Die indische Schriftstellerin und Globalisierungskritikerin Arundhati Roy hat in der August Ausgabe der »Blätter für deutsche und internationale Politik« (kurz: »Blätter«), einen interessanten Gedanken formuliert:
Im Universum der NGO’s wird alles und jedes zu einem Thema, zum separaten, professionell abzuarbeitenden Einzelproblem und Einzelinteresse. [...] Diese Art der Förderung hat die Solidarität in einer Weise aufgesplittert, wie es keiner Repression je gelingen könnte.
- Arundhati Roy, »Der Imperialismus der Wohltäter«, Blätter Ausgabe August 2012, S. 72
Sie betont, dass zwar Menschenrechtsfragen, AIDS-Aufklärung, Umwelt- und Tierschutz und so weiter, eine wichtige Daseinsberechtigung hätten, sie aber dennoch einen verengten Blick auf die Wirklichkeit liefern. Vor allem stellen sie nicht das große Ganze, unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem in Frage. Viele Organisationen agieren entweder aus einer scheinbaren Neutralität heraus oder sind ganz offen pro-westlich politisiert.
Das Prinzip des »divide et impera« ist nach wie vor ein effektives Instrument, um politische und wirtschaftliche Macht aufrechtzuerhalten. Während es im alten Rom lediglich ein Instrument des Staates war, ist es heute eine allumfassende Methode von Medien, Politik und Konzernen. Gesellschaftliche Gruppen, Interessen und Phänomene werden gespaltet und in Einzelprobleme und Einzelfälle separiert. Der Blick auf globale gesamtgesellschaftliche und strukturelle Ungerechtigkeiten wird so systematisch vernebelt:
Aus der Finanzkrise wurde die Bankenkrise. Aus der Bankenkrise, die Wirtschaftskrise. Aus der Wirtschaftskrise, die Eurokrise. Aus der Eurokrise, die Staatsschuldenkrise. Dem Leser wird suggeriert, als seien alle Krisen einzeln abzuarbeitende Probleme. Einzigartige Phänomene, die gesonderte Herangehensweisen und jeweils anderen Lösungen bedürfen.
Kritik und Widerstand wird in Fragmente zerschlagen, die von finanziell mächtigen Akteuren besser bekämpft werden können, als wenn sie vereint wären. In Wahrheit krankt und fault der gesamte Gesellschaftsentwurf, in der Profite mehr zählen als Menschen.
In bemerkenswert kurzer Analyse den Nagel auf den Kopf getroffen
Die politische Linke hatte schon immer das Problem , sich vom hundersten ins tausendste aufzusplittern, da wird schon mal ne neue Partei gegründet , weil einer Untergruppe die Farbe des Türschilds nicht paßt.
Wäre ein wahres Wunder , wenn es jetzt anders wäre .
Auf der anderen Seite ist die Vielfalt aber auch eine Stärke , es geht darum , neue Wege zu gehen , da ist ein bißchen Chaos ganz gut , es darf so ziemlich alles angedacht werden.
Scheint mir immer so eine Gratwanderung zu sein , immer für Überraschungen gut , aber immer auch in der Gefahr , abzustürzen.
Yup. Im Tunnel fahrende Pragmatiker, sehen i.d.R. nicht mehr, als das Bahnabteil, in welchem sie selber sitzen, — aber die Strecke beschreiben wollen.