuld! Das Gegenteil davon ist leider: die Regel...!
Der wesentliche Unterschied in der »Schuldfrage« ist in meinen Augen auch: Das Kind hat sich nicht dazu entschlossen, geboren zu werden oder sich konkret diese Eltern auszusuchen. Die Eltern haben sich entschlossen, ein denkendes und fühlendes Wesen in diese (schlechte...) Welt zu setzen! Vielleicht war man auch einfach nur besoffen an dem Abend, hat nicht verhütet, war einfach nur besonders geil; hat sich nicht viel Gedanken gemacht... Und dann isses irgendwann da, dieses schreiende Bündel. Dann hat man die Verantwortung. Dazu noch den Druck, den das »normale« Leben so auf einen macht... den wird man dann — so oder so — auf lange Sicht auch auf das Kind weiterleiten.
Was die Frage betrifft, warum hier eher die Mütter im Focus stehen: Das liegt in meinen Augen auch daran, dass Männer generell weniger den Zwang zum endlosen Gequatsche haben. Männer akzeptieren irgendwann Dinge einfach so, wie sie sind. Frauen dagegen meinen (oft), durch die endlose Wiederholung alles bereits 1000 mal Gesagten dann doch vielleicht irgendwann mal etwas zu erreichen. Dabei machen sie es dadurch nur: schlimmer und schlimmer... Nicht umsonst zielt das ironische Sprichwort »Das Gegenteil von gut ist gut gemeint« ja auch auf (Schwieger-)Mütter... ;)
@unikat: Das ist der beste Beitrag, den ich bisher zu diesem Thema gelesen habe!
Ich bin selbst Kontaktabbrecher, aus Selbstschutz! Bei einer Mutter mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist wohl keine Einsicht mehr für begangene Verfehlungen bzw. eine ehrliche Entschuldigung zu erwarten. Und ja, genau deshalb kann es keinen gemeinsamen Weg bzw. einen Neuanfang mehr geben. Ansonsten würde man immer »Opfer« bleiben.
Ich will mich hier nicht an der Diskussion beteiligen, sondern nur auf den § 1618a Bürgerliches Gesetzbuch verweisen.
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1618a.html
»Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) — § 1618a Pflicht zu Beistand und Rücksicht:
Eltern und Kinder sind einander Beistand und Rücksicht schuldig.«
Ja, das wäre schön, wenn das so einfach wäre. Das kleine Wort »einander« weist dabei aber auf etwas Wesentliches hin: Der Beistand und die Rücksicht beruhen auf Gegenseitigkeit. Und es Bedarf wohl keiner Erklärung, dass damit nicht »Kadavergehorsam« gemeint ist. Wenn mir mein Familien-Gegenüber Rücksicht und Beistand immer wieder oder gar fortwährend versagt, dann hat diese Person damit jedes Recht verwirkt, selbiges sich von mir zu erwarten oder gar einzufordern. In einer solchen Situation zeigen diese Erwartungs- oder Forderungshaltung nur zu deutlich, dass sie Teil des eigentlichen Problems sind. Sich darauf zu berufen, zeugt aus meiner Sicht davon, dass z. B. ein Elternteil seinem erwachsenen (!) Kind nicht zugesteht, Situationen bis hin zu ganzen Beziehungen eigenständig zu bewerten und darauf individuell für angemessen befunden zu reagieren. Das schließt auch die Beziehung zu den eigenen Eltern mit ein. Ultima ratio eine Beziehung einzufordern, vielleicht sogar mit Verweis auf Gesetze — das sagt schon eine Menge aus über die vorhandene Nicht-Beziehung, wie augenscheinlich wenig Bereitschaft da für die Anerkennung von Realitäten und persönlicher Grenzen ist — und wie unglaublich verletzend und entwürdigend so eine Haltung ist, insbesondere wenn sie Eltern gegenüber ihren Kindern einnehmen.
Unikat, ich danke Dir für Deine Ausführungen! Ich wusste jahrzehntelang nicht ‑und ich bin inzwischen 50 Jahre alt- was in dem Verhältnis zu meinen Eltern nicht stimmte. Wenn man in einem Elternhaus groß wird, wo bedingungsloses Parieren und Rücksichtnahme ausschließlich auf die Gefühlswelt der Eltern verlangt wird, bedarf es offenbar eines längeren Zeitraums, das, was da schief läuft, auch zu erkennen. Die Frage, ob man sich dann auch mal traut, die Schieflage beim Namen zu benennen, hat in mir sehr lange gearbeitet, während mir immer mehr Punkte auffielen, die mir immer mehr zuwider wurden. Aber ich habe lieber still geweint oder wurde sogar krank, bevor ich mich beschwerte, oder ihr Verhalten in Frage stellte. Leider musste es bei mir wirklich erst zu einer Situation kommen, in der ich ernsthaft erkrankte und es in einer Art Verzweiflungsakt wagte, einmal eine Situation anzusprechen, die mich verletzt hatte. Und wie ich es im tiefsten Inneren bereits wusste und erwartete, eskalierte dann alles. Meine Eltern haben sich nicht einmal bei mir erkundigt, wie es mir geht oder wie ich die zahlreichen OPs überstanden habe. Dass es für eine Frau nicht leicht ist, eine Brust zu verlieren, können sie bis heute nicht nachvollziehen. Ich bin doch mit dem Leben davon gekommen und in ihrem Bekanntenkreis gibt es eine Frau, die beide Brüste amputiert bekam, die ohne Scheu und Probleme noch in die Sauna geht. Und schließlich sind es meine Eltern, die Beistand brauchen, denn sie haben ja schon einen Sohn verloren.
Die Zeit, die nach der Eskalation folgte, war hart. Extrem hart. Aber zusammen mit er tiefen Verzweiflung, dass es zu diesem Bruch gekommen ist, erlebte ich auch eine Befreiung. Und heute, nach knapp 3 Jahren, bin ich mir über so viele Zusammenhänge im Klaren und weiß inzwischen, dass der Schritt, der ein vernünftiges wieder in Kontakt treten möglich machen kann, ganz eindeutig von meinen Eltern kommen muss. Dazu gehört allerdings auch die Bereitschaft, zu reflektieren. Mir hätte anfangs gereicht, wenn nur gesagt worden wäre: Wenn ich Dich mit meinem Verhalten verletzt habe, tut es mir Leid! Endlich mal das Gefühl zu haben, dass meine Gefühle wahrgenommen und respektiert werden. Aber sie dazu nicht in der Lage sind, kann es nicht mehr zu einem guten Ende kommen.
So langsam erhole ich mich. Von meiner Kindheit, von dem Erwachen und Erkennen, vor allem von dem Konflikt. Nach wie vor, bin ich für meine Eltern gesprächsbereit. Aber ich werde es so handhaben, wie ich es zuletzt gemacht habe. Sollte ich in diesem Gespräch beleidigt und beschimpft werden, lege ich auf. Das tue ich mir nicht mehr an. Ich fühle mich endlich mit mir im Einklang.
Immer mal wieder gibt es Funkstille zwischen mir und meinen Eltern, weil ich (inzw. Mitte 40) so etwas Verwerfliches getan habe, wie eine andere Meinung als mein Vater zu haben UND zu äußern oder Grenzüberschreitungen durch meine Eltern anzusprechen. Das wird dann einerseits mit Beleidigtsein (Vater) und Totschweigen (Mutter) quittiert. Ein vernünftiges und vielleicht emotionales aber ruhiges (!) Gespräch ist weder mit beiden zusammen noch mit meinem Vater allein möglich.
Stattdessen wurde mir meine als »Kapriolen« eingestuften Reaktionen stets mehr oder weniger verziehen (jedenfalls nach außen hin), indem man so tat, als wäre nie etwas gewesen.
Was mir u.a.verziehen wurde, als wäre nie etwas gewesen: Mein Vater brüllte mich auf seiner Geburtstagsfeier vor ein paar Jahren als Erwachsene vor den Gästen an als ich Rahmen einer Diskussion seine Meinung nicht unwidersprochen stehen lassen konnte. Er brüllte, ich hätte den Mund zu halten und Respekt vor ihm zu haben, denn schließlich sei er mein Vater.
Mir wurde auch verziehen, dass er mir Prügel androhte, weil er meiner Meinung nicht gewachsen war. Als ich ihm sagte, dass ich mir das nicht gefallen lassen und im Zweifel zurückschlagen würde, was natürlich in seinen Augen die absolute Respektlosigkeit war, warf er mich aus dem Haus.
Mir wurde auch verziehen, dass meine Mutter heulend auf der Bettkante saß und mich anflehte, ich möge bleiben, weil er das doch nicht so gemeint habe.
Mir wurde auch verziehen, dass er mir meine Konfirmationsfeier verdorben hat, weil ich so unverfroren war, ein Stück Gurke von einer kalten Platte zu essen, was zur Folge hatte, dass er mich einfach vor den Gästen zusammenstauchte. Für nichts! Ich war selber Schuld, dass ich den Rest des Tages heulend auf meinem Bett saß und die Gäste mich reihum besuchten, um mir einerseits zu erklären, früher sei er so nicht gewesen und »das habe er doch nicht so gemeint«.
Mir wurde auch verziehen, dass ich zuhause blieb, weil nicht verstanden habe, dass ein Verbot auf eine Party zu gehen, zwei Stunden später doch wieder eine Erlaubnis sein würde. Einfach, weil er Lust hatte, seine Meinung immer mal wieder zu ändern.
Ich habe seit meiner Jugend darauf hingewiesen, wo mein cholerischer und infolge seiner Anfälle oft ungerechter und meine Mutter und mich herabwürdigender und dabei gern die Öffentlichkeit suchender Vater maßlos handelt und was man sich nicht gefallen lassen muss. In späteren Jahren habe ich darauf hingewiesen, welche Verhaltensweisen ich mir gegenüber nicht dulde, dass ich z.B. nicht bereit bin, als Schiedsrichter zwischen meinen Eltern zu fungieren, zu dem sie mich immer wieder zu machen versuchten, oder dass ich mir als erwachsene junge Frau von meinem Vater keine Schläge androhen lasse. Ich habe versucht ihnen zu vermitteln, mit welchen Verhaltensweisen ich überhaupt nicht umgehen kann (mit ihrer Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit z.B). In den Fällen, in denen sie meine Schwierigkeiten mit ihnen überhaupt wahrgenommen haben, hielten sie das eher für witzig gemeinte Anmerkungen von meiner Seite.
Es gab überhaupt keine Einsicht dazu, warum etwas, das doch schon immer so gehandhabt wurde, auf einmal nicht mehr in Ordnung sein sollte. Sie erkannten nicht, dass ich diese Punkte z.T. jahrzehntelang auf unterschiedliche Art und Weise angesprochen habe und dass sie mir ernst waren, weil sie nicht hingehört hatten. Von »auf einmal« kann hier also nicht die Rede sein sondern eher davon, dass bestimmte Dinge schon immmer nicht Ordnung waren und das auch von mir thematisiert wurde.
Irgendwann habe ich meiner Mutter gesagt, dass ich ihre Entscheidung, die Verhaltensweisen meines Vaters hinzunehmen zwar nicht nachvollziehen könne aber akzeptieren würde, da sie irgendwann (und immer wieder) in ihrem Leben entschieden habe, dass das wohl für sie so richtig sei. Sie aber müsse auch akzeptieren, dass das z.T. an den Tag gelegte Verhalten für mich nicht akzeptabel sei und dass ich da anders wäre als sie.
Ich galt als stilles und ausgesprochen schüchternes und vernünftiges Kind. Heute weiß ich: Schon als Kind habe ich immer versucht, mich aus der Schusslinie zu nehmen und den nächsten Wutanfall voraus zu ahnen. Schon als Kind konnte ich meine Eltern nicht als Erwachsene wahrnehmen sondern als unreife Menschen, die leider nicht in der Lage sind, Probleme erwachsen zu lösen.
Infolge dieser Umstände habe ich einen mit 11 Jahren erlittenen Missbrauch mit mir selber ausgemacht und auch ansonsten alle Entscheidungen in meinem Leben weitestgehend allein und für mich selbst getroffen.
Wenn also verlassene Eltern wie Anna pauschal behaupten, dass Kinder, die sich von ihren Eltern losgesagt haben (sei es vorrübergehend oder endgültig oder mit offenem Ende), keine Geprächsbereitschaft zeigen würden, kann ich darauf nur entgegnen, dass manchmal die Zeit des Redens vorbei und die Zeit des Handels gekommen ist. Vielleicht mag der konkrete Auslöser marginal wirken, aber er ist oft der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wie oft soll ein Kind sich die Nase stoßen müssen, bevor es gehört wird? Wieviel Bereitschaft muss ein Kind zeigen und wo darf es anfangen, sich selbst vor weiteren Verletzungen zu schützen, indem es sich entzieht, wenn Worte doch nicht zu nützen scheinen?
Die geschilderten Umstände führen dazu, dass ich auch als erwachsene und gestandene Frau ausgesprochen empfindlich darauf reagiere, wenn ich das Gefühl habe, nicht ernst genommen zu werden oder dass Zweifel an meinen Worten bestehen. Sie führen außerdem dazu, dass ich insb. im beruflichen Umfeld eine ausgesprochene Weitsicht habe, die mich — verbunden mit anderen Rahmenbedingungen — in ein Burnout getrieben hat, weil das natürlich auch bedeutete, einen großen Aufwand betreiben zu müssen, um vermeintlich zu erwarenden Schaden abwenden zu können. Ich lerne erst seit ein paar Jahren diese Muster langsam zu durchbrechen.
Mein Vater hatte im letzten April einen seiner sinnlosen (mir ist natürlich klar, dass das Hilflosigkeit ist, aber das ist eine Hilflosigkeit für die ich nicht verantwortlich bin und deren Ausleben zu meinen Lasten ich nicht mehr akzeptieren kann) Ausbrüche, bei denen er mir ein von mir geäußertes Gefühl brüllend absprach.
Ich erklärte ihm ganz ruhig, dass ich mich nicht von ihm ohne Grund anbrüllen lassen würde, wenn ich doch geradeim Begriff wäre, den Tag zu investieren, um meinen Eltern zu helfen. Infolgedessen würde ich nun gehen und das Wochenende anders verbringen. Das führte dazu, dass er mir auf der Straße hinterherbrüllte, ich bräuchte mich nie wieder blicken lassen, ich würde immer die Familie im Stich lassen, er wolle mich nie wieder sehen und ich sei für ihn gestorben. Dabei hatte er wohl vergessen, dass ich u.a. Tag für Tag im letzten Jahr im Krankenhaus an seinem Bett gesessen und mich um meine Mutter gekümmert habe, während er meinen Bruder gnädig in den Urlaub entlassen hatte.
Vermutlich hat er auch vergessen, dass es vor ein paar Jahren umgekehrt genauso war, als meine Mutter im Krankenhaus lag und dass ich mich in all den Jahren dazwischen um jeden Scheiß gekümmert habe, um meine Eltern zu entlasten. Ich bin sogar wieder in ihre Wohngegend gezogen, um in der Nähe zu sein. Und das nicht etwa, weil ich nicht ein eigenes Leben mit Freunden, Hobbies und Vollzeitarbeit oder eine schützenswerte Gesundheit hätte.
Im Bewusstsein aller Konsequenzen (vor allem auch in Anbetracht der Tatsache, dass wir die Dinge womöglich nicht mehr würden ins Lot bringen können, bevor die Zeit einen Riegel davor schiebt) habe ich trotzdem jahrelang nicht mehr so tief und frei geatmet wie an besagtem Tag im April.
Die Gefühle der Trauer UND Befreiung halten an. Meine Eltern leben ihr altes Muster und benehmen sich jetzt nach ein paar Wochen halbherzig so, als wäre nie etwas gewesen. Das ist auf Seiten meines Vaters verbunden mit der Frage, ob ICH (?) mich denn nun überhaupt nicht mehr bei meinen Eltern melden würde. Ich frage mich: warum sollte ich das tun? Seine unausgesprochene Erwartung, dass ich mich zu entschuldigen hätte, schwingt da natürlich mit. Aber nicht die Wahrscheinlichkeit einer Entschuldigung für seine Worte am besagten Apriltag, als er mich »verstieß«. Auf Seiten meiner Mutter ist besteht das Muster darin, dass sie mich an zwei in Kürze stattfindende Familienfeiern erinnerte, die meine Eltern ausrichten, und auf denen ich natürlich »wie eingeladen« erwartet würde.
In gewisser Art und Weise kann ich ihr Verhalten sogar verstehen, denn sie haben nie ein anderes gelernt (sich aber auch nie erkennbare Mühe gegeben, das zu tun). Aber mein eigener Leidensdruck ist derzeit so groß, dass ich nicht bereit bin, das Spiel wieder und wieder mitzuspielen.
Ich möchte ein schönes Leben. Darauf habe ich ein Recht. Ich möchte nicht immer Probleme um meine Eltern wälzen müssen. Das geht aber nur, wenn nicht ständig neue bzw. die immer alten Probleme auftauchen.
Unabhängig davon liebe ich meine Eltern und bin zutiefst davon überzeugt, dass sie das getan haben, was sie für das Beste für ihre Kinder hielten. Das kann ich anerkennen, denn mehr kann man von Eltern nicht erwarten.
Aber das heißt nun mal leider nicht, dass es auch immer das Beste für die Kinder ist oder für jedes Kind gleichermaßen gilt.
@Kiksi
Vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag!
Deine Erlebnisse bekräftigen die These, dass viele Eltern den Sprung von der Erziehung zur Beziehung nicht schaffen und/oder nicht wollen. Erwachsene Kinder wollen nicht länger »unter« den Eltern stehen, sondern gleichberechtigt behandelt, respektiert und ernst genommen werden in ihren Ansichten, ihrer Lebenseinstellung, und ihrer Berufswahl. Da jedoch viele Eltern ihre Kinder als »persönlichen Besitz« betrachten, sollen sie sich fügen. Das führt dann unweigerlich irgendwann zur Explosion.
Meine Tochter hat vor 3 Jahren den Kontakt abgebrochen.Das hat mich so tief getroffen wie noch nichts in meinem Leben.Ich bin so traurig darüber und schwanke immer zwischen Akzeptanz und großer Traurigkeit und Sehnsucht. Mir fallen Dinge ein die ich falsch gemacht habe,aber was meine Tochter denkt wüsste ich gern.Ich bin bereit zuzuhören und zu lernen,aber meine Tochter reagiert auf keinenKontaktversuch.Ich weiß nicht was ich tun kann.g
@Gabi Bohle
»Ich bin bereit zuzuhören und zu lernen«
Ist ein guter Anfang. Vielleicht teilst Du genau das Deiner Tochter so mit? Als »Bonus« vielleicht sogar eine kleine Entschuldigung für vergangene »Taten«? Sie wird vermutlich nicht sofort reagieren, aber es wird »arbeiten«. Manches braucht dann auch einfach Zeit und Distanz.
Ich habe mal wieder ein Wochenende im tiefen Loch der Depression hinter mir. Wieso kann ich keinen Schlussstrich ziehen? Ununterbrochen dreht sich das Rad in meinem Kopf und Gesagtes wird immer wieder abgespult. Nur weil ich einmal gewagt habe Grenzen zu setzen, ist alles aus den Fugen geraten. Das, was in der Erziehung schon immer wunderbar geklappt hat, greift auch jetzt: Das Heraufbeschwören des schlechten Gewissens. Es ist da. Hätte ich doch weiter mitgespielt und ausgehalten in diesem Familientheater, nur noch ein paar Jahre, dann wären beide tot, aber in dem Glauben gestorben, ein in jeder Hinsicht erfolgreiches Leben geführt zu haben. Nein, ich bin irgendwann eingeknickt und habe an der Fassade gekratzt, weil ich einfach nicht mehr konnte. Und muss mir den Vorwurf gefallen lassen, die größte Heuchlerin und Intrigantin der Familie zu sein. Stimmt ja auch irgendwie. Mir geht es psychisch richtig schlecht, weil ich bei meinem letzten Telefonat mit meiner Mutter ja mitbekommen habe, wie verzweifelt sie eigentlich ist. Aber sie kann einfach nicht erkennen, dass ich sie mit meiner vorsichtigen Kritik damals nicht vernichten wollte. Ich wollte einfach ‑zum ersten Mal in meinem Leben- eine Grenze setzen. Ihr klarmachen, dass mich ihre Worte verletzt haben. Ein einfaches »das tut mir leid- das habe ich nicht gewollt« und eine in der Zukunft bedachtere Wortwahl hätten mir genügt. Aber das schafft sie nun mal nicht. Nein, sie rastet aus, verdreht die Wahrheit, beschuldigt und beleidigt mich und meinen Mann. Und das geht einfach nicht mehr. Ich halte es nicht mehr aus. Aber den jetzigen Zustand halte ich auch nur schwer aus. Trotz Psychotherapie und Antidepressiva erlebe ich immer wieder diese psychische Talfahrt wie letztes Wochenende. Ich hoffe, dass ich es irgendwann schaffe, einen inneren Frieden zu finden, der ehrlich und von Dauer ist.
Hallo Faithful,
ich hab deinen letzten Beitrag gelesen und mir tut es Leid, dass es dir an diesem Wochenende so schlecht ging. Ich hoffe, dass es dir mittlerweile besser geht.
Du hast geschrieben, dass du »irgendwie« der Meinung bist, es stimmt, dass du die »Heuchlerin und Intrgantin der Familie« bist, was dir vorgeworfen wird.
Ich finde das überhaupt nicht, eher das Gegenteil! Damit, dass du auf deiner eigenen Meinung beharrst, zeigt doch, dass du die Stärke besitzt das durchzusetzen, was für dich gut ist! Und wenn etwas, was deine Mutter gesagt/getan hat, dich verletzt hat, dann ist es dein gutes Recht, das auch auszusprechen!
Ich weiß selber wie schwer das ist, habe selber jahrelang die Ungerechtheiten und Intrigen meiner Mutter einfach hingenommen und so getan, als wäre alles in Ordnung — einfach des Friedens wegens und da ich irgendwie auch wusste, dass — wenn ich mal etwas kritisiere — sie keinerlei Kritik annehmen wird und es eh eskalieren wird — mittlerweile habe ich seit ca, einem Jahr keinen Kontakt mehr zu ihr...
Auch ich habe Moment, in denen ich an allem Zweifle und mir selbst Vorwürfe mache, warum ich damals nicht anders gehandelt habe und einfach nichts gesagt habe... Aber das wäre auch falsch gewesen. Wenn man so will »noch mehr falsch« als die jetzige Situation. Und da hab ich das kleinere der beiden Übel gewählt.
Und man kann keinem, der in einer solchen disfuntkionalen Familie aufwächst, Schuld zuweisen, wie man mit der Situation umgeht! Es ist eine so komplexe und kaputte Situation, dass ich auch nachvollziehen kann, dass einige dadrin stecken bleiben und keine Kraft haben auszubrechen und einfach in dem Schmerz weiterleben. Andere schaffen es gewisse Grenzen zu ziehen und müssen dann mit den Konsequenzen leben. Beide Situationen sind schlimm.
Wenn ich mal wieder einen solchen Tiefpunkt habe, hilft es mir, mich darauf zu konzentrieren, was ich in meinem Leben geschafft habe! Obwohl mir in meinem Leben so viele Steine in den Weg gelegt wurden, habe ich mein Studium abgeschlossen und mir meinen Wunsch erfüllt in Skandinavien zu leben und zu arbeiten!
Ich bin mir sicher, Faithful, dass auch du einige Dingen in deinem Leben hast, auf die du stolz sein kannst, erreicht zu haben! Allein die Tatsache, dass du es trotz deiner Kindheits- (und Erwachsenen-) Erfahrungen in deiner Familie geschafft hast, im Hier und Jetzt zu sein ist doch Grund genug auf dich stolz sein zu können!
Hallo...Ich bin eine verlassene Mutter und ich bin sprachlos das mein Sohn den Kontakt abgebrochen hat.Er hat seit anderthalb Jahren eine Freundin die ich nicht nur in meinem Herz sondern in mein Leben gelassen habe.Sie hat ein besonderes innigen Verhältnis zu ihren Eltern. Nun ist der Umstand eingetreten,das mein Mann und ich diese Eltern nicht besonders toll finden. Unsere Kinder haben sich aber in den Kopf gesetzt,das wir uns öfter sehen sollen.Wir haben Ihnen in mehreren Gesprächen versucht zu erklären warum wir uns da so schwer tun.Sie sind gefühlskalte materiell denkende Menschen und wir das ganze Gegenteil. Wir haben Ihnen Kompromisse angeboten....Nichts hat geholfen...Beim letzten Telefonat hat mein Sohn mir noch gesagt,das er mich liebt und zwei Tage später hat er in ihrem Beisein mich aus seinem Leben geworfen. Und das soll ich verstehen?Wo ist denn der Fehler?
Hi,
ich bin eine ehemalige alleinerziehende Mutsch und habe 2 erwachsene Kinder.
Ich kann beide Seiten verstehen. Also Kinder denen es langt, weil sie (evtl. unwissentlich?) so verletzt sind, dass sie Abstand brauchen und Mütter (Eltern?) die einen Fehler gemacht haben und (auch bei Wiedergutmachung) diesen Kontaktabbruch nun hin nehmen müssen.
Tragisch: in meiner Familie ist das Mode und MICH macht das fertig! Meine eigenen Eltern haben den Kontakt zu mir abgebrochen, mitgeteilt durch meine »kleine« Schwester und das zu einem Zeitpunkt, als ich mit meinem 2. Kind sitzen gelassen wurde und psychisch am Ende war. Kein Mitleid bitte, aber es war die Hölle.
Diese Hölle erlebe ich nun, da ich erkenne, dass ich mein ältestes Kind bitter enttäuscht habe und nicht bemerkte, wie sehr ihn das in seinem tiefsten Inneren verletzte. Ich habe es begriffen, es fiel mir wie Schuppen von den Augen, dass die Liebe die ich gab (geben konnte) nicht das war, was er gebraucht hat. Und ganz großspurig fand ich mich als Mutter eigentlich ganz passabel.
Nun muss ich damit leben und ich muss sagen, dass diese Erkenntnis mein Leben umkrempelt. Ich muss ebenso mit dem Schmerz umgehen wie mein Kind.
Eigentlich lächerlich: meine Kinder waren mir immer das Wichtigste in meinem Leben. Verloren, ich hab´s verbockt.
Und ich möchte mich nicht damit trösten, dass es schon wieder wird. Das glaube ich nicht.
Also Eltern: überlegt euch gut, was ihr tut, sonst ist es irgendwann zu spät!
@Moonglow
»Eigentlich lächerlich: meine Kinder waren mir immer das Wichtigste in meinem Leben. Verloren, ich hab´s verbockt.«
Das ist schon eher bedenklich: sich über und durch die Kinder zu definieren! Dadurch macht man sich emotional abhängig von den eigenen Kindern, blockiert evtl. die selbständige Entwicklung des Nachwuchses und ist süchtig nach Familienharmonie. Es fehlt dann allzu häufig das eigene Leben (Interessen/Leidenschaften/Hobbys) ‑jenseits der Kinder- sowie die gesunde emotionale Distanz zum eigenen Nachwuchs, besonders wenn die Kinder älter werden.
Kinder zu lieben, heißt eben nicht, alles für sie zu machen, sondern sie so zu akzeptieren, wie sie gerne sein wollen, auch und gerade wenn sie ganz andere Ziele, Interessen und Vorstellungen im Leben haben, als man selbst. An Letzterem scheitern meines Erachtens die meisten Eltern und es ist dann häufig auch der Grund dafür, warum Kinder den Kontakt irgendwann abbrechen. Sie fühlen sich von den Eltern nicht mehr als eigenständige, selbstbestimmte Individuen wahrgenommen, sondern als Besitz, das so zu funktionieren hat, wie sich das Eltern gerne wünschen.
Nachwuchs? Ich habe 2 Kinder auf diese Welt gebracht. In allen Zeiten ihrer Entwicklung habe ich sie respektiert und ihnen geholfen genau das zu werden was sie möchten. Mein Mann und ich hatten unsere eigenen Beschäftigungen . Je älter die Kinder wurden um so stolzer war ich auf sie und auch dankbar dass sie ihr Leben gut hinbekommen, sehr gut sogar . Als mein Mann unerwartet starb, war nicht nur er weg, nein auch die Kinder . Ich blieb allein in einem Haus und mein Hund tröstete mich. Die Einsamkeit begann und übertönte die Trauer ... dennoch wird mir empfohlen und ich gebe zu ich bin selbst aus dem psychpbereich, jeder sagt mir versuche diese Distanz zu verkraften du kannst keine Rücksichtnahme von deinen Kindern erwarten. Sie sind erwachsen. Na ja außer dass eines davon noch Unterhalt von mir bekommt.
Wenn Kinder erwachsen sind und trotz ihres eigenen Lebens auch die Ursprugsfamilie nicht vergessen wollen, dann sollten auch Gespräche wie bei Erwachsenen stattfinden können und nicht nur trotzige Distanz, Verachtung, Kälte oder ähnliches .
Familienaufstellungen zeigen es in der Praxis. Wir setzen uns mit Familienangehörigen nur stellvertreten durch eine andere Person aus der Gruppe auseinander!
Wer möchte eine Selbsthilfegruppe mit diesem Thema haben? Ich könnte sie fachlich leiten. Es wäre interessant Töchter und Söhne und Mütter und Väter die nicht in EINE Familie gehören zusammen zu bekommen. Nur durch sprechen lindert man diesen extremen Schmerz auf beiden Seiten .
Grenzen anderer zu respektieren und diese Grenze nicht zu verurteilen. Den Schmerz darüber zulassen, dass man den anderen vermisst...
Egal von welcher Seite...
»Trotzige Distanz« empfinde ich als verurteilend...
Hallo. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich extrem wundere, dass ich diesen Artikel erst heute gefunden habe. Seit geraumer Zeit durchforste ich das Internet nach diesem Themengebiet, finde zumeist aber Artikel verlassener Eltern, meist Mütter, die eine Erklärung suchen oder ein Buch an den Mann bringen wollen.
So trefflich wie dieser Blogeintrag meine Situation beschreibt, habe ich sonst nirgendwo gefunden. Ersteinmal finde ich es schön, dass ich nicht alleine bin. Lange Zeit dachte ich, ich sei der Einzige, der sich aus seiner Familie entlassen möchte. Weit gefehlt.
Mich, als Sohn, beschäftigt die Verzweiflung die ich mit mir rumtrage schon seit meiner Jugend. Natürlich habe ich das nie angesprochen. Natürlich habe ich immer nach der Meinung meiner Eltern, vornehmlich meiner Mutter, gehandelt. Ja, man könnte mich als Muttersöhnchen betiteln und ich dürfte das nicht mal jemandem übel nehmen. Rückblickend wurde ich zu Schulzeiten in der weiterführenden Schule so genannt. Ja, da hatten die anderen Kinder, besser Jugendlichen, wohl Recht.
Meine Eltern haben den Übergang von Erziehung zu Beziehung nicht geschafft. Eine Formulierung, für die ich Dir, epikur, herzlich Danken muss! Aber: ich habe das auch noch zugelassen. Was ist schlimmer? Der unglaubliche Gehorsam meinerseits oder das Ausnutzen dessen von Seiten meiner Eltern? So oder so, ich steuer gerdewegs auf die 40 zu und man sollte mich für erwachsen halten. Tatsächlich fühle ich mich im Moment so, wie sich ein pubertierender Jugendlicher fühlen sollte, der sich seinen Freiraum erkämpft. Im Alter dauert das nur um so länger.
Aber von vorne: Seit Jahren, schon in der Jugend, fühle ich mich untergeordnet. Haben meine Eltern nicht alles für mich getan? Doch, sehr vieles sogar. Zu viel. Denn Erwachsen durfte ich wohl nicht werden. Ebensowenig Schwul oder Drogenabhängig. Ich habe erst Mitte zwanzig gelernt, selbständig zu handeln. Und das auch nur, weil ich dort meine heutige Frau kennen gelernt habe, die es mir dann beigebracht hat. Danke an dieser Stelle!
Loseisen, die Nabelschnur durchtrennen, wie es mein Therapeut so schön sagt, konnte ich mich dennoch nicht. Immer wieder kamen Schuldgefühle und ich habe meinen Eltern klein beigegeben, als sie sagten, sie kommen zu Besuch, wir gehen mit Dir Shoppen, hier hast Du Geld. Wie sehr ich damit meine Frau (damals Freundin) verletzt habe, war mir nicht bewusst. Ich habe versucht eine Balance zu finden, einen Kompromiss, einen Mittelweg. Doch das ging nicht. Meine Eltern haben sich förmlich aufgedrängt. Haben sich in der Nachbarschaft eingemietet, nur um mehr Zeit mit mir verbringen zu können. Da war ich Mitte dreißig. Meine Frau haben sie nie wirklich akzeptiert, auch wenn meine Eltern da etwas anderes zu sagen würden.
Vor einiger Zeit habe ich dann die Reißleine gezogen, bin in Therapie gegangen, weil es mich innerlich zerrissen hat. Habe das auch so meinen Eltern geschrieben. Dass ich Abstand brauche. Sogar das Wieso und Weshalb habe ich geschrieben. Offensichtlich ohne Erfolg. Bis heute versuchen sie allerdings auf biegen und brechen den Kontakt aufrecht zu erhalten. Zwar hören wir seltener von ihnen, aber wenn, dann herrscht bei uns Panik. Pure Panik. Bis hin zu Nervenzusammenbrüchen. Denn sie tauchen plötzlich auf. Stehen vor der Tür oder passen einen im Büro ab. Wir wissen nie, wann und wo sie auftauchen. Der erste Blick geht in die Runde, wenn wir das Haus verlassen. Nummernschilder werden im Vorbeifahren kontrolliert. Teilweise fahren wir Umwege, um nicht gesehen zu werden. Dabei wohnen meine Eltern hunderte km entfernt. Und wenn sich das alles langsam gelegt hat, fängt es durch einen Anruf oder einem spontanen Besuch von vorne an.
Immer wieder denke ich, ich sei Schuld, weil ich den Prozess eines pubertierenden Jugendlichen, eines rebellierenden Jungen oder was auch immer, nicht durchlaufen habe. Hätte ich das damals geschafft, dann wäre heute alles anders. Wirklich? Hätte ich die Meinung, die Art und Weise, den Charakter meiner Eltern dadurch geändert? Zweifelhaft. Und dennoch, ich habe lange, lange, sehr lange gebraucht, um genau diese Selbstzweifel und Selbstvorwürfe umzudrehen. Umzudrehen in ein Ich bin Ich! Meine Entscheidung ist meine Entscheidung! Niemand hat darüber zu urteilen, außer mir und meiner Frau.
Ja, ich habe mich aus meiner Familie entlassen. Und das ist gut so. Ich komme damit bestens klar und mir geht es psychisch und auch physisch dadurch wesentlich besser. Gelegentlich habe ich Zweifel an meinem Handeln. Nach wie vor. Es ist ein weiter Weg, den ich wohl noch zu gehen habe. Aber für meine Frau und mich, werde ich ihn gehen. Ich habe mein eigenes Leben und ich entscheide, wer mich darin beeinflussen darf und wer nicht. Wer mir gut tut und wer nicht. Nur ich entscheide das!
Danke Dir, epikur, für diesen Blogbeitrag!
@Sven
Danke, dass Du Deine Erfahrungen hier mit uns teilst! Ich entnehme Deinem Kommentar sehr viel Selbstreflektion und Selbstkritik, genau die fehlt vielen Eltern meiner Meinung nach. Und ohne die werden sich familiäre Verhältnisse nur selten verbessern. Es herrscht eben all zu häufig noch das Hierarchie- und Besitzdenken vor: es seien doch »meine Kinder« und man stehe »über ihnen«, weil man sie doch erzogen hätte, so die weit verbreitete Denkweise. Aber gerade erwachsene Kinder möchten von ihren Eltern auf Augenhöhe behandelt und respektiert werden. Und dann kracht es nicht selten irgendwann.
Die Selbstreflektion ist ein Teil der Therapie. Sonst würde das ja auch gar nicht funktionieren. Die Selbstkritik ist ein Charakterzug. Und der Charakter eines Menschen ist bereits vor der Geburt festgelegt. Und das nicht genetisch, würde ich mal sagen. Man ist wer man ist. So einfach ist das. Und das muss schlicht und ergreifend respektiert werden.
Inzwischen muss ich sagen, dass ich, selbst wenn meine Eltern diesen Weg der Selbstreflektion gehen würden, keinen Kontakt mehr haben will. Das ist unmenschlich, sagen wohl die einen. Das ist Selbstschutz die anderen. Was es ist, ist egal, sage ich. Denn ich bin ich. Und ich komme damit eben am besten klar.
Ohne meine Eltern fühle ich mich freier, wertvoller. Noch besser ist aber, ich fühle wieder. Und zwar positiv, nicht mehr überwiegend negativ. Ich würde sogar sagen, dass ich mehr Mensch bin als vorher. Denn ich Lebe wieder. Früher habe ich viel Zeit nur mit existieren verbracht. Bestenfalls mit verdrängen. Aber jetzt Lebe ich wieder.
Generell denke ich, dass man auch niemandem eine Erklärung schuldig ist. Eben nur denjenigen gegenüber, denen man eine Erklärung freiwillig geben möchte. Man muss einsehen, dass es Menschen gibt, die sich nicht ändern. Ich habe jahrelang daran gearbeitet, meinen Eltern Dinge klar zu machen. Mündlich und schriftlich. Und trotzdem, nach so vielen Jahren und Versuchen, fragen sie mich immer noch: Wieso? Meine Frau und ihre Familie sind offensichtlich an meinem Verhalten schuld. Was soll man dazu noch sagen? Nein, manche Menschen kann man nicht ändern. Punkt. Da ist jede Mühe vergebens. Ich kann verstehen, dass manch einer das nicht einsehen will. Ich habe auch lange gebraucht. Es ist der Weg der Erkenntnis, den man eben gehen muss.
Haben es meine Eltern schwer? Ja. Nicht nur wegen meinem »Verhalten«, wahrscheinlich auch gesundheitlich. Aber ich habe da auch immer nur die Informationen bekommen, die ich bekommen sollte. Wie viel Wahrheit da drin steckt, weiß ich nicht. Und auch wenn alles stimmen sollte, was mir erzählt wird, ich bin dort wo ich jetzt bin glücklich. Und ich werde weder mich noch meine Frau ins Unglück stürzen.
Dein Zitat von Khalil Gibran wurde im übrigen von Max Herre ähnlich im Lied »Vida« verwendet. Daher kam es mir bekannt vor.
ich bin selber eine verlassene Mutter ‚aber war auch mal eine verlassende Tochter. Ich kenne beide Seiten, jeder muss für sein verhalten einen Preis bezahlen.
Ich habe mir von meiner Mutter jahrzehntelang gewünscht, dass sie sich entschuldigt und ihre Fehler einsieht, das ist aber nie passiert. Ich musste mich mit 50 Jahren dann entscheiden, Kontaktabbruch oder verzeihen? Ich habe mich für einen fast jährigen Kontaktabbruch entschieden, letztlich bekam ich durch diese Situation eine schwere Depression. Danach wurde mir klar, dass es meiner Mutter aufgrund ihrer Biografie nicht möglich war, anders zu handeln oder zu denken. Ich habe mich dann bewusst für eine Versöhnung entschieden, darüber bin ich auch sehr froh. Ich habe keinen Groll mehr.
Nun habe ich kaum noch Kontakt zu meiner ältesten Tochter. Ich habe sicherlich viele Fehler gemacht, die ich heute auch nicht mehr nachvollziehen kann, leider will meine Tochter aber darüber nicht sprechen, sie will diese Distanz beibehalten. Was würde ich alles tun, um mit ihr sprechen zu können. Meine Bitte um Verzeihung nimmt sie nicht an.
Ich weiss nur,..... Mütter könnten sich auf den Kopf stellen oder auf Händen laufen; wenn die Kinder nicht wollen , hat die Mutter keine Chance.
Auf dem Zeit-Online-Magazin ze.tt gibt es eine Serie über das Thema Kontaktabbruch zu den Eltern. In Folge 4 kommen Psychologen und Buchautoren zu Wort. So sagt beispielsweise Tina Solimann sehr treffend:
»Die Betroffenen, mit denen ich gesprochen habe, erzählen mir oft, dass die Atmosphäre in ihrer Familie kalt und lieblos war. Das Gefühl nicht so zu sein, wie die Eltern sie gerne hätten, frustrierte sie. Immer wieder die gleichen Vorwürfe, immer wieder wird das Gesagte – und Ungesagte – von den Eltern überhört.«
Leider liest man kaum irgendwo, dass es auch viel um Besitzdenken geht. Viele Eltern nehmen ihre Kinder als ganz persönliches Eigentum war: »Es ist mein Kind«, »Ich erziehe es, wie ich will!« oder »Meine Kinder gehören zu mir!« Dieser Habitus verhindert effektiv die selbständige Entwicklung der Kinder. Deshalb werden ihre Bedürfnisse, Interessen und Ziele im Leben auch nicht gehört.
Dein letzter Satz trifft voll ins Schwarze. Dazu muss man noch sagen, dass die Eltern fast immer meinen, sie hätten zuvor eine gute bis sehr gute Beziehung gehabt. Für die Eltern ist das dann ein riesiger Schock, wenn die Kinder sich von ihnen trennen. Aber durch ihr Ich-bezogenes Denken, haben sie alle Anzeichen ignoriert bzw. gar nicht erst wahrgenommen oder wahrnehmen wollen.
ich freue mich, dass ich auf diese Seite gestoßen bin. Vor allem, weil Kinder die verlassen, sowohl verlassene Mütter ihre Geschichten erzählen und es einem sehr hilft, sich evtl.. selbst einmal zu reflektieren.
Auch ich bin eine verlassene Mutter. Nur wie ich finde, aus dem Grunde, dass ich zu viel für meine Kinder, vor allem meine Tochter getan habe.
Für mich ist es am Schlimmsten, dass man mir gleichzeitig meine Enkelin, 7 Jahre, die ich von Baby an, bis zur Einschulung am 16.09. 2015, mit betreut und aufgezogen habe. Daher haben wir natürlich eine innige und nahe Beziehung, denn die Kleine hing sehr an mir. Meine Tochter, die oft genervt , ruhe bedürftig und überfordert war, mit Kind und Beruf, hat immerzu gerne und sehr, sehr oft, meine Unterstützung und Einsatz angenommen. Dann, als die Kleine, so sehe ich das, aus dem Gröbsten heraus war, hat sie mir eiskalt und abrupt, jedweden Kontakt, ohne auch Rücksicht auf die Gefühle der Kleinen zu nehmen, abgebrochen. Sie ist 600 km entfernt gezogen, nicht ohne mich am Telefon auf Übelste zu beleidigen und beschimpfen und den Hörer auf zuknallen, das war›s dann! Tja, nun stehe ich fassungslos da!
Gründe? werden mir keine genannt. Ich weiß wohl, dass meine Tochter in psychologischer Behandlung war, da der Kindsvater übel mit ihr gespielt und sie verlassen hat, bevor die Kleine geboren wurde. Ich grüble Tag und Nacht, was sie mir vorwirft, ohne eine Antwort zu finden.
Meine Eltern sind die wandelnde Bild-Zeitung, ständig wollen sie alles von mir wissen, aber nicht, weil es sie wirklich interessiert, sondern damit sie etwas zu erzählen haben in ihrem kleinen Dorf. Es ist für mich immer wieder erstaunlich gewesen, wieviel die Leute über mich, über meine Kinder und mein Leben wissen und zu wissen scheinen. Denn was ich den Eltern erzähle ist nur ein Bruchteil dessen, was wirklich bei mir passiert, denn wir wohnen weit voneinander entfernt (zum Glück). Den Rest zu meinen dürftigen Infos denken sie sich aus.
Als ich aufdeckte, dass sie wirklich empfindliche und persönliche Infos von mir herumerzählten und dazu noch eine Menge Unwahrheiten, damit 1.) sie in einem guten Licht dastehen und 2.) die Geschichten möglichst spannend sind, habe ich aufgehört meinen Eltern etwas von mir zu erzählen. Nun habe ich den Kontakt für’s erste ganz abgebrochen. Das habe ich auch getan um meine Kinder zu schützen, denn die werden auch ausgefragt und werden so zum Werkzeug. Es reicht, wenn nur ich eine verkorkste Kindheit hat... Das hat für mich nichts mit Liebe zu tun.
Ein späteres Annähern ist für mich nicht ausgeschlossen, jedoch werden sie stark an Ihrer Glaubwürdigkeit arbeiten müssen, damit ein Vertrauen wieder möglich ist.
@Vera: Ich habe auch lange gehofft, dass sie sich ändern. Dass sie das, was ich kritisiere verstehen und sich dann entsprechend verhalten. Ich dachte Jahrelang, dass man Menschen mit Worten dazu bringen kann, den anderen zu Akzeptieren und das, was das Kind möchte, zu verstehen und sich dem anzupassen. Schlussendlich sollten Eltern mit ihrem Kind respektvoll umgehen.
Man muss nicht alles gutheißen was die eigenen Kinder machen oder wie sie sich verhalten, aber man darf auch nicht massiv in deren Leben eingreifen. Natürlich tut das manchmal weh, wenn das Kind die Eltern vom eigenen Leben ausschließt. Natürlich wird einem als Elternteil dann auch mal das Herz gebrochen. So ist das eben. Kinder werden größer und haben ihr eigenes Leben und vor allem ihren eigenen Charakter (und das auch schon als Kind!). Wenn man dann die Wünsche des heranwachsenden Kindes ignoriert oder es in Entscheidungen die das Kind betreffen nicht mit einbezieht, dann ist das Vertrauen irgendwann verspielt.
In Deinem Fall wurde Dein Vertrauen missbraucht. Du hast Informationen preis gegeben, die dann für eigene Zwecke benutzt wurden. Generell passiert es eben, dass Kinder ab einem bestimmten Alter immer weniger erzählen. Eben weil sie ihr eigenes Leben haben, nicht beeinflusst werden wollen und eigene Erfahrungen machen müssen. Manche Eltern wollen aber weiterhin die Hauptrolle in deren Leben spielen und wenn möglich alles erfahren. Manche Eltern wollen es dann erzwingen und gehen dafür zu weit. Ich habe das, auf etwas andere Weise, auch erlebt. Und so habe ich dann, wie Du auch, die Notbremse gezogen.
Hallo! Obwohl ich schon länger im Internet recherchiere, habe ich erst jetzt diese Seite gefunden. Sie hat mir geholfen meinen Sohn noch besser zu verstehen, außerdem weiß ich ‚dass sein Kontaktabbruch ein Notprogramm ist. Ich bin zu beiden Seiten betroffen, meine Schwiegereltern haben sich fast identisch zu Sven seinen Eltern verhalten und es kam auch bei uns zu einem Kontaktabbruch gegenüber den Eltern meines Mannes, auch wir hatten Panikattacken beim Verlassen des Hauses, zweimal hat unsere Schwiegermutter die Wohnung gestürmt und es kam zu Handgreiflichkeiten, weil mein Mann sie daran gehindert hat. Wer will ihn dafür verurteilen?! Eine
absolute Grenzüberschreitung. Zwanzig Jahre ging das so, nun sind sie zu alt, es ist Ruhe. Vor einem Jahr bin ich aber auf meine Schwiegermutter zugegangen und habe sie getroffen, ich werde es in großen Abständen nochmal tun. Mein Mann weigert sich aber, auf seine alten Eltern zuzugehen. Trotzdem würde er seine Eltern finanziell unterstützen. Da aber auch mein Mann sehr spät erwachsen geworden ist und ein Handycap hat, ich denke er hat das Asperger Syndrom und er ist insofern bei der Kindererziehung nicht hilfreich gewesen. Warum schreibe ich das? Mein Ältester von drei Söhnen- sehr schlau und sehr sensibel- hatte das natürlich schon lange vor der Pubertät erfasst ohne das Kind beim Namen nennen zu können, ich konnte das Problem ja selber nicht benennen in Zeiten ohne Internet und stand mir dann auch mal zur Seite, ohne dass ich ihn dazu aufgefordert hätte. Irgendwann habe ich natürlich gemerkt, wohin der Zug sich bewegt, konnte ihn aber nicht umlenken. Sicher hat er gemerkt, dass seine
Mutter die Erziehungsarbeit neben Teilberufstätigkeit fast allein bewältigen musste... Also es lief nicht gar gut zu Hause und es kam wie es kommen musste, ich bin an Krebs erkrankt, habe es aber geschafft, sechs Wochen nach meiner letzten Chemotherapie ist mein an Krebs Vater gestorben, dannach konnte ich für meinen Ältesten nicht wirklich mehr da sein, ich hatte einfach keine Kraft mehr. Er kam öfter mal abends an mein Bett um noch kurz mit mir zu sprechen und da gab es den Punkt nach dem Tod meines Vaters an dem ich gesagt habe, du lass mich in Ruhe, ich kann nicht mehr. Ab diesem Zeitpunkt war es vorbei, er war nicht mehr ansprechbar. Da er (22,5 Jahre) aber die Schule beendet hatte, Zivildienst geleistet hatte und sich monatelang keine Arbeit oder Ausbildung suchen wollte haben wir ihn nach einem halben Jahr ‑mit langfristiger Ankündigung, nach Beratung mit Therapeuten und Freunden- Anfang 2007 vor die Tür gesetzt. Vorher habe ich natürlich alle Freunde angerufen und um ein Bett für meinen Sohn gebeten. Hiernach war der Kontakt bis auf zwei Ausnahmen auf Briefe oder kurze Telefonate beschränkt, ich habe aber immer Unterstützung angeboten. Danach haben wir ihn erst in der Ausbildung und dann im Studium unterstützt. Während seiner Ausbildung bin ich erneut an Krebs erkrankt, sein jüngster Bruder hat in abgeholt und mit ins Krankenhaus genommen. Da saß mein Ältester nun und hat mir immer die Hand gestreichelt, nachdem wir uns so lange nicht gesehen hatten. Während ich dieses schreibe, kommen mir die Tränen... Danach sind wir nochmal Essen gegangen, so als wollte er sich überzeugen, dass es wieder geht mit mir. Dann ist der Kontakt wieder abgebrochen. Seitdem ist fast Funkstille, nur einmal kam ein kurzer Brief, Mutter mit dem Studium hat es nicht mehr geklappt, ich muss dir Geld zurückzahlen. Ich habe Wochen überlegt, was ist nun besser, er zahlt von seinem Geld in Raten zurück oder er behält das Geld und ist ein bißchen abgesichert. Naja nachdem ich zur Überzeugung gelangt bin ich kann es nicht richtig machen habe ich ihm geschrieben er soll das Geld sinnvoll verwenden. Nach Jahren der Stille habe ich dann einen sehr großen Fehler gemacht ich habe in seiner Firma gefragt ob er noch lebt... es ist ein nicht zu entschuldigender Fehler... und nun ist die Tür die vielleicht noch einen winzigen Spalt auf war, endgültig zu. Es hat ihm natürlich jemand gesteckt und keine 10 Minuten später hatte ich einen Anruf, der nur aus zwei Worten bestand: VERPISST EUCH! Nach vielen Tränen bin ich zu dem Schluss gelangt, vielleicht ist es sogar so einfacher zu Leben, das Hoffen zermürbt einen. Meinen Ältesten habe ich nicht gestalkt, ich habe nicht vor seiner Tür gestanden und ihn gedrängt, ich weiß das er im Notprogramm läuft und seine Mutter gern hat, er kann nicht anders um sich zu schützen. Mit den beiden anderen Söhnen ist das Verhältnis locker und nett, ich besuche sie nur wenn ich eingeladen werde, denn ich will dass sie sich frei in ihren Entscheidungen fühlen. Immer frage ich mich, hätte ich mich an einem bestimmten Punkt scheiden lassen sollen? Ich ahne zu welchen Zeitpunkten es damals zu Fehlentscheidungen gekommen ist, sehe aber auch im Nachhinein keine Möglichkeit anders als damals zu handeln. Meinem ältesten Sohn wünsche ich, dass er alles einmal aufarbeiten kann und diesen schweren Rucksack los wird.
Hallo Elfe, Merci für die Schilderung. Ich greife mir auch aus Zeitgründen mal nur den Punkt hier raus:
Da er (22,5 Jahre) aber die Schule beendet hatte, Zivildienst geleistet hatte und sich monatelang keine Arbeit oder Ausbildung suchen wollte haben wir ihn nach einem halben Jahr ‑mit langfristiger Ankündigung, nach Beratung mit Therapeuten und Freunden- Anfang 2007 vor die Tür gesetzt.
Du schmeißt also (mit deinem Mann) deinen eigenen Sohn nur weil er ein paar Monate nicht arbeiten will / kann (bzw. noch nicht weiß, ob und was er studieren will oder es ihm allgemein eben mit seinem Leben nicht gut geht...) mal eben aus dem Haus? Die Ausflüchte mit dem Therapeuten und der Organisation eines »Bettes bei Freunden« dient wohl primär der Selbstrechtfertigung... Du wunderst dich dann darüber, dass er zeitweise oder irgendwann dann halt komplett den Kontakt abbricht...? Ich kann mir jedenfalls keinen radikaleren »Kontaktabbruch« von Seiten der Eltern vorstellen als jenen, das eigene Kind auf die Straße zu schmeißen; vor allem wie in diesem Falle, nur weil das Kind mit Anfang 20 keinen spießbürgerlichen Parade-Lebenslauf vorzuweisen hat und anderes im Kopf hat, als sich für wenig Geld ausbeuten zu lassen...!
Die »Finanzielle Unterstützung« hat für mich auch das Geschmäckle eines Versuchs, gemachte Fehler durch Geld wiedergutzumachen oder sich verloren gegangene natürliche »Zuneigung« zurückzukaufen. Wie dem auch sei — es ist da halt unheimlich viel schiefgelaufen; ändern kannst du es nicht mehr.
@Elfe @Dennis82
Danke Elfe, für Deine sehr persönlichen Schilderungen!
Was mir immer wieder auffällt, ist, dass ein sehr häufiger Konfliktpunkt zwischen Eltern und Kindern das leidige Thema der »Lohnarbeit« und der »Berufswahl« ist. Entweder haben die Kinder komplett andere Vorstellungen (wollen studieren oder wollen nicht studieren, machen eine Ausbildung, mit denen die Eltern nicht einverstanden sind, gehen ins Ausland etc. etc.) oder den Eltern kann es gar nicht schnell genug gehen, dass die eigenen Kinder endlich Geld verdienen und aus dem Haus sind.
Warum es hierbei nicht deutlich mehr »Entspanntheit« seitens der Eltern gibt, will mir nicht in den Kopf. Bei dem derzeitigen katastrophalen Arbeitsmarkt (Niedriglohnsektor, prekäre Beschäftigung, Generation Praktikum, Zeitarbeit etc.) können doch die meisten Eltern froh sein, wenn ihre Kinder hier noch nicht völlig resigniert haben. Warum man hier als Elternteil die eigenen Kinder unbedingt lenken, steuern und in eine bestimmte Richtung drängen will, verstehe ich nicht. Wenn man selbstbestimmte und selbstbewusste Kinder möchte, sollte man sie doch bei allem unterstützen, was sie wollen und nicht, was man selbst für das Beste hält.
Nach so vielen Erzählungen hier im Blog und in meinem privaten Umfeld, scheint der elterliche Versuch, die eigenen Kinder beruflich zu drängen, zu steuern und zu manipulieren, der beste Weg zu sein, die Eltern-Kind-Bindung zu versauen.
@epikur:
Wenn man selbstbestimmte und selbstbewusste Kinder möchte, sollte man sie doch bei allem unterstützen, was sie wollen und nicht, was man selbst für das Beste hält.
Das Problem liegt glaube ich auch hier ein wenig beim Glauben an »schwarze« Erziehung, also wonach das Kind nur »lernt« (= sich anpasst), wenn man es selbst in den Brunnen stößt...! Wenn es durch den Druck am Ende auch jede Scheißarbeit annimmt... Nur dann ist es ein »gutes«, »selbständiges« Kind!
Offenbar sind Kinder dieser »Art« halt nicht nur bei Ausbeutern unerwünscht, sondern eben auch bei den meisten Eltern. Grade in meinem »Untere-Mittelklasse-Umfeld«, in welchem man grade so über die Runden kommt und sich immer weniger Statussymbole leisten kann, ist der arbeitsmarkttechnische Konformitätsdruck auf die Kinder besonders groß; da kann schon der Wunsch, Abi zu machen bei den Eltern sauer aufstoßen, da man das Kind möglichst früh aus dem Haus haben will; es also gefälligst irgendeinen Ausbildungsberuf »wählen« soll. Schließlich »kostet« es die Eltern ja ein wenig Platz, Strom, Heizung und Wasser. Für so »Fürze«, irgendwas zu studieren, mit dem man am Ende kein Geld verdienen kann, hat erst Recht keiner Verständnis...
Die Eltern wurden ja grade dadurch, dass sie irgendwann Kinder bekamen, besonders »erpressbar« in Sachen Unterhalt (= Zwang zur Lohnarbeit); das wird dann wohl irgendwann (zu Lasten des Kindes; es war ja im Grunde »Schuld« daran) »kompensiert«...!? Wir reden ja immer so oft über den allgegenwärtigen Druck, den der neoliberale Staat auf die Menschen ausübt, sich systemkonform im Rahmen einer Lohnarbeit verwerten zu lassen. Leider sind es in vielen Fällen dann grade auch die Eltern, die diesen systemischen Druck noch immens verstärken bzw. völlig unerträglich werden lassen. Dabei sollte grade das eigene »Zuhause« bzw. die Familie doch der letzte Rückzugsort sein, in welchem einem grade nicht jederzeit der existenzielle Boden unter den Füßen weggezogen werden kann. Stattdessen führen sich viele Eltern gar als die wesentlich härteren »Fallmanager« / »Berufsberater« auf — und bei deren mündlichen »Verwaltungsakten« bzw. Sanktionsandrohungen gibt es ja nicht einmal eine Rechtsbehelfsbelehrung...!
So ist das halt wohl — in einer atomisierten neoliberalen »Gesellschaft«, in der nur noch Individuen gegeneinander gehetzt werden.
Habe heute den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen was mich unendlich traurig macht denn meine Mutter hab ich eigentlich noch lieb, doch durch meine jahrelange Arbeitslosigkeit und die Sache mit dem Kindergeld hat die Situation zum kollabieren gebracht. :( Sie möchte mich lieber ins Hartz4 abschieben, will jegliche Verantwortung von sich halten und glaubt ihrer eigenen Tochter kein Wort.
Zum Glück habe ich meinen Partner, seine Eltern die mehr Eltern für mich sind als meine eigenen und meine Freunde. Ohne die wäre ich grade echt verloren. Es bricht mir nur das Herz, dass sie mir so grausame Dinge gesagt hat. Und das ohne mit der Wimper zu zucken.
Aber ich habe keine Lust mehr darauf. Vor allem war ich der Spielball meiner geschiedenen Eltern. :-/ Ihr ist ihr eigener Wohlstand wichtiger als das Leben ihrer Tochter. :‹( Das ist einfach nur traurig und grausam.
Und ich würde sinsrt nie so einfach den Kontakt abbrechen, aber ich hatte keine Wahl mehr.
Manchmal muss man sich von seinen Eltern (mehr vom Vater) lösen um sein Herz und seine Seele zu schützen. Wenn man ständig nur Vorwürfe bekommt, nie Lob oder aufgerechnet wird was vor 25 Jahren alles »geleistet« wurde dann kann man einfach irgendwann nicht mehr.
Nun fängt mein Vater an unsere Tochter gegen uns auf zu hetzen. Damit war jetzt endgültig Schluss. Ich rede offen und ehrlich mit unserer Tochter und hoffe das das egoistische Verhalten meiner Eltern keine Folgen hat.
Im Moment ist in mir nur purer Hass und Verachtung für so ein narzisstischen Vater.
Hallo ihr Mitleidenden,
ich befinde mich gerade in der Situation einen Kontaktabbruch zu meinen Eltern durchzuführen, habe es vor zwei Tagen zumindest angekündigt.
Vieles habe ich verdrängt, weil es mich einfach viel zu sehr mitgenommen hat. In meiner Jugend war meine Schwester die rebellische, deswegen war der Fokus eher auf ihr und ich bin eher glimpflich, weil ich eher gehorsam war und konflikten aus dem Weg gegangen bin und alles in mich hinein gefressen habe, davon gekommen. Zu Hause war es quasi immer laut und es gab irgendwelche Probleme.
Aber auch ich habe mein Fett wegbekommen. Mit 15 durfte ich mir anhören, dass ich sie, wie mein Onkel seine Eltern, verlassen werden würde. Mein Vater sagte ständig, das ich nichtmals zu seinem Grab kommen würde. Ständig vergleiche mit anderen Leuten die alles besser machen, mir immer wieder Schuldgefühle eingeredet und sich in eine bemitleidenswerte Position gebracht haben.
Habe bis zum ersten Job (vorher Studium, mit 25 und 200km entfernt), bei meinen Eltern gelebt. Habe einen Job angenommen, natürlich mit ihrem Segen, und die haben quasi vom ersten Wochenende an angefangen mir bei jedem Telefonat (alle 2–3 Tage) zu sagen, wie sehr sie mich vermissen und das ich doch zurückkommen solle. Seit dem haben sie sich auch langsam besser mit meiner Schwester verstanden. Ich wurde mit der Zeit zum schwarzen Schaf.
Bei meiner Hochzeit sich in alles eingemischt und wie ein pubertärer verhalten und mir meine Hochzeit dadurch versaut. Ich habe immer nur versucht die Situationen zu beschwichtigen und bin den Konflikten aus dem Weg gegangen weil ich überfordert war.
Überall haben sie versucht sich einzumischen und auch versucht dies bei meiner Frau zu machen. Die natürlich nicht mitgespielt hat und schnell zum Sündenbock erklärt wurde.
Bei irgend einem Problem meinte meine Frau zu mir, dass ich ihnen mein Anliegen doch mal erklären sollte. Ich erwiderte nur, dass sie es nicht verstehen werden. Da merkte ich erst, dass das nicht normal sein kann und habe langsam angefangen mich zu wehren.
Als Sie die Möglichkeit sahen, haben sie versucht mich von meiner Frau trennen, und versuchten mir schon konkret andere Frauen einzureden. Einige aus meinem Heimatort redeten schon darüber, das wir uns getrennt haben.
Haben einen Keil zwischen mir und meiner Schwester getrieben, auch wenn wir nie ein besonders inniges Verhältnis hatten.
Haben monatelang versucht den Namen meines Sohnes selber zu bestimmen und haben sich über unsere Namen herabwürdigend geäußert. Selbst am Abend nach der Geburt meines Sohnes haben die mit Diskussionen weitergemacht, habe sie gewarnt, sie haben weitergemacht bis ich platzte und sie anbrüllte. Daraufhin sind sie nach hause (400km) gefahren und es folgten Facebook-Posts über den schlechten Sohn und die Schweigertochter, tagelang und Haufenweise.
Das sind nur die gröbsten Sachen. Seit meiner Hochzeit gab es unzählige solcher Fälle. Mit der Zeit begriff ich, das sie nur im Eigeninteresse handeln, und nicht in meinem, auch wenn sie es so darstellten.
Wie hatten unzählige Gespräche, meistens durhc meine Eltern initiiert.
Ich sagte ihnen was mich alles stört, aber entweder gab es einen triftigen Grund dafür, es war nicht so sondern anders, oder man hat gelogen und hat alles abgestritten. Sehr selten schienen sie mal etwas zu verstehen nur um es nach einem Monat wieder zu vergessen. Aus jeder Kleinigkeit haben sie große Probleme gemacht, unglaubliche Vorwürfe und haben versucht aus allem eine Verschwörung gegen sie gesehen.
Die ganzen bösen Worte die ein Kind, wenn auch erwachsen, niemals hören sollte, will ich nichtmal erwähnen.
Immer sind die anderen schuld, meine Schwiegereltern und meine Frau haben mich meiner Mutter gestohlen. Selbst ihre eigene Mama hat sich mit uns verschworen.
Mal habe ich versucht ihnen alles ruhig zu erklären, mal habe ich mich für 1–2 Monate komplett zurückgezogen, mit der Zeit bin ich aber immer lauter und wütender geworden. Ein Feuer brennt in mir. Heute mit 31 Jahren, ist mein halber Bart grau.
Ich merke seit einiger Zeit schon, dass ich keine Kraft mehr dafür habe und mein Sohn und bald Nummer 2 mich braucht. Sie brauchen die Energie.
Meine Schwester ist seit einiger Zeit der Mensch den sie sich immer gewünscht haben.
Mein Vater meinte vorgestern, dass das Leben wie die Börse ist, du musst investieren um etwas zu bekommen. Und das ich verliere und meine Schwester gewinnt, weil ich nicht tue was er will.
Ich habe keine Kraft mehr dafür und habe ihnen angekündigt, das es das war. Das einzige was kam, waren weitere Vorwürfe.
Ein seehr sehr langer Prozess. Habe seit einiger Zeit auch keinen Kontakt mehr zu meiner Schwester. Durch den Umzug kaum Kontakt zu alten Freunden. Kontakt zu Verwandten wird jetzt natürlich auch nciht mehr stattfinden.
Es schmerzt sehr, wie kann ein Kind seine Eltern verlassen. Wer will schon alleine auf der Welt sein.
Aber entweder das oder ich gehe in ein paar Jahren mit nem Herzinfarkt drauf.
Mal sehen was passiert.
Entschuldigt die Rechtschreibung und manche schlecht geschriebenen Sätze.
@Cholerisch
Das hört sich bei Dir ganz danach an, als wenn sich Deine Eltern nicht »lösen« können. Ich habe oft den Eindruck, dass viele Eltern nicht mit ihren Kindern »mitwachsen«. Daher auch die Beobachtung, dass einige Eltern/Großeltern ihre erwachsenen Kinder wie Kleinkinder behandeln. Ich kann mich nur wiederholen: Jesper Juul´s Erkenntnis, dass aus Erziehung Beziehung werden muss, haben viele Eltern nicht begriffen. Dieses ständige reinquatschen, vorhalten oder erziehen wollen (was Jobwahl, Partnerwahl, Hobbys, Freunde etc. betrifft), wenn die eigenen Kinder schon weit über 20 Jahre alt sind, verdeutlicht, dass sich viele Eltern nicht von ihrer eigenen Existenz-Definition als »Eltern« lösen können und ihre Kinder nicht in die Freiheit entlassen können und/oder wollen. Kinder sind eben kein Besitz, auch wenn es landläufig heißt: »mein Kind«.
Hallo Cholerisch. Ich muss sagen, dass ich mich in Deinen Worten oft wiedergefunden habe.
»... weil ich eher gehorsam war und konflikten aus dem Weg gegangen bin und alles in mich hinein gefressen habe, ...«
»... und die haben quasi vom ersten Wochenende an angefangen mir bei jedem Telefonat (alle 2–3 Tage) zu sagen, wie sehr sie mich vermissen und das ich doch zurückkommen solle.«
»Ich habe immer nur versucht die Situationen zu beschwichtigen und bin den Konflikten aus dem Weg gegangen weil ich überfordert war.«
»Überall haben sie versucht sich einzumischen und auch versucht dies bei meiner Frau zu machen. Die natürlich nicht mitgespielt hat und schnell zum Sündenbock erklärt wurde.«
»Bei irgend einem Problem meinte meine Frau zu mir, dass ich ihnen mein Anliegen doch mal erklären sollte. Ich erwiderte nur, dass sie es nicht verstehen werden. Da merkte ich erst, dass das nicht normal sein kann und habe langsam angefangen mich zu wehren.«
»Mit der Zeit begriff ich, das sie nur im Eigeninteresse handeln, und nicht in meinem, auch wenn sie es so darstellten.«
»Wie hatten unzählige Gespräche, meistens durhc meine Eltern initiiert.
Ich sagte ihnen was mich alles stört, aber entweder gab es einen triftigen Grund dafür, es war nicht so sondern anders, oder man hat gelogen und hat alles abgestritten. Sehr selten schienen sie mal etwas zu verstehen nur um es nach einem Monat wieder zu vergessen. Aus jeder Kleinigkeit haben sie große Probleme gemacht, unglaubliche Vorwürfe und haben versucht aus allem eine Verschwörung gegen sie gesehen.«
»Immer sind die anderen schuld, meine Schwiegereltern und meine Frau haben mich meiner Mutter gestohlen.«
»Mal habe ich versucht ihnen alles ruhig zu erklären, mal habe ich mich für 1–2 Monate komplett zurückgezogen, mit der Zeit bin ich aber immer lauter und wütender geworden. Ein Feuer brennt in mir.«
»Ich habe keine Kraft mehr dafür«
»Aber entweder das oder ich gehe in ein paar Jahren mit nem Herzinfarkt drauf.«
Diese Zitate sprechen für sich oder auch für mich. Erschreckend. Sei Dir bewusst, dass Du nicht alleine auf der Welt bist. Und sei Dir der Unterstützung Deiner Frau und Deiner Kinder gewiss. Ich wünsche Dir und jedem da draußen, dem es genauso geht viel Kraft!
Meine Geschichte findest Du etwas weiter oben (http://www.zeitgeistlos.de/zgblog/2013/kinder-in-deutschland-teil-27-verlassene-eltern/comment-page‑4/#comment-11222).
Hallo zusammen,
auch in meinem Leben gab es einen Abbruch zu meiner Herkunftsfamilie. Genau ins Detail möchte ich hier nicht gehen-das würde den Rahmen sprengen (kurz zusammengefasst:junge überforderte Eltern/selber konfliktreiche Beziehung/ selber das Gefühl im Leben zu kurz gekommen zu sein und gesellschaftlich anerkannter Alkoholismus(wie in so einigen bürgerlichen Familien)-und daraus resultierend schon als Kind das Gefühl verantwortlich für das Leiden anderer zu sein und mich immer in einer seelischen »Schieflage« zu befinden (was ich erst als Erwachsenen reflektieren konnte). Ich kann mich hier in vielen Posts wiederfinden.
Nach immer andauernden Konflikten, Vorwürfen und Verletzungen habe ich irgendwann die Notbremse gezogen. Auch ich war verletztend, auch ich war nicht immer objektiv und fair. Aber nach einer längeren, ehrlichen und schmerzhaften Auseinandersetzung mit dem Thema habe ich begriffen, dass der letzte große Konflikt einen Vorlauf von mindestens 30 Jahren hatte (ich bin Anfang 40).
Ich habe meiner Mutter lange Briefe geschrieben, in denen ich sehr sachlich versucht habe mein Empfinden zu schildern. Die Reaktion war Empörung, Wut und Unverständnis.Versuchte Telefonate waren erst optimal geschmacksneutral und endeten in Geschrei und auflegen meiner Mutter. Mein Vater hat »keine« Stellung bezogen, mir aber klar gemacht, dass er mich gar nicht verstehen könne. Und durch einen kleinen Konflikt mit meine Schwester ist der Streit mit meiner Mutter erst so richtig eskaliert. Ich bin heute dankbar dafür, dass es so geknallt hat- denn es hätte mich sonst wie von innen aufgefressen. Das ist jetzt knapp 4 Jahre her.
Ich habe eine eigene Familie und konzentriere mich voll auf diese. Meine Frau unterstützt mich und hat mir bei meinem Prozess sehr geholfen und auch unschöne Seiten an mir ertragen. Denn die alten Rechtfertigungsmuster wird man nicht von heute auf morgen los-und wenn ich »ertappt« war habe ich oft sehr aggressiv reagiert.
Es war ein harter Weg und der ist auch noch nicht zu Ende.
Heute bin ich froh über meinen selbstbestimmten Weg und mit mir im Reinen zu sein. Es erwischt mich manchmal noch eiskalt, z.B habe ich letztes Jahr im Netz eine Todesanzeige eines nahen Verwandten gefunden-und natürlich hatte mich niemand informiert. Zu der verstorbenen Person hatte ich bis vor dem Tod noch einen guten Kontakt-aber die konnte mich ja leider nicht mehr persönlich informieren. Da ist mir dann in dem Moment kotzübel geworden und ich hatte abends bei Hausarbeit kurz einen cholerischen Anfall.
Es tut gut hier unter Gleichgesinnten mal was loszuwerden.
Ich kann nur sagen, lernt auf euch selber zu hören. Und auch wenns weh tut: manchmal wird nicht alles wieder gut. Aber das ist der bessere Weg.
Also ich hab ein älteres Geschwister, das auch vor vielen Jahren den Kontakt zu uns abgebrochen hat, weil unsere Eltern und Verwandten mich (bin etwas jünger als mein Geschwister; bin immer frech-witzig-fröhlich und darum überall beliebt und gern gesehen) von klein an lieber mögen als mein Geschwister. Dafür kann ich nun auch nichts. Mein Geschwister war darum immer neidisch auf mich. Es ist doch normal, dass man manche Leute lieber mag. Darum find ich den Kontaktabbruch meines Geschwisters zu uns allen kindisch.
@Sonnelein
»Es ist doch normal, dass man manche Leute lieber mag. Darum find ich den Kontaktabbruch meines Geschwisters zu uns allen kindisch.«
So einfach würde ich es mir nicht machen wollen. Freunde kann man sich aussuchen. Die Familie nicht. Und wenn Eltern ein Kind gegenüber einem anderen Kind ständig bevorzugen, anders/besser behandeln und bewerten ‑und das über Jahre und Jahrzehnte hinweg- dann ist das in meinen Augen kein Kavaliersdelikt. Jeder von uns hat ein tiefsitzendes Gerechtigkeitsgefühl und will gewertschätzt, geliebt und gebraucht werden.
@epikur
Aber das ist doch genauso wie mit der Testierfreiheit im Erbrecht. Eltern können ohne Rechtfertigungszwang vor irgend jemanden ein Kind (das gemochte Kind) als Alleinerbe bestimmen und den Pflichtteil des nicht gemochten Kindes so schmälern, dass der nur ganz mager ausfällt, indem sie dem gemochten Kind schon vorher viel schenken. Als gemochtes Kind haben meine Eltern mich zu Erbrechtsseminaren (wusste nicht, das es das gibt) von Erbrechtsanwälten (werden ab und zu sogar über die Hausbank organisiert) mit leckeren Pausenhäppchen und Pausenkeksen mitgenommen ;-) Trotzdem finde ich es kindisch von meinem Geschwister, auf mich neidisch zu sein und den Kontakt abzubrechen, nur weil ich von meinen Eltern und Verwandten lieber gemocht werde (hat wohl mit meiner Ausstrahlung zu tun). Meine Eltern und Verwandten können das auch nicht verstehen. Ach menno, ich kann doch auch nichts dafür. Ist wohl für andere nicht zu verstehen und wohl zu krass.
Hallo Sonnelein,
Eigentlich kann ich deinen letzten Post fast nicht ernst nehmen...
Du hast geschrieben: »Trotzdem finde ich es kindisch von meinem Geschwister, auf mich neidisch zu sein und den Kontakt abzubrechen, nur weil ich von meinen Eltern und Verwandten lieber gemocht werde (hat wohl mit meiner Ausstrahlung zu tun).«
Ich stecke in der selben Situation, nur dass ich diejenge bin, die vorallem von meiner Mutter jahrelang respektlos behandelt worden ist und immer wieder zu hören bekommen hat, wie toll meine Geschwister sind. Auch ich habe den Kontakt zum Großteil meiner Familie abgebrochen.
Ich würde mal vermuten, dass es nicht nur Neid ist, was dein Geschwister veranlasst hat, den Kontakt abzubrechen, sondern der Schmerz, der dahinter liegt. Stell dir mal vor, dir wird jahrelang immer wieder gesagt, wie toll deine Geschwister sind und du selbst wirst immer runter gemacht? Mal paar Beispiele aus meinem Leben: Nachdem ich nach ca. 5 1⁄2 sehr erfolgreich mein Studium (Bachelor&Master) beendet hatte, haben meine Eltern nur genörgelt, dass ich so lange gebraucht habe. Meine Schwester hingegen sei ja so eine Vorzeigestudentin, brauchte aber alleine für ihren Bachelor 5 Jahre. In den 6 Jahren, in denen ich in meiner Studienzeit gewohnt hatte, wurde ich kein einziges Mal von meinen Eltern besucht. ALs meine Schwester ausgezogen ist, wurde sie schon im ersten halben Jahr 2 oder 3 mal besucht. Als ich fürs Studium eine Wohung gesucht habe, hat mir keiner meiner Eltern geholfen. Als meine Schwester ausgezogen ist, fuhr meine Mutter mit ihr zusammen zu Wohnungsbesichtigungen....
Das sind nur paar Beispiele die mir einfallen und die im Einzelnen vielleicht gar nicht so drastisch klingen. Was aber der springende Punkt ist, ist dass sich das alles aufsummiert. Und wenn man sowas über Jahre miterlebt und die eigene Leistung nie anerkannt wird/einem nie Unterstützung angeboten wird, man aber zusehen muss, wie die Schwester »alles bekommt« hinterlässt das tiefe Spuren. ich weiß inzwischen, dass ich an sich nicht auf meine Schester neidisch sein sollte, weil sie ja nichts für das Verhalten meiner Eltern kann. Es ist aber trotzdem schwer, das Verhalten meiner Eltern nicht auf meine Schwester zu projezieren. Denn so vieles an meiner Schwester erinnert mich an die Sachen die vorgefallen sind. Und dieser Schmerz ist dann einfach da.
Zitat »Ach menno, ich kann doch auch nichts dafür. Ist wohl für andere nicht zu verstehen und wohl zu krass.«
Hast du mal versucht deine Geschwister zu verstehen?
Nochmal @Epikur und auch @Tooticki
Es ist wohl für Euch nicht zu verstehen, aber für Eltern gibt es keine Vorschrift, kein Gesetz alle Kinder gleich zu mögen (was, Epikur, hat das mit Kavaliersdelikt zu tun, wenn Eltern ein Kind bevorzugen und in den Himmel loben, das andere nicht so gemochte Geschwister aber nicht?, es gibt keine Vorschrift, kein Gesetz). Das ist doch wohl nicht meine Schuld, wenn meine Eltern und Verwandten mich von klein auf lieber mögen, oder? Eltern müssen sich darum vor niemanden rechtfertigen. Eltern dürfen nach privater Willkür ein Kind lieber mögen, aber das Geschwister oder mehrere Geschwister nicht so sehr gemochte Geschwister nicht. Was habe ich als gemochtes Kind damit zu tun, was kann ich bitte dafür, wenn das Los nun mal nur auf mich zutrifft (es darf von Eltern, ohne Rechtfertigungszwang, immer nur ein Kind gemocht werden, wenn Eltern so empfinden) und auf mein Geschwister (einziges Geschwister) nicht? Was kann ich dafür, wenn meine Eltern mich auf einem Erbrechtsseminar, meinetwegen auch Erbrechtsvortrag, mit einem Fachanwalt und Notar für Erbrecht (von der Hausbank organisiert mit leckeren Pausenhäppchen und ‑keksen) mitgenommen haben und mein Geschwister weiß nichts davon? Was kann ich bitte dafür? Wenn ein oder mehrere Geschwister da sind, kann/darf immer nur ein Kind gemocht werden und kann/darf ein Kind, das gemochte Kind, erben. Das oder die (wenn es mehrere Geschwister sind) nicht so gemochte/n Geschwister haben aber die Pflicht, sich genauso um die Eltern zu kümmern, wenn die Eltern mal älter sind, auch dann wenn die nicht so gemochten Kinder nichts erben, aber das gemochte Kind alles alleine erbt.
extra für Tooticki wegen:
Zitat Tooticki: »Hast du mal versucht deine Geschwister zu verstehen?«
Nein, Tooticki, nein, nein, nein. Nein, das ist nicht meine Aufgabe mein Geschwister zu verstehen, wenn meine Eltern mich lieber mögen als mein Geschwister (wir sind nur zwei Geschwister). Ich kann nichts dafür und alle Eltern dürfen nach privater Willkür nur ein Kind mögen und dies später als Alleinerben einsetzen. Mein Geschwister kann nichts dagegen machen. Wenn unsere Eltern später älter sind, hat mein Geschwister auch ggf. Pflichten, auch wenn es den Kontakt abgebrochen hat (was ich, meine Eltern und Verwandten kindisch finden; ich, meine Eltern und Verwandten ändern unsere Meinung nie).
Wenn ein Kind von zwei oder mehreren Kinder nach Meinung und privater Willkür der Eltern mehr Ausstrahlung hat, dürfen Eltern das Kind, das mehr Ausstrahlung hat lieber mögen. Das oder die nicht gemochten Geschwister haben aber, wenn die Eltern älter sind, ggf. trotzdem Pflichten, einfach mal erkundigen. Eltern dürfen ein Kind von zwei oder mehreren mögen als Alleinerben einsetzen, das andere Kind oder die anderen Kinder nicht, einfach mal erkundigen. Wenn es ums Zahlen von Elternunterhalt geht, werden auch die nicht so gemochten Kinder verpflichtet, einfach mal erkundigen. Gemochte Kinder können aber nichts dafür und müssen ihr oder ihre nicht so gemochten Geschwister nicht verstehen, niemand kann gemochte Kinder dazu zwingen, ihr oder ihre nicht so gemochten Geschwister zu verstehen. Das betrifft darum auch mich.
Sovial dazu. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Achso: Mein Geschwister hat alles gehabt: Essen und Trinken, saubere Kleidung und Wäsche, Körperhygiene und Friseurbesuche, Schule und Schulbücher, Arztbesuche, Geburtstagsfeiern, Geschenke zum Geburtstag und anderen Feiertagen, Klassenfahrten, Urlaube mit Eltern und mir. Es hat nie Schläge oder sowas gekriegt. Ich habe eben mehr Ausstrahlung, bin frech-witzig-fröhlich, darum werde ich von klein auf lieber gemocht.
Okay, ich begebe ich jetzt vielleicht auf dünnes Eis, aber ich versuche es:
@Sonnelein:
»Nein, Tooticki, nein, nein, nein. Nein, das ist nicht meine Aufgabe mein Geschwister zu verstehen«
Du hast Recht. Du musst Dein Geschwister nicht verstehen. Aber hast Du es mal versucht? Ich meine, man muss ja nicht immer alles MÜSSEN. Man darf ja auch DÜRFEN oder KÖNNEN oder einfach mal MACHEN. Ohne Pflicht. Ohne, sagen wir mal, gesetzliche Vorschrift.
»Es ist wohl für Euch nicht zu verstehen, aber für Eltern gibt es keine Vorschrift, kein Gesetz alle Kinder gleich zu mögen«
Auch das ist richtig. Es gibt keine Vorschrift. Aber findest Du das richtig, dass Dein Geschwister anders behandelt wird? Vielleicht auch von Dir? Über euer Verhältnis hast Du ja noch nichts geschrieben.
»Wenn es ums Zahlen von Elternunterhalt geht, werden auch die nicht so gemochten Kinder verpflichtet, einfach mal erkundigen.«
Da würde ich mich jetzt nicht all zu weit aus dem Fenster lehnen. Zum einen laufen da gerade und auch schon länger ziemlich viele Verfahren. Und zum anderen gab es da auch schon die ein oder andere Überraschung. Generell hast Du Recht, Kinder sind dazu verpflichtet, egal ob man gemocht wurde oder nicht, egal ob man Kontakt hat oder nicht. Aber meines Wissens gab es da schon Extremfälle, wo es anders ausging. Einfach mal erkundigen.
Schlussendlich geht es bei dem Verhalten ja auch nicht um Gesetze. Es geht um den Menschen an sich. Wenn Gefühle verletzt werden, dann sollte man die Fähigkeit haben, das nach zu empfinden. Und vielleicht etwas Verständnis aufzubringen. Auch, und vor allem, wenn man es selber nicht versteht. Spätestens dann sollte man mal reflektieren und darüber nachdenken, wo etwas falsch gelaufen ist. Ist meistens die bessere Lösung, als auf sein Recht zu pochen oder zu sagen »es ist nicht meine Aufgabe«. Schlussendlich ist es auch nicht die Aufgabe Deines Geschwister das alles stillschweigend über sich ergehen zu lassen. Da gibt es nämlich auch kein Gesetz.
Was ich gerne mal von Dir wissen würde, Sonnelein:
Wurdest Du denn schon mal ungerecht behandelt? Vielleicht in der Schule? Im Büro? Von Freunden oder Ex-Freunden? Oder sonst irgendwo von irgendwem? Und wenn ja, was hast Du dann getan?