Ich habe auf die Musik von Floh de Cologne schon öfters hingewiesen. Sie ist aber immer noch hochaktuell. Heute gibt es, wie ich finde, keine vergleichbare Band, die es schafft, das Lebensgefühl und die gesellschaftlichen Zustände so pointiert und bissig rüber zu bringen. Stattdessen haben wir heute leicht verdauliche Konsummusik und inszenierten Casting-Schwachsinn.
Was haben wir heute für Musik? Solche, die im Vollzug des Hörens Ichstärkend wirkt. Man hört sie und es fühlt sich gut an: sie baut am Ich narzistische Phantasiewelten für einige Minuten auf. Die mehrheitliche Masse, die muss, ohne dass sie will, kann so mit den Stöpseln im Ohr die nicht zur Auslebung zugelassenen Impulse via Vollzug des Hörens von Musik ausleben. Eine zensierte Version zweifellos, aber immerhin nicht das Gegenteil, dass fortdauernd Befriedigungsversagung respektive Unlust abverlangt. Es machte ja sonst keinen Sinn, dass bald jeder und jede mit Ohrstöpseln herumläuft. Nur raus sobald als möglich und rein in die Phantasiewelten. Man möchte dann kein Gejammere mehr hören. Dies ist zweifellos so etwas wie das Glück der Herrschenden: wer herrscht und seinen Untertanen durch ihre Beherrschung Unlust abverlangt, der kann damit rechnen, dass sie von sich aus zunächst einmal entspannende Phantasiewelten aufsuchen werden, wo das nur geht. Sie werden nicht das mühselige Unterfangen der Rebellion anfangen, dazu haben sie schlicht keine Lust. Erst wenn keine Belustigung mehr reicht, dann kann es losgehen. Aber davon sind wir inmitten der Spaßgesellschaft ja meilenweit entfernt. Oder vielleicht doch nicht. Die ihre eigene Seichtigkeit hält auch nicht alles aus. Sonach ist also das Erleben von Lust ein Vollzug von Beherrschtwerden. Lust erleben ist Beherrschtwerden erleben. Frage niemand, wie es sein möge, wenn man beherrscht wird.
Hammerguter Text , bringts auf den Punkt , vor allem was den gesellschaftlich erwarteten Ich-Verlust ab einem bestimmten Alter angeht.
Tot mit 30 , begraben mit 80 .